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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.06.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110621025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911062102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911062102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-21
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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ar. 170. los. Isyrsrmy. Lelpziyer Tssevlstt. Fürst!» Pl«ß, dt« Hrrzogi» von Westminster als Köniai» von Frankreich, Ärdy Herbert als Jungfrau von Orleans, Gräfin Zto Tvrvy, die Herzogin von Sutherland und Lady Salisbury. Da» Fqt dauerte bi» zur frühen Morgenstunde. polltllche Nachrichten. Der Kaiser auf der „Amerika". Brunsbitttelkoog, 21. Juni. (Eigene Drahtmeld.) Der Kaiser begab sich gestern gegen 8 Uhr abend auf dem „Willkommen", geleitet vom Generaldirektor BalIin, mit Gefolge an Bord des HapagLampsers „Amerika", wo er von den Bürgermeistern Dr. Predöhl und Dr. Burchard empfangen wurde. Zunächst wurde die Preisverteilung vorgenommen, wobei der Kaiser für den „Meteor" den Staatspreis von Hamburg, einen schönen goldenen Tafelaufsatz, erhielt. Bei der Tafel saß der Kaiser zwischen dem Bürgermeister Burchard und Generaloberst v. Kessel, zur Rechten den Eeneraldireltor Ballin, zur Linien Oberhofmarschall Traf zu Eulenburg. Gegenüber dem Kaiser sah Bürgermeister Dr. Predöhl zwischen den Herren Max Schinkel und Admiral Graf Bau- dissin. Während des Verlaufs des Mahles hielt Bürgermeister Burchard eine Rede, in der er Hamburgs Dankbarkeit ausdrückte für die freundlichen Beziehungen, di« der Kaiser zu Ham- bürg pflege, für die Teilnahme des Kaisers an den Regatten, und der Hamburg-Amerika-Linie gedacht«, die zum wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Ham burg mächtig beigetragen habe. Die Teilnahme, die der Kaiser der Hapaglinie gewidmet habe, zuletzt bei dem Jubiläum des Generaldirektors Ballin, ehre nicht nur den Hamburger, sondern di« ganze deutsche Schiffahrt. Der Kaiser antwortete mit einem längeren Trinkspruch. Hamburg. 21. Juni. (Eigene Drahtmeld.) Die „H o h e n z o l l e r n" hat heute morgen 6 Uhr die Fahrt durch den Kanal nach Kiel rngetreten. Die türkische Studienkommission i» Potsdam. Berlin, 21. Juni. (Privattelegramm.) Im An schluß an den Empfang beim Reichskanzler begab sich die türkische Studienkommission gestern nachmittag nach Potsdam. Auf dem Bahnhöfe waren zum Empfang erschienen der Oberbürgermeister und eine Abordnung von städtischen Vertretern. Nach einer Rundfahrt durch die Straßen der Stadt und Len Park von Sanssouci wurde eine kurze Dampfer fahrt unternommen. Schließlich vereinigte man sich zu einem Festessen auf der Gartenterrasse eines an der Havel gelegenen Hotels. Ein neues Zrrlehreoerfahren? Gegen die Wahl des Predigers Devoranne zum Pfarrer an der Charlottenburger Trinitatis kirche wurde ProtestwegenJrrlehr« erhoben. Der Schweizer Niederlassungsvertrag mit Deutschland entfesselte im Schweizer Nationalrat eine längere De batte, wurde jedoch schließlich, wie nachstehende Mel dung aus Bern besagt, mit großer Mehrheit ange nommen. Bern, 21. Juni. (Eigene Drahtmelduny.) Der Nationalrat behandelte heute in zwei Sitzungen am Morgen und Abend den