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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111120029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-20
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Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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' m. 322. los. Ishrysng. trafen. fich nicht fowohl von den Tatsachen, al, viel, mehr von Rücksichten anderer «rt hätten bestimmen lassen. Di« italienische Press« hat sich nicht gescheut, äffe» zu behaupten, dass di« deutschen Kriegsbericht. «Hatter ihre für di« italienische Kriegsführung ab. traglichen Mitteilungen im Interesse von Börsen spekulationen ««macht hätten, um den Kursstand der italienischen Ziaatsrente herabzusetzen. Der Haupt vorstand de« Neichsoerbandes der deutschen Presse legt gegen diese vollkommen wahrlzeitswidrigen, die Ehre der deutschen Kriegsberichterstatter tief ver letzende Unterstellung di« schärfste Verwahrung ein. Die deutschen Kriegsberichterstatter haben lediglich ihre Pflicht gegenüber der Oeffentlichkeit erfüllt, in dem sie, gleich vielen österreichischen, amerikanischen und namentlich englischen Kollegen, gewissenhaft di« Vorgänge auf dem Kriegsschauplatz« der Wahrheit gemäß zur allgemeinen Kenntnis brachten. Mit der selben Schärfe weist der Hauptvorstand des Reichs- Verbandes der deutschen Presse di« beleidigende Unter stellung des italienischen Ministerpräsidenten Herrn Giolitti zurück, das, deutsche Blätter in ihrer Be urteilung der italienischen Aktion sich durch Berück flchtigung finanzieller Intsreffen hätten leiten lassen." Vie Kevvlutmn in Lhins. Das chinesische Blutbad. Aus Schanghai wird über die Lage berichtet: Der fanatische, zum Paroxismus gesteigerte Hag, der zwischen Chinesen und Mandschus besteht, hat zu Greueltaten geführt, von denen die Euro - päer sich nur schwor einen Begriff machen können und die alles übertreffen, was je in einem Land seit Jahrhunderten aus diesem Ge biete geleistet worden ist. Die Blutbäder, die durch den Rassenhaß heraufbeschworen worden sind, die M a s s e n b i n r i m r u n g e n schuldloser Opfer, haben viel mehr Menschenleben gefordert, als di« erbitterten Kämpfe der Truppen. Dem Chinesen aber sind diese Greuel nicht mehr fremd. Er erinnert sich der Zeiten, in denen die Mandschus die unbe strittenen Herren des Landes waren, der Zeiten, in denen es für den Chinesen nur die Wahl gab zwischen blindem tierischem Gehorsam und dem sicheren Tode. Wohl wagten es damals schon, ost einzelne, ost ganze Städte, srch gegen das Joch aufzubäumcn, aber da mals waren die Mandschus noch die stärkeren. Sie vernichteten Städte, die ihnen nicht zu Willen waren, mit Mann und Maus. Töteten Frauen, Kinder, Greise, erschlugen das Vieh und machten den Ort dem Erdboden gleich. Millionen von Chinesen sind im Laufe der letzten Jahrzehnte dem Haß und der Herrsch sucht der Mandschus zum Opfer gefallen. Es isr daher kein Wunder, wenn der Chinese nur zwei Wünsche hat, den der Befreiung und den viel primitiveren der Rache. Deshalb töteten die Chinesen auch Hunderte ihrer Feinde, die ihnen bei der Einnahme von Utcbang in die Hande sielen. Die Mandschus aber fuhren in ihrem blutigen Werke auch sort und er schlugen alle Chinesen, derer sie bei der Einnahme von Hankau habhaft wurden. Dann verbrannten sie die Häuser und zerstörten den Hafen, den Reichtum der Stadt. Aus die Nachricht von diesem Massakr« töteten die Chinesen wieder zahlreiche Mandschus, worauf die Mandschus, um ern neues Beispiel zu statuieren, den kaijcrliclzen Unterhändler Ou lou Tson löteten, der ein Freund der Rebellen ist. Die Chine sen ermordeten hieraus fünf angesehene