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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111117015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-17
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Drei» M« Letana aad Vaian« darch mcke*» Tria«, and So,dtt«ar« 7mal «Satlch in» pao» aidiosi » VI. «anatU LNi Oil. »i«n«ttadkt V«i a»>«r» KN«al«a » Ln» nadmeftellen adacdoli » VI. «»»all, o>«tt«Natzrt. Dan» Pa»r tnn«rhald r>«uttchla>id» «ad dar dautlchaa tz-loni«» vi«ii«tiadrt ».SU MI> «anatt. ILU Vtt au»jchc VottdallaUaald Warner in Brlairn, Danamoil »an ponouftaal««, Itoliai^ i!ui«mdui«. Viadarlano« Vor wegen. r«n««i«i» u»aa,n VuMand, Schweden «rchwait « «roonir«. 3« ollan üdr>g«n Slaaia« no< »>««N duiw dt« <b«>chan»ii»U« da» Blatt«» «rdaUuch. Da» Leivl'gei lagedlatt »elchelal r«at töglich Sonn, a -t«i«ttoa» n»i »ora«»». Adonnrmeni».«lnnad>n« 3«d»»ai»a»l>« <z dttanirr«, Llagerir li»ll,len.Sp,d«teor«» »ad 'LnnadmrUeUea low»« Bogamlrrn «rd BrieNragern. El»»«l»«rta,I»pr,l, w Vt Morgen-Ausgabe NMgcrTllMaü » . ... s"602 lVachta»!«!,» Tel.-An chl.^ N KS3 l 14 834 «tl.-r»,ch> > »Z3 Hanbeldzeitung Amtsblatt -es Aates und -es Nokizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Nr. SIS. frettsg, üen 17. November ISN. Lnzeiqeu PreiS tdr 2nt«rar« au» Lttpjia und Umgebung die Upalttg«Pettliell» 7S PI, dle Xeklam«. »etl, I ML oon au»wari» 3l> VI. Veklamen 1U!U M t. 3n>eeale oon Behörden >m am». lichen Trll dl» P«ttt,«N« SO Pt G«Ichäsl»an,eigen int» Pla»v»rtchrtste» >m Prell« «rhShl Vadatt nach Tarts Bellagegedühr lbelaml- autlag« ü Mr p Lautend «rtt. Poitgedühr. leildetlag, höher. Fesl«N«>lt» Luitraae können nicht turück» gezogen werden Für da» rLr>ch«in«ir an velttmmlea Tagen und Plänen wird lern« Earantl« übernommen. An,eigen. Lnnahm«: 3»tzn»»i»g«It« 8. det lamtttchen iZtltalen allen Lnnoncen- ikrpedlttonen de» 2n» und Pu»landa» Druck an» Verl«, »», Mich«, » NSrst«» Inhaber. Po»l «ürttea. Nedaktlon »nd tleIchaIt»U«ll«: 2odannl»galie Haupt-Alllal« D,«a»«a: Seestrag« i (Telephon 4821t. los. Jahrgang. Die vorlieffenve Ansqabe nmjaßt 16 Seiten. Das Wichtigste. * Aus allen Teilen Deutschlands und Oesterreichs laufen Meldungen über starkes Erdbeben, das gestern abend kurz vor ^11 Uhr stattfand. ein. Auch in Leipzig wurde das Beben bemerkt. (S. d. bes. Art.) * Der Reichstag setzte am Donnerstag die zweite Beratung des Schiffahrtsab gabengesetzes fort und nahm den Ar tikel I an. (S. bes. Art. und Sitzungsber.) * In der Budgetkommission des Reichstags wurde am Donnerstag der Spanisch- Guinea betreffende Zusatz zum dcutsch-frau- zösischen Marokkoabkommcn bekanntgegeben. (S. bes. Art.) * Der sächsische Landtag verwies den Gesetzentwurf über die Pensionsverhält- nisse der Hinterbliebenen von Geistlichen und Lehrern an die Deputationen. (S. LandtagSber.) * Infolge der Nichtbeantwortung der russischen Note durch Persien sind rus sische Truppen in Persien eingerückt. (S. Letzte Dep.) * Im französischen Ministerrat er klärte der Minister des Aeußeren, daß die Zu stimmung Englands und Rußlands zum deutsch-französischen Abkommen einge troffen ist. (S. Letzte Dep.) Vir mecklenburgilihe verksllung. Die mecklenburgische Verfassung s- frage ist wieder aus ihrem Sommcrschlafe er wacht. Die Schweriner Regierung veröffentlicht einen neuen Entwurf. Sonderliche Aufregung wird dieses Ereignis im Lande nicht verursachen. Einige Optimisten hatten ja neue Hoffnung ge schöpft, als nach den letzten Thronwechseln in Schwerin und in Strelitz ein neuer Anlauf ge nommen wurde, um das unter Friedrich Franz II. eifrig aber erfolglos