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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111117015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-17
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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und eventuell nehmen. Dann aber würden für die Italiener die Schwierigkeiten wieder be- . «innen, und zwar in weit höherem Mähe al» in Tripolis. Tenn den Türken stehen auf ihrem sest- lindischen Gebiete weit größere Streitkräfte zur Ver fügung, al» sie Italien beschaffen könnte, und letz terem würde e» doch sehr schwer fallen, in der Türkei selbst festen Fuß zu fassen. Tie italienische Aktion»- ireiheit ist überdies durch Rücksichten auf die Mächte stark beschränkt, welche der Stimmung in ganz Eu ropa, wo man diesen Krieg al» einen von Italien freventlich unternommenen, gegen da» Völkerrecht und die Zivilisation verstoßenden Raubzug auf» schärfste verurteilt, Rechnung tragen müssen. Gegen eine Aktion der Italiener im Adria tischen Meere bat Oesterreich gleich von vornherein unzweideutigen Widerspruch erhoben, ob sich dieser auch auf eine italienische Aktion im Archipel erstreckt und ob auch Deutschland, wie gemeldet wurde, sich einem solchen Proteste angeschlojsen hat, darüber liegt noch keine autdcntisü-e Mitteilung vor. Eine Blockade der Dardanellen sowie ein Bombardement SmyrnaS, Saloni kis und Beiruts wollen angeblich England, Frankreich und Rußland verhindern, zu welchem Zwecke sie in Rom vorstellig geworden sein sollen. Bestätigt sich das, so sieht sich Italien ziemlich lahm belegt, und eS tut am besten, seine ganze Macht in Tripolis zu entfalten, nm daS schon vorweg annek tierte Land auch zu erobern und sich damit nach träglich einen Schein de? Recht? zur Annexion zu verschaffen. Die Lage in Tripoli» wird von der „Agenzia Stefani" folgendermaßen geschildert: Ta» regnerische, stürmische Detter bauerte auch am Mittwoch an. Tie Arbeiten der italienischen Soldaten wurden jedoch ungestört fortgesetzt. Tie Berichte der Kundschafter sind voller Widersprüche. .Keiner kann die vollständige Untätigkeit deS FcindcS gegenüber der früheren lebhaften Tätigkeit erklären. Ein a»S Ain Zara angekommener Kundschafter bestätigt die Zusam menziehung türkischer und arabischer Streitkräfte in der Oase, kann aber deren Zahl nicht an geben. Der Gesundheitszustand der italienischen Truppen ist ausgezeichnet. Tie Zahl der Kranken beläuft sich aus weniger al? ein Prozent der Ge samtstärke. Auch die erkrankten Eingeborenen, etwa 70, werden in der Stadt selbst gepflegt. In Tobruk wurden zwischen den Vorposten Schüsse gewechselt; dort Ivurden Verstärkungen gelandet. Bei Terna kain eS zu einem kleinen Zusammen stoß zwiscl»en Patrouillen. Auch in Terna sind Verstärkungen au Land gegangen. Ein Protestschreiben an den Reichstag. Der Vorsitzende der deutschen parlamentarischen Gruppe der Union Intcrparlementaire, Reichstags- abgeordneter Eickhoff, hat von dem Vorsitzenden der ottomanischen parlamentarischen Gruppe der Interparlamentarischen Union, dem Senator Bustany, folgendes Telegramm erhalten, da» er den Mitgliedern des Reichstage» zur Kenntnis gibt: „Die italienische Armee gibt sich in der Pro vinz Tripolis, die ein integrierender Bestandteil des ottomanischen