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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.06.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191106182
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110618
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-18
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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Anetten "prei ¬ se; ugt> preib Mr Letpita und Barone durch nntee« Tröaer und EoedUeur» -mal täglich in» vau» gebracht : » Ps. monatl., 2.78 Mt. vieneljährl. Ber unlern Filialen u. Ln- uahmestellen adactzolt: 7S Pi. »„all.. L.S vtt. vteNeljährl. Lurch »le Polt; innerhalb Demjchland» und der dentlchen Kolonien vieneljährl. ».«> M«., monatl. l.ru Mr. auslchl. Pojrdeftellaeld. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauftaaten, Italien, Luremdura, Niederlande, Nor wegen Oesterreich »Ungarn. Nujgand, Schweden, Echweii u. Spanten. In allen ädrigen Staaten nur direkt durch die Selchältastelle de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt «rlchetnt Lmal täglich, Sonn- «. Feiettag» nur morgen». Abonnement»-Annahme: 2»ha»»i»gall» 8, bei unsere» Trägern, Filialen, Spediteure» und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. El»,«l»erka»I»pr«t» öP„ MpMer T aMaü Handelszeitung. Amtsklatt -es Rates und -es Nolizeiamtes -er LtaSt Leipzig. M» InferrU« au» Lotpztg »na Umgebung »t» lsvaltig« Petit »eil« L Ps^dt, Nellame- »otl« i Mk.: von aa»wätt» » Vf- Neklamen lll> LN., Inserat« von Behörden im amt lichen Totl die Petit,Ul. S0 «f. Geschäft»«»,eigen mit Blatzvorlchriften u. t» der Ad«ndau»gab« t« Preis« erhöht. Rabatt nach Tarik. Beilagegedühr Eefamt- auflag« 5 Mk. p Tausend «rkl. Postgebühr. Teilbeilag« Höher. Fefterteilt« Aufträge können nicht zurüä- aezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: Johanni»,«»« 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncme- Ezpeditionen de» In- und Au»lande». Demk nn» Verla, »«» Leipzig« Togo- blatte» A. Polz. Inhaber: Paul Kürst««. Redaktion und »«Ichlft.stell«: 2ohanni»gass« 8. Hanpt < Filinl« Dr«»de»; Serüratz« ch i iTeleptzon 4821). Nr. 167 Lanmag, üea IS. Juni lSll 105. Jahrgang. Die vorlielienve Au.^abe umsaßt 3L Leiten. Dss Müstigste. * Der Kaiser ist am Sonnabend von Hannover über Celle nach Hamburg gefahren. sS. Dtschs. Reich.) * Der Nationalliberale Verein im 23. sächsischen Reichstagswahlkreise be schloß auf einer außerordentlichen Wuhlkreistagung einstimmig, an der Kandidatur Glaser fest- zu halt en. sS. bes. Art.) * Der Expräsident von Mexiko Porfirio Diaz ist an Bord des Dampfers „Ppiranga" in Vigo ein - getroffen und von dort nach Coruna weiter gereist. sS. Ausl.) * Oberregisseur Carl Dalmonico vom Leipziger Stadltheater hat sich mit dem heutigen Tage ins Privatleben zurückgezogen. sS. Feuill.) * Der berühmte Leipziger Bildhauer Geheimrat Carl Seffner vollendet morgen sein 50. Le bensjahr. (S. Feuill.) „Ssnislmnü gersüesus!" Faust tritt aus der Studierstube ins Leben. Ein „unerklärter Schmerz" hemmt ihm alle Lebensregung: da fühlt er Mut, sich in die Welt zu wagen, der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen. Der Hansabund bedeutet uns nichts anderes wie den Eintritt des deutschen Bürgertums als schaffenden Gewerbstandes in die Politik. Es fühlt den Mut und den Zwang, sich in die politische Welt zu wagen, sich mit politischen Stürmen herumzuschlagen. Denn auf Sturm und auf Schlagen ist die Zeit gestellt, nicht auf Säuseln und Bitten. So ist denn der