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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140228012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914022801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914022801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-28
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Leipziger Tageblatt. Sorrnsbenü, 28. /evruar 1SI4 Nr. 107. Morgen«Nusgsvr. Seite i. Massenet-Zeste. Monte Carlo, 24. Februar Masfenet, der mit Vorliebe seine neuen Werke ver Oper von Monte Tarlo für die fürstliche Feuer taufe anvertraute und fast alljährlich an der Riviera im Schloß der Grimaldt al, Gast verweilte, ist hier gestern eine große posthume Ehrung erwiesen worden. Dor der Erstaufführung seiner letzten Schöpfung, der auch in Paris mit Interesse erwarteten „LlLopLtre", wurde dem Komponisten «in prächtiges Mar mor den! mal geweiht: die französische Regierung Hatto zwei Torpedoboot«, den Präfekten und Gouverneur vor Nizza entsandt, dazu an Stelle des erkrankten Unterrichtsmin sters Biviant den Unterstaatssekretär der schönen Künste Jacquier. Da am Sonntag ein fürchterliches Unwetter den ganzen Süden Frank reichs durchzogen hatte, wurde die Feier ins Theater feilst verlegt. Auf der Bühn«, wo der greise Missenet in den vergangenen Jahren im künstlerischen Ficher gemeinsam mit Direktor Raoul Gunsbourg „Roma", „Don Quichotte", „Espada", „Thvrese", „Tl-erubin" und „Le Jongleur d« Notre-Dame" aus probierte, die ganze überreiche Ernte seines Fleißes offenbarte, stand diesmal auf hohem Sockel die vom Fürsten Albert von Monako gestiftete Büste des heim- gecangenen Meister». Der Fürst selbst pries vor dem geladenen Auditorium, in dem sich auch General Massenet de Marancourt, des Komponisten Bruder, beiand, di« Herzens- und Geistesvorzüge seines Freundes; dann verlas Jacquier die von Viviani mit poetischem Schwung geschriebene Rede, in der Massenets Harmonien, „d«n Tränen Werthers und dm Küssen Manons", Ewigkeitswerte nachgerühmt wurden. Ein« zum ersten Male zu Gehör ge brachte „Suite Parnassienne" von Massenet, die den Chören frohlockende Sopranaufstiege bis zu ungeahnten Höhen gestattete, und eine kurze, eindrucksvolle, Wag ner anverwandte Hymne ist, beendete den Wciheatt. Schon am Nachmittag, als die Sonne wieder über den geglätteten Mittelmeerfluten leuchtete, wurde die Büste, die dem Meißel des in Part» lebenden, be kannten russischen Bildhauers Bern stamm ent sprang und ebenso interessant wie ähnlich ist, in mitten der Blumen und Hlaggen vor dem Theater- eingchng auf die Porphyrsäule aufgesetzt — ganz in der Nähe eines Berlioz gewidmeten Monuments, bei dessen Enthüllung 1803 Massenet die Weiherede ge halten hatte „CleopLtre" ging vor einem höchst vornehmen Publikum, dem viele deutsche, russische und englische Fürstlichkeiten angehörten, in Szene. Eine erstaun liche Leistung, dies Schwanenlied des bewußt dem nahen Tode verfallenen Massenet! Bei weitem nicht, wie manche befürchtet hatten, ein« der schwächeren Taten in der langen Reihe seiner Schöpfungen. „Ariane" und „Bacchus", die in der Pariser Großen Oper keine sehr lange Laufbahn hatten, schienen die allgemein« Ansicht zu bestätigen, daß seine ungewöhn lich zarte, anmutige lyrische Begabung keiner zu hoch gehenden dramatischen Steigerung fähig sei. In „Roma" wurden wiederum die weichen, melodiösen Stellen al» „echt Massenet" gepriesen, dagegen die stärkeren Akzente sowohl vokal wie orchestral als der