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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140326021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914032602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914032602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-26
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Seite 2. Nr. ISS. NdeuL-Nusgavr. Erklärungen in den Parlamenten verleitet, die mit den Tatlachen nicht im Einklang standen. Da» Par. lament wurde irregeführt, die Offiziere wurden irre, geführt und die Ration wurde trregesührt. In der der Arme« ist eine Lage geschaffen worden, deren Ende niemand vorhersehen kann und die sich nur als höchst verderblich erweisen kann. poliMeke UeberlieM die Ursache -er -eutjchfein-ttchen Kun-- gedungen in Luxemburg. Aus Luxemburg wird uns von be sonderer Teile gedrahtet: Bor eiuigeu Tagen wurden dentscl-e Ossi- ,lere in Luxemburg in fabelhafter YHeise auf der Strafte dadurch beleidigt, daft man ihnen „Zabern", „Wackes" ufw. nachschrie. Blätter ineldungeir zufolge liegt den dentschseindlick>en Demonstratioueu eine Animosität gegen da? H o f m a r s ch a I l a m t zugrunde. Ende Dezember hatte die französische Gesell schaft „ättiitnc«» kV-tnyLi»-" im Cerclegebäude zu Luxemburg einen Hall veranstaltet, wozu nur französische Offiziere der Grenzgarni sonen und drei Generale eingeladen waren. Diese Ballsestlichkeit war fast allgemein als sranzosenfrenndliche Kundgebung anfgefaftt wor den. Als nun bekannt wurde, daft das Hof marschallamt zu einem Hofkvnzert nur deutsche Offiziere eingeladen habe, gleich sam als 'G e g e n k n n d g e b u n g zu der von der „.zil!»nee veranstalteten — das Hof ¬ marschallamt besteht ganz aus Deutschen —, setzten sich die sranzoscnfreundlichcn Clemente in Bewegung. Zu ihnen gesellten sich auch solche, die aus Interesse an der Luxemburger Unab hängigkeit Gegner einseitiger Kundgebungen sind, und schrien hinter den in Uniform durch die Ltadt gehenden Offizieren: „Zabern", „WackeS", ..Zclncftpreuften". Andere geplante Manifesta tionen, wie Störung des Hoskonzerts durch lär mende Musik, unterblieben Die Kundgebung wird von allen Parteien des Landes streng verurteilt. Die behördliche Untersuchung >ichtet sich gegen 51 D e m o u st r a n t e n. Neue Erhebungen über -en Zug nach -er Sroßfta-t. Interessante Erhebungen werfen neuerdings auf oie inneren Beweggründe der Landflucht der ar beitenden Bevölkerung und ihres auffälligen Zuges nach der Großstadt bedeutsame Lichter. Auf Grund dieser Erhebungen hat man N5NN Arbeits- und Ob dachlose befragt, was sic nach Berlin getrieben hat. "Personen gaben dabei als Grund den Wunsch nach Arbeit bzw besserer Arbeitsgelegenheit an. Für den Reit von 15NN Personen waren andere Gründe ausschlaggebend. 75 von ihnen trieb der Drang nach besserer Ausbildung in die Großstadt, 58 beabsich tigten oort Geschäfte zu erledigen. Der Berufswechsel mar bei 75 Personen das Motiv zum Zuzug nach der Großstadt. 221 hielten sich nur auf der Durchreise in Berlin auf, IN, weil ihre Familie nach Berlin über siedeln wollte. Aber vielfach ist cs nicht allein die misilikl)c soziale Lage der Leute, die sic in die Groß- sladt treibt, sondern cs kommen dafür auch mannig fache psychische Momente in Betracht, Heimweh, Adenteuerliisi, leichtsinnige Beranlagung usw. Be sonders interessant Ist, daft 1t!) der Befragten sich nicht scheuten, ihren Leichtsinn als H n u p t g r u n d für ihren Zug nach der Groftstadt auzugeben. Auch sonst ergaben sich bei der Befragung die verschiedenartigsten Gründe, die den starken Zu strom vom platten Lande nach der Groftstadt erklären helfen. Aus Wanderlust kamen 11t), durch Per fiihrung 2ü, „n-egen der Papiere" IN. zur Ttraf- verbüftung 15, durch 'Verwandtschaft bestimmt 111. 