Mandschu- srauen, worauf die Mandschus das Blutbad von Nanking folgen liegen, dem viertausend Chinesen zum Opfer fielen. Die Lage ist nun auch doch nach und nach für die Fremde» gefahrdrohend geworden. Dazu wird uns gedrahtet: New York, 20. November. (Eig. Drahtmeldung.) Aus Peking wird gemeldet: Die Lage in China nimmt einen immer bedrohlicheren Cha rakter an. Durch die fast unlösbar scheinenden Wirren gestaltet sich die Situation jetzt auch für die Fremden von Tag zu Tag gefahrdrohen der. Im Hinblick auf die augenblicklichen Zustände hat der amerikanische Gesandte der Ver einigten Staaten in Peking seine Landsleute aufge- fordert, das Innere der Provinzen zu ver lassen und sich provisorisch in den französischen Häfen niederzulassen. Es ist daher sehr erklärlich, daß sich die Mächte des Schutzes der Fremden anzunehmen beeilen, namentlich lind es hierbei Japan und die Vereinigten Staaten. Indes, zwischen beiden besteht nach dieser Richtung eine gewisie Rivalität. Uns sagte der Telegraph darüber folgendes: Leipziger Tageblatt. vwmsg, 20. Nooeuwer 1SU. Japanische «der amerikanisch« Intervention in China. k. 6. Washington, 20. November. lEig- Drabtm.) Di« Ereignisse in China spitzen sich immer mehr zu und drängen mtt fieberhafter Elle einer gewaltsamen Lösung von außen entgegen. Zur Kenntns der Re gierung der Vereinigten Staaten ist es gelangt, daß vt« japanische Regierung einen entschei denden Schritt in der Mandschurei zu tun beabsichtigt. Di« beiden in Korea detachierten japa nischen Divisionen sind auf Kriegsfuß gesetzt und werden bereitgehalten, den Palu zu kreuzen. Die japanische Regierung hat bereits eine Kollektiv- note an die im fernen Osten interessierten Mächte gerichtet und aus die bedrohliche Laa« der Fremden hingewiesen. Gleichzeitig hat die Regierung d«s Mikado zu verstehen gegeben, daß sie bereit sei, den Schutz der Fremden zu übernehmen. Um einen der artigen Emritt Japans zu verhindern, der China in die Nolle eines Vasallenstaates drängen würde, hat die amerikanische Regierung ihrerseits den Großmächten mitgeteilt, daß sie bereit sei, zwei Regimenter von Manila nack) Tientsin zu entsenden, um die von Tientsin nach Peking führende Bahn zu sichern. Man ist in Washington davon überzeugt, daß die europäischen Großmächte weit eher geneigt jein werden, den Ver einigten Staaten ein Mandar znm Schutz der Fremden zu übertragen als Japan, da man wohl allgemein den bedrohten weißen Mann unter dem Schutz des Weißen als unter dem Schutz des gelben Mannes zu sehen wünscht. Allerdings will China sich diese Einmischung nicht gefallen lassen und legt Protest dagegen ein. Chinesischer Protest gegen die amerikanische Intervent»«». Peking, 20. November. (Eig. Trahtm.) Die Nach richt, daß die Vereinigten Staaten die Ab sicht haben, zwei Regimenter von Manila nach Tientsin zu entsenden, um die nach Peking führende Bahn zu sichern, hat hier, in allen Kreisen, den denk bar ungünstigsten Eindruck yervorgerufcn. Man macht geltend, daß der Augenblick sehr schlecht gewählt sei, da jetzt erst ein Ministerium ernannt worden ist, welches eine Versöhnung erzielen soll. Außerdem sei noch kein Fremder zu Schaden gekommen. Ein Eingreifen der Vereinigten Staaten könnte nur die Situation noch mehr verschärfen. Dieser Protest dürfte aber ziemlich unbeachtet bleiben, wenn anders die beiden Staaten die feste Absicht tatsächlich zur Intervention haben. Um so weniger, als die nachfolgenden Nachrichten ein Ein greifen der fremden Mächte gar schon rätlich er scheinen lasten. Bevorstehender Angriff der Rebellen aus Nanking. Peking, 20. November. (Eig. Drahtm.j Die vor Nanking liegenden Rebellen besitzen eine Truppen- stärke von 10 000 