Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.05.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110505028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911050502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911050502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-05
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
gut nebeneinander eMieren können. Der Redner sprach den Wunsch an», daß der Tagung ein guter Erfolg beschieden sein nnd die Gäste den besten Ein druck von unserer Stadl mit nach Hause nehmen mögen. Der Vorsitzende dankte dem Redner und dem Rat der Stadt Leipzig für die Begrüßung. Hierauf erstattete der Vorsitzende den 2atzr««> »nd Kassenbericht. Aus diesem ist heroorzuheden, daß der lod im Lauf des letzten Jahres wieder glotze Lücken in die Reihen der Mitglieder gerissen hat. Der Redner ehrte die Verstorbenen durch Worte des Gedenkens und forderte die Verjammlung auf sich zu Ehren derselben von den Plätzen zu erheben. Die Mit- gliedcrzahl beträgt jetzt im ganzen 183. Ausgetreten sind 2, eingetreten 4 Mitglieder und 2 Vereins genossen. Der Verein Hal auch im vergangenen Jahre an seinen Zielen gearbeitet, die hauptsächlich auf technischem Gebiete liegen. Aus dem Kassenbericht ist zu erwähnen, das; der Bestand 2128,02beträgt. Der Uederichuß aus Einnahmen und Ausgaben be trägt 050,03 x, so dak das Vereinsvermögen im ganzen 3385,65 .-i betragt. Auch für das lausende Iabr genehmigt« dann die Versammlung einen Bei trag von 5l>0 -r für die Zentrale für Gasverwer- rung in Berlin und 150 .a> für bas Technikum in Altenburg. Die Revisoren haben die Kasse in Ord nung befunden und beantragten Entlastung, die ein stimmig erteilt wurde. Es begannen dann die Vorträge. Zuerst sprach Direktor Neinha rd-Leipzig über die Erweite rungsbauten der Leipziger Gaswerke seit 180«». Der Redner gab in sehr ausführlichen Dar legungrn an Hand von Karten einen Rückblick über die Entstehung und den Ausbau der Leipziger Gas werke. Den breitesten Raum nahmen die Aus tiihrungen über die inneren Einrichtungen und technischen Reuerungen ein. Den zweiten Vortrag hielt Dr.-Jng. G. Thiem- Leipzig über die Grundwasserströme in der Umgebung Leipzigs und deren Ausnutzung. Der Redner ging in feinen Ausführungen von der Urzeit aus und schilderte die Entwickelung sowie Ursachen und Wirkungen der geologischen Um wälzungen, die im Laufe der Jahrhunderte statt gesunden haben. Nach der jetzigen hydroloaischen Kenntnis ist der natürliche Grundwasserstand Haupt- sächlich von Niederschlägen abhängig Die sehr inter essanten Ausführungen des Redners gaben den Fach leuten vollkommenen Aufschluß über die Wasscrver- hältnisse von Leipzig und Umgebung. Weiler sprach dann Direktor Bamberger über die Erweiterung des Wasserwerkes Leipzig seit 1906 und schilderte die von uns bereit» mehr fach besprochenen Neueinrichtungen, die im Laufe der letzten Jahre vorgenommen wurden. Ferner berichtete Direktor Germerehauscn über das neuerbaute städtische Elektrizitäts werk Leipzig.Süd, über das wir ebenfalls schon vielfach berichtet haben. Es folgten dann noch Vorträge von Direktor Weikkops-Chemnitz über Vertitaloienbetrieb mit sächsischen Gaskohlen, von