11k wollten immer in Berlin gewesen sein. Der Nochette - Ausschuß. In der N a ch m i t t a g s s i tz u n g des Rochette- Ausschusscs erklärte Laillaux: Ich bin niemals, weder direkt noch indirekt, von der Staatsanwalt Lstpztgxr Lo-edlatt. schäft benachrichtigt worden, ebensowenig hielt fie mich aus dem laufenden über die Finanzunterneb- mungen Rochettes Er, Laillaux, bestreitet. jemals Monis gegenüber die Worte gebraucht zu haben, die ihm Barthou betreffend die Kosten der Emission in den Mund legt. Ebenso bestreitet er, daft in feiner Unterhaltung mit Barthou am Borabend des Pro zesses gegen Röchelte von dem Protokoll Fabre die Red« gewesen sei. Briand, erklärte Laillaux weiter, beschränkte sich daraus, mir gegenüber auf die Exi stenz des Protokolls anzuspielen, doch habe ich seinen Inhalt niemals erfahren und ebenso wenig, daft es auf mich abzielte. Briand erklärte mir zu wiederholten Malen, daft mir kein Borwurf gemacht werden könnte. Man hat mich niemals in den Stand gesetzt, mich zu verteidigen, da meine Borgänger mir den Text des Protokolls niemals vorgelegt haben. Ich befand mich in Notwehr und machte von meinem Rechte Gebrauch, indem ich Fabre zu mir kommen lieft, und war es etwa unge setzlich, wenn es der Zufall wollte, daft ein Zeuge unserer Unterhaltung beiwohnen konnte? Barthou hat die üufterc Politik gestreift, ich werde ihm auf dieses Gebiet nicht folgen. Ich versichere, er ist getäuscht worden, wenn er hier ungenau von Taten berichtet hat, die ich während meiner Amts zeit al- provisorischer Minister des Innern begangen haben soll. Laillaux sagte, daft es zweifellos besser ge wesen märe, wenn er die Aufforderung Bernards nicht angenommen hätte. Laillaux bat seine Kollegen um die G e r echt ia k e i t, auf die er heute mehr denn je ein Recht habe. Laillaux bestätigte, daft er seinen Borsitz im Verwaltungsrat nicht Kreditgefellschasten verdankte. Er habe immer seine volle Unab hängigkeit bewahrt. Er sagte, daft er aus die Bitte eines venezolanischen Generals hin sich als Ministerpräsident für die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen verwandte. Er wisse aber nicht, ob hinter alledem eine Bank stehe. Auf Befragen setzte Laillaux auseinander, daft, als er Finanzminister wurde, Adrien Hebrard ihn bat, in der Angelegenheit der Großen Char- treuse einen Aufschub zu gewähren, der, wie er sagte, versprochen sei. Gemäft dem Gutachten des Direktors der Domänen habe er den Aufschub ver weigert. Darauf vertagte sich die Kommission. Sie hofft am Donnerstagabend ihre Arbeiten zu beenden. O- Aus Paris meldet der Telegraph: Die Tätig- keitdes Rochette-Ausschusses wird bereits von mehreren Blättern verschiedener Parteirichtungen ziemlich scharf kritisiert. Die gemäßigt« „Röpuüligue iranyaise" schreibt: Der Ausschuß ist vollständig un fähig, Gerechtigkeit Ku üben. Er hat sich nicht einen Augenblick von Parteileidenschaften sreigemacht. Er zieht die Erörterungen in die Länge und wirst Huir- derre von Fragen auf, die mit der Sache nichts zu tun haben, um jedes allmr grelle Licht abzuschwächen oder