Reiches ist und in die Italien entgegen den . Verträgen und Grundsätzen de» internationalen Rechtes eingefallen ist, Handlungen hin. die mit den Gesetzen der Zivilisation und der Humanität Gespenstische Lichter. Von Franz Wichmann (München). „Alle Wesen leben vom Lichte", sagt Melchtal in Schillers ..Teil", „jedes glückliche Geschöpf, di« Pflanze selbst kehrt freudig sich zum Lichte". Aber das gilt nur von dcr Sonne, der Erzeugerin des Tages, in der auch der wildeste Barbar instinktiv die gro^e Lebcusspeuderin sieht. Ganz anders aber ver hält es sich mit Lichterscheinungen, die ungewohnt und unvermutet, zu ungehöriger Zeit, im Dunkel der Rächt auftauchen. Da beschleicht den Menschen ein abergläubisches Grauen vor uuheimlicksen, ihm feind lich gesinnten Mächten, sobald er sich den Ursprung des leuchtend»« Rätsels nicht zu erklären vermag. Lange Zeit war das besonders den Irrlichtern oder Irrwischen gegenüber der Fall, jenen über ein samen Mooren und Sümpfen aussteigenden feurigen Dünsten, deren Entstehung und Wesen die Wissen schaft bis heute noch nicht restlos ergründet hat. Tuckebolde nannten sie unsere germanischen Vorfah ren, von tucken oder zucken, der hastig unstetigen Be wegung nach, mit der sie, in mäßiger Hälfe, über oem Boden, einen sahl-bläulichen Schein verbreitend, entweder am gleichen Platze hin und nieder Hüpfen oder dem Wonkerer. unerreichbaren Gespenstern ähn- lich, vorauseilen. Ihr zitternder, farbiger Glanz legte cs dem Volksglauben nahe, in solchen Spuk gestalten di« Seelen gewaltsam ums Leben gekom mener Menschen zu sehen, die, ohne Beichte und Ab solution von hinnen gefahren, des himmlischen Frie dens nicht teilhaftig werden. Scidst ungetanste Kin der müssen so bei nächtlicher Weile, irrend«.in Ge- vögel gleich, in feuriger Gestalt über Feld und Wie sen schweifen, aber die verscherzte Gnade lägt all diese armen Seelen nicht Reu und Leid tun, viel mehr ist es ihr Fluch, den verirrten Wanderer, der in ihrem Schein ferne Dorflicbter blinken zu sehen wähnt, boshaft ins Verderben zu führen. Mit täu schendem Spiel umtändeln sie ihn, sind bald nahe, bald ferne, umfächeln ihn mit gespenstigen Flügeln, hocken sich wie ein Alpdruck auf den Ermatteten, bis er gänzlich auf falsche Jährte gelockt, zuletzt im schwarzen Sumpf elend zugrunde gebt. Dabei nimmt das Irrlicht entsprechend den fiebernden Träumen des in der Oedc Verzweifelnden allerlei phaniastische Gestalten an. Bald erscheint cs dem unglücklichen Opfer wie ein Kind, das den Feucrbraud radiörmig in der Hand sHwingt bacd als feuriges Rost das den Hirten in seiner Glut verzehrt, oder als tückische, flammende Geiß, die. wenn sic den E>«narrtcn ver sinken lieht, mit höhnischem Gemecker danonspringt. Diese unst-lcn Gciellcn aber sind nicht die ein zigen gespenstischen Lichter, die die zagende Men schenleer« Jahrtausende hindurch erichreckt und ge ängstigt haben. Wer in: Leben häufig durch alten, feuchten Hochwald zu wandern halte, wird in nächt licher Dunkelheit manchmal ein geheimnisvolles Leuchten zwischen den Stämmen wahrgenommen haben. Da es an die Stelle gebannt ist und lich nicht belveat, macht es einen weniger unheimlichen Eindruck als die Irrwische, und bei näherem Zu- sehen entdecken mir bald, daß die Lichterscheinunq von dem modernden Holz