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Donnerstag, 26. März 1914. Leipziger Tageblatt. Nr. 1S4. Morgerr-Nusgsve. Seite 3. die Absicht, Koritza -urüchprerobern und zur Haupt« jtadt de» autonomen Nordepiru, auszurufen. Die etwa 30 000 Mann zählende epirotische Armee hat ihren Vorstoß begonnen. Albanische Truppen find in mehreren kleinen Gefechten zurvckgeworfen. Koritzas Fall kann von Stunde zu Stund« er wartet werden. Bon der Einnahme der Stadt ist man jedoch im hiesigen Generalstabe nicht benach richtigt« Mexiko. * Der Kampf um Torreon. Aus El Vertjel im mexikanischen Staate Durango wird gemeldet: Die Kämpfe um Comez Palacio werden als die blutigsten de» ganzen Feldzuges bezeichnet, und Massen von Ver wundeten wurden in das Hospital von El Berijel über führt. Die Verluste auf beiden Seiten waren schwer. General Villas Artillerie unterhielt ein schweres Ge schützfeuer auf Comez Palacio, das bald darauf in die Hände der Rebellen fiel. Nach einer späteren Mel dung heißt es, daß der Angriff auf Torreon sofort beschlossen wurde. Artillerie war in Comez Palacio und auf dem Carro de la Pilar, einem Berge in der Nähe von Comez Palacio, aufgefahren und bombardierte die Stadt. Viele große Gebäude, die von den Regierungstruppen befestigt worden waren, find in Brand geschaffen worden. General Villa erklärte, daß er in 24 Stunden in die Stadt einziehen werde. Weniger als die Hälfte seiner Streitkräfte sind an dem Bombardement beteiligt und ungefähr 5000 Mann werden in der Reserve gehalten, die sich sofort auf Torreon stürzen sotten, wenn die Artillerie ihre Arbeit getan hat. Von Osten rückt General Benarides auf Torreon los Während der Kämpfe am Carro ist den Rebellen ein größerer Teil der Regierungstruppen in die Hände gefallen, außerdem wurde die Feldaus- rüstung des kommandierendenGenerals Velasco erbeutet. Letzte Depeschen und Fernsprechnreldirngerr. Parlamentarischer Abend bei« Grafen Vitzthum v. Eckstädt. (Eigener Drahtbericht.) Dresden, 25. März. Heute abend fand beim Minister des Innern Grafen Vitzthum v. Eck städt ein parlamentarischer Abend statt, zu dem u. a. PrinzJohann Georg sowie die sämtlichen Minister, zahlreiche Mitglieder beider Kammern, Vertreter von Handel und Industrie sowie Vertreter der Presse erschienen waren. Minister Graf Vitzthum begrüßte seine Gäste aufs lebhafteste. Das Souper wurde an kleinen Tischen eingenommen und es entspann sich bald eine lebhafte Unterhaltung, wobei es auch hier und da zwischen Regierungs- und Volksvertretern zu einem Gedankenaustausch über die parlamentarischen und politischen Fragen der Gegenwart kam. so daß der Abend auf das an geregteste verlief. Landtagsnachrichten. (Eigener Drahtbericht unserer Dresd- «>^>n,Lr R sdu k ti o n.) - Dresden^ 25. März. Die Fortschrittliche B'ßkkSpaVtdi der Zweiten Kammer hat eiben Antrag eingebracht, die Regierung zu ersuchen, auf den sächsischen Staatseisenbahnen allgemein Sonntags-Rückfahrkarten zu ermäßigten Preisen einzuführen. Der Kaiser in Venedig. Venedig, 25. März. Der Kaiser führte dem König den P a n z c r k r e u ze r ,,E o e b e n" im Gefechtszustande vor. Der König besichtigte die einzelnen Gefechtsstationen mit großem, ver ständnisvollem Interesse und lobte die ausgejührten Hebungen. Auf dem Flaggschiff der deutschen Mittelmeerdivision waren während des Aufent halts der Majestäten am Großmast die beiden Standarten Seite an Seite gehißt, am Vormast die Großadmiralsflagge des Kaisers. In