auszulöschen. — Die radikale „France" meint, man möge doch ein Ende machen. Alle die nebensächlichen Dinge, die der Ausschuh so sorgfältig diskutiere, könnten zu dem, was inan bereits wisse, nichts hingu- fügen. — Die nationalistische „Libre parole" sagt: Jauros wird in der nächsten Woche der Kammer die Schlußfolgerungen des Untersuchungsausschusses vorlegen. Er wird seine Erklärungen mit einer solchen Fülle von Erwägungen ausstatten, daft bezüg lich der offenkundigen Gesctzesbougung Zweifel aus tauchen werden. Nur in einer Frage wird er sich fest zeigen und unerbittlich das Urteil über die Schuld des ehemaligen Ministerpräsidenten Monis fällen, denn zur endgültigen Beilegung des Rochctteskandals bedarf man eine» Sündenbockes und für diese Rolle ist Monis ausersehen. — Senator Tlemenceau schreibt im „L'homme libre": LLelche Form auch immer die Intervention des Herrn Monis beim Oberstaatsanwalt gehabt haben mag, so werden sie alle ehrlichen Leute beklagen müssen. Ich hätte es gern gesehen, dah Monis nach dem Beispiel von Lloyd George in der Marconi-Angelegenheit sein Bedauern darüber ausgesprochen hätte, daft er ohne genügende Uebcrlegung gel-aitdelt habe. Ich will gegen seine Absichten keine Anschuldigungen erheben, aber er hat zweifellos die Folgen seines Vorgehens nicht bedacht. — Die gegen Röchelte gegenwärtig schwebend«» Strafanzeigen belaufen sich auf nicht weniger als achtunddreiftig. Die Urheber dieser Strafanzeigen haben beschlossen, nunmehr gemeinsam vorzugehen, um als Nebenkläger aufzutreten. Der ZaU Laillaux un- -ie schweizerische Demokratie. Die Bloßstellung der französischen Rechtspflege im Falle Laillaux hat auf die schweizerische Demokratie einen tiefen Eindruck gemacht. Fübrende Organe der Schweiz sehen die französische Rechtspflege auf der Anklagebank sitzen, weil die demokratische Grmrd- forderung der völligen Unabhängigkeit de, Richter stände» von der Staatsieituna in der Nachbar republik auf das gröblichste mißachtet, die Teilung der Gewalten durchaus nicht verwirklicht ist. Welche Stimmungen in der schweizerischen Demokratie die feststehende Tatsache, «ratz der Prozeß gegen den Millionenschwindler Roihette auf das Verlangen de, damaligen Ministerpräsidenten Monis und des da maligen Finanzministers Laillaux verschoben wurde, ausgelöst hat. veranschaulicht die nachstehende Aus lassung des Berner „Bunds": „Daß eine solche Beeinflussung stattgefunden hat und daß weder Staatsanwalt noch Gerichts präsident sich dagegen bis zum Aeuftersten gewehrt haben — das heot diesen Vorfall über alles Parteigezänk hinaus. Nicht Laillaux und Monis, das ganze System der französischen Rechtsprechung sitzt auf der Anklagebank. Die unheilvolle Tatsache, daß in Frankreich so oft nicht dieGütederLacheentscheidet.sondern der Einfluß der Person, ist hier einmal in einem besonders krassen Falle ans Helle Licht gezogen worden." Die mangelnde Teilung der Gewalten zwischen Staatsleitung und Rechtspflege ist aber nicht der einzige Mangel, der der Teilung der Gewalten in Frankreich anhaftet. Vielmehr gehört die Einmischung der Abgeordneten in die Verwaltung, wie der Pariser Professor CH. Seig.robos in seiner „Politischen Geschichte des modernen Europa" sich ausdrückt, zu den Krundgewohnheiten des politischen Lebens in Frankreich. Seignobos häl: jene Einmischung für ein praktisches Hilfsmittel, um zwei widersprechende Systeme, nämlich eine demokratische Staatsverfassung