eines Voumstumpfes aus geht. Rach Rk.zenwetter hält dieses Leuchten ost t.'gelang an. während es sonst ziemlich rasch wieder verschwindet, tstier und da glaubt man auch ein. weißen Lichtschein verdreitendes Moos zu finden, doch handelt er sich dabei um eine optisch« Täuschung, um den Rekle» «ine» von außen empfangenen Lich. unvereinbar sind. Eie hält al» Kriegsgefan gen« Nichtkombattanten und selbst Schüler zurück; sie mordet und läßt ohne jede» Mitleid die frei willigen Verteidiger de» Landes nieder - schießen, die sie al» Rebellen betrachtet, im direkten Gegensatz zu den beiden Haager Kon ventionen, durch deren Bestimmungen die Kriegs freiwilligen al» Kombattanten durchaus die gleichen Rechte wie die Soldaten genießen sollen. Da» Leben der Frauen, der Greise und der Kinder wird ebenfalls nicht geachtet, und man ver greift sich selbst an Privatpersonen, die in den Moscheen beten, indem man so alle religiösen Gefühle mit Füßen tritt. Angesichts dieser Tat- fachen glaubt da« ottomanische Parlament Ihre wohlwollende und freundliche Aufmerksam» leit auf die vorstehenden unqualifizierbaren Handlungen lenken zu sollen, und es protestiert ausdrücklich vor der ganzen zivilisierten Welt da gegen, indem es Sie bittet, diesen seinen Protest zur Kenntnis der ehrenwerten Ver sammlung zu bringen, deren Mitglied Sie sind." In Benghafi. Der Berichterstatter der römischen „Tribnna" mel det, daß bei Benghasi verstärkte feindliche Streitkräfte wabrgenommen wurden, die sich auf Angriff vorzubereiien scheinen. Es sollen tür kische Offiziere über Aegypten mit erheblichen Kamelkarawanen in Tripolitanien eingetrofsen sein. Bei Benghasi hielten fünf Kombiniert eine Kara wane mit Waffen, Schießbedarf und Uniformen an. Sie hatten schwere Mühe, die bewaffneten Kamel treiber dingfest zu machen. Feldeisenbahnea für Tripoli». Mailand, 18. November. (Eig. DrahtMeldMlaI Von hier sind drei kleine Lokomotiven, zahl- reiche Waggons (System Dmcauvilles und fünf zehn Kilometer Gleis nach Neapel geschickt worden, von wo das gesamte Material nach Tripolis gehen wird, um zur Herstellung von Feldeisenbahnen zu dienen. Beeinträchtigung de» italienischen Handel». Mailand, 16. November. (Eig. Drahtmeldung.) „Avanti" meldet aus Venedig, daß infolge der Stockung im Orientverkehr der Hafen von Venedig verödet daliege und mehr als 1500 Ablader beschäftigungslos sind. Die Zündholz- fabrik Daschiera in Venedig entließ wegen Ar« beitsmangels 300 Arbeiter. (Die italienischen Schwefel zündhölzer hatten ihren Hauptabsatzmarkt in der Türkei. Die Red.) Die Revolution in Lhins. Wie aus Schanghai gemeldet wird, ist die Lage in T s i n g - K1 a n g - P o u äußerst kritisch. Seit einigen Tagen ziehen Räuber in den Straßen umher, stecken die Häuser in Brand, nachdem sie sie vorher einer gründlichen Plünderung unterzogen haben. Die Behörden sind nicht in der Lage, die Ordnung wiederherzustellen, zumal täglich neue Räuberbanden in die Stadt eindringen. Auch aus Nanking kommen ernste Nachrichten. Die Truppen des Generals Chang-Hsun lassen sich zu schweren Ausschreitungen hinreißen. Auf offener Straße überfallen sie die Einwohner, berauben sie und wer es wagt, ihnen Widerstand zu leisten, wird niedergestochen. Alle zopflosen Chinesen werden ge fangen genommen und enthauptet. In