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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.03.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140321016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914032101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914032101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-21
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Morgen-Ausgabe S»zog«pr.ist: »»aatlich 1.U «., »>»rt«l>ahrUch ».75 M. Set »er »»fttzüft»st«U», »ns«, -Mol« m»» ftu»gad«st4ll« abgetzoltr »onatUch 1M., »lerlellährllck»Z M. dnrch 5t» poft, Um«hald V«tschlaa4« «>» 5« »«Usch« ftolont« «oaatllch t^o M„ »terteltührUch 4^4 M.. anoschUegUch poftdifteU-etü. da» Leipzig« ftagedlait «rschotat »««ag» »mal. «oaa. a. Z»t erlag» imal. ft» Leipzig. »« vachdaroU« ua» »« Met« «tt eia«« -Mal« wir» »ie ftdeaöaaegod» »och a» ft»«» »« «rschetaea» io» Paa» gellefert. vrrltnrr NeSakttoai fta»«A«U« 17. Z«raspr«».Naichtu8: Moabit N,.447. /trrrtsblcrtk des Rate» und des pollreüuntes der Stadt Lerpzro Nrüoktion aaS Seschüfteftelle, 7»dann>»gaft» Ur.«. 0 Zernsprech-ftaschluS kir. 14041. 14445 na» 14444. ISS. Jahrgang »alrrat, au» Leipr'g UN« Umge»uag Sie /»"AelAeirprels». 1lpaN>geprNtz»tt«r5pt., »t» N«Naa,»e»iI»1 m , v«o »»»wirr» 14 Pf.. Nekiamen t.2S M.. itteta« ftnzelgca »tepetitzrile aur gopf.d wt,üerhol.iiad.,ftuseratr »»uSrl»4r4«a im omtticheuLeii »>« Petit» zeti« 5» Pf. Selch»ft»aazrtgra mit playvarlchrift 'm Preise «rbSht. Nabatt »ach Larif. Veilag« - chelamtoufi. 5 M 4a» Laus«» a»»lch> paNgedühr. fiuzeigeu-ftemahm» -»baaai»goss«. de» sämtlichra Zttial« »« Letpzig« LogediaUr» oa» all« ftaaoacen-Leprüttton« »« fta- ua» Nuelaa»«*. s»schafr»n«u» für 0«ltn u.»»e pr. vranüradurg v>r»ktionwau«zu»,»l. Verlla « 'S Maegar»ti>«N»oftr ». 5eraspr»<i»» ftaschlußr Lüye» »471. Nr. 145. Sonnenena, »en 21. Miiri. 1914. Vas Wichtigste. * Der Reichstag beschäftigte sich am Frei tag mit dem Etat für Südwestafrika. (S. Art. und Ber.) . * Der Roch ette-Aus schuß der fran zösischen Deputiertenkammer hat am Freitag den früheren Marineministcr MoniS vernommen. (S. Pol. Uebers.) * Ter französische Senator Haut hi er ist zum Marinem ini st er ernannt worden. * Der russische Kriegsminister Suchomlinow soll in diesen Tagen in einer wichtigen Mission über Berlin nach-Pa ris reisen. * Edward Carson ist in Belfa st ange kommen und von den Ulstcrlcuten mit leb haften Ovationen empfangen worden. (S. Ausland.) * Die Nachricht, daß bei dem Schiffsun glück in Benedig vier Matrosen der „Hohenzollern" ertrunken sein sollten, bestätigt sich nicht. Unter den Opfern befinden sich auch zwei Berliner. (S. Nachr. v. Tage.) Statthalter vaNwitr? O Berlin, 20. März. Bon der Meldung, die den preußischen Mi nister v. Dultwitz aü präsumtiven Nachfolger des Grafen Wedel auf dem Statthaltersrtz im Elsaß nennt, kann man sagen, was man von den Thronreden schon längst nicht mehr sagen darf: sie bedeutet wirklich eine volle Ueber- raschung. Auf alles wäre man verfallen — die seltsamsten Namen schwirrten beim Rätsel raten dieser letzten Wochen durcheinander —, aber daß man den preußischen Polizeiminister, just diesen Minister, zum Statthalter erhöhen könnte, daran ist, wenigstens ernsthaft, denn doch nicht gedacht worden. Der Statthalter der Reichslande ist kein Beamter im gewöhnlichen Sinne, ist ein Stück Bundcsfürst. Und nun nimmt man einen Herrn aus ostdeutschem Jun kergeblüt, einen Mann der — mit einer kleinen, aber für ihn sehr zuträglichen Unterbrechung — in der preußischen Beamtenlaufbahn hochkam, und heißt ihn in einer von Zündstoffen