Niederlassungs vertrag mit Deutschland. Der deutsche Ge sandte von Bülow wohnte den Verhandlungen in der Diplomatenloge bei. Von verschiedenen Rednern wurden die Einzelheiten kritisiert, ohne daß der Ver trag direkt bekämpft wurde. Der Sozialist Greu lich - Zürich beantragte Verwerfung des Vertrags mit der Begründung, daß er die Stellung der Ar beiter in Deutschland verschlechtere. Der Ehef des Justizdepartements verteidigte den Vertrag, der zu mindest den gegenwärtigen Zustand nicht verschlim mere. Die von Deutschland erhobene, von Greulich kritisierte Gebühr von zwei Mark für d-ie Legitima tionskarte für schweizerische Arbeiter sei nicht hoch. Die Schweiz werde selbst genötigt sein, für russische Arbeiter ähnliche Maßnahmen zu treffen. Schließlich wurde der Vertrag mit 90 gegen 3 Stimmen ange nommen. General Moiniers Pläne. Paris, 21. Juni. (Eigene Drahtmeldung.) Die „Agence Havas" meldet vom 16. Juni aus Fez: General Moinier wird demnächst aufbrechen, da er nicht über die Streitkräfte verfügt, di« notwendig sind, um den Gebirgsstock des mittleren Atlas zu durchsuchen, wohin sich die nicht unterworfenen Ber ber geflüchtet haben. Er wird sich, daraus be schränken, in Sefru «ine hinreichende Garnison zu- rückzulassen, um den Pouissi in Schach zu halten und Posten einzurtchten, um die Verbindung von Sefru und Mekines zu sichern. So wird di« Verteidigungs linie gesichert sein und den Einfällen der Berber nach dem Norden Einhalt getan werden. Moinier wird alsdann Fez räumen, indessen außer den Abteilungen Mangin und Bremond eine verstärkte Truppenmacht zurücklassen, die nötig ist, um die für die Kolonne be stimmten beträchtlichen Prooiantzufuhren zu schützen. Sämtliche Truppen sollen im Sommer nach Mekines gehen, wo thre Einauarticrung den Stillstand, der aktiven Operationen bedeutet. Dia» in Paris. Paris, 21. Juni. (Eig. Drahtmeld.) Der frühere Präsident von Mexiko Porfirio Diaz ist heut« abend hier angekommcn. «US Leipzig und Ilmgegenü. Leipzig, 21. Juni. Wetterbericht der Königl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 22. Juni. Südwestwind, ausheiternd, wärmer, trocken. Pöhlberg: Gläirzender Sonnenunter- und auf gang, Himmelssärbung orange. Fichtelberg: Nachts schwacher Nebel, ferne Gewitter, nicht sehr weit, nach Ost bi» Süd. * Temperatur des Fluhwassers. 20. Juni abd». «i Uhr 21. Juni früh L Uhr 21. Juni mttlI».I2Uhr Germaniabad (Plerße) — 15» 15,5° Schwimmanstalt (Elster) Gemeindebad 16,0» 15,0» 15,0° Schönefeld (Parthe) 14,0° 12,5» 12,5» Oer Gehalt üer Lukt an Rauch unü Rutz. Auf Veranlassung von Professor E. v. Esmarch, Göttingen, sind im vorigen Jahre in einer großen Anzahl deutscher Städte nach übereinstimmenlder Me- thcve Untersuchungen über Len Gehalt der Luft an Rauch und Ruß angestellt worden. Man hat sich dabei des Filterverfahrens bedient d. h. es wurden jedesmal 500 Liter Luft durch ein weißes Papierfilter aesauat. Je nach dem Grade der Verschmutzung der Luft färbte sich der Filter dabei mehr oder weniger schwarz. Der Grad der Färbung wurde mit einer Farbenskala verglickzen, die von Dr. Ascher aufgestellt und von 1—6 numeriert ist. 6 entspricht dabei dem Schwarz, 0 dem Weiß. Di« Versuche wurden haupt sächlich in den Monaten Juli und August durchge führt und zwar dreimal täglich. Im folgenden be zeichnen die ersten Zahlen das Ergebnis vom De zember und die Zahlen in Klammern das vom Juli. Bei uns in Leipzig wurden registriert 2.62 (1.