Mann und führen 4 0 Ge birgskanonen und 10 Feldgeschütze mit sich. Außerdem stehen 14 Kanonenboote zu ihrer Ver fügung. Die Revolutionäre werden in den nächsten Tagen einen Angriff auf Nanking unternehmen. In der Stadt Nanking fehlt es an Lebensmitteln. Der Vizekönig der Mandschurei gegen die Negierung. Mukden, 20. November. (Eig. Drahtm.) Der Vizekönig der Mandschurei, Hsi-liana, hat, vermutlich bewogen durch die bisherigen Erfolge der Rebellen, offiziell die Verbindung mit dem Hofe in Peking ab gebrochen. Auch das Lokal-Komitee der Mandschurei hat erklärt, daß es die Befehle der Zentral-Regierung nicht befolgen werde. Der türkisch-italienische Krieg. Friedensstimmung in Italien. Die Nachrichten von bevorstehenden Friedens- vcrhandlungen gewinnen in der italienischen Press« immer mehr an Ausdehnung, doch dürften sic nicht ernster Natur sein, sondern nur einen Versuchsballon bedeuten. Der „Secolo" läßt sich aus der Türkei melden, daß Oesterreich in Konstantinopel für den Frieden eingctreten sei und die Pforte ihr Einverständnis hierzu erklärt haben soll, sie wolle alle Rechte an Italien abtreten, bean spruche für sich nur die religiöse Oberhoheit in Tripolis sowie ein türkisches Anlehcn von 100 Millionen Franken in Gold, für das es einen Teil der auf dem erobenen Gebiete lie genden öffentlichen Schulden übernimmt. Es braucht kaum hervorgchoben zu werden, daß Lief« Bedin gungen bei der gegenwärtigen Lage weit mehr den italienischen Wünschen als dem ottoma- nischen Willen entsprechen. Der „Popolo Romano" fuhrt den Aufschub der italienischen Flottenaktion daraus zurück, daß die Regierung noch auf die Er gebnisse warte die die Vorstellungen der Mächte in Konstantinopel noch haben können. Die seit dem 1b. Slovember, wo di« Not« an die Türkei überreicht wurde, verflossene Zeit werd« teil» noch nicht ausret- chend erachtet, um die Grundlage für einen dauern den Frieden zu bilden. Jedenfalls trägt wohl di« Nachricht dazu bei, die über die Absichten der Re- gierung herrschende Ungewißheit zu lösen. Di« Börse freilich glaubt fest an einen bevorstehenden Frieden und gibt diesem Glauben durch eine Kurssteigerung Ausdruck. Wie wenig Bedeutung diese Nachrichten haben, zeigt folgendes Offizielle» Dementi einer deutsch-österreichischen Friedenvvermittelung. /V Rom, 20. November. (Eig. Drahtmeld.) Offi ziell wird dementiert, daß Oesterreich und Deutschland irgend welche Versuch« unter nommen hätten, einen Friedensschluß zwischen Ita lien und der Türkei zu vermitteln. Der Herzog der Abbr-zzzen forciert die italienische Fkottenaktian im Negäiichen Meer. ?. O. Rom, 20. November. (Eig. Drahtmeld.) Die Zeitungen veröffentlichen einen Brief des Her zogs der Abbruzzen. in welchem der Herzog er klärt. daß er hoffe, cs werde dem Einfluß der öffentlichen Meinung und- der Presse gelingen, die Regierung zu veranlassen, endlich die Operation im Ac glitschen Meere vor zunehmen. Es sei dies auch deshalb zu erwarten, weil cs der Pieise jein-erzeir geglückt sei. die Regie rung zu bewegen, den tripolitanischen Feldzug f,u unternehmen. Gegenmaßnahmen -er Türkei gegen die Flotten aktion Italiens. Konstantinopel, 20. November. (Eig. Drahtmeld.) Die Pforte hat ihre Botschafter beauftragt, den Mächten zu notifizieren, sie habe auf die Gerüchte von einer Aktion Italiens zur See hin alle mili tärischen Maßnahmen zum Widerstand ergriffen. Diese Verteidigunasmgßnahmcn würden eventuell an den bedrohten Punften verschärft wer den, was die internationale Schiffahrt behindern müßte. Inzwischen geben die Aktionen zur Fortführung des Krieges auf beiden Seiten weiter fort. Italien sendet neue Truppe» nach Tripoli». v. Rom, 20. November. (Eig. Drahtmeld.) Das .84. Infanterieregiment wird am heutigen 20. No vember nach dem Kriegsschauplatz« abgehen. 