erste deutsche Hansatag eine Schlacht gewesen, und die Schlacht ist noch nichtbeendet; die Kämpfenden haben sich in das Nerven zentrum unserer Zeit, die Presse, zurückgezogen; hier fechten sie zäh und erbittert weiter; die Verkleinere! sind emsig am Werk und es gilt, die Schlacht vom 12. Juni endgültig zu gewinnen. Wenn der Bürger sich ein Haus baut, wenn er sich bemüht, es recht schön zu schmücken, und dann ein Fremder, des Weges kommend, durchs offene Fenster Spott und Hohn hereinruft, so schmerzt das den Erbauer trotz aller schönen deutschen Eiebelsprüche, die das Gegenteil an deuten. Den Junker mag es kalt lasten, ob irgendein Reisender, der von der Ferne die ragende Ritterburg sieht, an der Form des Bergfrieds keinen Gefallen findet. Des Bürgers Sinn ist nun einmal weicher und empfindlicher. Der Bürger wird von klein auf gelehrt, links und rechts von sich Gleichberechtigte zu achten. Jeder politische Kalkül und jeder Machtgedanke mutz die weichere Natur des Bürgers in Rechnung stellen und zum Ausgangspunkte nehmen; wer es nicht tut, wird sich verrechnen. Es wäre ein Unding, von heute auf morgen das gesamte deutsche Bürgertum zu dem selbst sicheren Menschenschlag machen zu wollen, als der das preußische Junkertum von ihm selbst und von anderen bezeichnet wird. Nur wenn das Bürgertum fest auf dem Eigenen, das seine Tugend und seine Kraft ist, bestehen bleibt, kann es auch hoffen, die politischen Eigenschaften, die ihm fehlen, hinzuzuerwerben. Gerade zu den schönsten Tugenden des Bürgertums rechnen wir die Gabe und die Lust, immer zuzulernen. Man hat beobachtet, daß auf dem Berliner Hansabundstage dann besonderer Beifall gezollt wurde, wenn die Schwächen, die dem deutschen Bürgertum noch anhaften, gegeißelt wurden. Das deutet, wenn irgend etwas, den kommenden Erfolg an. Das Bürgertum steht mitten in der harten Er ziehungsarbeit. Die Hansatagung bedeutet einen neuen Schritt in der Erziehung. Man laste die Gegner ruhig höhnen über die eine oder andere Nebenerscheinung dieses Tages. Daß viele Besucher die Versammlung vor Schluß verlassen haben, spielt eine besondere Rolle in den Spöttereien der Gegner. Wir haben es oorausgesagt. Wir wußten, was kommen würde, als der Präsident Rießer mit mahnen der Stimme in den Saal rief: „Ich bitte, hier zu bleiben." Vielleicht hätte er das nicht tun und die in Hellen Scharen herbeigeeilten Preß vertreter der gegnerischen Parteien nicht noch besonders auf die entstandene« Lücken Hin weisen sollen? Wir denken anders. Im breiten Licht der Oeffentlichkeit muß sich die Erziehungsarbeit vollziehen, und gerade der Spott der Gegner wird das Seinige dazu tun. Daß auch die Besucher der General versammlung des Bundes der Landwirte nicht bis auf den letzten Mann den Schluß der Tagung abzuwarten pflegen, soll uns kein Trost sein; die Hansatagsbesucher werden schon noch lernen, Disziplin zu üben. Der Literarhistoriker Julian Schmidt hat dem Schrifttum die Aufgabe gestellt, das deutsche Volk bei der Arbeit aufzusuchen. Gustav Freytag folgte dem Rate des kernigen Ost preußen, schrieb „Soll und Haben" und setzte dieser Kaufmannserzählung als Motto das Wort Schmidts voran. „Das Volk bei der Ar beit"; das ist es, was man auf den Hansatagen sieht und was ihnen den besonderen Reiz gibt. So liegen die Dinge ja nicht, daß die Besucher und die Veranstalter der Hansatage sich früher noch nie und nirgend politisch betätigt haben. Das gilt nur von einem Teile. Acht von den dreizehn Rednern des Berliner Sportpalastes sind Kandidaten