der Admirals kajüte wurde der Tee gereicht. Als die Majestäten das Schiff verließen, feuerten die Kriegsschiffe Salut. Die Monarchen kehrten im Schnellboot dem der junge Schiller angehörte. Darum litt auch der hochbegabe Jüngling Schubart rasch Schiffbruch, als er den gesicherten Weg eines Schullehrers ver ließ und seine musikalische Begabung vn den Dienst des Hofes stellte. Schwäche und fehlende Selbstzucht drängten ihn herab. Doch was hätte einem deutschen Dichter, der an Karl Eugens Hof die Aemter eines Organisten und Musikdirektors versah, inneren Halt lechen sollen? Zuletzt war auch nicht die ungezügelte Neigung zu bedenklichsten Liebeleien Ursache seines Sturzes, sondern die Eitelkeit eines Gekränkten, den schubarts Satire getroffen hatte, vertrieb ihn aus Stellung und Heimat. Nun geriet er vollends in ein Zigeunerleben, das dem tollsten Abenteurerroman nichts nachgab. Auf seinen Abe n tour erfahrt«» ging ihm jedoch ein Beruf auf, zu dem er unvergleichlich geeignet war. Schubart war ein durchaus improvisa torisches Talent. Das Unausgeglichene und Unaus- gefeilte seiner Dichtungon lag zum guten Teil an der außerordentlichen Leichtigkeit seines Schaffens, die auf nachträgliche Verbesserung gern verzichtete. Noch wußte Deutschland wenig von den Aufgaben, die sich einem Journalisten stellen. Seine rasche Feder, seine Schlagfertigkeit, sein sicheres Gedächtnis machten ihm möglich, als erster deutscher Reporter größeren Stils eine Zeitschrift zu gründen und weiterzuführen, die der Zeit wie etwas Niedagewesenes nud Unentbehr liches vorkam. Di« ,T>eutsche Chronik" erschien von 1774 bis 1778, dann als „Baterlarchschronrk" von 1787 bi» zu Schubarts Tode, bi» 1791. Ganz Deutschland war ihr Publikum. Zugleich galt sie in ihrer ersten Z«tt al» eine» der führenden Blätter der neuen Dich tung, des Sturmes und Drange». Ungleich Goethe und dessen Genossen war Schubart nicht im Zeichen der neuem Lehre von der Schöpfer herrlichkeit des Genies zum Dichter erwacht. Längst hatte er das vierte Jahrzehnt seines Lebens angetre- ton, als ihm in den ersten Leistungen und in den Kampfrufen der Stürmer und Dränger verwirklicht wurde, was er selbst nur unklar gewünscht und an gestrebt hatte. Improvisatorisch ausströmen zu lassen, wovon das Her- überschwoll, war sein Brauch gewesen. Jetzt wurde ihm die liebe Gewohnheit durch Hamann, Herder und ihr dichtendes Gefolge geheiligt. Und noch auf ander« Weise erstand ihm Bestätigung der eigenen Lieblingsneigungen durch die neu« Poesie, die eine Poesi« der Natur und des Volkes sein wollte, weil Natur und Volk den Anhängern Rousseau» wie etwas Geheiligtes erschienen. Dem Volk fühlt« Schubart sich nah, mit der Natur ftand er in enger Berührung. Sein Landstreicher daseim brachte ihn dauernd in Fühlung mit Volk und Bad«. Schubart» Sohn erzählt von ihm, daß er immer lieber zu Niedrigeren als ,zu Gleichen und Höheren sich gesellt habe. In Spinn- und Wacht- ftuben, auf Landstraßen und in Zunftherbergen blickte er dem Landmann und dem Lanbmädchen, dem Hand- werksburfchen und dem Soldaten ins Herz. Was er da erschaut hatte, wurde ihm zum Lied. Die Gefah ren, denen seine Bilduirgspoesie ausgesetzt war, droh ten ihm nicht, wenn er, statt dem eigenen unaus geglichenen, zum Teil noch roh verbliebenen Innern das Wort zu leihen, die Anliegen des Herzens einer einheitlicheren, ursprünglich derberen Gesellschafts schicht zu Versen werden ließ. Das war nicht Dialekt poesi« und klang