—), ferner in Beuchen 4.97 (3.57), Berlin 1.76 (1.40), Bonn — (0.79), Bremen 2.36 (2.83), Chemnitz 3.60 (2.30), Köln 2.42 (2.29), Danzig 2.40 (1.26), Dresden 2.33 (1.02), Frankfurt am Main 2.22 (1.28), Freiburg 221 (1.14), Gelsenkirchen 2.70 (—), Göttingen 1.93 (0.93), Halle a. S. 3.05 (3.31), Hamburg 2.12 (1.49), Hamm 2.77 (1.97), Jena 1.29 (—), Kiel 2.61 (1.04), Königs berg 1.58 (0.18), Mühlheim a. Rh. 1.70 (—), Mün chen — (1.49), Tübingen 0.50 (0.06), Straßbuvg i. E. — (0.90). Don ausländischen Städten zeigte Wien 4.25 (—), Graz 2.38 (1.34), Krakau 1.63 (—), Me- ran 1.90 (—). Es wird unsere Loser interessieren, die Zahlen der Monate zusammengestellt zu sehen, in denen bei uns in Leipzig Untersuchungen ange stellt wurden. Es wurden bei uns registriert im März 3.44, April 2.17, Mai —, Juns —, Juk 1.—, August —, September —, Oktober —, November —, Dezember 2.62. * Reichsgerichtsrat a. D. veltmanu f. Heute morgen verschied Herr Reichsgerichtsrat Karl Veltmann, eines der ältesten Mitglieder des Reichs- gerichts, der seit dem 1. Oktober 1887 dem höchsten Gerichtshof bis zum 11. Juli 1910 in treuer Arbeit * angehörte und seine Tätigkeit im IV. Zivilsenat mit großer Hingebung ausübt«. Am 9. Juni 1833 in Rheine, Kreis Steinfurt in Preußen, geboren, wurde er im Jahre 1866 Ctadtrichter, um dann im Jahre 1871 das Amt eines Etadtqerichtsrats, im Jahre 1878 eines Kammerqerichtsrats und dann im Jahre 1879 eines Landgerichtsdirektors auszuüben. Seit 1910 genoß er den verdienten Ruhestand. Es ist noch in allgemeiner Erinnerung, wie der Ge schiedene vor zwei Jahren beinahe das Opfer eines Verblendeten gewordeü wäre, als bei einer Ver handlung des IV. Zivilsenats der Angeklagte Großer auf das Richterkollegium ein Revolver attentat verübte und dabei auch den Vorsitzenden in höchste Gefahr brachte. * Fabrikabbruch. Das von der Stadt angekaufte Wilhelmische Fabrikgrundstück Lilienstr. 3 in Leipzig- Reudnitz ist nach den Bestimmungen des Kaufvertrags bis zum 31. Dezember d. I. dem Mitoerkäufer Herrn Dr. Wilhelm» für d«n Mietzins von 9000 über lassen worden. H«rr Dr. Wilhelmi läßt sich an einer anderen Stell« ein neues Fabrikgebäude erbauen und kommt deshalb auf eine Verlängerung d«r Mietzeit nicht zu. Das Gebäude aber anderweit zu vermieten, ist weder beim Ankauf beabsichtigt noch ist es zweck mäßig, weil vor einer Neuvermietung, nach Entfer nung der Herrn Dr. Wilhelmi gehörenden maschi nellen Anlagen Instandsetzungen in größerem Um- fange notwendig werden. Solche aber vorzunehmen erscheint unwirtschaftlich, und hat der Rat deshalb beschlossen, die auf dem vormaligen Wilhelmisch«n Lande befindlichen Baulichkeiten nach dem 1. Januar 1912 abzubrechen und das Land, soweit es zu städti schen Zwecken nicht gebraucht werden sollte, in Bau stellen einzuteilen und zu verkaufen. * Aenderung der Berkehrsordnung. Die Besitzer von Kraftfahrzeugen haben in letzter Zeit beim Rat immer dringlicher den Wunsch geäußert, daß —wie es z. V. auch in Berlin der Fall ist — den Geschirrfüh rern, Radfahrern, wie auch den Vetzleitern der Hand- unL Hundewagen, das Fahren scharf rechts zur Pflicht gemacht werde. Zur Begründung dieses Wunsches wurde geltend