für die kommende Reichstags wahl; sie kandidieren nicht als Mitglieder einer neuen Partei, sondern als National liberale, Fortschrittler oder — in Bayern — als allgemein Liberale; sie nehmen zum Teil schon lange in diesen Parteien eine geachtete Stellung ein. Würden aber selbst die gesamten liberalen Parteien im Berliner Sportpalast eine gemein same Versammlung abhalten, so wäre das noch lange kein Hansatag. Die wi rtschaftliche Gliederung und die Beziehung zur gewerblichen Arbeit gibt dem Hansa- bund das Gepräge. Daß ein Angestellten vertreter sagt: „Prinzipal und Angestellte ge hören zusammen", daß ein Fabrikdirektor aus spricht: „Gesellen und Arbeiter ,o!len zu uns kommen", daß ein Handwerksmeister das be gonnene Werk lobt und daß sie alle mit dem Worte eines Geheimrats einverstanden sind: „Herumtrampeln lasten wir nicht mehr auf uns", das verleiht den Geschehnissen ihre be sondere Bedeutung. Hier spricht ein gegliedertes Parlament des werktätigen Bürgertums. Nicht eine politische Doktrin, sondern die Arbeit selbst scheint zu sprechen. Aus Kaufmanns kontor, aus Werkstatt und Fabrikraum schallt es, von dort, wo der größere Teil der schaffenden deutschen Männer für das tägliche Brot, für Weib und Kind Kopf und Hände anspannt. Wenn diese Lebensäutzerungen wie etwas Neues wirken und eine besonders überzeugende Kraft haben, so werden die Anhänger des be rufsständischen Parlaments das für ihre Idee ausnutzen. Mögen sie es tun. Ihr Gedanke hat ja ohnehin etwas Bestechendes, und manche Erscheinungen der letzten 20 Jahre weisen nach dieser Richtung, nur daß andere allgemeine Erwägungen sich doch wieder entgegenstellen. Auch die Hansamänner wollen nicht restlos in ihren wirtschaftlichen Sorgen und Zielen aufgehen. Ihr Präsident Rießer hat es aus gesprochen, daß die geistigen Dinge noch stärker sind als die materiellen. Die Freiheit zu denken, zu dichten und zu trachten will sich keiner von ihnen rauben lasten. Fichte sagt, der Deutsche könne niemals ein Ding allein wollen, er müsse immer zugleich das Entgegen gesetzte dazu wollen. Das ist freilich zuviel der Weitherzigkeit. Mögen sich die „Hanseaten" die größte Freiheit der Betrachtung bewahren, den weltweiten Sinn, die offene Würdigung des Gegners, wie es Deutschen geziemt, und wie es auf dem letzten Hansatage zu bemerken war. Die Selbstbeschränkung soll nicht im Denken, sondern im Handeln liegen. Hier ist es nötig, die Einhelligkeit des Strebens und Wirkens herzu stellen. Das Extreme scheidet dabei völlig aus. Der deutsche Kaufmann und der deutsche Hand werksmann haben schon vor einem halben Jahrtausend die Welt mit ihren Leistungen angefüllt. Sie sind nicht von gestern. Wir wollen sie nicht künstlich zu Parvenüs machen. Daher ziemt es auch dem Hansabunde nicht, blind alles zusammenzuschlagen und kommenden Ge nerationen zu überlasten, wieder Ordnung zu schaffen, sondern selbstsicher geradeaus zu gehen und sich durchzusetzen. Wie sehr die Verbindung von abgeklärter Bildung und Ruhe mit festem Willen in den Kreisen des Hansabundes auf Zustimmung rechnen kann, beweist die Aufnahme der Rede des Abgeordneten Stresemann. Die deutsche Bildung soll an Bord des Hansaschiffes nicht fehlen. Sie wird den Lauf des stolzen Schiffes nicht hemmen, sondern beflügeln. Mit diesem teuersten Gute an Bord wird das Hansaschiff die Losung wahr machen, die am Eingangstor seiner Wiesbadener Geschäftsstelle angeschrieben steht: „Hansabund geradeaus". Die Grünüung eines reichsüeutlchen Mtttelltsnüs- vervsnües soll auf dem vom 23.