und eine hierarchische De-waltung, nebeneinander zu ermöglichen. Aber in der rauhen Wirklichkeit wird auch die Einmischung der Abgeordneten in die Ver waltung oft genug die Folge haben, daß „nicht die Güte der Sache entscheidet, sondern der Einfluß der Person". Vie Ereignisse auf -en Lenagol-fel-ern vor -er Vuma. Irr der Reichsduma erklärte Handelsminister Timasch ew auf die Interpellation über die gesetzwidrige Handlungsweise von AmIs st e r s o n e n bei den Ereignissen auf den L e na - golvfcldern im Jahre 1912, die Regierung erkenne vollkommen die schweren Arbeits- und Lebensbedingungen der Lenaarbeiter an. Diese Bedingungen hatten die Hauptveranlassung zu den Arbciterunruhen gebildet. Gegenwärtig feien aber viele von den früheren M ist st ändenab- ae stellt. Die gesamte Direktion der Lena- Gesellschaft sowie die Goldfelderverwaltung seien gewechselt und die Arbeiterwohnungen verbessert worden. Die neue Vertvaltuna sorge für die Wahrung der Interessen der Arbeiter. Auf dem Territorium der Lena-Gesellschaft sei jetzt das Gesetz der Arbeiterversicherung in Kraft. Auf die Frage, ob die Leute, die das Gesetz ver letzten, zur Verantwortung gezogen worden seien, erklärte der Minister, die Handlungsweise der Lena-Gesellschaft sei gewiß tadclnsivert, falle jedoch nicht unter das Strafgesetz, Die Regierung habe der (siesellschaft wiederholt ge raten, den Arbeitslohn zu erhöhen; darauf sei jedoch die Verwaltung nicht eingegangen. Das könne man aber nicht bestrafen. Wenn die Lena- Gesellschaft auch nicht zur gerichtlichen Verant wortung gezogen worden sei, so sah sie sich je doch unter dem Drucke des allgemeinen Un willens gezwungen, die gesamte Direktion zu wechseln. Im Namen des Ministeriums des Innern sprach dessen Gehilfe Solotarcw und wies darauf hin, daft die Entfernung der Lenagold- felder von den Verwaltungszentren dazu führte, das; dort ein Staat im Staate entstand. Der Arbeiteransstand hatte seinen Grund in den wirtschaftlichen Verhältnissen; er geriet jedoch unter den Einfluß des Streikkomitees, das aus politisch Verschickten gebildet wurde. Tie Arbeiter drangen in die Polizeihäuser ein, durchsuchten die Ersenbahnzüge und verlangten eine Lohnerhöhung von 30 Prozent. Die Ver fügung des Untersuchungsrichters, das Streik komitee zu verhaften, könnte nicht ausgeführt rverden. Kann man in einem solchen Streik eine friedliche Beiveaung sehen? Als Militär her- beigerufen rourde, wurden nur diejenigen ver haftet, die gerichtlich belangt werden konnten. Wenn die Forderungen der Po lizeibehörde erfüllt und alle Führer des Ausstandes verhaftet worden wären, so wären die Ereignisse vom 17. April bestimmt ausgeblichen. We gen des Schießens, das ein Opfer forderte, wurde gegen den Polizeioffizier Treschtschenio ein Gerichtsverfahren eingeleitet. DaS Urteil wird Aufklärung darüber geben, ob es möglich rvar, der Katastrophe vorzubeugen. 'Anhalten der Beifall rechts. Zischen und Pfeifen links.) Die Reichsduma beschloß darauf einstimmig, sofort zur Debatte über die Erklärung der Regie rung überzugehen. — Nach den Reden dreier sozialistischer Abgeordneter, die die Regierung sämrf angrisfen, wurde die Verhandlung vertagt. Deutscher Reich. * Sächsische Kirchliche Konferenz. Die von dem verstorbenen Vorkämpfer des Protestantismus I). Meyer-Zwickau gegründete und zurzeit vom Superintendenten Mütter in Zwickau geleitete Kon ferenz hält ihre Frühjahrshauptversammlung Mitt woch. den 