der Nähe der englischen Besitzung in Hank a u ist es während der letzten Tage zwischen den Kaiserlichen und den Revolutionären zu kleinen Feuergefechten gekommen, wobei verschiedene Male Kugeln auf englisches Gebiet fielen, ohne jedoch nennen», werten Schaden anzurichten. Die englischen Be hörden haben bereits gegen diese Kämpfe in der Nähe der englischen Besitzung Protest eingelegt, da Gefahr für das Lebe» und den Besitz der Eng länder besteht. Bevorstehende Entsendung spanischer Soldaten nach Ehcna. Manila, 16. November. (Eig. Drahtm.) Die Abfahrt de» Transportdampfer» „Sherman" wurde verschoben. Das Schiff wird zuriickgehalten, um Truppen nach China hinüber zu schaffen. Eine starke Abteilung von Soldaten ist bereit, innerhalb 24 Stunden nach ergangener Ordre sich einzuschiffen. Der üemlche Anteil an üer GrkorlHnng ües kLNgogebietes. Der deutsche Anteil an der Erforschung des Kongo gebiete, ist recht beträchtlich, w daß Deutschland am Konao auch jetzt schon Kulturinteressen hat. Der erste deutsche Reisende, der über Kimbundu hinaus den Vormarsch in das Innere des Landes nach Lunda wagte, war Dr. Pogge, der schon im Dezember 1875 in Mussumba «inzog. Er wollte die Gegenden südöstlich von Mussumba bereisen, aber die Eifersucht des Häuptlings Muata Iamwo setzt« seinen Forschungen ein Ziel. Im Auftrage der Afrika nischen Gesellschaft nahm seine Arbeit der Forscher Otto Schütt im Jahre 1878 wieder auf. Im Juli dieses Jahres ging er von Malansche nach dem Kuango, um den Kassa: zu erreichen. Aber der Häupt ling Muata Iamwo störte auch sein weiteres Vor dringen. Von 1878 bis 1882 bereiste Buchner dasselbe Gebiet. Er lieferte wichtig« Beiträge zur Geographie und Ethnographie des Landes. Ferner hin war e» im Jahre 1880 dem Major v. Machow gelungen, den großen linksseitcgen Nebenfluß des Kongo, oen Kuango, von der Quelle bis fast zur Mündung zu befahren. Nach Erforschung des Ge birges Tala Mogongo fuhr er auf einem zerlegbaren Boote den Kuango hinab. Im Februar 1881 kam er wieder in Malanfcha an. Im Jahre 1881 nahmen Wissmann und Pogge den Plan, über das Lundareich hinaus vorzudrtngen, wieder auf. Sie umgingen aber das Lundareich und wandten sich bei Kikassa am Kissai nach Osten, nm die Residenzen der beiden mächtigen Häuptlinge Mukenge und > K i u ke n ge aufzusuchen. Sie erforschten nun das Ostgebiet und erreichten am 17. April 1882 Njangwe. s Hier trennten sich die beiden Forscher. Dr. Pogge wollte noch einmal dasselbe Gebiet in umgekehrter Richtung zu Erforschungszwecken durchreisen, während Wissmann weiter nach Osten zog. Pogge konnte aber die Früchte seiner Arbeit nicht mehr ernten, denn er starb bereits im Jahre 1883 in Loanda, von der wissen'chafllicheir Zvelt und Deutschland tief betrauert als einer der ersten Afrikaforscher seiner Zeit. Wilsmann dagegen gelang es. Afrika völlig von Westen nach Osten zu durchqueren. Er erreicht« die Ostküst« und stellte auf seiner Reise den Laus des Lulua, des Kassai, des San Kuru und des Loami fest. Später erreichten noch Kund und Tappenbeck von dcr Landseite lxr den Kuanqo und entdeckten die Flüsse Wamdo, Inzia und Kuilu. Aus diesen Tatsachen geht hervor, daß ein nicht un erheblicher Anteil der gesamten Erforschung des Kongo dem Mute deutscher Gelehrter zu verdanken ist, und