-25. September in Dresden staltjindendeil Ersten reichsdeulschen Mittelstandstage erfolgen. Der vorbereitende Ausschuß erläßt dazu einen umfangreichen Aufruf. Darin wird sejlgesteUt, daß der selbständige Mittelstand trotz seiner großen zahlenmäßigen Starke infolge seiner trostlosen Zer- jplitlerung so ohnmächtig geworden ist, daß ihn die anderen Stände leicht in Abhängigkeit halten und ihn jo auf fast allen Gebieten des wlnscbaftlichen und sozialen Ledens zu einer zielbewußten Wahrnehmung seiner wirtschaftlichen Interessen unfähig machen konnten. Dies hatte zur Folge, daß in der Hauptsache für die aktiv auftretenden Stände — Großkapital, Groß industrie, Landwirtschaft, Industriearbeiter, Ange stellte, Beamte usw. — genügend gesorgt wuree, wäh rend der s e l b st ä n d i g e Ak i t t e l st a n d wohl hie: und da ein kleines Geschenk bekam, aber nieZuge- ständnisse grundsätzlicher Art erhielt, die geeignet gewesen wären, seinen Niedergang aufzu halten und ihm neue Lebenskraft zuzusühren. Er kam also überall ins Hintertreffen. Diese Herabdrückung des selbständigen Mittel standes gelangte nicht nur in der Verteilung der Lasten, der ungerechtfertigten Beschränkung seines Arbeitsgebietes durch Staat, lbemeinden, Konsumver eine aller Art, Beamten-Wirtschaftsvereine, Waren häuser usw. zum Ausdruck, sondern auch in der Be wertung seiner Arbeit. Für ihn blieb das billigste Gebot, dem andere Stände durch Zusammenschluß sich längst entzogen haben, bestehen. Daher wird in dem Aufrufe der Frage der Preisbildung eine ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet und der herr schenden Preisbildung, wie sie im Mindestpreisoer- fahren zur Anwendung gelangt, der Kamps angekün digt und ihr der natürliche Grundsatz desangemes- senen Preises entgegengesetzt. Der Aufruf konstatiert weiter, daß wir durch die mangelhafte oder sogar sehr ojt ganz fehlende Mit wirkung der großen selbständigen Mittelschicht an der Regelung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse in eine Gesetzgebung geraten sind, die viel mehr als gut ist auf einzelne Klassen zugeschnitten ist. Dadurch wer den die Sonderinteressen auf Kosten der Eesamtl)eit gestärkt, und es wird der Kamps aller gegen alle ent fesselt. Wollen wir nicht in eine gefährliche Unzu friedenheit hervorrusend« Klassengejetzgebung hineinsteuern, muß der selbständige Mittelstand so organisiert werden, daß er ebenso wie die anderen Stände seine berechtigten wirtschaftlichen Forderungen zur Geltung bringen kann. Das bedenklich zuungunsten des selbständigen Mittelstandes gestörte Gleichgewicht unserer wirt schaftlichen Verhältnisse bildet eine große Gefahr für Staat und Volksgesamtheit; denn die Geschichte lehrt, daß noch jeder Staat, der nicht zur rechten Zeit die tiefernste Hrage nach der Erhaltung des Mittelstandes zu beantworten verstand, elend zugrunde ging. Des halb ist die Mittelstandsfrage nicht als die besondere Angelegenheit eines Standes, sondern als eine Frage des Eejamtwohleszu betrachten. Aus diesem Grund« kann erwartet werden, daß alle jene Kreise, denen die Zukunft unseres Volkes nicht gleich gültig ist, die Bestrebungen tatkräftig unterstützen, die auf Schaffung einer alle Gruppen des selbständi gen Mittelstandes umfastenden großen Organisation gerichtet sind. Der Reichsdeutsche Mittelstands-Verband geht von der Ueberzeugung aus, daß eine Volksgemeinschaft, die ihre Lebenskraft erhalten und fördern will, un möglich von dem Egoismus der einzelnen oder eines einzelnen Standes