Reaierunaedau- meister Engelking-Weimar über Ergebnisse beskammerofenbetkreds im Gaswerk Weimar und von Ingenieur Eit le.Stuttgart über eine neue Koks-Lösch- und -Transportrinne. Nach Beendigung der Vorträge nahm die Haupt versammlung ihren Fortgang, und es kamen zunächst verschieden« Bereinsangelegeaheitea zur Verhandlung. Es wurden zuerst eine Anzahl neuer Mirglieder ausgenommen und dann die bis herigen beiden Kassenprüser wiedergewählt. Bei der Ergänzungswahl wurde Direktor Reinhard (Leipzigs neu in den Vorstand gewählt. Die Wieoer- wahl des bisherigen Vorsitzenden Martin lErfurls wurde ebenfalls einstimmig vollzogen. Als Ort der 59. Hauptversammlung wurde Plauen i. V. gewählt. Hieraus führte Herr Friedrich Lux (Ludwigshafens einen Banduinschen Gasdruckfernmelder im Betrieb vor und erklärte die Handhabung desselben. Weiler zeigte Direktor Scholz von der Firma Ehrich L Gractz (Berlins Starklichtlampen für Niederdruck und Dimploningenieur F. M e u r e r (Dresdens sprach über Theoretisches vom Gaskochen. Schließlich fand noch eine freie Aussprache über Gegenstände des Gas- und Wasserfaches statt, und damit hatte di« Versamm lung ihr Ende erreicht. Unter neuer Roman. Zn der heutigen Morgenausgabe begannen wir mit dem Abdruck eines neuen Romans Die protze liebe von Lotse Scholze-Brück. In diesem neuen Werke der als Erzählerin geschätzten Autorin, die auch als erste Vorsitzende des Deutschen Schriftstellerinnenbundes in Berlin weiteren Kreisen bekannt ist, werden unsere Leser mit Freuden einen echten Familienroman erkennen. Mitten im Treiben der Weltstadt er leben wir die Schicksale einer einfachen, vornehmen Familie, sehen eine große Lebensliebe im stillen werden und wachsen und sind Zeugen des Glückes und Leides, das über gute Menschen kommt. Die vortreffliche Charakteristik der Personen, der ge wandte, nirgends aufdringliche, überall harmo nische Stil, sowie die unterhaltende, bis zuletzt lebhaft fesselnde Handlung dieses Romans werden dem Leser in jeder Ausgabe neuen, reichen Genuß bereiten. «US Leipstg nnü Umgegend. Leipzig, 5 Mai. Wetterbericht der Könial. Sachs. Landevwettrrwarte zu Dresden. Voraussage für den 8. Mai 1911. Nordostwind, teilweise aufheiternd, kühl, kein er heblicher Niederschlag. Pöhlberg: Abends neblig. Fichtelberg: Nachts schwacher Nebel. * Genehmigung der Biersteuer durch di« Rrgierung. Das Ortsgesetz über die Erhebung einer Bier steuer in Leipzig ist mit einer Aenderung in 8 2 v o m Kgl. Ministerium des Innern ge nehmigt worden. Di« Aenderung bezieht sich auf die F l a s che n b i « r « . und zwar sollen von den Flaschen bis zu 0,35 Liter Inhalt 285, von 0,35 bis l» Liter Inhalt 200 und von größeren bis zu einem Liter haltenden Flaschen 100 gleich einem Hektoliter gerechnet werden. (Die Flaschengröße bis zu 0,35 Liter Inhalt, 285 gleich einem Hektoliter, ist n e u.) Daß die Biersteuer vorläufig nicht erhoben wird, ist bekannt. * Jubiläum. Der Bohrer Ernst Ferdinand Hie- mann in Lerpzig-Stötientz begeht morgen das Jubi läum 25jähriger ununterbrochener Tätigkeit in der Drahlhest-Maschinenfabrik von C. L. Lasch L Co. in Leipzig-Reudnitz, Lutherstraße 10. * Kreisausjchuß. In der heute vormittag