doch heimatlich schwäbisch! Dem Ilmkreis dieser Lieder, di« aus fremder und doch wohlvertrauter Seele gesungen sind, gehört auch das „Kaplied" an. Ueberstrenge Kritiker sollten sich hüten, dein „Kaplied" künstlerische Mängel aufzu mutzen oder di« Gesinnung zu tadeln, die es durch strömt. Schubart wußte in der Seele der Menschen, für die das „Kaplied" bestimmt war, besser Bescheid als wir. Er wollte ja kein Kunstwerk zustande brin gen, sondern die himmlische Kraft der Dichtkunst zum Besten der Menschheit gebrauchen. Das „Kaplied" ist auch nicht Ausdruck ungezügelter gesellschaftlicher Empörung. Weit näher steht den aufwühlenden poli tischen Sängern des IS. Jahrhunderts d«r Dichter von „Kabale und Liebe". Vielleicht Hütte Schubart ein paar Jahre früher nicht den Bedrückten Trost gejpen- det, sondern den Bedrückern Krieg angesagt. Aber der Mann, der das „Kaplied" schrieb, hatte sich längst des Kampfes gegen di« Herrschenden begeben. Schubarts Gedichte sind heute dem Leserpublikum unbekannt. Aber daß Schubart auf dem Hohenasperg aus nichtigen Gründen jahrelang in strenger Haft ge legen hat und mit d«r Fuchtel zu einein gefügigen und demütigen Frömmler und Fürstendiener erzogen worden ist, weiß jedermann. Kein Biograph Schil lers, kein Erzähler, der Schillers Jugend zu einem Romane gestaltet, versäumt das Zusammentreffen beider auf dem Asperg zu schildern, den Besuch des Imkeren, den der Aeltere vergötterte, bei dem Opfer der Willkürherrschaft Karl Eugens. Schubart» Haft uiw sein« Befreiung, die endlich von einem preußischen König erwirkt und von den Deutschen wie eine Erlösung empfunden wurde, sind geschichtliche Tatsachen, die, schon weil sic unmittelbar der Französischen Revolution vorangingen, i» der G.- schicht« des deutschen gesellschaftlichen Lebens Mark steine bedeuten. Sie bewahren Schubarts Namen im Gedächtnis der Nachwelt auf. Die Nachwelt sollte aber auch den Dichter nicht vergessen, dem — wie nur wenigen anderen — gegeben war, im Sinne des Volks -u dichten und echte Volkslieder zu schaffen. de» Königs nach Venedig zurück, während das Wetter aufklarte. In der Stadt besichtigten beide Herrscher die Renovierungen im Dogenpalast sowie die Spitzenschule von Jcfurum. Venedig, 25. März. Bei einem Besuch im Dogen- palast wurden beide Monarchen, als sie auf der Loggia erschienen, von der Menge auf das lebhafteste begrüßt. Die Monarchen bewunderten u. a. die resmuriert« Loggia Foscarina. König Viktor Emanuel traf um 8 Uhr abends auf der „H oh« nzo l l e r n" ein. Bei der Tafel konzertiert« die Kapelle der Kaiserlichen Pacht. Der Kaiser saß gegenüber dem König. Nach der Tafel hielten die Majestäten an Deck Cercle. Die Ver abschiedung war wiederum sehr herzlich. Der König verläßt heute abend Venedig. Venedig, 25. März. Der Kaiser hat eine Reihe von Ordensauszeichnunge» verliehen, u. a. den Kronenorden 2. Klasse mit Stern dem Komman danten von Venedig, Generalmajor Marengone, den Kroncnorden 2. Klasse dem Oberstleutnant der Karabinicri Comte Omati, den Roten Adler orden 1. Klasse dem Vizeadmiral Carelli, den Stern zum Kronenorden 2. Klasse dem Kapitän zur See Grafen Belmondo, den Kroncnorden 2. Kl. den Fregattenkapitänen Hubelli und Orseti. Weitere Auszeichnungen wurden auch an Angestellte der Werft verliehen. Erkrankung des Prinzen Adalbert von Preußen. Kiel, 25. März. (Eigener Drahtbericht.) Prinz Adalber von Preußen ist, wie die „Kieler Neuesten Nachrichten" mitteilen, an einem akuten