gemacht, daß der Automobiloerkehr ohne ein« solche die Fuhrwerk« auf die äußerste rechte Straßenseite verweisende Vorschrift außerordentlich behindert werde, und daß insbesondere die Auto mobile, wenn sie beim Ueberholen von Wagen, die sich mehr nach der Stratzenmitt« zu hielten, ru weit nach links gedrängt würden, für den gesamten Ver kehr gefährlich werden könnten. Der Rat hat diesem Wunsche nach eingehenden Erörterungen und Verstän digung mit Sachverständigen di« Berechtigung nicht absvrochen können und hält deshalb di« Regelung des Fährverkehrs in der Weise, daß der Kraftwagenver kehr mehr nach der Mitte der Straße verlegt wird, da gegen der übrige Fährverkehr sich scharf rechts zu hal ten hat, für notwendig und auch besonders geeignet, die glatte Abwicklung des Verkehrs in der Großstadt zu fördern. Eine dementsprechende Aenderung der Verkehrsordnung ist den Stadtverordneten zur gut achtlichen Aeußerung vorgelegt worden. * Die Beleuchtung»- und Leitungsmasten vor dem neuen Hauptbahnhofe. Wie aus der amtlichen Bekanntmachung der vorliegenden Nummer zu er sehen ist, hat das Preisgericht zur Beurteilung der auf einen Wettbewerb eingegangenen Entwürfe für elektrische Beleuchtung»- und Leitungsmasten auf dem neuen Hauptbahnhofsvorplatze zu Leipzig seine Entscheidung getroffen. Die Entwürfe sind vom 22. Juni bis mit 1. Juli d. I. vormittags von 9 bis 12 Uhr und nachmittags von 3 bis 6 Uhr, Sonn abends von 9 bis l43 Uhr in der oberen Wandel halle des Neuen Rathauses zur allgemeinen Be sichtigung ausgestellt. * Jubiläum. Der Steindruckmaschinenmeister August Reinhold Wendler in Leipzig-Seller- Hausen begeht morgen das Jubiläum 25jähriger ununterbrochener Tätigkeit in der Verlagsbuchhand lung und Buchdruckerei von F. A. Blockhaus in Leipzig, Querstraße 16. * Sonderzüge nach Wien und Pest. Wie in ver gangenen Jahren wird die Eisenbahnverwaltung Ole Zukunft Bsyreuths. Im Juniheft von „Velhagen k Klasings Monats heften" legt Dr. Wilhelm Kleefeld in klarer und übersichtlicher Weise die Verhältnisse dar, die im Jahre 1913 mit dem Erlöschen des Privilegs für die Erben Wagners eintreten werden. Wird und soll Bayreuth dann noch die führende Stellung im Reick)« Wagners behalten? Wer je in echter Weihe ¬ stimmung in dem Zwischenakt einer der unvergleich lichsten Festspielaufführungen aus dem Hause tretend den Blick von dem Rondell des Festspielhügels über die alte Markgrafenstadt zu Füßen und die zart ver- schwimmenden Konturen der fernen Gebirge hat schweifen lassen, wird diesen Eindruck nicht vergessen. Und in d«m dankbaren Hörer wird di« Sehnsucht nach einem Wied«rerleben solcher einzig gearteten Regungen und Erregungen immer wieder erwack)«n und treiben. Er wird sich zurückträumen in den Zauber dieser ganz auf Wagner gestellten Straßen und Gassen, dieser poesievollen Lage und Umgebung, dieses künstlerischen Rahmens, in dem sich das köst lichste Festspielbild aufrollt, das Mcnschcnphantasie auszudenken vermag. Allerdings wird der Bayreuther, der mit solchen Erinnerungen und dem Enthusiasmus inneren Er lebens nach der Festspielstätte kommt, nur dann dem Ideale treu bleiben, wenn dieses die alte Hehre be wahrt. Gerade der hingehendste Bewunderer wird auch der anspruchvollste Kritiker sein. Nun wissen wir zwar, daß die Festspiele nach wie vor vom