daß Deutschland somit in kultureller Be ziehung schon lange am Besitz de» Kongogebiete» reilnahm. Verünüerungeu lm üeutlchen kolouiawevtz. Man schreibt un»: Offiziös ist anaekündigt, daß gegenwärtig Verhandlungen der zuständigen Ressorts schiveben. bei denen die Frage erörtert wird, aus welche Weise dem Reichstag eine Mitbestimmung bet Veränderungen von Kolonialbesitz eingeräumt werden kann. Bei den Verhandlungen aus Anlaß de- Marokkoabkommens ist darauf hin gewiesen, daß auf Grund der Verfassung dem Kaiser allein da- Recht zum Abschluß der artiger Verträge zusteyt. Tenn Artikel 11 der Ver fassung schreibt vor, daß der Kaiser das Reich völker rechtlich zu vertreten und Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen hat. Tie Rechtsaültiakeit des Marokkoabkommens kann also auch ohne Zustimmung de- Reichstags nicht in Frage gezogen werden. Wenn jedoch der Gedanke erwogen wird, dem Reichstag in einer dem öffent lichen Gefübl rechnungtragenden Weise eine Mitbe stimmung bei Veränderung vom Kolonialbesitz ein zuräumen, so wird man nicht annehmen können, daß dabei eine Aenderung der Verfassung in Frage kommt. Tenn da- Recht, nach außen hin derartige Verträge abzuschließen, wird unbedingt dem Kaiser Vorbehalten bleiben. Andererseits aber ist nicht zu verkennen, daß aus dem uneingeschränkten Recht, Kolonien zu erwerben, Konflikte entstel-en können, wenn beispielsweise der Reichstag nachträglich dje für die Verwaltung des neuen Kolonialbesitzes erforderlichen Mittel nicht bewilligt. Solchen Konflikten könnte naturgemäß dadurch vorgebeugt werden, daß ein Mitbestimmungsrecht des Reichstags für den Eriverb und die Abtretung von Kolonien gesetzlich festgelegt wird. Eine Möglichkeit hierzu bestaube in einer entsprechenden Ergänzung des Sckutz- gebietsgesetzes vom Jahre 1900, nacy dem die Schutzgewalt in den deutschen Kolonien der Kaiser im Namen deS Reichs auSübt. Nach dieser Bestimmung ist der Kaiser zur Ausübung aller Hoheitsrechte in den Schutzgebieten be fugt und somit auch für die Veränderungen im Kolonialbesitz. Würden diese Bestimmungen des SchutzgebietsgesetzeS dabin ergänzt, daß der Reichstag beim Erwero, dem Austausch und der Abtretung von Kolonialbesitz seine Zustim mung zu erteilen hätte, so wäre die Mit wirkung des Reichstags auf diesem Gebiete sicher gestellt, ohne daß an eine Verfassungsänderung herangetreten werden brauchte. Nach außen hin, d. b. in den Beziehungen zu fremden Staaten, blieb« bei einer solchen Regelung das Recht des Kaisers zum Abschluß von Verträgen gewahrt, tat sächlich aber läge in der gesetzlichen Mitwirkung des Reichstags ein Vorbehalt für die vom Kaiser abgeschlossenen Vertrüge, der auf eine wesentliche Einschränkung der auf der Perfassung beruhenden Rechte des Kaisers hinausläuft. Grübelten. Deutschland und Oesterreich sind gestern abend kurz vor sHII Uhr von einem Erdbeben heimgesucht wor den. Auch in Leipzig wurde das Beben bemerkt. Wie uns aus dem Kreise unserer Leser mitgeteilt wurde, ist gestern abend kurz vor * *^11 Uhr in Leipzig ein Erdstoß verspürt worden. So teilt uns ein Herr aus dem Süden der Stabt mit, daß er um die ge- naunte Zeit am Schreibtisch arbeitete, als er plötzlich tes, ähnlich wie ihn die leuchtenden Algen im Meer znrückwerien; denn bringt man das Moos