betriebene, dann aus be kannten Gründen ganz aufgegebene Werk wieder auszunehmen. Aber die erste, die zweite Tagung der Stände ging ohne eine Einigung ausein ander. An einem zu radikalen Charakter der Regierungsentwürfe lag es gewiß nicht. Daß man das Land nicht mit einem Schlage mit dem Rcichstagswahlrechte versehen kann, darüber wird außerhalb der unentwegten Doktri näre kein Zweifel obwalten. Versuchte das eine Regierung, so wäre der Widerstand der Ritter- schäft mit der Verantwortung der bisherigen Gesetzgeber auch für die Zukunft des ihnen an vertraut gewesenen Landes moralisch gerecht fertigt. Angesichts der sehr bescheidenen Reform vorschläge der Regierung war jenes Argument nichts als eine Ausrede zur Bemäntelung der Selbstsucht, die ein unzeitig gewordenes Vorrecht nicht aufgeben will. Allerdings ist es eine Uebertreibung, sich Mecklenburg als einen Tummelplatz von Junker übermut und Junkerthrannei vorzustellen. All gemein erkennt man an, daß eS sich dort leben läßt und weder von „polnischer Wirtschaft" noch von den Ungerechtigkeiten der preußischen Ordensherrschaft eine Spur gefunden wird. Die Schattenseiten des Feudalismus haben ihr Gegengewicht in der großherzoglichen Auto kratie im Domanium, und die freie Stellung der Städte läßt über ihre ziffernmäßig schlechte Vertretung im Landtage hinwcgsehen. Auch die Ritterschaft selbst hat, vielleicht ohne ihn zu kennen, aus angeerbtem politischen Verständnisse dem Aristoteles-Satze nachgelebt, daß maßvolle Ausübung eines Regimentes dessen Dauer ver längert. Aber ein störender Schönheitsfehler im Ge füge des konstitutionellen Deutschen Reiches und seiner gleichfalls mit neuzeitlichen Verfassungs formen ausgestatteten Einzelländer bleibt die mecklenburgische Landesordnung immerhin. Durch ein halbe- Jahrhundert bildete sie auch eine Verletzung der für das Mecklenburg ein schließende Staatswesen höherer Ordnung vor geschriebenen Rechtsnormen. Die Wiener Bundesakte hatte gewählte Volksvertretun gen für alle deutschen Länder angeordnet. Aller dings ohne Fristbestimmung; aber um 1848 herum gelaugte der Artikel doch auch in den Bundesstaaten zur Ausführung, die ohne die stellenweise etwas stürmischen Neformanrcgun- gen des „tollen Jahres" noch nicht dazu gelangt waren. Auch in Mecklenburg wurde eine Ver fassung zu Papier gebracht, die aber wegen be gangener Formfehler den Reaktionsjahren zum Opfer siel. Die Reichsverfassung von 1867 bis 1871 hat den Artikel der Bundesakte nicht über übernommen. Nichtsdestoweniger darf e-nstlich nicht geleugnet werden, daß der mecklenburgische Zustand ihrem Geiste widerspricht. Die Reichs tage zwischen 1867 und 1878 haben auch fast in jeder Session den „mecklenburgischen Ver fassungsantrag" angenommen. In jener Zeit mußte der Bundesrat das Henkersaint an ihm vollziehen. Seit der Parteiverschiebung des Attentatsjahres besorgt es der Reichstag selbst. Man spricht davon, daß bei der mecklen burgischen Regierung angesichts ihrer fortge setzten Mißerfolge die Neigung wachse, d?n Weg der Reich cgefetzgebung jetzt selbst zu befürworten. Damit wäre sicher der Widerstand des Bundes rates und wahrscheinlich auch der der konser vativen Ncichstagsvartei ausgeschaltet. Mer mehr als die Umrisse der künftigen mecklen burgischen Verfassung könnte ein Reichsgesetz nicht vorschreiben, da es sich um kein Reichsland wie Elsaß-Lothringeu handelt. Den Rittern bliebe genau wie jetzt die Fähigkeit, das Reform werk in der Einzelberatung scheitern zu lassen. Anderseits ist eS schon des Guten zuviel, daß die Regierung jetzt ein drittes Mal nach zwei Fehlschlägen mit