Publikum „gestürmt" werden. Wie seit fünfzehn Jahren sind all« Billetts schon gleich nach Bekannt werden des Epielplanes vergriffen. Aber man soll die Stimmen wägen, nicht sie zählen. Und da, beim Wägen der Stimmen, beim Einschätzen der Gäste, die auf den Plätzen des Festspielhauses sitzen, dürste es sich zeigen, daß manche der treuen und treuesten An hänger in den letzten Jahren seltener geworden, ja allmählich ganz ferngeblieben sind. Das müßte die Leitung zum Nachdenken veranlassen. Bayreuth ist keine Sensation, die man einmal mitmacht und dann als erledigt be trachtet. Bayreuth ist ein Kvlturtempel. in dem man sein« künstlerische Andacht verrichtet. Oder war es wenigstens. Der jetzig« große Andrang erklärt sich noch aus den Erfolgen der früheren Jahre: man zehrt noch von den Taten der neunziger Jahre. Di« Hemmnisse, die damals zu überwinden waren, gaben dem Unter- nehmet» eine beispiellose Schwungkraft. Nachdem die letzte Anspannung d«r Kräfte die aufgetürmten Schwierigkeiten besiegt hatte, machte sich eine gewisse Ermattung fühlbar, di« ein Zurückgehcn zur Folg« haben muß. Auch wenn sich dieses noch nicht äußerlich zeigt, so muß es nach Aufzehren der aufgespeichetten srül)eren Nuhmesenergien notwendig erfolgen. Und gewiß hat sich auch künstlerisch schon manches modi fiziert. Jawohl, manche Aenderung ist eingetreten, und dies nicht zum Vorteil des Ganzen. Die Aera der „Zungen" hob an. Siegfried Wagner hat das Zepter an sich gerissen. Schon di« Festspiele 1899 trugen in gewissem Sinne den Stempel Jung-Sieg- frieds, seiner Freunde und seiner Ergebenen. Und seitdem schwang er gar oft den Stab über das Orchester. Leider nicht immer zum Heil des Ganzen. In der ersten Zeit betrachtete man diese Versuche als Vorstudie: mit der wachsenden Routine konnte da auch Höheres erreicht werden. Aber die Hoffnung sollte sich nicht erfüllen: dem Riesenwerk fehlte di« Riesen faust. Nach einer anderen Seit« zeigte sich Siegfrieds Tätigkeit in hellerem Lichte, nach der Seite der In szenierung. Man erkannte bald, daß den Sohn Wagners ein sicherer, scharfer Bühnenblick auszeich- nete, daß der Instinkt für das Wirksame und dra matisch Echt« hier stark pulsierte, und man sonnte sich in der Hoffnung, daß der Wagner-Erb« in richtiger Selbsterkenntnis sein Arbeitsfeld abgrenzen und sich ausschließlich auf beratende Tätigkeit im Reiche der Regie beschränken werde. Die Erwartung wurde getäuscht. Der Sohn, der ja auch in der Komposition nicht vor dem Schatten des Großen zurückschreckt, usurpierte die großen Rechte der musikalischen Führung und allgemeinen Leitung. War vorher schon im einzelnen einmal gewisse Ver stimmung — berechtigt oder unberechtigt — laut ge worden, so verdichtete sie sich jetzt zu ein«r dauernden Mißstimmung, zu einer begreiflichen Animosität gegen Bayreuth und sein« jetzigen Machthaber. Und darum die besorgten Mienen im Lager der wahren Wagner freunde, darum die Kassandrastimmung bei den besten und treuesten Mitgliedern der DayreuthgemeinLe. Wenn hier nicht bedeutsame Werte verloren gehen sollen, so muß frühzeitig Sorge getroffen werden, da mit der Geist des Titanen unumschränkt herri^end bleibe. Nicht der Buchstabe kann genügen, der behre Gedanke muß unantastbar weiterleben, wenn Bay reuth Bayreuth bleiben soll. Welche Mittel gewählt werden