500 gefangene Araber werden im Militärlazarett auf der Insel Poviglia bei Venedig unicrgcbracht. Neues Gefecht vor Tripolis. Tripolis, 20. November. (Eig. Drahtmeld.) Ge stern abend wurde eine kleine türkische Trup pe n a b t c i l u n g , der «ine Karawane mit Mu nition und drei Kanonen folgte, vier Kilometer vor Bumeliana gesichtet und durch eine italienische Bat terie zum Rückzüge gezwungen. Bald darauf tauchte sie wieder in der Nähe voc» Sidi Mcsri aus, wurde aber wieder durch Anilleriefeuer verjagt, wobei eine jeindlich« Lafette zerschossen wurde. Am Vormittage eröffnete der Feind wie gewöhnlich ein zeitweiliges, planloses und schadloses Gewchrfeuer. Es wird im mer noch Munition gefunden, deren sich Eingeborene entledigen, aus Furcht, in deren Besitz betroffen zu werden. politische Nachrichten. Der Kaifer. Wildpark b. Potsdam, 20. November. Der Kaiser trat gestern abend 10 Uhr 55 Min. mittels Soirder- zuges die Reise nach Baden-Baden und Donaueschingen an. Beisetzungsfeierlichkeiten für General von Deiners. Prinz Eitel-Friedrich von Preußen wird im Auf trage des Kaisers den am Dienstag in Hanau statt findenden Beisetzungsfeierlichkeiten für den General adjutanten von Deiners beiwohnen. Landtagswahlen in Bayern. München, 20. November. Die Landtagswahlcn sind aus den 5. Februar anberaumt. Furcht der englischen Flotte vor einem deutschen Uebersall. London, 20. November. Die Sekretäre der Schiff fahrtsliga haben der Presse folgende Note über mittelt: Es ist gewiß, daß im gefährlichsten Moment der französisch-deutschen Krisis ein englisches Ee- fchwader, da» in Schottland stationiert war, von einem Augenblick zum andern den Angriff der deutschen Flotte befürchtete, und daß sämtliche englischen Schisse die Metalltorpedo netz« herabgelasten hatten, au» Furcht in der Nacht von deutschen Torpedo» überrascht zu werden. In folgedessen erließ der englische Admiral den Befehl an die Flotte, daß diese sich stets vollkommen kriegs bereit zu halten habe. Die Cholera in der französischen Marine. v. Toulon, 20. November. Im hiesigen Marine hospital befinden sich jetzt im ganzen über sechzig cholerakranke Soldaten. Man hofft, daß die Mehrzahl von ihnen wieder hergestellt werden. Seit vorgestern hat sich kein neuer Todesfall ereignet. Die Marineoerwaltung scheint di« Ursache der Cho- lera Erkrankungen auf gesundheitsschädliches Fleisch, das den Soldaten gegeben worden sei, zurückführen zu wollen. Stiftung der Kaiserin-Witwe von Rußland. I'. O. Petersburg, 20. November. Die Kaiserin- Witwe Maria Fcodorowna hat einen außerordent lichen Fonds von 100000 R u b e l gestiftet, der dazu lresiinnnt ist, Belohnungen für die Erfinder des besten Verfahrens zur Rettung auf den Schlachtfeldern Verwundeter zu ver teilen. Zu diesem Zwecke soll am 1. Mai 1912 ein Wettbewerb eröffnet werden. Spanien und Marokko. Madrid, 20. November. Das von verschiedenen Zeitungen verzeichnete Gerücht, Spanien habe dem Pariser Kabinett wissen lasten, daß es bereit sei, Elksar und Larrasch gegen ein Gebiet in der Gegend von Algier abzutretcn, wird von zuständiger Seite als unrichtig bezeichnet. Komplott gegen die serbische Regierung. Belgrad, 20. November. (Eig. Drahtmeld.) Die „Tribuna" bestätigt die Gerüchte, wonach sich in Belgrad und in der Provinz eine geheime Or-_ banisation gebildet habe, welche «inen Staats- >t reich gegen di« koalierten radikalen Parteien plane, di« gegenwärtig am Ruber sind. Nach der Mitteilung der „Tribuna" sei es der Belgrader Poli zei gelungen, auf die Spuren dieser Organisation zu kommen. Es stehen überraschende Verhaftungen be