aller art erfüllten Zeit das Rcichsland regieren. Das zuckt noch unter den Nachwirkungen dieser schwer sten Erschütterungen seines jungen staatlichen Le bens: da beschert man ihm einen .Herrn, dessen Name allein auf diese eigenwilligen Kantönli- leute in der Südwcstmark wie eine Herausforde rung wirken muß. Einen Mann, dem süddeut sches Wesen fremd ist und dem nach seiner ganzen Veranlagung, für die er nichts kann und die ge wiß an sich nicht tadelnswert ist, cs sicherlich auch nicht liegt. Wir wollen weder .Herrn v. Bethmann noch Herrn v. Dallwitz unrecht tun. Vermutlich haben den Kanzler, da er sich zu dieser Kandidatur ent schloß, an deren Ernsthaftigkeit wohl nicht mehr zu zweifeln ist, allerlei beachtliche Gründe geleitet: Gewissenhaftigkeit hat diesen innerlich emsamen Grübler noch niemand absprechen mögen. Eines jedenfalls hat er nicht bedacht: — das nämliche, was dem Kanzler sogar Elard v. Oldenburg, der freilich selber kein Volkspsycholog ist und nur nachschwätzte, was er von anderen hörte, neulich in her Zirkusversammlung des Bundes der Landwirte vorwarf — die voraussichtliche Wirkung auf das Volk. Die Leute im Reichs lande werden nicht fragen, mit »velchem Pro gramm und welchen Absichten Herr v. Dall witz zu ihnen kommt, nicht erst prüfend abwarten wollen, wie er sich betätigt. Sie werden sich daran halten, daß man ihnen als Nachfolger der beiden .Hohenlohe und des Grafen Wedel einen preußischen Konservativen schickt, den Ches der äußerst streng über „Stubenreinheit" und korrekte Gesinnung wachenden inncrpreußischcn Verwaltung, und sie tverden finden, das; damit der Wille jener weniger zahlreichen als geräusch vollen altdeutsck;«n Herrennaturen geschehe, die seit Zabern verlangen, daß man das Reichs land mit Skorpionen züchtige. Wir wollen .Herrn v. Dallwitz nicht wehe tun, sagten wir vorhin. Aber daß er ein echter, ein in der Wolle gefärbter preußischer Konser vativer ist, wird am Ende er selber nicht in Abrede stellen mögen. Anfangs, als er im Hoch sommer 1910 aus dem Breslauer Obcrpräsi- dium nach Berlin geholt worden war, den zag haft bescheidenen Herrn v. Moltke abzulösen, hatten selbst liberale Leute ihn nicht ohne «in gewisses Wohlwollen begrüßt. Man kannte Herrn v. Dallwitz zwar von früher her als cinen ultrakonservativen Heißsporn. Aber man hatte inzwischen aus AnhaU, wo er sich von den Strapazen seines Ä'analsturzes als Staats minister erholte, vernommen, daß er dort auch den Liberalen gerecht zu werden verstanden Deutscher hanöelstag unö Reichstag. Man schreibt uns aus parlamentarischen Kreisen: Die Vollversammlung des deutschen Handels tages hat sich darüber beklagt, daß der Reichs tag in Wirtschaftsfragen häufig nicht genügend unterrichtet sei. Die Berechtigung zu dieser Klage kann und soll nicht ganz bestritten werden, und es wäre außerordentlich dankenswert gewesen, wenn der Handels tag auch gleich die richtigen Mittel zur Abhilfe angegeben hätte. Das hat er frei lich nicht getan. So hätte es — um nur ein zelnes zu erwähnen — keinen Zweck, die den RcichstagskommifiionenzugegangenenPetitionen „durch einen besonderen Berichterstatter" vor tragen zu lassen: dadurch kann die eigene Arbeit und Aufmerksamkeit des einzelnen Mitglieds nicht ersetzt werden. Es ist auch gar nicht richtig, daraus, daß einer der oft recht ein seitigen Petitionswünsche nicht erfüllt wird, nun gleich zu schließen, er sei nicht genügend geprüft worden. Ebenso unfruchtbar ist der Vorschlag, es möchten auf Wunsch der großen hätte. Und man sagte sich: warum sollte der Landral von dazumal sich nicht gewandelt ha