einem veränderten Entwürfe kommt und von vornherein erklärt, auch davon noch abhandeln lassen zu wollen. Sie gibt die Volkswahl völlig auf und will sich mit Abge ordneten der städtischen Körperschaften und der Landgemeinden begnügen, also einem nur wenig modifizierten Fortbestände der geltenden ständi schen Ordnung! Das scheint nun allerdings der unwiderruflich letzte Versuch sein zu sollen; denn die Reform wird in einem fürchterlichen Sahungetüm für „weiter unaufschiebbar" er klärt! Und diese Lammsgeduld trotz eines durch Budgetverwcigerung in der letzten Tagung von der Ritterschaft heraufbcschworeuen Konfliktes! Man sollte meinen, daß die Schweriner Regie rung — von Strelitz ist es wieder ganz still geworden — Rückhalt genug am Reiche und am eigenen Volke besäße, um auch ohne Reichs tag und Bundesrat das monarchische Natur recht der Oktroyierung einer Verfassung nach eigener Einsicht zur Anwendung zu bringen und die „historischen" Ketten des Feudalismus zu zerreißen, wie sie schließlich fast in allen Ländern einmal durch einen Gewaltstreich zer rissen werden mußten. Der zweite Ts- üer Schikl- lshrtssdgsdenberstung. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) I. Berlin. 16. November. lDrahtm.) Die Schwaben hatten am letzten Marokkotage ihre Aristeia, wie man von den homerischen Helden sagt, heute, in der Schiffahrtsabgabenberatung, die Sachsen. Heinze lNatl.). Günther-Plauen lFortschr. Dpt.) und Stolle lSoz.), der eine in ge messenen Worten, der andere nabe an der Ileber- jchreitung der gebotenen Grenze, alle aber einig in drr Bekämpfung des Gesetzes, von dem sie für Sachsen Schädigungen befürchten. Abg. Heinze führte aus, die Ströme seien ein freies Geschenk der Natur, auf deren Benutzung das Volk be rechtigten Ampruch habe. Die Schiffer würden neue Lasten zu tragen haben: eine Vermehrung des Güter verkehrs sei nicht zu erhoffen, er gehe ohnehin »urück. Der Bertiefung der Elbe setzten sich technische Schwierigkeiten entgegen. Und wie nun, wenn das Wasferbaugesetz sür die Elbe infolge Zustimmung Oesterreichs — die freilich noch nicht in Sicht ist — in Kraft gesetzt werden kann, für den Rhein infolge Widerstands der Rheinuserstaaten nicht? Lin solcher Partikularismus in der Strompoliiik hätte auf jeden Fall ausgeschloffen werden muffen. Als dritter Sozialdemolrat in dieser Generaldebatte zweiter Lesung tritt noch Abg. Frank-Mannheim in temperamentvoller Weise gegen die Abgaben auf. Von der sächsischen Regierung sprinat der Reichsleitung niemand bei. Der Ministerialdirettor im preußischen Eisenbahnmini sterium Peters nimmt wieder als Winkelried die freindlichen Speere in die Brust aus. Dann erzählt der bayrische Ministerialrat Dr. Ritter von Graß- mann, welche Vorteile Bayern erhält: Main- kanalifierung bis Aschaffenburg, die es allein nicht fertig gebracht hätte. Gern hätte es ja noch mehr genommen, aber Bayern ist für das Prinzip der Abschlagszahlung, das in der Politik von den meisten Leuten bei sich bietender Gelegenheit nicht verachtet zu werden pflegt. Der verantwortliche Leiter des preußischen Bauwesens Minister von Breitenbach erklärt, daß die Kanalisierung der Oder nicht auf die lange Bank geschoben werden solle. Hier hört man auch einmal eine Zahl: Die Regulierung ober halb Breslaus würde 140 Millionen kosten. Für die Abgaben sprachen Winckler lKons.), Havn (Kons.) und Graf Praschina lZtr.). Abg. Gothein lVpt.) erwider e und man erlebte eine richtige Parteipolemik mit Erörteruna der Liebes, gäbe und der Konstanzer Reichslagswahl. Das letzte Wort hat einer, der sich zwar nicht als Freund der Abgaben