Magen- und Darmkatarrh er krankt. Der Patient wurde aus der „Köln" aus geschifft und in die ,S rem denn illa" gebracht. Kommission zur Untersuchung der Zustände in Duala. Berlin, 25. März. Zur Untersuchung der bei den Verhandlungen des Reichstages über den Etat von Kamerun zur Sprache gekommenen angeblichen Miß griffe der Schutzqebietsbehörden bei der Durchführung der Trennung der Eingeborenensiedlungen von der Europäerstadt in Duala hat der Staatssekretär des Neichskolonialamtes Dr. Solf eine Kommission eingesetzt, die sich Anfang April nach Kamerun begeben wird. Die Kommission steht unter Leitung des Unterstaatssekretärs im Reichskolonialamt Dr. Conze. Außerdem gehört ihr Regierungsrat Dr. Vollmann an. Der Unterstaatssekr«tär wird im Anschluß an den Aufent halt in Duala auch das Schutzgebiet Togo und außerdem Lagos besuchen. Zur Verhaftung des Abg. Abresch. Mannheim, 25. März. Wie die „Neue Badische Landesgeitung" erfährt, wird heute die Beschwerde gegen die Inhaftnahme des Abg. Abresch entschie den. In der Beschwerde wird erstens auf das Gut achten des Professors Stengel verwiesen und zwei tens angeführt, daß der bayrische Abgeordnete aus der Pfalz, wenn er nach München zu den Kammer verhandlungen fährt, unbedingt badisthes, hessisches und preußisches Gebiet durchfahren muß; außerdem hat Abrefch Klag« beider Anwaltskammer gegen v. Harder wegen dessen Behauptung er hoben, eine Anzahl von Verträgen, die er handschrift lich angcfertigt habe, seien Scheinverträge. Abresch will gegen alle Zeitungen, die beleidigende Artikel ge bracht haben, Strafantrag stellen.-"^ - ' Bezweifelte Wirkung des Wehrbeitrags. (Eigener Drahtbericht.) Karlsruhe, 25. März. In der heutigen Mittwoch sitzung der Kammer erklärte der Finanzminister Dr. Rhein boldt u. a.: „Ich warne vor einer zu optimistischen Auf fassung von der Wirkung des Wehrbeitrags. Die in der Press« erscksienenen Betrachtungen über die Resultate sind nicht amtlichen Charak ters, sondern nur Mutmaßungen. Noch kein Bundesrat ist mit dem Beranlagungsgeschüst fertig. Man kann also über die Ergebnisse noch nichts Bestimmtes sagen." -lus -er reichslän-lschen Ersten Kammer. Straßburg, 26. März. Erste Kammer. Zum Etat der Wasserbauverwaltung lagen Re solutionen vor betr. die Errichtung einer Hafenanlage in Metz sowie betr. die Saar- und Moselkanalisation ohne Garantie leistung seitens der Industriellen. Die Mitglieder Miethe, Gregoire und Weißmann betonten die Dringlichkeit der Forderungen vom wirtschaftlichen und nationalpolitischen Gesichtspunkte. Staats sekretär Graf von Roedern erklärte, daß die Ar beiten der früheren Regierung fortgesetzt würden. Die geplante Tarifermüßigung der Eisenbahnen käme weiten Bevölkerungskreiscn zugute und be trage bei Koks 60 und bei Erzen 80 Prozent. Das sei mehr als die Kanalisation bringen würde. Es komme aber hier nicht nur die Industrie, sondern auch das Kleingewerbe und die Landwirtschaft in Be tracht. Die Regierung sei darum bemüht, auf die Kanalisierung der Mosel Hinzuwitten. Die Re solutionen wurden hierauf angenommen, ebenso der Etat und das Ltatsgesetz. Morgen findet die dritte Lesung statt. Wegen Beleidigung von Offizieren zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Kolmar, 25. März. Der nationalistische Zeichner Waltz gen. Hansi wurde heute vom Landgericht wegen Beleidigung von Offizieren der hiesigen Gar nison zu drei Monaten Gefängnis und Tragung der gesamten Kosten des Verfahrens ver