ben? Das erste Auftreten des Herrn v. Dall witz im preußischen Abgeordnetenhaus schien sol chen Anschauungen auch Vorschub zu leisten. Aber ganz buchstäblich: nur das erste Auftreten. Schon beim zweitenmal, als er das Wort nahm, schrillte ein Ton hindurch, der ver nehmlich an den Dallwitz von ehedem er innerte. Und hernacv ist der liberalisie rende Blutenstaub anhaltinischen Angedenkens dann mehr und mehr von dem Herrn Minister abgefallen. Er hat zwar in Preußen, wie vor her schon in Anhalt ein Feuerbestattungsgesetz zustande gebracht, im übrigen aber war er wirk lich ganz und gar der alte geworden. Die ost elbische Erde hatte ihn wieder, und alle politi schen Probleme beurteilte er nun abermals, wie sie in dem Milieu beurteilt zu werden pflegen, dem er entstammte, und in das er nach ein paar Schritten vom Wege behenden Fußes zurück- gekebrt war. Tas ward zum Greifen deutlich bei der Art, wie er un Laufe der Jahre das preußi sche Wahlrechtsproblem behandelte, wo er den Auskunftheischendcn, Beschwerdeführenden an fangs noch mit höflichen Scheingründen diente und schließlich sie mit kaltem Hohn abferligte. Ob Herr v. Dallwitz noch einmal sich wan delt, sich dem süddeutschen Milieu anzupassen lernt? Unmöglich wäre es nicht. Es wachst der Mensch mit fernen höheren Zwecken: anders sieht die Welt sich Unter den Linden, anders im Statthalterpalast zu Straßburg an. Dennoch wird man gewisse Zweifel, Bedenken und Sor gen nicht ganz unterdrücken mögen. In diesen Empfindungen würde es uns auch nicht schwan kend machen, wenn sich bewahrheitete, was man seit gestern sich in hiesigen politischen Zirkeln er zählt: daß Herr v. Dallwitz die Stiege Hinauf ralle, um die Bahn frei zu geben für eine Reform des preußischen Wahlrechts. In das Bethmann- sche System der Balancen würde die Nachricht an sich nicht übel flössen. In dieses System, dessen Weisheit darin - besteht, allemal dem einen zu geben, wenn eS dem andern nimmt, wobei sich dann freilich regelmäßig keine Balance, sondern Unzufriedenheit auf be.den Seiten herausstellt.. * - Zu der bevorstehenden Entscheidung wird uns weiter drahtlich berichtet: In Berliner Politiken Kreisen wird dem Wolsfschcn Dementi nur formale Bedeutung bei gemessen. Man nimmt an (wie wir das schon im Abendblatt mitteilen konnten), daß die Ernen nung des Herrn von Dallwitz zum Statt halter erfolgen wird. An amtlichen Stellen wur den heuce vormittag die Dinge so geschildert: ES sei Tatsache, daß neben anderen auch Herr von Dallwitz zum Statthalter vorgeschlagen sei. Tie Entscheidung des Kaisers stehe indes noch aus. Nach einer Mitteilung des „Berl. Lok.- Anz." steht sic aber unmittelbar bevor. Die „Boss. Ztg." schreibt noch: „Zwischen dom Grafen Roedern und Herrn von Dallwitz bestehen seit längerer Zeit enge amtliche und persönliche Beziehungen. Der Potsdamer Ober- präsidialrat war der Untergebene des Ministers der Innern. Graf Max Roedern, ein Geschlechtsoetter des Staatssekretärs, war mit Magdalena von Dall witz, der Schwester des Ministers, die seinem Haus halt vorsteht, vermählt. Der Staatssekretär hat vor wenigen Tagen mit dem Minister des Innern lang« Unterhaltungen gepflogen, die sicherlich mit der Sbatthalterfrage im Zusammenhang standen. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß sich zwischen bei den Staatsmännern das Einvernehmen herausbilden wird, das für die Einheitlichkeit der Politik unerläß lich ist. Mag Herr von Dallwitz noch so konservativ sein, er wird, wie zuvor in Anhalt, so auch in Straß burg erkennen müßen, daß sich nicht überall nach reaktionärem Rezepte regieren läßt. Eins darf man von Herrn von Dallwitz mit einiger Sicherheit er warten, nämlich, daß er als „starker Mann" nicht ge neigt sein wird, sich militärische Eingriffe in seine Machtbefugnisse widerspruchslos gefallen zu lassen." I zentralen Wirtschaftsoerbände — welcher? — I Gewerbetreibende, die von diesen Verbänden bestimmt werden, zu den Verhandlungen der Reichstagskommissionen als Sachverständige mit beratender Stimme zugezogen werden. Ver fassungsrechtliche Bedenken sollen hiergegen nicht geltend gemacht werden. Sie ließen sich auch überwinden. Allein wir fürchten, daß die Rolle solcher Herren keine erhabene sein würde. Es ist menschlich, daß, wer gehört werden soll, auch befugt sein muß, mit zu entscheiden. Er müßte dann der einzige Sachverständige sein, und durch seine überragende Sachkunde alle anderen zum Schweigen dringen. Allein wie? Wenn nun der >iächste„Saci ver,ländi e' s Gegen teil und der dritte wieder etwas u-.deies her vorkehrt? So etwas kommt unter „Sachver ständigen leicht vor. Es gibt nur ein Mittel! Die Mitglieder des Handelstages müssen sich selbst aktiv, affo nicht nur kritisch, an der Ge setzgebung beteiligen. Und zwar nicht nur „da neben", wie es im Beschlüsse der Vollversamm lung heißt, und nicht nur, indem sie im poli tischen Leben sthrer „Wohnbezirke" tätig sind, sondern so, daß sie.selbst in den deutschen Reichstag eintreten. Ls mangelt aber an der Bereitwilligkeit hierzu. Wir haben es doch erlebt, daß in großen Industrie- oder Handelsstädten kein Gewerbetreibender zu finden war, der sich in die „Drecklinie" — so Bismarck — des Wahl kampfes stellen wollte, und daß schließlich ein arbeitswilliger Kandidat mit der Laterne gesucht werden mußte. Meist bekam einer nach dem andern der zunächst „begrüßten" Gewerbe treibenden kalte Füße. Man hörte: ich habe keine Zeit, ich bin unabkömmlich. Besser und aufrichtiger: so weit reicht mein Gemeinsinn nun doch nicht, daß ich die Aufregung eines Wahlkampfes, die Entbehrungen und Mühen einer ganzen Gejetzgebungsperiode — gleich für fünf Jahre! — noch auf mich nehmen könnte, zu alledem, was ich im eigenen Geschäfte zu tun habe. War es nicht ost so? Sind die Mitglieder des Handelstages immer bereit gewesen, als Aufsichtsräte oder Selbstinhaber großer Betriebe den von ihnen abhängigen Vorständen oder höheren Beamten die Genehmigung zu poli tischer Tätigkeit zu geben? In der Regel nicht! Und wie gerne nimmt jede Partei Männer in ihre Reihen auf, die es zu Hause zu etwas brachten! Denn jede Parte; weiß, daß es wahr haftig nicht gut wäre, wenn der Reichstag schließlich nur aus Beamten, Schriftstellern und Rentiers bestünde. Wenn man nicht mittun will, soll man aber auch nicht klagen! Ohne Opfer kein Gewinn. Das wissen die Herren doch aus ihren eigenen Betrieben. Cl ver sü-westafrikanische Etat »orm Reichstags. Stimmungsbild aus dem Reichstage. H Berlin. 20 März. Auch heute hat man sich noch den ganzen Tag über vom Kolonialetat unterhalten, wie mau denn überhaupt vor der Ostervertagung schwerlich noch ein anderes Gebiet berühren wird. Die Aus- spräche, die natürlich nach der ganzen Art dieser Etatsberatunq überaus weitichweifig war, brachte dennoch allerhand interessante Einzelheiten. Da war zunächst der jostaldemokratiicheDr. Queisel. Er ist ein Selfmademan. ist erst Handwerker gewesen und hat sich dann durch unermüdlichen Flein zum national ökonomischen Doktor emporgearbeitet Seine Lehrer, u. a. Professor Herkner. schätzen ihn sehr hoch. In der Tat sticht seine stille wissenschaftliche Art sehr wohltuend von der geräuschvollen sozialdemokratischen Demagogie ab. In seinen Veröffentlichungen ist er denn auch offen für Kolonialpolitik eingetreten und für das, was man imperialistische Bestrebungen heitzt. Ganz soweit mochte und durste er im Reichstage nicht gehen. Trotzdem war es bezeichnend von Hern» Quessel. zu hören, und Herr Solf nagelte ihn auch später gleich darauf fest, daß er gegen die Ambolandbahn an sich nichts hat. Er bemängelte nur, daß für die an ihr bauenden Ovamboleute nicht genügend durch Arbeiterichutz gesorgt würde. 