bezeichnen lassen will, aber sich doch mit ihnen abgesunden hat: Haußmann lWürtt. Vpt.). So konnte der württembergische Minister v. Pischek, der wieder im Hause anwesend ist, im Hintergründe bleiben. Die erste Abstimmung ergibt eine unbestrittene Mehrheit für den ersten Artikel, der die Aen- deruna der Reichsocrfaffung und die Einführung der Abgaben versieht. Nimmt man an, daß etwa 360 Abgeordnete im Saale sind, so mögen ungefähr 80 gegen den Artikel stimmen. Diese setzen sich aus der gesamten Sozialdemokratie, dem über wiegenden Teile des Fortschritts und kleinen Bruchteilen der anderen Parteien zusammen. Morgen wird vermutlich die Beratung mehr den durch die Geschäftsordnung vorgeschriebenen Cha rakter der zweiten Lesung an sich tragen und sich in eine Einzelberatung auflösen. Der erste Artikel hat so umfassende Bedeutung, daß sich erklären läßt, wenn sich an ihn eine allgemeine Aussprache knüpfte. Das Marokko Abkommen in -er SuügelkommiMon. Wie bereits gestern berichtet, hatte in der heutigen Sitzung Staatssekretär o. Kiüerlen-Wächter mitgeteilt, daß in einem Notenwechsel zu dem Ab kommen zum Ausdruck gebracht war. daß, falls Deutschland oon Spanien Spanisch-Guinea, die Insel Fernando Po und die Elsby-Inseln zu erwerben wünschen sollte, Frankreich bereit ist, zu Deutschlands Gunsten auf die sich aus dem französisch spairischen Vertrage vom 27. Juni 1900 ergebenden Vorzugsrechte zu verzichten. Dagegen hat Deutsch land erklärt, sich nicht an besonderen Abmachungen beteiligen zu wollen, die Frankreich und Spanien etwa miteinander über Marokko treffen sollten. Es herrschte dabei Uebercinstimmung darüber, daß unter Marokko derjenige Teil oon Nordafrika zu verstehen ist, der zwischen Algier, Französisch-Westafrika und der spanischen Kolonie Rio de Oro liegt. An diese Mitteilung knüpfte der Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter «ine ausführliche Begründung, die vertraulich war. Auch die sich anschließende De batte war durchaus vertraulich. — Aus Zweifel wegen üer Grenzziehung im Süden von Spanisch-Guinea bemerkte sodann weiter der Staatssekretär des Aus wärtigen Amtes v. Kiderlen-Wächter, daß die neue Grenze von Deutsch-Kamerun ein ziemlich Stück süd lich am spanischen Gebiet oorbeigehe, der spanische Kolonialbesitz mithin vollständig eingeschlossen sei. Auf eine weitere Anfrage erwiderte der Staats sekretär, daß Deutschland bereits aus früherer Zeit ein Vorkaufsrecht auf Fernando Po besitze. Es ent wickelte sich sodann eine lange Debatte über die Be deutung des Begriffs Vorkaufsrecht. Der Staats sekretär bemerkte, daß ein Vorkaufsrecht selbstver ständlich keine Verpflichtung üer andern Seite zum Verkauf einjchließ«. Es sei aber damit die Möglich keit gegeben, zu verhindern, daß sich andere Mächte in dem Gebiet festsetzten. In den Ver handlungen mit Frankreich sei di« Frage, ob Spanien die Neigung zu Abtretungen an uns hab«, nicht er örtert worden. Diese Verhandlungen wären dazu auch nicht die paffend« Gelegenheit gewesen. Mit Spanien seien Verhandlungen in dieser Frag« bis her gleichfalls nicht geführt worden. Von libera ler und sozialdemokratischer Seite wurde an der Abmachung über Spanisch-Guinea, wie auch an der gesamten Kongopolitik der deutschen Negierung scharfe Kritik geübt. Aus der Kommission heraus wurde sodann die Frage des französischen Vorkaufsrechts auf den bel gischen Kongo angeschnitten. Der Staatssekre tär bemerkte dazu, datz die Art dieses französischen Vorkaufsrechts ziemlich umstritten sei. Die Belgier hätten stets daran festgehalten, daß es sich hier um rein übertragbares Recht