sollen, um die ge weihte Stätte zu schützen, zu erhalten, muß die Frucht eingehender Untersuchungen werden. Vielleicht emp fiehlt es sich, einen Kllnstlerausschuß zu bilden, der — ohne direkte Bevormundung der Bayreuth-Erben — doch seinen wohltätigen Einfluß zu üben befugt werde. Noch lebt ein Humperdinck, ein Mottl, ein Richter — um nur die Pominentesten zu nennen —, Männer, di« das Wagnerwort aus dem Munde des Großen vernommen und dieses Wort zu verfechten bereit sind. All« kleinlichen Rücksichten müß ten da zurücktreten, wo es der großen Sache gilt. Von Konkurrenz Münchens und ähnlichen Dingen braucht gar nicht gesprochen werden. Wenn Bayreuth sichselbsttreuble. ibt.gibt eskeine Kon. kurrenz. Und mögen 1913 noch ein halb Dutzend Prinzregenten-Theater aus der Erde schießen. Sle haben ihr Daseinsrecht und werden dies üben, ohne Bayreuth das Wasser abzugraben. Aber Bayreuth muß allzeit auf der Warte der steten Weiterentwick lung ausharren, es darf nicht stillstehen. Es muß die hehre, künstlerische Anziehung nicht nur zu erhalten, sondern noch zu vertiefen wissen. Und da wäre ein schönes, hohes Ziel vor Augen zu führen. Bayreuth müßte fürdieWagner- kunst dauernd das werden, was Weimar für Goethe geworden: der Brennpunkt, in dem alle weitverzweigten Strahlen der Wagnerinteressen zu- sammentreffen. Vor allem müßte ein Wagner- Archiv dort erstehen, das die Wagnerfreunde wie die Wagnerforscher, die Wagnerkenner wie die Wagnervcrehrer einmütig zusammenführt. Und Lazu wäre es jetzt die höchste Zeit. Bei Wagner ist die Sachlage ähnlich, wie im Jahre 1856 bei Mozart. Damals zu der hundertjährigen Geburtstagsfeier er scholl der Ruf, ein Mozart-Archiv zu gründen. Man wies auf die Gunst des Zufalls hin,.die die weitaus überwiegende, fast vollständige Zahl der Manuskripte in den Händen des Verlegers AnLrs vereinte. Man wies darauf hin, daß bei Beethoven die Manuskripte in alle Welt zerstreut, von Haydn das wenigste zu finden sei. Sollen wir beim hundertsten Geburtstag Wagners in eine ähnliche Lage kommen, di« ver streuten Manuskripte nicht mehr auffinden zu können? Jetzt sind sie im Wstrhnfried und im Besitz des Köyige von Bayern, des Erben des kunstfreundlichen Ludwigs II., vereint. Es ist ein leichtes, sie zu sammeln. Die ungemein schwierige Frage bei Mozart, wer die Kosten trage, erledigt sich hier von selbst. Der bayrische König besitzt das meiste; er wird das Fehlende ohne große Opfer hinzufügen und so dem hehren Meister ein Denkmal setzen, der für immer mit Bayerns Musikgeschichte eng verbunden ist. Wenn man bei Mozart dem Enkel Josefs H, „des herr lichen Kaisers, der Mozart geliebt und ihn zu manchen seiner schönsten Schöpfungen angeregt, wenn er ihm auch wenig Geld gab", die Last aufbürdete, so schwindet hier die Bürde, si« wandelt sich in den Lohn für die opferfreudige Huld des Ahnen, Ludwigs II. Welch ein Heiligtum wäre ein solches umfassendes Archiv für alle Bcmreuthianer, welche Quelle der Be lehrung und Erhebung für Musiker und Musik freund«! Kann denn die Leitung Bayreuths die Ver- pflichtung zu solchen Leistungen und Talon nicht er kennen? Mittwoch, 2l. Juni 191 l. wiederum Sonderzüge zu ermäßigten Preisen von Leipzig und Dresden nach Wien Uber Tetschen mit Anschluß nach Pest und »war am Donnerstag, den 13. Jul», und Dienstag, den 15. August, in Verkehr setzen. Di« Abfahrt erfolgt von Leipzig Dresdner Bahnhof nachm. 