2m übrigen erwärmte er sich für die Schaffung kleiner Farmen für die Eingeborenen, was doch auch einigermaßen, wenigstens auf unseren Kontinent, dem alten, übertragen, den sozialdemokratischen Programmsätzen wider spricht. Herr Keinath rief nach mehr Selbst verwaltung für die Kolonien und empfahl zugleich, in der Diamantenregiesrage endlich Frieden zu machen, und Herr Kuckhoff vom Zentrum, der in seinem Zivilverhältnis Oberlehrer ist, er- örterie die Schulfrage in den Kolonien. Herr Kuckhoff ist der sehr verständigen Ansicht, daß die preußischen Lehrpläne sich nicht schablonenmäßig auf die eigenartigen Verhältnisse in den Kolonien über tragen ließen: Englisch sei doch nötiger als Französisch und das Lateinische wäre am Ende ganz zu entbehren. Dem widerspricht in seiner Eigenschaft als ehemaliger Laieinlehrer Herr Dr. Oertel. Er muß aber den Schmerz erleben, daß Staatssekretär Solf sich hinterher doch auf die Seite des Abg. Kuckhoff schlägt. Der Minister verbreitete sich dann noch aus giebig über den Stand der Dinge bei der Diamanten regie und wies nach, wie die Regierung sich bemüht habe, zw.scheu Schleifern und Förderern einen gerechten Ausgleich zu treffen. Was aber die Hauptsache ist: Um die Erschließung des Ovambolandes zu be schleunigen, gibt Herr Dr. Soli eine wohl formulierte Erklärung ab, die den sonalpolitischen Forde rungen zugunsten der Ovamboleute nach Möglich keit Erfüllung zusichert. 2m späteren Verlaufe der Sitzung nimmt sich mit schöner und sympathischer Wärme der Abg. Paaiche der Missionen an: dann verzettelt sich auf sozialdemokrasches Be treiben die Debatte noch in allerlei Unerquicklich keilen. Der Entwurf zum wettrechtsgesetz. Nachdem wir bereits in der gestrigen Abend nummer einige Hauptpunkte aus dem Wettrechts entwurf veröffentlicht haben, ffeben wir die wichtig sten Bestimmungen des Entwurfes hier nochmals im Zusammenhänge wieder: 1. Die Möglichkeit zum Abschluß von Wetten soll auf Pferderennen beschränkt werden ltz 1). Es soll dadurch der Ausdehnung der Wettbetätigung auf andere, besonders von den unteren und mittleren Be- oölkerungsschichten besuchte Sportveranstaltungen oorgebeügt und zugleich der Totalisator der Renn vereine vor einer Konkurrenz geschützt werden. 2. Neben dem Totalisator sollen konzes sionierte Buchmacher zugelassen werden (8 3). Dadurch soll das Winkelouchmachertum nach Möglichkeit eingeschränkt und die private Wettoer Mittelung unter ständige behördliche Kontrolle ge stellt, auch die Möglichkeit einer Kontrolle der prioa ten Wcttabschlüsse für die Rennvcreinc geschaffen werden. Ferner wird dadurch ein erheblicher Teil der großen Summen, di« zurzeit in Wetten bei Buch machern auch auf ausländische Rennen angelegt werden, der Besteuerung unterworfen werden können, wodurch erhöhte Mittel für die Zwecke des Reiches und der Landespferdezucht gewonnen würden. 3. Die in bar geleistete Wette beim Buchmacher soll einklagbar gemacht, da durch dem Wetter ein Schutz vor unklarer Auslegung gewährt und ein wirksamer Schutz gegen leichtfertige Wettabschlüsse geschaffen werden. Die Entgegennahme von Rennwetten auf Herrenreiten und von Militär personen soll dem Buchmacher verboten werden (84). 