unter Vorsitz des kreishaupnnanns v. Burgsdorfs ab gehaltenen Sitzung des Kreisausschusses fand der 1. Nachtrag zum Regulativ über die Erhebung der Gemeindeanlagen in Döbeln Zustimmung. Der nächste Punkt der Tagesordnung betraf die Orls- armenordnung für die Stadt Mittweida. Es handelt sich hierbei um eine Dispensation dahin gehend, daß der Armenoersorgungsausjchuß unter gewissen Voraussetzungen, auch ohne Genehmigung der Stadtverordneten zur Eingehung von Pro zessen berechtigt sein soll (Dispensation von 8 68j< der Reo. Städte-Ordnung). Bedenken hiergegen wurden nicht erhoben. — Das Gesuch des Zirkusbesitzers Oskar Carrö (zurzeit in Leipzig) um Erlaubnis nach tz 32 der Gewerbeordnung zur Aufführung von Pantomimen und Balletts in der Alberthalle vom l6. April bis zum 15. Mai sand nachträgliche Ge nehmigung. Ebenso wurde das Gesuch des Theater unternehmers Oskar Rottloff gen. Rolf, jetzt in Meuselwitz, um Uebertragung der ihm nach 8 32 der Gewerbeordnung erteilten Erlaubnis aus seine Ehefrau Josepha Rottloff genehmigt. — Als Sach verständiger gemäß 8 7 der Ausführungsverordnung zum Gesetze gegen die Verunstaltung von Stadt und Land wurde an Stelle des verstorbenen Malers Bringezu der Maler Hans Bey gewählt. — Der Antrag des Stadtrats zu R o ß w e i n um Ausdehnung der in 8 34 der Verordnung vom 8. Dezember 1910 festgesetzten regelmäßigen Tanzsonntage wurde ge nehmigt. — Die vom Baumeister Oswald Wache in Roßwein beabsichtigte Ausstellung von Holz- bearbeittlngsmaschinen in der Näh« von öffentlichen Gebäuden (Amtsgericht und Schulen) fand be dingungsweise Genehmigung. — Die Verbandssatzung der Stadt Taucha und der Stadt Leipzig als Besitzerin des Rittergutes Taucha wurde genehmigt. — Es folgte eine nichtöffentliche Sitzung. * Verband der kasseehausbejitzer Deutschlands. Drr dritte deutsche Cafettertag verbunden mit dem 3. Verbandstag des Verbandes der Kaifeehausbesitzer Deutschlands findet in diesem Jahre vom 8. bis 12. Mai in Breslau statt. Der Verband, der vor zwei Jahren in Berlin gegründet wurde, umfaßt, trotz dieser kurzen Zeit seines Bestehens, heute be reits 21 Orts- und Landesvereine und viele Einzel mitglieder in allen Teilen des Reiches. Das um fangreiche wirtschaftspolitische Programm der jungen Organisation und die aus vielen Gebieten Reform heischende Lage des Kaffeehausgewerbes dürften die Ursache für dieses schnelle Emporwachfen des Ver bandes sein. So werden auf dem diesjährigen Ver bandstage neben den Vertretern staatlicher und städti scher Behörden die Städte Berlin, Breslau, Ham burg, Königsberg, Posen. Halle, Dresden, Mann heim, Mainz, Dortmund. Kiel, Leipzig, Hannover, Köln. Straßburg, Frankfurt a. M., Bremen, Stettin, Stuttgart, Nürnberg, Karlsruhe usw. und von aus wärts Wien, Pest und Prag vertreten lein. Als Hauptgegenstände der diesjährigen Verhandlungen dürfte die Besprechung über die in vielen Städten drohende Lustbarkettssteucr, die Regelung des be hördlichen Konzessionswesens und die Gründung eines internationalen Cafetierverbands zu betrachten sein. Außerdem sind für den dritten deutschen Cafetier tag, zu dem alle Angehörigen des Gewerbes, auch ohne Mitglied des Verbandes zu sein, Zutritt haben, eine Reihe hochwichtiger Vorträge angesagt. * Deutsch«» Vur«au d«r Internationalen Biblio graphie der Naturwissenschaften. Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig bemerkt in seinem Jahresberichte u. a.. ihm sei mitgeteilt worden, daß der Zuschuß des Reichs für das Deutsche Bureau der Internationalen Vibliographie der Naturwissenschaften für das Etatsjahr 1911 eine Kürzung erfahren solle. Der Vörsenverein zahle seinerseits jährlich 2000 -X vorläufig auf drei Jahre als Subvention Der Vorstand des Börsenveretns habe sich deshalb in einer besonderen Eingabe an den Staatssekretär des Innern gewendet und um Fortgewährung des ursprünglichen Reichszuschusses gebeten, damit nicht durch eine Beschränkung der bereits bisher gewährten Mittel der Wert der vom Deutschen Bureau der Internationalen Bibliographie geleisteten Arbeiten, deren Gediegenheit im In- und Auslande überall anerkannt sei, leiden müsse. Daraufhin habe der Reichstag den Zuschuß in der alten Höhe von 35 000 .6 wieder bewilligt. * Vermißter Kaufmann. — 3VV Belohnung. Seit dem 13. Februar 1911 wird der am 20. Sep tember 1882 in Bremen geborene Kaufmann Heinrich Ose aus Stolberg im Rhein land, wo er seit drei Jahren fest angestellt war, vermißt. Die Ursache seines Verschwindens scheint eine plötzlich eingetretene starke nervöse Depression zu sein. Es wird angenommen, daß der Vermißte noch planlos umherirrt oder sich irgendwo in Pflege begeben hat. falls kein Selbstmord. Unglücksfall oder Verbrechen vorliegt. In geschäftlicher und privater Hinsicht waren seine Verhältnisse durchaus in muster hafter Ordnung. Ose ist etwa 1,70 Meter groß, von kräftiger Gestalt, hat dunkelblondes Haar, braune Augen, volles Gesicht und trua damals kurzgeschnit tenen dunklen Schnurrbart. Bekleidet war er mit dnnkelgrauem gestreiften Winterüberzieher. graublau aestreifter Joppe und Hose, Schnürstiefeln ohne Kappe und schwarzem steifen FUzhut. Taschentuch und Leibwäsche sind „N. O." gezeichnet. Er hatte einen Schlüsselbund, ein ledernes Klavp-Porte- monnaie. eine Taschenuhr, eine Brieftasche, einen Füllfederhalter (Marke Knweco), einen Verlobungs ring mit den Buchstaben D. X. und ll. O. sowie oegen 100 .tt Taschengeld bei sich. Auf die Ermitt lung des Vermißten ist eine Belohnung von 300 ausgesetzt worden. Seine Photographie kann bei jeder Polizei- oder Gendarmeriebe-örde eingesehen werden. * 100 M«k velohooo-! vor wenigen Tagen wurde ein wertvoller französischer Gevirg». und Polizeihund weggesangen. Dieser hört auf den Namen „Dick-, ist 6 Jahre alt, kopiert, m hoch, sehr kräftig gebaut, dal graue» raohhaarige» Fell und trägt außer dem Maulkorb ein mit Nägeln be schlagene» Halsband. * Ein Unbekannter Gaoner erlangte am Königs platz von einem größeren Schulknaben ein Fahrrad dadurch, daß er ihn mit einem erdichteten Auftrag zu einem Rechtsanwalt schickte und während der Zeit das Rad des Knaben zu beaufsichtigen versprach. Bei der Rückkehr des Jungen war natürlich der Mann mit dem Rade verschwunden. Er wird be schrieben 24—26 Jahre alt. etwa 1,70 groß, mit länglichem Gesicht, kleinem Schnurrbart: bekleidet mit Hellem Jackett und blauer Hose. Das Rad trägt die Marke „Hirsch". * Wem gehören die Zigarren? Am IS. April wurden 3 Kistchen Zigarren auf einer Treppe im Bayerischen Bahnhose aufgefunden, die vermutlich von einem Diebstahle herrühren, vom Eigentümer aber noch nicht reklamiert worden sind: die' Kisten sind gezeichnet „Müllers Patent-Zigarre" Nr. 15 t>. It. 0. 