Frankreichs handle. Auf eine nähere Erörterung der Frage könne man sich nicht einlaffen. Es sei aber Wert darauf zu legen, daß Deutschland berechtigt sei. mitzusprechcn. wenn einmal über territoriale Verträge im internationa len Kongobecken verhandelt werden sollte. Dieses Recht habe Frankreich der deutschen Re gierung eingeraum t. Auf eine Frage des Zentrums, ob hinsichtlich Marokkos durch Deutschland in einem früheren Stadium der Verhandlungen wirt schaftliche Sonderrechte verlangt worden seien, legte der Staatssekretär dar, es handle sich da um ein Mißverständnis. Es hätten Pläne geschwebt, daß die beiden Regierungen die Interessenten zu einer Ver ständigung anhalten sollten. Jedesmal sollte die jenige Gruppe, die den Zuschlag erhielte, 30 Prozent an die Gruppe des anderen Landes abgeben. In dem Minengebiet, wo deutsche Interessen vo r w a l t e t e n , sollten den Deutschen 70 Proz., den Franzosen 30 Proz. zufallen. Zustande gekommen sei eine derartige Vereinbarung wegen französischer Bedenken jedoch nicht. Die Anfrage, ob die deut schen Po st an st alten in Marokko bestehen blei ben könnten, wird vom Staatssekretär bejaht. — Zu Beginn der heutigen Sitzung wird der Staats sekretär eine ausführliche Darstellung der geschichtichen Entwicklung der Marokko verhandlungen geben. presse unü wirtschaftliche Kus- bilüung üer Juristen. Ter frühere österreichische Justizmiuistcr Tr. Franz Klein veröffentlicht in der soeben erschienenen Rümmer des Bank-Archivs vom 15. November zu der aktuellen Frage der Verbesserung der wirtschaft lichen Ausbildung der Juristen einen hock-bcdeut- samen Aussatz. Exzellenz Klein erklärt eine syste matische volkswirtschaftliche und sozialwifsenschast- liche Orientierung des eigenilichen Rechtsunterrichts sür eine Notwendigkeit. „Tie Rechtsnormen sollen stets mit ihrer gesell« schastlichen Umgebung als ein wesentlicher Teil da von gezeigt nnd erläutert werden, nicht wie ein aus allen organischen Zusammenhängen künstlich und kunstsertig abgclöstcs totes Präparat. Welche Diver genz z. B. bei Verhältnissen, wie Miete oder Dienstvertrag zwisclscn dein juristischen Grund riß, den das bürgerlich Gesetzbuch zeichnet, und de» stark verzerrten Gebilden dieser Gattung, aus die wir in der Wirklichkeit stoßen! Was weiß der Studie rende von Miet- oder Tienstrecht, wenn er nichts weiter als die juristische Schablone mit exegetisch« Randglossen erhält? Gibt ihm dies auch nur eine Ahnung, was das Lohnrecht in der heutigen Wirt- schastSordunng bedeutet, wo die Ursachen der Lohn kämpfe zu suchen seien, woher ibr politischer Charak ter stammt? Ebenso kahl und zum Teile unver ständlich ist eine Erklärung des Rechtes der Ak tiengesellschaften , die sich auf das Handels gesetzbuch beschränkt, oder eine Erklärung dec Nor men über den Versicherungsvertrag, die nicht zugleich auf die Tatsacls-en und Ersahrungcn des Versicherungswesens und seiner Organisationen eingeht. Tas näinlicls« gilt für die Prozcßvorlesun- gen, in denen der Hörer ein schiefes, falsches Bild erhält, wenn sie die wirtschaftlichen und sozialen Be ziehungen des Rechtsstreites mit Schweigen über gehen." „Es heißt den Wald vor Bäumen nicht sehen," so führt der Verfasser im weiteren Verlauf ferner Tar- legungen aus, „wenn man sich den Kopf darüber zerbricht, wie die Studierenden während ihrer Lehr zeit wirtschaftlich besser vorbereitet werden könn ten, ohne den geringsten Versuch zu machen, die kolossalen Leistungen der modernen Presse für diese Zwecke auszuuützcn. Lildungs- und Lehrwert von Presse und Wissenschaft sind natürlich nicht daS nämliche. Es