urteilt. Waltz hatte am 15. Januar in einem hiesigen Lokal mit einem in Schnaps getauchten Stück Zucker einen Stuhl „desinfiziert", auf dem vorher ein Leutnant der hiesigen Garnison gesessen hatte. Die Straf« wurde mit dem Hinweis darauf gemildert, daß der Vorfall sich zu einer Zeit ereignete, wo unter der Bevölkerung in folge der Zaberner Ereignisse allgemeine Erregung herrschte. ^Leiter wurde als strafmildernd angesehen, daß die Beleidigung in Form eines schiech tenWitzes geschah. Da der Angeklagte bereits zweimal wegen Beleidigung vorbestraft ist, wurde von einer Geldstrafe abgesehen. Baron Stummer von Tavarnok s. Wien, 25. März. Heute ist in Montecarlo der Baron Alexander Stummer von Tavernok im 82. Le bensjahre nach kurzer Krankheit gestorben. An seinem Sterbelager weilten sein Sohn Baron Carl, Leut- nanat im 7. Husarenregiment, und seine beiden Töchter Marie, die Gemahlin des deutschen Botschafters am Wiener Hofe Frau von Tschirschky und Alexan dra, Baronin Pretis-Cagnobo. AuS dem englischen Unterhaus. London, 25. März. Unterhaus. Kriegsminister Oberst Seely gab bekannt, daß er seineDemis - sion angeboten hab«. Er erklärte, daß zwischen ihm und dem Kabinett ein Mißverständnis bestehe, für das er allein verantwortlich sei. Seely erklärt« entschieden, daß der König in der Angelegenheit der Offiziere keinerlei Initiativ« ergriffen hab«. (Bei fall.) — Premierminister Asquith erklärte auf einige Zwischenrufe Balfours: Oberst Seely bildet immer noch einen Teildes Kabi netts. Die große Unruhe im Hause erreichte ihren Höhepunkt in einer heftigen Szene, die bei der Beantwortung von Anfragen Lord Beres fords und des Unionisten Amery durch den Marineminister Churchill entstand. Churchill führte aus, daß vor vierzehn Hagen vom Kabinett beschlossen worden sei, Serstr»itkrLft« int Um fange eines Schlachtschiffgeschwaders nach der Bomla sh-Bai an der schottländischen Küste zu entsenden, die eine geeignete Station für Hebungen sei und wo die Schiffe für den Fall von etwaigen ernsten Unruhen in nächster Nähe der irländischen Küste gewesen wären. Als ersichtlich gewesen sei, daß solcl>e Maßnahmen keinen Wider stand finden würden, habe man sich dahin entschieden, daß diese Schiffobewegungen bis nach Ostern aus geschoben werden könnten. Bei dieser Erklärung brach ein ungeheurer Sturm auf den Bänken der Unionisten los. Amery richtete an Churchill die Frage, ob er erwartet habe, daß die Vorsichtsmaßregeln zu einem Kampfe führen würden. Churchill erwiderte: „Ich weise diele abscheuliche Unterstellung zurück." (Großer Lärm.) Der Sprecher forderte Churchill auf, den Ausdruck zurückzunehmen. Nach erneuter Un ruhe wurde der Zwischenfall beigelegt. Kriegsminister Oberst Seely gab dann eine erschöpfende Darstellung. Er habe nichts zu verheimlichen. Er habe nach den Informationen, die er von der Regierung erhalten habe, es für not wendig gehalten, Schritte zum Schutze der Regierung zu unternehmen, und die nötigen Befehle mit voller Ermächtigung des Kabinetts erteilt. General Paget habe mit ihm übereingestimmt, daß trotz des rein vorbeugenden Charakters der Truppenbewegungen die Erregung einen solchen Grad erreichen könnte, daß ein allgemeiner Auf st and in ganz Irland die Folge wäre. Deshalb seien die nötigen Schritte unternommen worden, um jene Truppenbewegungen zu unterstützen, falls sie auf be waffneten Widerstand stoßen sollten. In seinen Darstellungen über die irische Kris« führte der Kriegsminister weiter