natürlichen Leidenschaft entvatend beanstandet. Ob der düstere Flügelschlag des Todesengels Massenet heroischer« Gedanken eingab? Er hatte die Liebe einer Kleopatra mit der Palette der Töne auszu malen: das bedurfte eines anderen Pinselstrichs als die meisterlichen Genrebildchen „Manon" und „Weither", diese Pastoralien Watteauschen und Fragonardschen Zaubers. Gleich im kurzen Vorspiel attackierten Posaunen und Trompeten mit gedeckten Pauken im Nubarhythmus: Marc Antonius empfing an den Ufern des Tydnus die Abgesandten der unter, worfcnen Stämme, zuletzt auf goldenem Schiffe die Königin Aegyptenlands. Louis Payen hatte mit kräftigem Unterstreichen sensueller Motive die antike Legend« modern aus geputzt, wie wir es leit Hoffmannsthal lieben. Der römische Feldherr, der auch Sieger über weibliche Perführungskünste bleiben möchte, umschreitet bald „wie ein Raubtier" die rätselhafte, verheißungsvolle Frau. Dem von Ennius überbrachten Geheiß des Senats zum Trotz gleitet er auf dem güldenen Boote den Lustschlössern Kleopatras zu. Im zweiten Bilde, einer der reizvollsten Massenetschen Liebes idyllen, wird der nach Rom zurückgekehrte Antonius der jungfräulichen Oktavia angetraut — ein in leich testen Harmonien erdachter Hymenchor mit Flöten arabesken. Aber Ennius, der jetzt erst Aegypten ver ließ, erweckt in Antonius die Erinnerung an Kleopatra; der Zauber ist stärker als sein« Schwüre — er eilt über da» Meer zu der Geliebten. Ein dritte» Bild: im Volksviertel von Nikopolis, in einer Spelunke des Lasters, sucht Pi« Königin, als Jüngling ver kleidet, nach neuen, ungeahnten Freuden. Der her kulische Sklave Spakov, der des Antonius Nachfolger wurde, ist an ihrer Seite, als sie die Reize eines tanzenden ephöbischen Knaben bewundert — Spakos, von Eifersuchtsqualen gepeinigt, erwürgt den Tänzer. Volksaufstand: Kleopatra gibt sich zu er kennen; Trompeten verkünden die Rückkehr des An tonius; Spakos wird von Ringern gebändigt. — In den Gärten der Königin begegnet dem von Ver gnügungen und Lust berauschten Antonius die als Warnerin herbeigeeilte, liebend« Oktavia. Ihr Flehen hilft nichts; die Adler der römischen Legion ziehen unter den Rolen Kleopatras huldigend vorüber. — Der Schllchakt, bet weitem der beste, läßt den vom eigenen Schwert zu Tode getroffenen Triumvir in den Armen d«s endlich von aufrichtigster, verzehrender Liebe beseelten Weibes sterben. In einem berauschend schönen Zwiegesang: „T est le plus b-au des soirs" gipfelt dies ganze hohe Lied auf die Liebe — auf die Liebe durch alle ihre Höhen und Tiefen, von der Entartung zur göttlichen Ver klärung. Der Tod der Kleopatra, „Steigende Kälte, lösche mich aus", ist in dieser reichen Partitur wie der Demut einer Kron«. Die Hauptpartie, für Kontralto geschrieben, wie auch die Tellobegleitung zu dem seltsam voluptuösen Lied „J'offre mon regard et mon Kaiser" im dritten Atte beweist, wurde von der blendenden Sopranistin Kousnetzoff, die an Stelle der von Massenet für die Kreation" vorausbestimmten, in einem Prozeß aber ausgeschalteten Lucy Arbel, sang, so intensiv „verkörpert" — sie durfte sich bei der Entkleidung ihrer idealen Reize auf den ägyptischen Lendengürtel beschränken —, daß die Kleopalia aus der Legende zur Wirklichkeit wurde. Mlle. Erenville als Oktavia, Rousseliere als Spakos und Maguenat als Antonius vollendeten ein En semble, das mitsamt der feenhaften, von dem un übertrefflichen Inszenator Raoul Gunsbourg ersonnenen Ausstattung ein Urteil fast