22. April, im Saale des „Viktoria-Hotels" in Chemnitz ab. Am Vormittag hält Geh. Kirchenrat Prof, v Rendtorff-Leipzig einen Vortrag über Abendmahlspflege, nachmittags spricht Pastor L i e bst e r - Leipzig über „Persönliche Frömmigkeit und kirchliche Gemeinschaft". G * Zu den Beisetzungsseierlichkeiten der verstor benen Prinzessin Adolf von Schwär,bürg sind in Rudolstadt eingetroffen: Prinz August Wilhelm von Preußen, der ErMerzog von Mecklenburg- Schwerin, Erbgroßheyog Nikolaus von Oldenburg, Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Herzog Paul Friedrick.zu Mecklenburg-Schwerin, Fürst Otto Vrktvr von Schönburg-Waldenburgs die Prinzen Heinrich, Ulrich, Waldemar und Gustav von Schönburg- Waldenburg sowie der preußische und der sächsische Gesandte für Thüringen aus Weimar. * »Ei« Bubenstreich gegen General Liman von Sanders." Die „Berliner Morgenpost" läßt sich von ihrem Mitarbeiter in Konstantinopel melden, der Thef der deutschen Militävmission in Kon stantinopel, Generalleutnant Liman von San ders, habe sich, gereizt durch bösartige französische Preßtreibereien, zu einer unüberlegten Handlung hinveihen lassen. Veranlaßt durch einen auf feine Töchter bezüglichen ver leumderischen Artikel des Pariser „Matin", soll er sich in die „Agence Ottomane", ein französisches Preßburocm Konstantinopels, be geben und dort den Vertreter des „Matin" mit vor gehaltenem Revolver gezwungen haben ihm Len Ver fasser des verleumderischen Artikels namhaft zu machen. — Wir können uns nicht denken, daß Liman von Sanders trotz aller begreiflichen Erregung über die tückischen Angriffe auf seine Familie so gehandelt hat, und möchten vielmehr annehmen, daft die „Ber liner Morgenpost" einer Mystifikation zum Opfer ge fallen ist. * Der Empfang der ausländische« Presse. Aus Berlin wird berichtet: Der Empfang der aus ländischen Presse am Mittwoch stand, wie in früheren Jahren, auf voller gesellschaftlicher Höhe. Anwesend waren die Botschafter Oesterreich-Ungarn-, Italiens, Rußlands und Frankreichs. Der englische Botschafter konnte wegen Unpäßlichkeit dem Emp fange nicht beiwohnen. Das Auswärtige Amt war durch den Unterstaatssekretär Zimmermann und den Geheimen Rat Hammann vertreten. Die Parla mente hatten ebenso wie die Reichsämtcr und Mi nisterien und nicht zuletzt auch Handel und Kunst zahl reiche Angehörige entsandt. * Heimkehr nach zehnjähriger Abwesenheit. Wie aus Danzig gemeldet wird, wurde gestern der kleine Kreuzer „Kondor" bei seiner Rückkehr in den Heimat hafen Danzig nach zehnjähriger Anwesenheit in der Südsee festlich begrüßt. Die Kronprinzessin war von Zoppot nach Danzig gekommen. * Antrag auf Einstellung eines Strafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft in München hat die Ein stellung des gegen den Landtagsabgeordneten Held schwebenden Meineidsverfahrens beantragt. vonnerstas. 26. ktiirr lSl< vrr gute Name. 17s Roman von Georg Engel. 0 MI 1 I>v Nr-tk'ein k t!n., N. n>. >>. II. t,«>ii>«ii/.) Zweites Buch. I Mitten im Föhrcncr Bodden, lanm einen Bücvsenschnft von der Küste entfernt, steigt eine mivfige Sandc, Hebung ans den Wassern hervor. „Wrltiner En," nennen sie die Fischer, die ein paar verfallene Hütten als gelegentliches Ansteigeguartier dort errichtet haben, sonst haust leine Seele ans dem zweihundert Schritt langen Eiland, nur Reiher und Möwen brüten dort zwischen dem Schilf, und in den Herbststnrmen braust das Meer darüber hin, als zürne