vor. — Nach einer weiteren Meldung verhaftete die Polizei zwei in Belgrad wohnend« Albanesen, di« von der Geheimorganisation den Auftrag erhielten, den Ministerpräsidenten Milanowttsch sowie den gewesenen Ministerpräsidenten Pafchitsch zu ermorden. Zwei neue amerikanische Panzerschiffe. Washington, A. November. Die Regierung er suchte den Kongreß um Zustimmung zum Bau von zwei Panzerschiffen von 30 000 Tonnen, die mit zehn 14zölligen Geschützen ausgerüstet werden und große Kohlenoorrüte fasten sollen. Die Vorgänge in Persien. Teheran, 20. November. Salar ed Dauleh wurde in einem fünfstündigen Gefecht bei Buruajird von den Regierungstruppen geschlagen. Seine Verlust« betragen 500 Mann, die der Regierungs truppen 50 Mann. Der Erschah kehrte, nach mehr fachen erfolglosen Versuchen, in Astarabad einzu dringen, wieder nach Komoschtepo zurück. 200 rus sische Kosaken befinden sich auf dem Marsche nach Astarabad. Der Regent überredete den früheren Premierminister, die Bildung des neuen Kabinetts zu übernehmen. Amerikanische Kriegsschiffe an die mexikanische Grenze. Washington, 20. November. Das Marine ministerium der Vereinigten Sraaten von Nord amerika hat den Kommandanten mehrerer Kriegs schiffe den Befehl erteilt, sich bereit zu balten, an die mexikanische Grenze abzufahren. Sus Leipzig unä ümgegenü. Leipzig, 20. November. Wetterbericht der Königl. Siichs. Landeswetterwarte zu Dresden. Nordwestwird, wolkig, etwas kälter, Niederschlag. Pöhlderg: Glänzender Sonnenuntergang, Him melsfärbung orange, Sturm aus Süd bis West. Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel, nur auf dem Berge schwache Schneedecke, starker an haltender Reif, schwacher anhaltender Rauhfrost. * Auszeichnung eines Lebensretters. Dem Kri- minalschutzmann Ernst Robert Richard Dyroff, Du mein Italien. . . Von G. Vorbusch. Ganz leer ist der lange Gotthardzua, der in Bafel die deutschen Italicnsahrcr sammelt. Und doch schnaubt die Maschine schon, als lönmc sie vor lauter Ungeduld den Augenblick der Abfahrt kaum erwarten. Nun endlich tauchen ein paar Reisende auf, denen der kreideaezeichnete Drudenfuß des Zoll gewaltigen das Recht zum Betreten des Bahn steigs gab. Geschäftsreisende meist, deutsche Kinder fräulein und Erzieherinnen, die sich jenseits der Alpen mit ihrem Berus auszusöhnen hoffen, und zwei oder drei der tradltionetten Hochzeits pärchen, die ohne Italien nun einmal nicht aus kommen können. Alles Leute, die keine Buchkolreniche Gesprächigkeit entwickeln und so selbstverständlich in ihren Harmonikazug klettern, als stiegen sie daheim aus die Trambahn. Der Rest sind leere Plätze. De- sonders di« erste Wagenllaste gähnt von rotfamtner Verlassenheit. Eine Absage der oberen Schichten, denen Laune und Eingebung Grund genug zu einem Bovtott sind. Und mit jedem neuen Expreß flieg! solch ein Mißtrauensvotum des Reiscpudtikums an di« italienische Adresse. Schade .... Diesmal sollen also die alten Heidentempel nur für die Italiener gebaut sein, die sich herzlich wenig au» ihnen machen, soll die kapitolinische Venu» ihr Lächeln an schläfrige Muieumswächter verschwenden und die Fontana Trevi kein Sammelbecken mehr sein für dre über flüssigen Kurier all der deutschen Schwärmer, die sich nach berühmten Mustern mit diesem Ldolur die Rückkehr ins gelobte Land Italien von den Göttern zu erkaufen hoffen. Selbst die Pracht am Wege, die di« Gotthardbahn al» Vorgeschmack vermittelt, blüht nur für wenige. Und doch zog der Herbst noch nie so pomphaft in die Schweizer Lande wie gerade in diesem Jahr. In gelben, blutiaroten und braun- fchwelenben Flammen brennt der Wald Hochhinauf züngelt die lebendige Glut, die ein perlgrauer Wasserspiegel und schwarzblauc