ist aber außer Frage, daß kein Kolleg, kein Amt, kein Geschästsbureau heute annähernd reichhaltiges und stets neues Material über die wirtschaftlichen und gcscllschaftlicl-en Bewegungen bietet wie die Presse. Auch in den Nechtsdisziplinen ist dec Zug zum Anschauungsunterricht zu bemerken. Man veranstaltet für Zwecke des Unterrichtes Samm lungen wichtiger Urkunden, Aktensammlungen u. dgl. Tie Presse ist für alles, was die Gegenwart betrifft, der wertvollste derartige Behelf, denn sie schlägt täg lich ein großes buntes Bilderbuch auf, das alles vom Katheder Verkündete bestätigend oder wider legend illustriert, in dem sich die wissenschaftlichen Thesen in mannigfachster Anwendung und Kreuzung studieren lassen und das auch die zuverlässigsten Einblicke in die Denkart aller Klassen und Schichten der Bevölkerung gibt. Wie armselig ist daS spar same Wort des Vortrages oder das in seinen Tat sachen stets retrospektive Buch im Vergleiche zu diesem universellen Repertorium aller Höhen und Diesen, Schönheiten und Häßlichkeiten, Gravita tionen unü Spaltungen des Lebens! Ter Markt, alle Arten wirtschaftlicher Betätigung, alle aus wirt schaftlichen Antrieben entspringenden sozialen Pro zesse liegen in der Presse in weiten Horizonten vor uns, vollständiger, durchsichtiger und reifer für das kritische Aneigncn, als sie ein einzelner je beobachten kann. Sollte eS so schwer sein, die Form zu sinoen, wie mittels ihrer der Jurist, ohne noch selbst in den Kamps hinabzusteigen, aus dem Streben und Ringen um Macht und wirtschastlicl)« Güter, das die Presse beständig registriert, wirtschaftliches Verständnis er werben könnte ? Wenn die Studierenden angeleitet werden, mit Kritik zu schauen und die Gefahren einer einseitigen parteiischen Information zu ver- meiden, Gefahren, mit denen man ebenso beim Lernen ans dem Verkehre mit Menschen zu rechnen hat, so wird sich nicht bestreiten lassen, daß die Presse schätzenswerte Tienstc sür die wirtschaftlich« und soziale Ausbildung leisten könnte. Tas juri- stiscl-c Studium käme dadurch mit einem Rucke der Gegenwart nälser." Tiefe Darlegungen eines unzweifelhaft kompe tenten Sachverständigen sowie seine ferneren nicht minder treffenden Bemerkungen über die Beschäfti gung angehender Juristen in wirtschaftlichen Be trieben und Körperschaften werden hoffentlich auch bei den maßgebenden reichsdeutschen Stellen die. ihnen gebührende Beachtung finden. Der lürkilrh-itälienilche Kries. Noch größeres Interesse als dem Fortschritte dec italienischen Operationen in Tripolis bringt man jetzt allgemein der Frage entgegen, ob Italien, um die Türkei schneller zur Nachgiebigkeit, d. h. zur Abtretung von Tripolis, zu zwingen, eine Aktion gegen europäisches oder asiatisches Gebiet des Sul tans unternehmen wird. Bisher lauten die Mel dungen hierüber noch widersprechend, und während die Sichtung italienischer Kriegsschiffe in den türkischen Gewässern aus einen geplanten Angriff schließen läßt, heißt eS anderseits wieder, in Rom habe man vorläufig von einer Schiffsaktion abgesehen, bis die Oase in Tripolis vom Feinde gesäubert worden sei. Man muß nun abwarten, welche Nachricht zulrifft, die Entscheidung kann ja nicht mehr lange dauern. Italien würde wohl nicht einen Augenblick zögern, den lkriegssck>auplatz nach dem östlichen Mittelm ecr zu verlegen, ivcnii dem nicht man cherlei Gründe enlgegenständen. Mit der überlege nen Kriegsflotte könnte cs auf vorübergehenden Er- folg sick-er rechnen und türkische Inseln besetzen, auch die Küstenstädtc des Festlandes bombardieren
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