es, daft der Berg sein gelbes Hanpl ans den Was lern gereckt habe und nun dem geschwätzigen Winde von den Wundern der Tiefe erzähle. Es >var früh am Morgen Unbewegt und tlar lag die See, nur im blendenden Lichte der Sonne schien sie eine unzählige Fülle von far bigen Tropfen ansznsprühen, als wenn die ganze weite Fläche leise moussiere und Millionen glühender Rubinen ans ihr hernmhüpfien. Ans dein nahen Föhren klang die Glorie des Kirchleins l^ernder, die die Gemeinde zur Sonn- tngsandacht rief, und wie zur Antwort hallte das ferne Läuten der Weltiner S-tadtgloclen nach. Von der einsamen En stiessen zu gleicher Zeit zwei Boote ab und sichren langsam, ganz langsam der Küste zu. Wie von Uniformen und Waffen blitzte es in den Booten ans, aber ihre Trager saften gebeugt, und die Ruder berührten so leise und zaghaft die Flut, als scl)cuten sie sich, mit lautem, knarrendem Geräusch die bei den Männer zu wecken, die, das blasse Antlitz der Sonne zngekehrt, friedlich nebeneinander schlummerten. Zögernd und schwerfällig gleiten die Boote heran und knirschen leise in dem Sand Die Offiziere steigen ftnster Henau», und «in Dien« eilt in das Dorf und kehrt mit Leuten zurück, die zwei Bahren tragen. Und immer lauter und lauter Ixallt die Glocke, und immer mehr Fischer und Bäuerinnen sannneln sich um die Bahren, das Gebetbilch unter dem Arm, mit bleichen Gesichtern. Aber keine Hand regt sich, alles scheint erstarrt, Ivie die beiden starken Männer, die im schrecklichen Kamps nm ihre Seelen gerungen und die. nun friedlich nebeneinander schlummern, wie er Nblafft nach der Arbeit des Tages. Ernst und gedruckt scharen sirb die Offiziere nm die Leiche des Obersten und lieben die Bahre zur Höhe. Sie soll nach dem Sctmlhanse ge schasst werden, bis der Wagen zur Stelle ist, der ihn znriickfiibrl, heim, zur snngrn, lebens lustigen 0siiltiv Die Bahre des Kapitäns folgt. Sie wird von Bauern getragen und nur ein ein ziger der Offiziere schreitet ihr zur Seite Und immer leiser tönt die Glocke, schon schallt dem Zug Orgelklang entgegen, und nun, da es am Kirchlein vorübergeht, klingt auch das Lied der Gemeinde heraus: „Ein feste Bing ist linier Golt." ?a zieht eine Schar verspäteter Werftarbeiter heran, alle im Feierkleid, voran der alte Euler und Bars, die die Leute führen. Und andächtig humpelt der alte Werstmeister über die Schwelte des Gotteshauses, entblößt sein Haupt und l)at kein Ange für den Seemann, der stellen bleibt und zögert und stutzt, aber da Ein lauter schrei dringt in das Kirchlein ein .bannen und Rauschen, die Orgel schweigt, ndcrdröhnt von dein drohenden, zügellosen Wut schrei der Werftlente, die ihren sterbenden Herrn erkannt haben. Und alles strömt hinaus, die beiden bleichen Wanderer zu sehen, die die Ruhe des Gotteshauses stören. Auf ihren Händen haben die Arbeiter ihren .Herrn in sein Hans getragen, voran der alte Euler, der immer in den blauen Himmel gesehen hat, damit die anderen nicht merkten, wie es mit ilnn stünde, und gefolgt von einer Fischer dirn, Vie tränenlos und starr ihres Weges schritt. Seiner störte sie. In seinem weiten Studierzimmer in dem alten gotischen Hause saft der Doktor und schrieb ein Rezept, als der Kürassierleutnant Prinz Kö nigstein leise bei ihm eintrat. Verwundert blickte er auf und mit jener seltsamen Gedankenverbin dung, die in den Augenblicken höchster Span nung das Entfernteste richtig zu verknüpfen weift, ahute er, daft dieser