unmöglich machte, ob diese Massenetsche große Oper den be gonnenen Siegeslauf auch durchs Ausland wird fort setzen können. Tarl Lahm. Konzert von Walter Georgii (Klavier), Lula und Maria Reemq (Violine). Der Abend hintertteß durchweg einen guten Eindruck. Der Pianist .zeigt« außer emer treffsicheren Technik, einem kernigen An schlag, tragfähigem Melod.eton Temperament im Vortrag, innerliches Eingehen auf intime Schön heiten. Dabei blieb auch in diesen nichts Weichliches; alles zeugte von innerer Kraft. Von dem Thmlle- schüler Hemr. Kaspar Schmid spiel:« er Variationen und Passacaglia über „Will mein Junge Aep,«l haben" aus Lhuilles „Looetanz" ein musikalisch tun tiges Stück, das manches Interesse erweckt. Eindring lich bot er Liszts „Beneviction de Dien" und von den Lhopinstücken besonders das Cis-Moll-Nocturno. Et was für hier Ungewohntes brachte er mit den Schwe stern Reemy mit dem E-Moll-Konzert von Bach und der B-Dur-Sonate (Op. 135) von Hans Huber, beides für zwei Violinen und Klavier. Der Schwei zer Komponist ist hier durch öffentliche Ausführungen noch nicht allzusehr bekannt geworden. In seiner Musik lebt viel herbe Kraft und durchdringendes Me.en. Eine gewiße Sprödigkeit im Ausdruck, mitunter inne res Zurückyalten oder durch scheinbare äußere Effekte gewaltsames Verdecken des Inhalts erschweren mit unter dem Zuhörer das Entgegenkommen. Doch zeugt alles von hohem inneren Werte. Die Ausführung trug dem kraftvollen Wesen allenthalben Rechnung. W:e durch gesunden Ton und vorzügliche Technik er freuten die Ee'gerinnen ebenfalls durch natürliä«, kraftvolle Auffassung, Temperament und inneres Leben, das auch Vachs Konzert vorteilhaft zur Gel. ttmg brachte. Sehr gut wirkt« das Zusammenspiel, das Eingehen jedes einzelnen auf das Gesamtziel. ä. Soll. * Der Privatdozent Dr. med. Moritz Wolfrum in Leipzig ist zum au eretatmäßigen außer ordentlichen Professor in der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt worden. * Vom Ballettkorps der Städtischen Theater. Wie uns mitgeteilt wird, wurden die Damen Ella Henrici unn Gertrud Engert als Solo tänzerinnen, Herr Adolf Preller als Solo tänzer verpflichtet. * Auszeichnung des Grafen Seebach. Der R a t der Stadt Dresden hat dem Grafen Seebach, der am 1. März sein zwanzigjähriges Jubiläum als Generaldirektor der Dresdner Hoftheater feiert^ die Große Goldene Denkmünze der Stadt Dresden verliehen. * Albert Patrq, der Oberregisseur de» Königlichen Schauspielhauses in Berlin, feiert am Sonntag leinen 50. Geburtstag. Herr Patry, der am 1. Marz 1864 in Elbing geboren wurde, ging sehr jun<s zum Theater. Mit kaum 20 Jahren war er am Stadt- theater in Heidelberg engagiert, kam dann nach Berlin an da» Deutsch« Tua ter, da» er nach zweijähriger Wirksamkeit verließ, um nach Br es- lau zu gehen, wo er unter Direktor Witte-Wild am Lobe-Theater als Konversationsliebhaber und Bon vivant tätig war. Dann kam er wieder nach Ber lin, erst ans Schillerlheater, dann an das Lessing, theater, bis er an das Königliche Schampielhaus engagiert wurde. Hier hatte er sowohl als Dar- steuer wie als Regisseur bald ein weites Feld ge funden. Beim Regierungsjubiläum des Kaisers wurde er zum Oberregisseur der Königlichen Schau spiele ernannt. * Kammersängerin Cäcilie RUsche-Endorf gastierte in der Tovent Garden Royal Opera in London in Gegenwart des Kömaspaares und des Hofes mit so grogem Eriolo, daß sogleich an sie die Einladung zu einem zweiten Gastspiel Anfang März erging. Da