137811. - Verhängnisvoller Sturz. Das Jahr alte Töchterchen eines in der Sternwartenstraß« wohn haften Tischlers war in einem Korbe auf kurze Zeit an der Treppe niedergesetzt worden. Bei einer Wen dung des Kindes kippte der Korb um, das Kind fiel die Treppe hinunter und erlitt dabei eine Gehirn erschütterung. * Im Streite. In einer Restauration in der Merseburger Straße geriet ein 30 Jahre alter Arbeiter mit einem anderen Gast in Streit, in dessen Verlauf er von letzterem mit einem Bierglas auf den Kopf geschlagen wurd«. Wegen de« schweren Kopfverletzung mußte der Getroffene in das Stadtkrankenhaus gebracht werden. * Der Hojenrock der Kellnerinnen. Der deutsch nationale Gastwirtsgehilsen - Ausschuß zu Leip ig batte sich wegen der Hosenrock-Anzergen mehrerer Gastwirte in Leipziger Zeitungen an die Polizei direktion gewendet. Darauf ist dem Ausschuß mit- aeleilt worden, das Polireiamt sei schon mit Straf befehlen gegen mehrere solcher Gastwirte, die diese Anzeigen erlassen haben, vorgeganaen und es werde die Angelegenheit auch weiter rm Auge behalten. * Meine Tante, deine Tante. Von neuem wurden in vergangener Nacht in einem Lokale der inneren Stadt durch Wohlfahrtsschutzleute mehrere Per- jonen, zum Teil „alte Bekannte", überrascht, wie sie sich beim Glücksspiel ^Nkeine Tante, deine Tante" das Geld abnahmen. Die Beteiligten wurden der Ratshauptwache zugesührt, wo die Personalien feststellung und die Beschlagnahme der Karten erfolgte. - Schwere Verbrenoooge» im Gesicht erlitt der 11 Jahre alte Sohn eines an der Schwarzackerstraße wohnhaften Geschäftsinhabers. Der Knabe saß auf dem Fugboden und reinigte Lchuhwerk, während seine Mutter in der Nähe Kaffee bereitete. Als die Frau den Topf mit dem kochenden Kaffee wegnahm, platzte plötzlich der Boden aus dem Topfe und der Inhalt ergoß sich über den Knaben, der schwer verbrüht wurde. * Blutvergiftung. Ein 18 Jahre alter Bäcker geselle aus dem Westviertel versucht« vor 14 Tagen mittels eines Brennglases an den Händen Warzen wegzubrennen. Die Brandwunden, die er sich dabei zuzoa, hatten später eine gefährliche Blutvergiftung zur ixolge. - Gestohlen wurde aus einer Wohnung in der Elsterstraße ein dunkler Winterüberzieher, der im Henkel die Bezeichnung „Emil Schulze, Lindenau" trägt und ein Spazierstock mit geradem silbernem Krückengriff. — An einem Grundstücke in der Eisen- bahnstraße zertrümmerten Diebe einen Aushänge kasten und entwendeten daraus 5 neue Damen ha ndtäschchcn. — In der Jordan- und Packhof- strase, Johannisaasse und am Hauptpostamt entwendeten Fahrraodiebe vier Zweiräder. Marke „Bravour", Nr. 258388. Marte „Brennabor", Marke „Puch" und ein Westfalenrad. — Gestohlen wurden ferner aus einer Werkstatt in Lindenau vier Steinmarderfelle und ein Baummarderfell im Gesamtwerte von 185 erstere am Kopfe mit dem Buchstaben O, letzteres mit 0 durchlocht: aus einer Die Luüwlg Gsngholer in