Wetierberge ringsum mit feuchten Tunstschwaden zu löschen trachtrn. Bis dann nach dem bunwn Allegro des Blältertanzes das Maestoso der stolzen Felsenwildnis anhebt, eine Eroika uneingestandenen Schmerzes, die nach Farbe und Freude schreit, und zuletzt unter dem weißen . Tode»fittich de» Schnee» wunschlo» und besänftigt in gebrochenen Akkorden erstirbt. Ein schwarzer Vor hang senkt sich über dem Drama der Natur: das Grabgewölbe des Tunne!» verichlingt das Leben. Jenseits des Gotthards schmeichelt sich Italien mit einem linden Lüftchen in die Herzen. Der Himmel klärt sich. Dre Lebensfreude ichleicht nicht tanger aus den erborgten Krücken der Illusion. Von Mailand ab ist der Zug gedrängt voll. Italiener aller Schichten. Und alle reden. Der stcifgcstärlte Sproß eines Adelsstands mit dem tragcnlosen Ar beiter, der wohlgenährte Industrielle mit einem etwas reduziert aussehenden Osterienwirt. Die zweite Klaffe hebt die Etandesunterschiede auf. Für eine flüchtige Bahnfahrt ist selbst das Geld nur schall und Rauch. Die Unterhaltung alles. Das muß man hören, wie der Arbeiter und der Osterienwirt loslegen! Aber auch die beiden gesättigten Existenzen geben ihnen an patriotischem Pathos nichts nach. Man ist einig, einig, einig, wie sich das in Kriegszeiten für ein wohlerzogenes Volk geziemt. Einig in Siegeshoff- nung und Hurrapatriotismus und einig auch in der Verdammung der ausländischen „Lügenpresse", der man für sein Leben gern etwas auswlschen möchte. Die Sonne sticht. Immermehr erhitzen sich die Geister. Am Fenster stiegen die weißen Städte der Emilia, die goldbraunen Täler Toskaniens vorüber. Nock) immer bilden ,.i nc>.-tri roi" das Thema. Aber das sind doch nur die Eoloflötcn, die das Leitmotiv präludieren. In Rom fällt das ganze Orchester mit rauschender Iubelhymne ein. Der König feiert seinen Geburtstag. Aus der dichten Menge, die sich schwarz den engen Korso hinun'er ergießt, blitzen rot und golden die geschwungenen Helmrücken oer langen Königsgardisten. Graue Kaki- foldaten spreizen sich im Gefühl ihrer neuerworbenen Wichtigkeit, und zittrige Garibaldtner mit dem salopp geschlungenen weißen Nackentuch lallen die medaillengefpickte Heldenbrust bewundern. Plötzlich ein ohrenbetäubender Lärm. Wie gehetzt stürmt eine Rotte halbwüchsiger Jungen aus vollem Halse schreiend durch die kompakte Bolksmaffe. Das neueste Extrablatt. Die Solvi regnen. Vor der Post, am Cafü Aragno und weiter hinab dis zur Pra-za Colonna staut sich die Menge. Weiße Zeitungs blätter breiten sich wie Mövenschwärme «der dem wogenden Meer. Mit jichtdarlichem Behagen ver schlingt der blaffe Pfaffe in der Ecke die Siegesnach- richt: 1000 Türken gefallen und nur 6 Italiener!! Evvtva l Italia l Ker Republikaner brüllt e« mit. und der Sozialist verfaßt im Ueberschwana der Ge fühle ein Huldigungstelegramm an Sua MaestL. Aber schon wirrt Eris den Apfel der Zwietracht unter dies einige Volk von Brüdern. Ein Fez kommt die Straße hinab. Ist's Wahrheit, ist's Täuschung? Kein Zweifel! Ein garantiert echter, aufreizend roter Fez mit der obligaten schwarzen Troddel. Unter diesem Fez schreitet stolz ein duniler Sohn der Wüste in weitem weißen Burnus einher, einen Pack seiden glänzender Teppiche auf dem Rücken und lange, volle, nickende Pleureusen in den schololadendraunen Händen. „Ein Türke!" geht es von Mund zu Mund. „Ein Bekenner Mohammeds!" „Ein Todfeind!" „Welkste unerhörte Kühnheit!" Will der Kerl gelyncht werden!" Und schon hat ihn der Volkshauie umzingelt. Entsetzt wirft der Teppichhändler die Arme in die Höhe, die nackten braunen Arme mit de» köstlichen trauernden Straußenfedern. Aber umbarmherzig hageln die Faustschläge auf ihn nieder. „In den