jedoch um diese Zeit die Pariifal-Pioben in Leipzig in vollem Gange sind, tonnte die Künstlerin dem Rufe nicht Folge geben. * Ein Gastspiel von Melanie Kurt an der Lon doner Tovent Garden Oper ist infolge des großen Erfolges der Künstlerin um zeyn Vor stellungen verlängert worden Die Londoner Blätter bezeichnen Frau Kurt einstimmig als eine der beiten Sängerinnen, die in den letzten Jahren von Deutschland nach England gekommen sind * Fritz v. llnruh's neues Drama „Louis Ferdi nand, Prinz von Preußen", wurde soeben auf ministerielle Verfügung für Preußen zur Aufführung verboten. Das Drama ist in folgedessen der Oeffentlichkeit nur als Buch zugänglich, das im Verlage von Erich Reiß, Berlin, soeben erschienen ist. * Ferruccio Busoni arbeitet gegenwärtig an einer Oper, zu der Karl Voll moeller das Buch ge schrieben hat. Das Werk soll bis zum nächsten Herbst fertig werden. Der Titel steht noch nicht fest. * Gedächtnisfeier für Alfred Lichtwark in Ham burg. Am 13. März abends 8 Uhr wird in der Hamburger Musikhalle eine große Ge dächtnisfeier für Alfred Lichtwark ad- gehalten werden. * Der ehemalige Senator Preoet, seit dem Tode Marinonis Leiter des „Petit 2 ourna l", ist wie aus Paris gemeldet wird, gestern, 62 Jayre alt, gestorben. Unter Preoet ist das „Petit Jour nal" stark zurückgegangen und gegen seinen großen Wettbewerber, den „Petit Parisi en", weit ins Hintertreffen gelangt. * Die Abschiedsvorlesung von Professor Lenz in Berlin. In Berlin fand geistern die Abschieds vorlesung des nach Hamburg berufenen Professors Lenz statt. Die alte Aula der Universität war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die vutbeciru suporior über, auf der Prosessor Dr. Max Lenz zum letzten- mal zu seinen Berliner Schülern sprechen lallte, batte man mit Lorbeerbäumen umstellt und mit Flieder und Tulpen umkränzt, und aus dem freundlichen Grün leuchtete die wohlgelungene Nachbildung der Drakeschen Rankebüste hervor. Mit donnerndem Beifallsgetrampel wurde der scheidende Gelehrte empfangen, der sich zunächst in die erste Reihe zu seinen Verwandten setzte und die Dankesworte Höri«, die ihm im Namen des historischen Seminars Dr. phil. Paul Haake widmete. Der Sprecher be tonte dabei, daß Professor Lenz in einem materiellen Zeitalter immer auf die besondere Bedeutung der idealen Momente hingewiesen habe. Er führte aus, wie der Forscher stets in Rankes Geist gewirkt habe. Schließlich sprach er die Hoffnung aus, daß Professor Lenz auch in Hamburg Gelegenheit haben möge, in Rankeschem Sinne zu wirken. Er bat ihn, als sichtbares Zeichen der Verehrung seiner Schüler die Rankebüste annehmen zu wollen. Sicht lich erfreut und bewegt zugleich, dankte Professor Lenz. Er knüpfte an die Wort« des Vorredners, daß er ein Schüler Rankes sei, an und führte dieses Thema etwas näher aus: Er beschwor eine alte, glanzvolle Vergangenheit herauf und erinnerte daran, daß in diesem „heiligen Raum", in dem man den Flügelschlag der Geschichte rauschen hört, Fichte stand, Schleiermacher, Böckh und Curtius gesprochen haben. Prosessor Lenz erzählte des weiteren, um zu erklären, warum er, der Ranke nie gehört, ja kaum gesehen, sein Schüler und später der Ver echter seiner Methode wurde, fesselnde Reminiszenzen aus seiner Studienzeit. Er gab dann einen Abriß über Ge schichtsauffassung überhaupt und über das, was di» politische Historie erstrebt: „Frei machen vom Drucke der Vergangenheit, da» heißt historisch arbeiten." * Die feierlich« Einweihung