unter einen veränderten (Gesichtswinkel, so wird diese scheinbare Lichtentwicklung sofort aufhören. Dagegen trifft man in Laubwäldern wirklich aus sich selber leuchtende Pilze, deren Illumination wohl den Zweck hat, gewiße nur nachts fliegende Insekten, die aus der Oberfläche ihre Eier lege», anzulocken und ihnen gleichsam als Akegweiscr zu dienen. Laßen sich die letztgenannten Ersüreinungen alle leicht und mit Sicherheit in ihren Ursachen ergrün den, so macht die Erforschung des eigentlichen Irr- lichtes der Wissenschaft um so größere Schwierig keiten. Die Physik der Aufklärungszeit suchte sie dadurch zn beseitigen, daß sie di« Existenz derartiger Erscheinungen schlechtweg ableugnete, ihre Beobach tung auf Phantasie nnd Selbsttäuschung zurückführte. Dem Ernste neuerer Forschung aber konnte solche Oberflächlichkeit nicht standhalten, denn statt sich um unverstandene Dinge mit leeren Ausreden herum- zndrücken, fand di« Wissenschaft längst wieder den Nut. ihnen so lange prüfend ins Gesicht zu sehen, bis sie das dahinter verborgene Rätsel ergründete. Zuerst ist das bei der dem Irrlicht verwandten Erscheinung des sogenannten Elmsfeuers gelungen, das schon bei den Völkern des Altertums häufig be obachtet ward. Die seefahrenden Griechen sahen seine weißlichen Flämmchen um die Maste ihrer Schiffe tanzen und wähnten darin die Patrone der Schiffahrt, die Dioskuren Castor nnd Pollux, in die Erscheinung treten zu sehen; bei den kriegerischen Römern aber erglühten nach den Berichten von Tacitus und anderen Schriftstellern wiederholt die Speer: der Legionäre in geheimnisvollem Feuer. Ganz das gleiche haben seit der Erschließung der Alpeuwclt in den letzten Jahrzehnten auch wieder holt di« Touristen an ihren friedlichen Waffen, den Bergstöcken und Eispickeln, wahrgenmnmen. Die erste derartige Beobachtung geht auf die Zeit Saus- senrs zurück: einer seiner Begleiter, der als Erster einen Gipfel in den Walliser Alpen betrat, ersckneu plötzlich mit einem Strahlenkränze gekrönt. Beson ders seit den siebziger Jahren hat man das Auftau chen violetter Licktbiisckel, deren Strahlen oft eine Länge von » bis 6 Zentimetern erreichen, häufig nicht nur auf der Spitze von Mrqstöclen, sondern auch aus den Dockern von Schutzhüllen, an ihren Schorn steinen und Blitzableitern konstatiert, besonders nach it-rrken Schnee, und Hagelschauern, wenn die Luit noch mit seinen Eisnadcln erfüllt war. Auf dem Meere zeigt sich die Erscheinung ebenfalls meistens nach heiligen atmosphärischen Niederschlägen oder bei herrschender Gewitterstimmung, und schon ziemlich früh Hut man die elektrische Natur dieser Vorgänge erkannt und mit Sicherheit festgestellt, Lab cs sich dabei um eine Entladung von atmosphärischer Elek trizität handelt, die teils als Glimmlicht, teils in der Form von intensiven Strahlenbündsin auftritt. Die letzteren sind es, die oft auch den Hut des einsamen Wanderer», seine ausq.spreizten Finger, ja selbst das Barthaar mit mystischen Flammen umspielen, und gewöhnlich ist die Erscheinung von einem deutlichen Rauschen und Knistern in der Luft begleitet. Da dieses häusiq auch am Hellen Tage sich hären läßt, wo das begleitende Licht natürlich unsichtbar bleibt, io ist auznnehinen, daß das Elmsfener in Wahrheit sich weit oster entwickelt, als e» zur