3 Uhr 15 Min., von Dresden Haupt bahnhof nachm. 5 Uhr 40 Mirr, die Ankunft in Wien Nordwestbahnhof am andern Morgen 6 Uhr 12 Min. In Chemnitz Hauptbahnhof. Pirna (Abf. 6 Uhr 1 Min. nachm.) und Schandau lAbf. 6 Uhr 28 Min. nachm.) werden Eonderzugskarten ausgegeben. Von Chem nitz her vermitteln di« fahrplanmäßigen Züge 2 Uhr 6 Min. und 3 Uhr 16 Min. nachm. Anschluß an die Sonderziige. Die Weiterfahrt von Wien nach Pest hat mit fahrplanmäßigen Zügen zu erfolgen. Die Fahrkarten erhalten eine zweimonatige Gültigkeits dauer und tosten von Leipng nach Wien in 2. Kl. 51,80 und in 3. Kl. -/L 32,70, nach Pest 81,60 in 2. Kl. und 47,M in 3. Kl., von Dresden Hauptbahnhof nach Wien in 2. Kl. 41,60, in 3. Kl. 26,45, nach Pest in 2. Kl. ./c> 71,40 und in 3. Kl. 41,35. Hervor- zuhebcn ist, daß auf Sonderzugkarten nach Wien die Rückfahrt init Schnellzügen und zwar von Wien Nordwestbahnhof oder Nordbahnhof oder Staats bahnhof oder Franz-Josefs-Bahnhof ohne Nachzah lung ausgesiihrt werden kann. Lediglich auf der Strecke Chemnitz — Dresden ist bei Schnellzugs benutzung bei der Hin- oder Rückfahrt der tarif mäßige Zuschlag zu entrichten. Alles Nähere hierüber sowie über die sonstigen Bestimmungen ist aus der jetzt erichienenen Uebersicht zu ersehen, die auf Verlangen bei den größeren sächsftchen Stationen sowie bei den Ausgabestellen für zuiammengestellte Fahrscheinhefte in Leipzig, Erimmaische Straße 2, und in Chemnitz, Bahnhofsvorplatz, sowie im Inter nationalen Vcrkehrsbureau in Berlin VV. 64, Unter den Linden 14, unentgeltlich abgegeben wird. Wenn die Zusendung mit der Post erfolgen soll, ist eine 3-Pfg.-Marke der Bestellung beizusügen. * Jahresfest im Bethlehemstist. Die vom Verein für Innere Mission zu Leipzig gegründeten und unterhaltenen Lausigker Heilstätten, Bethlehemstift und Genesungsheim, begehen Sonntag, den 25. Juni, nachmittags 4 Uhr die Feier des 24. Jahressestes, wozu von dem Vorstande der Anstalten alle Freunoe und Gönner eingeladen werden. Die Festansprache im Saale des Bethlehemstiftes hält Herr Pfarrer tt. Dr. Schumann. Sodann wird Herr Direktor Pastor Grundmann den Jahresbericht erstatten, und der Ortspsarrer, Herr Pastor Schulze, das Cchlußgebet sprechen. An die Feier schließt sich ein geselliges Beisammensein im Garten des Genejungs- heims. Wegen der Ab- und Rückfahrt der Leipziger Teilnehmer gibt Näheres das Inserat an. * Der Verband der Deutschen Buchdrucker zahlte für Unterstützung der Arbeitslosen ans der Reise und am Otte im April d. I. 47 799,85 -tl gegen 61 376,85 rm April 1910. Der Geschäftsgang war demnach im April d. I. ein bedeutend besserer als im Vorjahre. * Einbrecher statteten einer Mädchenkammer in einem Grundstück am Petersstecnweg einen Besuch ab und stahlen aus den Reisekörben zwei silberne Damen-Remontoiru-ren, zwei goldene Damen-Uhr- ketten mit Schieber, ein goldenes Armband mit l>erz- förmigem Anhängsel, eine goldene Busennadel in Form eines Stockes sowie verschiedene Kleidungs stücke. * Verhaftungen. In Hast kam ein 29 Jahre alter Handelsmann aus Borna, der sich in einem Lokal des Ostviertels des Zechberrugs schuldig machte; ohne im Besitze von Barmitteln zu sein, machte der unge betene Gast ein« ansehnliche Zeche. — Wegen