aus, daß bezüglich der Entlassungsgesuche der Offiziere ein vollkommen ehrenhaftes Mißverständnis vorgelegen habe. Die Annahme, daß der König in dieser An gelegenheit irgendwie eine Initiative ergriffen hätte, entbehre jeglicher Grundlage. In seiner Unterredung mit Generäl Gough habe er, der Kriegsminister, diesem als Vertreter der Vorstellungen der Offiziere erwidert, daß die Negierung n i cht die Absicht gehabt habe, die militärischen Streitkräfte dazu zu benutzen, um die politische Opposition zu brechen. Er gab zu, daß seine Haltung eine unachtsame ge wesen, zumal da sie den Anschein erweckt hab«, als ob die Offiziere ihre Bedingungen dnrchgesetzt Hütten, und deshalb habe er Asquith seine Demission an geboten. Premierminister Asquith führte aus, daß das Kabinett in seiner Sitzung vom 28. März den Ent wurf eines vom Kriegsamt oorgelegtcn Briefes an General Gough beraten habe. In dem Briefe sei es sorgfältig vermieden worden, irgendwelche Zu sicherungen zu geben. Er fei der Ansicht, daß die Regierung die Offiziere nicht zu fragen habe, was sie bei Ereignissen, die vielleicht noch eintreten können, zu tun gedächte. (Beifall bei den Mini steriellen.) Solange er die Verantwortlichkeit für die Regierung des Landes habe, werde er demgemäß handeln. Asquith erklärte weiter mit aller Be stimmtheit, daß vom ersten bis zum letzten Augen blick der König in allen diesen Dingen jede Vor sicht beobachtet hätte, die mit der Stellung eines konstitutionellen Herrschers im Einklang ständen. (Beifall.) Da» Rücktrittsgesnch des Kriegsminister« abgelehnt. London, 25. März. Premierminister Asquith erklärt« im Unterhause, daß er das Rücktritts gesuch des Kricgsministers abgclehnt habe. Rassische» Dementi. Petersburg. 25. März. (Petersburger Tele- graphen-Agentur.) Die Mitteilung Pariser Blätter, die russische Regierung habe nur einen kleinen Teil der Reserven der Staatsbank in Petersburg zurück behalten und den übrigen Bestand vorsichtshalber auf Filialen in der Provinz verteilt, ist in allen Teilen erfunden. Vom „Weißen Wolf-. Peking, 25. März. Die Banden de« Weiße« Wolfs haben L»ngch«chai im südöstlichen Schensi eingenommen und zerstört. Auch Schanyang in dem- selben Bezirk wurde von ihnen geplündert. Die Räuber töteten 238 Einwohner, verwundeten weit mehr und machten Hunderte von Ge fangenen. In Lungchuchai befanden sich zwei nor, wegische Missionare, Christensen und Vatfaas, mit ihren Frauen; ihr Schicksal ist unbekannt. Der Kampf um Torreon. New York, 25. März. Die letzten Depeschen au» Torreon melden, daß die Rebellen im Laufe des heutigen Vormittags in die Stadt, ein. gedrungen sind und von den gestern eroberten Vororten aus die Befestigungswerke der inneren Stabt beschießen. In den Straßen der Stadt ent wickelt sich ein verzweifelter Nahkampf, der am Nachmittag noch hin und her tobt. Alle Anzei chen sprechen jedoch dafür, Vaß der endgültige Sieg den Konstitutionalisten zufallen wird, und daß die Regierungstruppen die Stadt räumen müssen. Demgegenüber besagen zwei andere uns zugehcnde Drahtmeldungen, daß die Rebellen zurürkgeschlagrn worden seien: Washington, 25. März. Die mexikanische Gesandt schaft erhielt folgendes vom 24. März datiertes Tele gramm aus der Stadt Mexiko: Die Aufständischen wurde« bei dem Ver such, gegen Torreon z« rücken, zurückgeschla gen.. El Paso, 25. März. Der mexikanische Bundeskon sul erhielt Nachrichten, denen zufolge die Rebellen bei Torreon zurückgeschlagen worden