ausgehen kann. Der allein ge gebene Ausgangspunkt all dieser Erwägungen muß in dem „Eemeinschaftsbewußtsein" aller Volksglieder gesucht und gefunden werden. Schon deshalb verurteilt er aufs schärfste jeden Klassen kampf, der nicht in das Eemeinschaftsbewußtsein über geleitet wird. Er vertritt darum in dem Aufrufe eine diese Anschauung entsprechende Auffassung von Volkswirtschaft und Staat. Zur Kanüiüstur Srsler schreibt die „Neue Vogtl. Ztg." „Am Donnerstag, den 15. Juni, hielt die national liberale Partei im 23. sächsischen Reichstagswahlkreise eine außerordentliche Wahlkreistagung in Plauen ab, die überaus zahlreich besucht war. Sie befaßte sich mit der Erklärung des Landesvereins und nahm hierzu Stellung. Die Ausführungen des Obmanns, Seminaroberlehrers Baumgärtel-Plauen, seines Stellvertreters, Fabrikbesitzers Elster-Adorf, und des Kandidaten. Stadtrats Graser-Plauen, san den nach eingehender Aussprache allseitig voll kommene Zustimmung. Die Billigung des seit herigen Verhaltens der Waylkreisleituna und der Dank für die tatkräftige Führung der Parter im Wahlkreise fanden ihren Ausdruck in einem dem Wahlkreis-Vorstande einstimmig gebrachten Ver trauensvotum. Ebenso dankte die Vertreter- Versammlung dem Kandidaten Graser für seine trotz zahlreicher Anfeindungen bewiesene treue und feste Haltung. Die Wahlkreistagung beschloß, ebenfalls einstimmig, die folgende der Oeffentlrchkeit zu übergebende Erklärung: Um wiederholten falschen Darlegungen entgegen» zutreten, sei hiermit der Werdegang der Kandidatur Graser kurz gekennzeichnet: 1. Am 22. März 1910 richtete der Vorstand des Landesoereins an die Wahlkreisleitung die Auf forderung, möalichft bald zu den Reichstagswahlen Stellung zu nehmen und Bericht nach Leipzig zu er statten. — Der Wert selbständigen Vorgehens und einer Kandidatur eines Mannes aus dem Er werbsleben des Wahlkreises wurde besonders betont. 2. Anfang April 1910 erklärten sich die Orts verbände des oberen Vogtlandes für eine eigene Kandidatur. 3. Der Onsverband Plauen stimmte in seiner Maisitzung einer eigenen Kandidatur zu, wenn ein geeigneter Kandidat sich finde. 4. In der Landesvorslandssitzung vom 19. Juni 1910 verwahrten sich die Vertreter des Vogtlandes energisch gegen ein Aufgeben unseres Wahlkreises zugunsten des Freisinns. 5. Am 18. September 1910 erklärte sich die Wahlkreistagung einstimmig für eigene Kandidatur. — Dieser Tagung wohnte Herr Generalsekretär Dr. Westenberger bei; der Landes vorstand war also genau über den Willen des Wahl kreises unterrichtet. 6. Eine Vertrauensmänner - Versammlung in Adorf am 1. November 1910 erwog die Kandi datenfrage. 7. Im Januar dieses Jahres erhielt die Parteileitung unseres Wahlkreises von rechts und lints unverbindliche Anfragen über die Stellung zu den Reichstagswahlen. Dress Fragen wurden den Ortsverbänden unterbreitet. 8. Am 6. Februar 1911 beschloß der Ortsverband Plauen einstimmig die Kandidatur Graser. 9) Die Abstimmung durch Stimmzettel in der Wahlkreistagung vom 19. Februar zeigte ein stimmige Annahme der Kandidatur Graser. 