1. Das Strafmaß für nichtlizensierte Buchmacher (bisher Gefängnis von 1 bis 6 Mo naten oder Geldstrafe von SOO bis 1500 -tt) soll er höht werden: Künftig stets Gefängnis bis zu 2 Jahren, daneben Geldstrafe von 300 bis 600 -ft und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Außerdem sollen die Einsätze für verfallen erklärt werden (H ks. 3. Der konzessionierte Buchmacher und seine Gehilfen werden bestraft, wenn sie außer halb der vorgeschriebenen Ocrtlichkeiten Wetten vermitteln (§4). .... 6. Der A b s ch l u ß v o n W e tt e n bei einem n i ch t konzessionierten Buchmacher wird bestraft mit Geldstrafen bis zu 1000 7. Toto- und Buchmacherwetten werden grundsätzlich gleich hoch besteu ert; dagegen ist die Besteuerungsart verschieden: für Totowetten, wie bisher, nur llmsatzbesteuerung, zu gleich Herabsetzung der Steuerquote von Iki» auf 12 Prozent, wovon das Reich und die Rennoereinc, wie bisher, je die Hälfte erhalten. Den Renn- oere in en kann die Erhebung einer Umsatz abgabe bis zu 3 Prozent gestattet werden. Es ist beaosichtigt, dieses Zugeständnis denjenigen Renn vereinen zu machen, deren Totalisatorjahresumsatz die Summe von einer Million nicht übersteigt. Die Buchwctte soll mit einer Umsatzsteuer von 6 Pro zent belegt werden. Daneben hat der Wettende, so fern er gewinnt, eine Steuer zu entrichten, die sich je nach den Verhältnissen zwischen Gewinn und Wett einsatz auf 6 bis 20 Prozent beläuft. Die Abgabe des Buchmachers für Vermittelung von Aus landswetten soll ebenfalls 6 Prozent betragen. An Stelle der Eewinnabgabe kann eine Erhöhung der Umsatzabgabe angeordnet werden. Es ist beab sichtigt, die gesamte Abgabe für Vermittelung von Auslandswetten derjenigen Abgabe anzupassen, die in ausländischen Staaten für die dort ausgestellten Totalisatoren festgesetzt sind. 8. Die Buchmacher sollen Auslandswetten zum Totalisatorkurse annehmcn, während Fnlandswetten im allgemeinen nur zu festen Odds; indessen soll eventuell dem Buchmacher für den Anfang gestattet werden, kleine Einsätze auf deutsche Rennen zum Totalisatorkurse anzunehmen, damit nicht die verbotene private Selbstvermittelung eintritt. 9. Auch die nichterlaubten Wettunter nehmungen sollen ebenso wie die erlaubten steuer - pflichtig sein, wenn sie zur Kenntnis der Behör den gelangen. 10. Die Landespolizeibehörde soll das öffent lich« Auslegen von Renntelegrammen, Tips usm. verbieten dürfen. politische Ueberlicht Einigung über -en Konkurrenzklaujelentwurfr Angesichts der Wichtigkeit, die der Konkurrenz klauselentwurf beansprucht und auch in Anbetracht der bedeutenden Arbeitsleistung, die bisher für «in Zustandekommen des Entwurfs seitens der Regie rt'ngsoertreter und seitens der Reichstagsmitglieder aufgewcndet ist, darf, wie wir erfahren, letzten Endes doch mit einer Einigung über die Vorlage gerechnet werden. Die endgültigen Kommissionsbeschlüsse, die dem Plenum zu unterbreiten sind, sehen zwei Be stimmungen vor, die von der Regierung offiziell bis her nicht als annehmbar bezeichnet wurden. Es han delt sich einmal um die Fassung des 8 74 a, in dem die Bestimmung Aufnahme gefunden hat, daß das Wettbewerbsverbot nichtig ist. wenn die dem Ge hilfen zustehenden vcrtragsmäftiqen jährlichen Leistun gen den Betrag von 1800 tt nicht übersteigen. Das gleiche soll gelten, wenn der Gehilfe .zur Zeit des Ab schlusses minderjährig ist oder wenn sich der Prinzipal die Erfüllung auf Ehrenwort oder ähnliche Bersiche-
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