sind, teilweise seien sie 20 Meilen weit zurückgetrieben worden. Die Finanzen Mexiko». New York, 26. März. (Reuter.) Nach einem aus der Stadt Mexiko in New Pork eingetroffenen Telegramm wurde seitens der Regierung einem Plane zugestimmt, wonach das Schatzamt ermächtigt wird, Anweisungen in Höhe von hundert Millionen Pefos abzugeben, von denen die Hälfte sofort und der Rest nach Bedarf unter gebracht werden soll. Die Finanztransaktion ist die Wiederaufnahme der Zinsenzahlungen für die aus ländische Schuld am 1. April und die baldige Auf hebung des fünfzigprozentigen Zuschlages, der auf die Einfuhrzölle erhoben wurde. Der Finanzvlan sieht die Ausgabe von Schatz noten in Höhe des noch unverkauften Betrages der für Mai 1015 autorisierten Anleihe vor. Die Bonds der genannten Anleihe sollten mit Hilfe der mexikanischen Banken zu .00 Prozent des Nennwertes placiert werden. Als Gegenwert dieser Noten zahlen die Banken in gesetz licher Währung, deren Betrag bestimmungsgemäß im Verhältnis von 3 :1 steht. Der Finanzplan be darf noch der Unterschrift Huertas, die, wie ermattet wird, in oin bis zwei Tagen erfolgen dürste. Im Hinblick auf die Mithilfe der mexikanischen Banken hat Huerta versprochen, sowohl das Projekt bezüg lich einer Bundesbank aufzugeben, als auch den Vorschlag bezüglich einer einprozentigen De steuerung des Gesellschafts- und persönlichen Ver mögens fallen zu lassen. - Ihre drei Kinder ertränkt. Bad Reichenhall, 25. März. In einem Anfall von religiösem Wahnsinn ertränkte heute eine 30jährige Bäuerin namens Achthal ihre drei Kinder im Alter von ^—4 Jahren uns dann sich selbst in der Jauchengrube. Aus Furcht vor dem Examen. Bonn, 25. März. Ein Student der Medizin aus' Lippstadt sprang von der Rheinbrücke bei Bonn in den Rhein und ertrank. Er soll aus Furcht vor dem Examen gehandelt haben. Letzte Kokalrmchrichten Leipzig, 26. März. * Prüfung neuer Feldsunkstati-ne» in Leipzigs Umgebung. Gegenwärtig werden in der Umgebung Leipzigs neue Feldfunkstationen ausgeprobt. So ist in Taucha eine Abteilung der technischen Verkehrs truppen aus Berlin unter Führung von drei Osfi zieren einquartiert worden. Täglich werden die großen, auseinanderschiebbaren eisernen Masten er richtet und Funksprüche abgegeben. Es wurden Verbindungen hergestellt mit Cöthen, Berlin, Dresden und Hamburg. In diesen Orten findet der gleiche Verkehr mit der l>ei Loipzig be findlichen Abteilung statt. Auch mit dem über Leip zig kreuzenden Militärluftschiff „2. VI" sind Funk spräche gewechselt worden. Am gestrigen Mittwoch abend begann eine Nachtübun g. Es sollte hierbei versucht werd««, von den Höhen bei Taucha eine Verbindung mit den Kolonien zu erreichen, da die Reichweite der drahtlosen Telegraphen be kanntlich nachts sehr groß ist. tzülllllOtzl HE* Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seilen, die vorliegende Morgennnmmer 18 Seiten, zusammen 24 Zeiten. .öauptschristleitcr: Dr. Vern». «estenberaer. . Verantwortliche Sckintzleiter: tür Politik Dr. Nrn» Miintber: Ulr die leandet«,eitunff Wnliher Ochintzler: für Leipziger unn iächsiscke Angelegenheiten Wild. v. Vnttlnr: liir Kunst und Wissen» ichaft Dr. grietzrick» rebrrcht i. V.: für Musik Lranitz: Sport und Spiel eltfrrtz Perl«: «Bericht A. Haarfeld; für die Aeisv-, Bäder- unk> «Zcrkrkrrzeitung Lndwitz Metzer. — Zur den Anzeigenteil Heine. valfer. Beilng: L«ip»i»rr r»»edlatt. Gejkllschost mit brschiänkter Satzung Druck: Fischer L Kürsten. Sämtlich in Leivzi«.