menschlichen Wahrnehmung gelangt. Kunst unü WMenlchast. Der Viwrrraub von Schleitzhrirn. Zu dem großen Bilderdiebstahl im königlichen Schloß in Schleißheim wird mitgeteilt, daß im ganzen 22 Bilder gestohlen worden sind. Die Bilder sind kunstgerecht und sorgfältig aus dem Rahmen geschnitten. Die Diebe, die kunstverständig zu sein scheinen, hatten sich genügend Zeit gelassen, eine Auswahl zu treffen, wozu sie bei der un glaublich schlechten Kontrolle bequem in der Lage waren. Seit Sonntag war die Ausstellung unbeaufsichtigt, und erst vorgestern nachmittag ! machte die Frau eines Jagdgehilfen in Vertretung des Aufsehers den ersten Rundgang. Der Wert der gestohlenen Bilder, unter denen sich Jagdstiicke und 13 Stilleben von Horemans be- finden, wird auf 200000—300 000 ./t geschätzt. Von den Dieben fehlt noch jede Spur. Es ist jedoch anzunehmcn. daß die Diebe durch ein Fenster des ersten Stockes in das Lustschloß eingestiegen sind. Zurnckgelassen haben sie ein Taschenmesser, ein Taschentuch sowie ein Seil, an dem sie sich nach Ausiührung des Diebstahls wieder aus dem oberen Stockwerk heruntergelassen haben. Vielleicht diente die Zurücklassung des Seiles auch nur dazu, um die Spur zu verwischen. Die Diebe müssen sich beim Herausjchneidcn der Bilder »e rletzt haben, denn an 2 Nahmen fanden sich Blutspuren vor. Man hat besondere Gründe ainunehmen, daß die Diebe nicht von auswärts, sondern in München ansässig sind und im Auftrage eines Dritten ge stohlen haben. Wahrscheinlich haben sie Deutschland bereits verlaßen. Der gewöhnliche Weg solcher Bildcrdiebe führt meistens nach Wien, Salzburg oder in die Schweiz. In den letzten Jahren sind in Bayern wieoerholt BUderdiebstähle ausgeführr worden. Erst vor fünf Jahren wurde ein sehr wert volles Bild aus der Lchleißheimer Galerie gestohlen. Der Dieb versuchte im Eijcndahnzug das Bild zu verlausen, jedoch ohne Erfolg. Vor einigen Jahren wurde auch in der Pinakothek ein sehr wertvolles Bild gestohlen und ein zweiter Diebstahl vorbereitet. Durch einen Zufall gelang es, den Dieb zu entdecken. * Zum Gedächtnisse de» Schuhmachers Heerdegrn in Leipzig (um 1800). Johann Gottfried Seume aus Poserna bei Weißenfels, wo später der Aus stellerdessen ins K. S. Hauvtstaatsarchiv mitgelangtcn Geburtsscheines, der „Morbpfarrer" der „Garten laube" — Johann George Tinius -- wirkte, ist gelegentlich der hundertsten Wiederkehr seines Todestages <13. Juni 1911) gebührend gefeiert worden. Eingedenk dcr Worte Lessings: „Alle Arten, sein Brot zu verdienen, sind einem ehrlichen Manne gleich anständig; Hol; spalten oder am Ruder des Staates sitzen. Es kömmt seinem Gewißen nicht darauf an. wte viel er nützt, sondern wie viel er nützen wollte", soll auch — in der Fabrikära — der Schuster des „Spaziergängers nach Syrakus" nicht vergeßen werden. Bevor „der einzige achtbare Zyniker seiner Zeit", wie Wieland Seume zu dessen Freude genannt hat, von Leipzig ans jene Wanderung antrar. meldete er — nach Originai- oriefcn an diesen, aus der K. Oe. Bibliothek zu Dresden: Bv. 190 — an Böttiger („Ubique": „...Der Himmel behüte mich nur vor dem Spath, der Lungensucht und aede gute» Wetter, so wird es schon gehen. Meine Equipage ist besorgt di» auf di« Mastrichter Schuhsohlen.. ". Jene Reise hat „der braune Mann mit