Springbrunnen nnt ihm!" „Wascht ihm die Türken farbe ab!" Und nun zerrt und stößt und schleift man ihn zum kalten Bad auf die Piazza Colonna. Da schneidet ein warnender Pfiff die Luft. Die Zu.il- lingsbrüdcr der öffentlichen Sicherheit, die beiden unzertrennlichen italienischen Polizisten nahen. Mit Mühe retten sie den zitternden Verehrer Mohammeds vor der Volkswut. Der falsche „Türke" entpuppte sich als unschuldiger Alge ier und rechtschaffener französischer Untertan, was ihn aber mitsamt seiner schmerzenden Glieder nicht davor bewahren konnte, die Nacht in sicherem Gewahrsam zubringen zu müssen. Man wollte näm lich sehr unchrerbictige Worte aus seinem algerischen Munde gehört haben. Wie dem auch fei, die Moral bleibt für jeden: du sollst den Stier nicht mit einem roten Fez reizen. Wer » nicht glaubt, der spreche den Italienern mal von den gewissen Greueltaten in Tripolis. Er kann es erleben, aufgespient und langsam geröstet zu werden — zum mindesten am Draktjpieß der sittlichen Entrüstung. Die letzten Maoris. Die Regierung von Neuseeland, die schon so viele fortschrittlich« Reformen durchgeführt, hat vermöge ihrer vorzüglichen Anordnungen auch die schwere Aufgabe gelöst, die von der Gefahr de» Aursterben» bedrohten Ureinwohner des Archipels, die stolze Raffe der Maoris, vor dem Untergang zu bewahren. Ueber diesen wichtigen Erfolg, der eigentlich zum ersten Mal einer primitiven Rasse ein neues, zu kunftsreiches Leben in zivilisierten Formen erschließt, berichtet V. Forbin in der „Nature". Dos Schicksal der Maoris schien bereits besiegelt. Die Urbevölkerung zählte um 1825, als die eisten europäischen Kolonisten eintrafen, gegen 100 MO Seelen, die sich in inneren Kriegen aufrieben. Die mit der Religion in engem Zusammenhang stehende Menschenfresserei forderte zahllose Opfer, und dazu kam noch der energische Kampf, den die Maoris, diese höchststehende Raffe der großen polynesischen Völkersamilie, gegen die Fremden eröffneten. Als 1870 ihre Unterwerfung vollendet war, wütete der Alkoholismus und Krankheiten, die von Weihen ein- geschleppt waren, unter ihren Reihen. Die erste Volkszählung, die 1874 durchgefllhrt wurde, ergab, daß nur noch 45 470 Seelen vorhanden waren. Und nun ging es von Jahr zu Jahr bergab. 1896 belief sich die Zahl der Maoris nur noch auf 39 854. Da aber setzten die energischen Maßnahmen der neusee ländischen Regierung ein, und sie waren von einem überraschenden Erfolge getränt. Seit dem Jahre 1900 hat die Bevölkerung in stetiger Weise zu genommen und beläuft sich heute auf 50 000, hat also etwa den Stand von 1870 wieder erreicht. Die er Aufschwung ist um io höher anzuichlagen, als die anderen polynesischen Raffen mit Ausnahmen der Neulaledonier einer raschen Vernichtung ent gegengehen. So haben sich auf den Eandwich-Inseln die Einwohner von einer ursprünglichen Zahl von 29 787 Seelen innerhalb von vier wahren auf 1232 Köpfe vermindert. Aber während die Amerikaner gegen die Bewohner der Sandwich-Inseln in der brutalsten Weise vorgingen und sie Hunger und Krankheit auslieferten, haben die Neuseeländer, die zum größten Teil schottischen Ursprungs sind, keine Mühe gescheut, um die Ureinwohner zu ihrer Kultur emporzuheven. Sie sorgten dafür, daß die Maoris in ihren alten Lebensformen weiter existieren konn ten. erkannten ausdrücklich ihre Selbständigkeit an, statteten sic mit drin Wahlrecht aus und räumten ihnen vier Sitze im Parlament der Kolonie ein. So war denn der Abgrund, der während der Kampfe zwischen Einwanderern und Urbewohnern sich auf getan hatte, allmählich überbrückt, ja völlig aus« gestillt. Die Schulen bevölkerten sich mit «inge-
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