der Königlich«« Bibliothek in Berlin. Die Bauarbeiten sind in der letzten Zeit so weit gefördert worden, daß der Tag. an dem der Bau feierlich «ingrwetht werden soll, bestimmt werden tonnt«. Am 22. Marz wird di«s« Feier sein, die auf den auodrückltchen Wunsch de« Kaiser» in großem Stil gehalten werden wird. E« werden Einladungen ergehen an die Professoren, die Minister und da» diplomatische Korps. Der Festakt findet im großen Lesesaal statt, der dis dahin ebenfalls vollendet sein wird. * Der italienische Verleger Ricordi ist in Pari» eingetroffen und wird heute vor der Gesellschaft der Autoren sich über den von ihm gegen die franzö- fische Musik inszenierten Boykott äußern, Puccini, der ebenfalls in Paris erwartet wurde, liegt zurzeit an einem schweren Anfall von Ischias in seiner Villa in Oheritalien oanieder. In Paris glaubt man. daß es gelingen wird, einen Ausgleich herbeizuführen und fo dem Konflikt ein Ende m machen. * Wie lang ist der Jupitertag? Dr. K. Graff von der Bergedorfer Sternwarte hat jüngst die Be wegung und die Lage des roten Fleckes auf dem Jupiler dazu benutzt, um nacy Messungen am großen Refraktor einen recht genauen Wert für die llm- brehungszeit des grüßten der Planten abzuleiten. Danach beträgt die Länge des Jupttertages 0 Stun den, 55 Minuten und 38,9 Sekunden. Die Aus dehnung des roten Fleckes in der Zeit vom Juli bis No vember 1013, ist wie die „Naturwissenschaften" lDerlag von Julius Springer. Berlin) erfahren, 28,4 Grad, und die Beobachtungen zeigen, wenn auch nicht ganz verbürgt, eine geringe Unregelmäßigkeit in der Be wegung jenes roten Fleckes auf dem noch feurig flüssigen Planeten. Die neue Bestimmung der Länge des Jupitertages stimmt gut mit der überein, die Lohse aus Messungen des roten Fleckes hergeleitet hat, und ist nur um zwei Sekunden kleiner als diese. Wegen des feurig - flüssigen Zustandes des Planeten stößt die Bestimmung seiner Umdrehungszeit auf ähnliche Schwierigkeiten wie bei der Sonne. Die Messung der Umdrehung am Aequator gibt z. B. den fast 5 Minuten geringeren Wert von 9 Stunden 50 Minuten und 30 Sekunden. Wie Robert Koch in Japan göttliche Ehren ge nießt. Aus wissenschaftlichen Kreisen wird uns ge schrieben: Der Kami-Kult der Javaner, d. h. die gött liche Verehrung der Geister großer Fürsten, Helden uNd Gelehrter hat auch die sonderbare Folge gehabt, daß einer der berühmtesten deutschen Gelehrten im Lande der ausgehenden -sonne zum Gott avancierre. Es ist R o b e r t K o ch, der groge Mediziner, in dem die Japaner von jeher die großartigen Leistungen deutscher Medizin vereint gefunden haben. So haben sie denn den Meister der Heilkunst, der unter seinen Schülern aus aller Welt auch zahlreiche Japaner zählte, die heute gleichfalls bedeutende Gelehrte ge worden sind, einen Tempel errichtet zum Zeichen da für, daß Robert Koch als Wohltäter der Menschheit Anspruch auf göttliche Verehrung hat. Im Vorgarten des Instituts für Infektionskrankheiten erhebt sich der Koch-Tempel, ein zierlicher Bau aus schönem japa- Nischen Holz. Die vordere Seite des Tempels trägt ein Bildnis des genialen Gelehrten. Der Tempel selbst ruht auf einem steinernen Unterbau, in d«m ein Kup'erkästchen eingemauert ist. Dieses Kästchen gilt nach alter japanischer Anschauung als das kostbarste Erinnerungszeichen an den „göttlichen" Meister der Heilkunst, denn es birgt einig« von Kochs Haupt haaren in sich. Wie sehr selbst in weiteren Kreisen des japanischen Volkes Kochs ungeheure