Besuch irgendwie mit dem Kapitän in Zusammenhang stehen müsse. Rasch trat er seinem Gaste näher nnd fragte hnstig^ „Sie kommen als Patient, mein Herr?" Der Prinz verneinte. „Ich komme, nm Sie an das Lager eines Schwerkcanken zu rufen. Es ist — entschuldigen Sie, aber die Zeit drängt zu sehr, als daß iw Sie noch länger schonen lönnte. Sie müssen sich darauf vorberciken, an das Lager eines sehr guten Freundes zu treten." Er wollte noch weiter sprechen, aber der Arzt lastete plötzlich ans seinem Schreibtisch herum, als müßte er sich stützen, und wurde ausfallend blaß: „Er ist tot?" fragte er stöhnend. Der Prinz zuckte düster die Achseln. „Ihm ist leicht, wenn er auch noch nicht völlig geendet Irak. Eine solche Natur wie die des Barons Hol stein kämpft gegen den Tod aufs äußerste. Unten wartet mein Wagen, unterwegs erzähle ich Ihnen mehr — vielleicht treffen wir ihn noch lebend." Der Doktor fuhr in die Höhe nnd steckte Mit festem Griff allerlei Instrumente zu sich, dann svrangen die beiden Männer die Treppen hinab, und nach wenigen Sekunden siog die elegante Eqnipagc durch die svnntagsstillc Stadt. Der Arzt sprach kein Wort mehr. Schwei gend, fast feindselig, rückte er von dem Offizier fort und blickte finster auf die sonnigen, reinlichen Straften. Und wie im Flug zog cs ihm durch den Sinn, daft die große, Willensstärke Natur seines Freundes nun doch unterliege, weil er einen Kampf gegen eine Mcnschenklässe hcraufbeschwo- rcu hatte, deren Grundgesetze er verleugnete und von deren Sitten und Gewohnheiten er lich doch nicht losreißcn konnte. Und dann stieg ihm das Bild seines Freundes auf, er hörte sein übermütiges Lachen, seine tiefe Stimme — das Haupt sank ihm in die Hand, er schloß die Augen. Längst eilten die Pferde über die Chaussee, und noch immer litten die beiden Männer kein Wort miteinander gewechselt. Da hielt das Ge fährt unvermutet, und der Doktor blickte auf. Eine verhüllte schwarze Bahre, die von einer Schaar Kürassiere getragen wurde, zog langsam an ihm vorüber. Hell und freundlich spielte der Sonnenschein um die schwarzen Hüllen und drang bis an die hingestrccktc Gestalt, deren weifte Uniform undeutlich hervorschimmerte. „Wer?" fragte dec Doktor mit kaum ver haltenem Groll. Aber auch ber Prinz sästen fies ergriffen zu sein. Kurz uannic er den Namen des Obersten nnd wandte sich ab. Wieder zogen die Pferde an, nnd nach we nigen Minuten fuhren die beiden Herren in den großen .Hof ber Werft ein. Trotz der Sonntagsrnhe Ivar der große Platz von Arbeitern überfüllt Lautlos standen sw und blickten aufgeregt nach den verhängten Fen- skern, hinter denen der junge Gebieter, der ihre ganze Existenz gehoben und gebessert hatte, nun vollenden sollte. Als der Dottor in das ihm so wohlbekannte Kabinett des Kapitäns eintrat, mußte er sich unwillkürlich jener Nacht erinnern, da der Freund aus jener Ruhestätte gelegen und so eindringlich mit ihin gesprochen halte. Jetzt war das Lager blutüberströmt. Ohne Zeichen des Lebens lag die große Gestalt halbangekleidet auf den Betten, und das fahle Licht, das durch die Vorbänge drang, fiel auf ein tvachsbleiches, unkenntliches Antlitz. Unaufhörlich quoll auS der unteren Brust, die man bereits mit dicken Tüchern umwickelt hatte, dunkelschwarzes Blut heraus, sammelte sich auf dem Bcttrand uud sickerte tropfenweise auf den Estrich herab. (Forrfttzung in der Morgrnaiwgab«.)
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