Sachbe schädigung erfolgt« di« Festnahme eines 21 Jahre alten Kellners: er war in einem Lokal der Großen Floischevgasse als Gast anwesend und zerschlug dort mutwillig ein« Anzahl Wittschaftsgegonstände. — Weiter kam ein 21 Jahre alter Schnecdergejelle in Hast, der dringend verdächtig ist, seinem früheren Ar beitgeber in Borna einen erheblichen Geldbetrag sowie Anzugstoffe gestohlen zu haben. — In Haft ge nommen wurde endlich ein 20 Jahre alter Arbeiter, der aus einer Wohnung in der Lauchstädt er Straße 30 gestohlen hatte. * Unholde. Am Fregesteg erregte ein Unbe kannter durch sein schamloses Gebaren Mädchen gegenüber öffentliches Aergernis. Der Unhold, der leider entkam, wird geschildert als zirka 35 Jahre alt, mittelgroß, mit vollem, gesundfarbigem Gesicht, bekleidet war er mit braunem Jackettanzug und Kunst unü Mllenlchstt. * Ein Denkmal für Willibald Alexis soll, wie schon gemeldet, am 29. Juni auf dem Friedhöfe in Arnstadt i. Thür., wo der märkische Romancier be kanntlich begraben liegt, eingeweiht werden. Es findet eine größere Feier am Grabe statt. * Der Schriftsteller Max Oberbreyer in Dresden begeht am Johannistag« (24. Juni) die Feier seines 60. Geburtstages. Außer durch zahlreiche andere Schriften ist Oberbreyer besonders als Herausgeber griechischer und lateinischer Klassiker bekannt. Ober breyer studierte 1872—73 in Leipzig und war hier 20 Jahre, von 1884 bis 1904, journaltstisch und lite- rarffch tätig. * Wissenschaftlich« Expeditione» »aterwegs. Die Ostafrikaexpedition der Hamburger Geogra phischen Gesellschaft unter Leitung von Dr. L. Obst, die am 10. Dezember von Hamburg aufgebrochen war, befand sich nach einem Bericht an Dr. L. Friederichsen am 10. April am Balangiddasee auf einer großen Rundreise Lurch die Landschaft Turu, di«, von der Station Kilimatinde ausgehend, über Singidda, Mka- lama, Jraku, Ufiomi, Kondoa-Jrangi, Ussandaui nach Kilimatinde zurückführen soll. — Die geplante Durchkreuzung von Niederländisch-Neu guinea ist durch schwere Erkrankung des Leiters der Expedition Kapt. Scheffer abgebrochen worden, nachdem sie im Quellgebiet des EilanLenflusses zwi schen Wilhelmina- und Julianaspitz« eine Höhe von 3500 Meter erreicht hatte, wo ein etwa einmonatiger Aufenthalt zu Vermessungsarbeiten genommen wurde. Die Aufnahme d«s Eilandenflusses kann im großen und ganzen als beendet angesehen werden. Die an dern Teilnehmer, Kapt. van der Ven und van der Bie, kehrten nach Merauke zurück, um di« Entscheidung d«r Regierung über die Fortsetzung L«r Arbeiten abzu warten, während Kapt. Scheffer nach Makassar trans portiert wurde. — Dr. Moszkowskis Erforschung des Mamberamo hat, wie „Petermanns Geogr. Mit- teilg." berichten, leider weder in topographischer noch in ethnographischer Beziehung di« in Aussicht gestell ten Ergebnisse erbracht, da sie von mannigfachen Un fällen verfolgt wurde. Bei seiner Auffahrt auf dem Mamberamo hat Dr. M. Moszkowski am 23. Sep tember 1910 Schiffbruch erlitten und den größten T«il seiner Ausrüstung verloren. — Die englische Expedi tion nach dem C a r st e n s z g i p f e l ist im April zu« rückgewgen worden, ohne das Schneegebirge erreicht zu haben, nachdem ihr Führer Dr. W. Goodfellow be reits früher wegen Krankheit zurückgekehrt war.
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