Bedeutung sür die Menschheit gewüroigt wird, lehrt eine hübsche Episode von Kochs Aufenthalt in Japan. Schon da mals konnte der große Gelehrte noch bei seinen Leb zeiten an sich selbst erfahren, wie das japanische Volk zu ihm als einem „Pakushi" in Ehrfurcht aufblickte. Koch wejtte damals in der ehemaligen Residenzstadt Nara, wo er auch den berühmten tauiens Jahre alten Tempel in Augenschein nahm. Sein besondere, In teresse erregte im Inneren desselben ein Götterstand bild. Er fragte einen anwesenden Priester nach der Bedeutung desselben und erhielt zur Antwort, dies sei ein „Vakushi", ein Gott der Medizin. Koch hätte gern Näheres über diesen japanischen Aeskulap er fahren, der Shinto-Priestsr schnitt aber jede weitere Erörterung ab. ind^m er sich vor dem großen deut schen Gelehrten tief verneigte und sprach: Dies ist der „Pakushi der Vergangenheit" aus Indien; nun aber haben meine Augen di« Ehre und das Glück, den „Pakushi der Gegenwart" vor mir zu sehen. Die r schlichten Worte iprechen mehr von der Hohen Ver ehrung der Japaner für den genialen Forscher als ganze Bände es vermöchten. Vas neue SMckr. 25) Roman von Erik Lie. Autorisierte Uebersetzung von Mathilde Mann. (Nachdruck verbotrn.) „Nein, wie kannst du das nur denken," er widerte Gustav, während ein hastiger Schatten über sein Gesicht huschte. „Du kannst doch be greifen, daß ich nichts dagegen habe." Und sie nickten einander zu und gingen jedes ihrer Wege. Auf dem Bureau saßen Harald und Erla und warteten. Sie erhoben sich erwartungsvoll und gespannt, als sie Vaters Schritt im Vor zimmer hörten und seine schlichte, geschäfts mäßige Redeweise an den Bureauvorsteher. -Jetzt faßte er an die Türklinke — sie be wegte sich — während er redete — — — — Und dann tat sich die Tür auf. „Ich komme spät, Kinder," sagte Gustav und -rgrifs ihre Hände, die er lange in den seinen behielt. „Wie die Zeit vergeht. Jetzt seid ihr ja beide bald erwachsen. Denk dir, Erla, in ein paar Jahren kannst du mit deinem Bruder, dem Studenten, auf den Studentenball gehen!" „Ach was" — lachte Erla. „Ich werde mir schon andere Tänzer anschaffen!" Gustav sah sie an, und es ward ihm klar, daß sie schon auf dem besten Wege war, wirk lich erwachsen zu werden. Das kräftige Ge sicht hatte Ausdruck und Verstand. „Fürchtest du dich vor morgen, Harald'?' fragte er. „Nein, nicht die Spur!" höhnte Harald. Er war groß und schlank, und die blauen Augen sahen M und zuversichtlich in die Welt. „Ich habe eine Kleinigkeit für dich," fuhr Gustav fort. „Aber wir wollen warten, bis Stefanie — bis meine Frau kommt. Ja, du sollst auch etwas haben, Erla." „Kommt sie hierher?" entfuhr es Erla. Beide Kinder sahen sich scheu und verlegen um. „Da ist sie gewiß schon," sagte Gustav un ruhig, als jemand an die Tur pochte und Stefanie unmittelbar darauf eintrat. „Wir sprechen eben davon, wie die Zeit vergeht," sagte Gustav. „Ich bin ganz stolz darauf, ein paar so große erwachsene Kinder zu haben!" „Ja, denk nur, Harald soll ja morgen kon firmiert werden," erwiderte Stefanie. „Und dann kommt die Reihe an Erla —" „Hier sollst du einmal sehen," sagte Gustav zu Harald, indem er ein kleines Paketchen aus der Tasche zog. „Hier mein Junge. Mögest du sie in Gesundheit tragen und möchte dein ganzes Leben hell und voll Freuden sein!" Er küßte den Jungen auf die Stirn und strich ihm über da- Haar. Harald hatte Tränen in den Augen. „Hab Dank, Vater, hab Dank!" sagte er. Und er blieb sitzen und starrte und starrte