Leipzig leinen Doktor machte. Zn den „Süddeutschen Monatsheften" setzt Ludwig Kanghofer s«ine Lebenserinnerungen „Lebenslauf eines Optimisten" fort und schildert ein köstliches Leidiger Erlebnis, das wir hier folgen lassen: Zm späten Oktober, di« Fahrt nach Leipzig zum Doktorexamen. Ein Vetter, der sich als junger Ge lehrter an der Leipziger Universität habilitiert hatte, chapcronnierte mich in liebenswürdgster Weis« auf dem Marmorboden der Wissenschaft, auf dessen reiner Glätte ich meinen Schritt nicht völlig sick)er fühlte, trotz der Büffelei des vergangenen Vierteljahres. Mein lieber, freundlicher Vetter! H«uk« klingt sein be rühmter Name durch alle Welt des Wissens. Zch möchte mich solcher Verwandtschaft gerne rühmen, Nabe aber doch nicht recht den Mut, meines Vetters Namen zu nennen. Denn ich muß da. wenn ich bei der Wahrheit bleiben will, eine kleine Geschichte er zählen — nicht, wie man Präsident wird, nur, wie man schwer aus einer Droschke herauskommt. Es gibt aber Leute, die den Humor des Lebens nicht immer verstehen. Und die könnten — wenn ich auch bei allen heiligen Eiden mich allein mit jeder Schuld belade — von meinem Vetter, von diesem ernsten, berühmten Gelehrten, sagen wollen: „Mitgcgangen, mitgchangen!" Der falsche Buchstabe in diesem Sprichwort ist kein Druckfehler. Bis zum Gewand haus gi n g der Petter mit. Dann fuhren wir. Doch ich merke, oaß ich den Ereianisscn vergreife. Also, an jenem Samstag den 25. Oktober 1879, nachmittags um drei Uhr lootstc mich mein freund lichen Leiter zu Leipzig unter herzstärkendem Zu ipruch ins Examen. „Du", sagte ich, bevor wir die Hatte der Uni versität betraten, „wenn alles gut abläuft . . . morgen ist Sonntag ... da machen wir morgen einen lustigen Ausflug. Mit Mädchen." „Mit Mädchen?" „Natürlich, mit Mädchen, sanft wär'« ja doch nicht luftig." ..Za, ja da hast du gewiß recht. Aber ... ich kenne kein Mädchen Wenigstens keine», da» mit uns einen lustigen Ausflug machen würde. Ohne die Frau Mama. Und so «in« willst du doch vermutlich nicht mithaben?" „Du. da, ist «in« ganz feine, wissenschaftliche Logik? Aber da sei nur ohne Sorge! Ich kriege schon ein Mädel. Und für dich auch ein«»." „Meinst du?" „Natürlich! Und dir überlasse ich das nettere. Du bist doch schon PrivatSozenr. Und ich bin morgen vielleicht noch gar nicht Doltor. Verdienst muß gelten im Leben. Du kriegst die Nettere. Und meist du, ich hab mir das jetzt gerade besser überlegt. Wir machen den Ausflug morgen für alle Fälle. Auch, wenn ich durchsause. Man hängt sich doch wesentlich lieber auf, wenn man vorher noch ein paar gemüt liche Stunden erlebte." „Das ist unlogisch." Mein Vetter lachte. „Da findet man Gründe, die gegen das Aufhängen sprechen." „Sehr richtig! Da wird also morgen der lustige Ausflug eine verläßliche (Garantie für mein Weiter leben. Gelt, du machst mit? Einen Menschen mu>; man doch immer retten, wenn man kann." „Selbstverständlich! Aber wie willst du denn das anstellen? Mit zwei Mädchen? Du bist doch fremd hier in Leipzig." „Das schadet nichts." „Und du hast ja auch gar keine Zeit mehr. Bis sechs Uhr dauert dein Examen. Und um sieben Uhr sind wir zum Souper bei Waibler geladen." „Erlaub