dem großen Stocke" — so nennr sich S. selbst — bekanntlich geschildert. Am Schlüße heißt es nun: „Wer in neun Monaten meistens zu Fuße eine solche Wanderung macht, schützt sich noch einige Jahre vor dem Podagra. Zum Lobe meines Schuhmachers, des mannhaften alten Heerdegen inLeipziz, muß ich... noch sagen, Lag ich in Len nämlichen «tieseln ansgegangen und zurüügekomiueu bin. ohne neue Schuhe ansetzen zu lassen, uno das; diese noch das Ansehen haben, in baulichem Wesen noch eine solche Wanderung mitzumachen." kb. O. * Siu neuer Türerfund. Im Britischen Museum hat jetzt der Berliner Diirerfoncher Tr. Harry David einen bedeutsamen Fund gemacht. Er entdeckte in einem der berühmten sieden Foliobünde aus der Sammlung Sloane, die kostbare Manuskripte und vor allem einen Schatz an Zeichnungen unseres großen deutschen Meisters bergen, zwei bisher unbeachtete Tierstudien Dürers. Dr. David führte dre Blätter dieser Tage in der Berliner Kunst- geschichktichen Gesellschaft den Fachleuten vor. Die eine Zeichnung, die obendrem durch Dürer» Unter schrift „Hcilent" beglaubigt ist, stellt einen Eich, ein Elentier dar. Dürer hat die Zeichnung aui seinem berühmten Adam- und Eoastich von 1504 benutzt, indem er das Tier gravitätisch aus dem Dunkel des Waldes hervortreten ließ. Das Bkatr erhält noch eine besondere Bedeutung Lurch die künstlerisch weit höher stehende kleinere Tierzeicknung, die Dürer aus der Rückseite zeichnete, und die Dr. David beim Ablösen des Blattes aus dem Sloane-Album fand. Es ist das Bild eines Wisent, des fast schon sagenhaften Riefen Les germanischen Waldes. * „Das Nothemd", Oper in drei Akten von Woi- kowsky-Biedau, ist vom Hoftheater in Dessau an- genommen worden, wo noch in dieser Saison seine Uraufführung stattfinden wird. Das Werk wird mir den ersten Kräften der Bühne besetzt und vom Hof- kapelkmeister Mikorey persönlich einstudiert. — Las Buch, das gleichwlls vom Komponisten herrührt, führt uns in die Zeit Frundsbcrgs, an die auch die in der Musik verwandten alten Landsknechtsweüen antlingen. Das im Dichten der Menschheit seit Ur beginn heimische Motiv des „Nothemds", eines von der Geliebten gewebten schützenden Zaubergewandes, wird im Sinne der Wirkung suggestiver Energie be nutzt und vertieft, welche in der Schlußszene, wo die Gegner Brust wider Brust sich aegenüverstehen, die Lösung zugunsten der siegenden Treue herbeiführt. * Kunstchronik. Wie man aus Düsseldorf meldet, erscheint im neuen städtischen Etat zum ersten Male ein Kunitsonds in Höhe von 30 000 .< au» dem an öffentlichen Straßen und Plätzen Kunstwerke errichtet werden sollen, die der Stadt zur Zierde gereichen. dl. Hochschulnachrichten Der seit 1901 im Ruhe stand befindliche Ordinarius an der juristischen Fakultät zu Tübingen Dr. Friedrich v Thudicyum begeht am 18. November seinen 80. Geburtstag. — An der philosophischen Fakultät in Würzburg habilitierte sich Dr O. Sch lagint weit au» München — Der frühere außerordentliche Professor der Gynäkologie und Direktor dcr Frauenklinik in Rostock Dr. Friedrich Schatz vollendet am 17. No« vembcr sein 70. Lcbensiahr. — Die Universität Königsberg soll in einiger Zeit eine Erdbebenwarte erhalten, di« 2 Meilen nördlich der Stadt errichtet werden soll.
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