auf die feine Uhr mit der-feinen Kette. „Und hier ist etwas für dich, Erla," sagte Stefanie. „Es ist von deinem Vater, du —" Erla strahlte vor Wonne. Gerade so einen Spitzenkragen hatte sie sich schon immer ge wünscht. „Nun, Harald —" fragte Gustav. „Freust du dich denn über die Uhr?" „Sieh hier, Vater!" Harald stand auf und zeigte stolz die Uhr, die er in der Weste angebracht hatte. „Sie ist ganz wunderhübsch, du, — und echtes Gold!" Heimlich drückte er dem Mater die H«rd. Wäre nicht Stefanie da gewesen, so würde er sich ihm um oen Hals geworfen haben — Stefanie hatte eine Weile da gesessen und Erla betrachtet, die immer verlegener unter dem kritischen Blick wurde. Du solltest dein Haar ein wenig anders frisieren, Erla!" sagte sie. Erla wurde krebsrot. „Mutter sagt, es ist gut, so wie es sitzt!" erwiderte sie eiskalt. „Nun ja, Kinder," sagte Gustav ablenkend. „So hoffe ich denn, daß ihr morgen einen schö nen Tag feiern werdet. Und hab Dank für alles, was du vor deiner Konfirmation mir gewesen bist!" flüsterte er Harald zu. ' Stefanie blieb noch eine Weile sitzen, als die Kinder gegangen waren. Sie sah, wie be wegt Gustav war. Er stand mit dem Rücken gegen das Fenster gelehnt. „Sie haben Aehnlichkeit mit ihrer Mutter," sagte sie. „Das weiß ich nicht," erwiderte Gustav. „Da ist auch viel von mir in ihnen. Aber du hast recht, Stefanie, eS ist eine traurige Art und Weise, Konfirmation zu feiern." „Du kommst wohl nie über deine Kinder hinweg, Gustav. Ich höre, wie du Nacht für Nacht in demem Zimmer auf und nieder gehst und keine Ruhe findest." „Ach, weißt du, es ist nicht das ganze volle Glück, das man auf Kosten einer anderen er ringt —" äußerte Gustav. „Das waren harte Worte," erwiderte Ste fanie. „Ich glaube, die Kindbr stehen zwischen uns. In deinem Gefühl und deinem Herzen kommen sie immer vor mir." „Kannst du dich darüber wundern, Stefanie, — ich bin es ja selber, der in den Kindern wieder auflebt —" Sr wandte sich wieder nach dem Fenster um. 16. „Der Kaffee ist, glaube ich, ins Lusthaus hinunter gebracht, Vater. Sie warten da unten schon auf uns. Aber nimm dich in acht, die Stufen —" Großhändler Alfred nahm seinen Vater an dem Arm und suchte ihn zu stützen, während sie die Äcrandatreppe hinabgingen. „Ja, wir werden alt — Mutter und ich, Alfred. Es nützt nichts, an alle die Turn übungen zu denken, die man vornahm, als man jung war. Ich bin auch einmal ein ausge zeichneter Fechter gewesen —" Der alte Deibom blieb auf dem Kiesweg stehen und drehte das rechte Handgelenk bin und her, als hielte er noch den Degen in der Hand. ,-Quinte! Quarte! Pariert!'^ murmelte er vor sich hin. ? „Ich finde, du hältst dich ganz famos, Va ter!" sagte Alfred. „Meinst du das, mein Junge?" Beibom rich tete sich straff im Rücken auf. „Meinst du das, mein Junge. Du weißt, wenn man sich den Achtzigern nähert — Aber Mar ¬ kussen, du" — er nickte dem Gärtner hinüber, der auf einem Beet stand und grub — „er gräbt und arbeitet. Und jede» Jahr kommen da neue Blumen. Wunderbar — wunderbar —" Alfred ging neben dem Vater und hörte ihm zu und sagte ja und nein und verstand nur Halb wegs, worüber der Vater schwatzte und plau derte. Der Alte war in der letzten Zeit recht stumpf und geistesabwesend geworden. — „Hier, Beibom,— setz dich hierher," ertönte die Stimme der alten Dame, als sie srch näherten. Sie hatte da gesessen und mit Augusta ge plaudert. (Schlich in d«r UhnndaneWH».)
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