mir! Eine Stunde! Eine Stunde hat doch sechzig Minuten!" Meinem Vetter erschien die Sache plötzlich nicht ganz geheuer. „Mensch? Du wirst doch nicht etwa .." „keine Angst! S o was mag ich auch nicht. Zwei ganz nette, tadellose Käfer müssen das sein. Fidel. Aber anständig." „Da bin ich wirklich neugierig." Wir betraten den heiligen Boden der Wissen schaft und machten ernste Ox-sichter. Zn dem Zimmer, in das ich geführt wurde, roch rs gut nach alten Büchern mit Lcdcrbänden. Zn der Mitte ein grün jtedecktcr Tisch. Herüben ein Sessel und drüben ein Sessel. Mir hämmerte das Hc>z ein bißchen. Aber schließ lich wurde ich ruhig. „Es wird schon gehen!" Zch Katie doch die drei Facher gewählt, in denen ich relativ am besten beschlagen war: Literaturgeschichte, alte Philosophie und Physik. Ein« etwas wunder- liche Zusammenstellung. Sie ergab sich aus meinem doppelten Schulweg. Zch glaub«, weil Literatur geschichte und Physik so wenig zueinander paßten, hielten sie mich in Leipzig für «inen „we«chcn Pro- motionsbruder" — und drum waren der Philosoph und der Physiker sehr mißtrauisch gegen mich. Der erste Examinator kam. Der Literarhistoriker. Ein feiner Gelcbrtcnkopf. schön im Alter, mit klaren, wohlwollenden Augen. „Nun", jagte er. ..ich habe ja bereits aus Zhrer mit Fleiß gearbeiteten Disser tation ersehen, das? ich Sie gar nicht mehr zu examinieren brauche " Dabei schmunzelt« er ein bißchen. „Es kann sich also zwischen uns beiden nur nm eine kollegiale Unterhaltung handeln. Zch ver mute wohl, daß Sie nicht eigentlich . . . im strengsten Sinne des Wortes . . . Gelehrter werden wollen?" „Sehr richtig, Herr Professor!" „Was wollen Sie werden ?" „Schriftsteller." „Ein sehr bescheidenes Wort. Es gibt ein stolzeres: Dichter. Sind Sie Lyriker?" „Nein!" Der Herr Professor lächelte zu der Energie, mit der ich dieses Wort aus mir herausgestoßen halte. „Also Dramatiker?" „Za . . . vielleicht . . ." „Nun, da könnten wir ja miteinander darüber plaudern, wie die .Kunstform des Dramas ent standen ist?" Zch atmete auf. Darüber ließ sich was sagen. Zch jagte sehr viel. Kam sogar auf die Indianer tänze zu sprechen, als auf eine mimische Entwicklungs stufe, deren unartikulierte Erregungslaute embryo nal als Urformen der dialogisierten Szene zu be trachten wären. „Ein sehr guter Gedanke!" warf der Professor freundlich ein. „Es wäre nur in Rechnung zu ziehen, daß um di« Zeit, in welcher die Kunstform des Dramas entstand, Amerika noch nicht entdeckt war. Aber Sie dachten hier vermutlich an das englische Ausstattungsstück, das während des letzten Zahrzehnts von Amerika herüber stark beeinflußt wurde." Mir verschlug es den Atem. Denn ich merkte, wie er mich wissenschaftlich einschätzte. „Zm übrigen haben Sie mir sehr viel An erkennenswertes gesagt, obwohl ich Zhre An stauungen nicht immer teilen konnte. Denn . . ." Und da hielt er mir nun für den Rest der Stunde einen prachtvollen, fesselnden Vortrag über die Ge burt des griechischen Dramos, bei der aller Zubel und Schmerz des Lebens, aller Zorn und das Lächeln der Götter Paten waren. Freundlich reichte er mir die Hand. „Es war mir ein Vergnügen. Ihre Bekanntschaft zu machen. Und es freut mich. Zhnen sagen