10) Den letzten 3 Versammlungen wohnte Herr Stadtrat Graser nicht bei. 11) Die Jahresversammlung des Ortsver bandes Plauen trat am 10. März mit 78 gegen 7 Stimmen dem Beschlüsse der Wahlkreistagung ausdrücklich bei. 12) Den entschiedenen Willen des Wahlkreises unterbreitete der Obmann am 2. April der Ver sammlung des Landesausjchustes in Leipzig. Trotz alledem wurden unser Kandidat und die Wahlkreisleitung wochenlang gedrängt, die Kan didatur zurückzuziehen, so daß schließlich weitere Ver handlungen abgelehnt werden mußten. Die nationalliberale Kandidatur Graser bleibt bestehen. Plauen i. V., den 15. Juni 1911. Der Natio»allib«rale Verein im A. Sachs. Reichstagswahlkreise. Der Wahlkreisvorstand: B. Baumgärtel-Plauen. Johannes Elster-Adorf, Obmann, Obmann-Stellvertr. Oskar Rausch-Plauen, Schriftführer, Für die Ortsverbände: Gustav Geipel, Adorf. Dr. Werbatus, Bad-Elster. Baumeister W. Wohlrab, Jößnitz. Ernst Surmann, Klingenthal. Ernst Paulus jr., Markneukirchen. Karl Otto Kemniker, Oelsnitz. Justizrat Schuricyt, Plauen. Otto Liesche, Schöneck. Für Plauen-Land: Emil Bauer, Gutsbesitzer, Kornbach b. Schönberg. Louis Winkler, Stat.-Vorst. a. D., Pöhl b. Jocketa" Trotz dieser Kundgebung bleibt natürlich die Erklärung des Vorstands des Nationalliberalen Landesvereins bestehen, daß die Kandidatur Graser als nationalliderale Parteikandidatur nicht anerkannt wird. Zur Iahrhunüertkeier ües ersten deutschen Turnplatzes. Am Sonnabend und Sonntag scharen sich aus allen Gauen unseres Vaterlandes Vertreter der edlen Turnerei um das Denkmal, das dem Turnvater Friedrich Ludwig Jahn im Sommer 1872 in der Hasenheide zu Berlin errichtet wurde, wo Jahn vor hundert Jahren den ersten deutschen Turnplatz begründete. Es ist erfreulich, daß die Erinnerung an diesen Tag im deutschen Volke lebendig erhalten werden soll; wird doch damit gleichzeitig das Gedächtnis an einen der besten Söhne unseres Vaterlandes wachgerufen. Zur Zeit Deutschlands tiefster Erniedrigung war Jahn, der in dem kleinen, unmittelbar an der Elbe gelegenen Dorfe Lanz das Licht der Welt erblickt hatte, nach Berlin gekommen, wo er als Lehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster wirkte. Sein Streben ging aber höher, ihm schwebte der Plan vor, durch Entwicklung der physischen und moralischen Volkskraft die Befreiung Deutsch lands vom fremden Joche anzubahnen, wozu ihm die weiteste Verbreitung der Turnkunst am geeig netsten schien. Schon yorher war er in Wort und Schrift für die Wiedergeburt des Vaterlandes eingetreten und seine glühende Begeisterung, mit der er die Hoffnung auf eine glück liche Zukunft unsers Volks predigte, verfehlte die Wirkung nicht. Im Frühjahr 1811 verwirklichte er seinen längst gehegten Plan: er eröffnete einen Turn platz in der Hasenheide, die damals noch weit draußen vor Berlin, fernab vom allgemeinen Ver kehr lag. Hier wurde das Samenkorn ausgestreut, das im Laufe der Zeit so üppig in die Halme ge schossen ist und schon in dem Freiheitskriege gute Früchte zeigte. Durch sein unermüdliches Wirken für die Belebung des deutschen Nationaljinns unter der Jugend hat Jahn nicht wenig zur Er hebung des Volks in dem großen Kampfe von 1813 beigetragen. Jahn selbst nahm tätigen Anteil an diesem Kampfe, er trat als einer der ersten in das Lützow- jche Korps, wurde der Führer eines Bataillons und zeichnete sich durch große Bravour aus. Nach dem Kriege wurde er, nachdem er in Berlin Vorlesungen über deutsches Volkstum gehalten hatte, staatlicher Turnlehrer. Er entging aber nicht dem Schicksale, infolge seines freien und derben Wesens gegenüber der Reaktionspolitik in den Verdacht eines Demagogen zu geraten. Zunächst erfolgte die Schließung der als staatsgefährlich verschrienen Turnplätze, im Juli 1819 wurde Jahn iogar verhaftet, er mußte jahrelange Festung?, hast erdulden, wurde zwar schließlich jreigejprochen. man verbot ihm aber den Aufenthalt in Berlin
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