zu können, daß Sie bei mir recht gut bestanden haben." Der liebe, famose, ssütige Mensch! Als er zur Tür hinausging, dachte ich über die Gattung lrorno sspivn« viel zärtlicher als eine Stunde früher. Nun kam der Philosoph. Kühl, ruhig, persönlich völlig unbeteiligt Das war meines Erachtens auch ganz richtig io. Ein Philosoph muß immer außerhalb der Dinge stehen und den Menschen gegenüber eine gewisse Distanz bcwabrcn, deren Würde jede Ber- traus'chkeit entfernt. Run kann man auf dem Gebiete der allen Philosophie von den Eleaten bis zu den Eklektikern ooch mancherlei sragen. was ein leidlich in struierter Kandidat zu wissen verpflichtet ist. Aber wer nicht gerade Spezialist für die Epoche der Neu platonikcr und ihrer stoischen Vorläufer ist, der möge sich jetzt ausmalen, was das heißt: ein dreroiertel- stündiges Examen über Marc Aurel. Was man da weiß, kann ausreichen für 10 Minuten. Aber noch eine weitere halbe Stunde lang wurde dieser unglück selige Römer mit meinem Schweiß beträufelt und auf dem Roste meiner heißen Pein gebraten. Schließlich war er geschmort bis auf die Knochen. Ich aber auch. An ein wohlwollendes Abjchiedswort des Philo sophen kann ich mich nicht erinnern. Der Physiker erschien. Ein flinkes, zähes Männchen mit strengen Augen. Ich verstand gleich, daß dieser Blick mir sagte: „Gehörst du herein, dann gut! Ge hörst du nicht herein, dann hinaus mit dir! Aber ich will dich prüfen bis auf die Nieren. Was du weißt, wirst du zeigen können!" Die Augen eines Gelehrten haben das Recht, so zu sprechen. Aber wenn man Kandidat ist, spürt man dabei was Kaltes unter der Frackweste. In 45 Minuten hetzte mich dieser Exa minator durch das ganze Gebiet der Physik. Gerade dem blieb ich keine Antwort schuldig. Gott sei Dank — und meinem unvergeßlichen Physikprofessor Beetz in München! Was man von einem Lehrer empfing, den man liebte, das sitzt! Um 6 Uhr wurde mir feierlich eröffnet, daß ich mein Eramen bestanden hatte. Wie ein froher Rausch war es in mir, als ich langbeinig in den Abend hinaussprang, der mir noch schöner dünkte, als ihn das klare Wetter machte. Ich telegraphierte nach Hause: „Herzlichen Gruß — Doktor Ludwig Ganghofer? — — Punkt 7 Uhr erschien ich bei Fritz Waibler. Er war artistischer Direktor bei der Leipziger Illu strierten, ein Aschaffenburger Jugendfreund meiner Mutter. Der Detter war schon da. Zuerst ein Glückwunsch. Dann die neugierige Frage: „Hast du die zwei Mädchen für morgen?" „Natürlich." „Nette?" ' „Du wirst ja sehen!" Eine vergnügte Mahlzeit. Um mein Gedeck herum lag ein Lorbcerkränzl mit goldenen Beeren. Von dieser fröhlichen Tafelrunde ist mir «in Gespräch«, thema in Erinnerung geblieben. Man sprach vom Schnarren Und Tante Waibler klagte: „Ach. du lieber Gott, mein Fritz schnarcht, daß ich manchmal in der Nacht verzweifeln möchte Wecken will ich ihn nicht. Er muß doch schlafen. Aber schrecklich ist das!" Und ich: „Tante, da weiß ich ein Mittel. Jeder Schnarcher ist in einer einzigen Nacht von diesem Uebel zu kurieren. Das hab' ich in der Kaserne gelernt!" „Allqütiger Himmel! W i e denn?" „Sehr einfach Sver schnarcht, liegt auf dem Rücken.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)