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Sächsische Volkszeitung : 03.02.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193102038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310203
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-02
- Tag 1931-02-03
-
Monat
1931-02
-
Jahr
1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 03.02.1931
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Prü'M ^oses Mausbacb 4- , Ahrweiler, 31. Januar. Der bekannte katholische Moraltheologe der llniversität Miinster. Prälat Prof. Dr. Joses Mansbach, ist heute, kurz vor Vollendung seines 78. Lebensjahres, in einem Sanatorium in Ahrweiler gestorben. Der Tod des Prälaten Mansbach reiht eine neue und große Lücke in die Reihe der Kämpfer, die sür den deut schen Katholizismus und sür die politische Arbeit des Zen trums in vorderster und erster Linie gestanden haben. Mit diesem charaktervollen, selbstlosen Priester und Menschen ist ein Mann dahingegangen, der einen unvergeßlichen Platz etnnehmen wird in der Zentrumsgeschichte der Nach kriegszeit. In den letzten Jahren hat Prälat Mausbach in stiller Zurückgezogenheit gelebt und gewirkt. Er hatte sich von dem Lärm und den lauten Kämpfen des öffent lichen Lebens zurückgezogen und sich ganz seiner wissen schaftlichen und priesterlichen Tätigkeit gewidmet. Aber es wird ihm unvergessen bleiben, was sür eine Riesenkraft an Arbeit und Idealismus er aufgewendet hat, damals, als das deutsche Volk in der Nationalversammlung um den Ausbau seines neuen Reiches und der Verfassung rang. Prälat Mausbach gehört zu denen, die in jenen Zeiten der getreue Eckehardt unserer weltanschaulichen Forderungen an den neuen Staat waren. Viel bekämpft und viel uin- sehdet von politischen Gegnern und auch aus miszwilligen eigenen Kreisen, hat er als Mitglied der Natio nalversammlung mit seltener Tatkraft und mit großem Idealismus mitgearbeitet an dem großen Wei marer Verfasiungswerk. Und wenn die katholische Kirche im heutigen Deutschland eine Freiheit genießt, die sie nie mals zuvor besessen hat, und wenn es ihr möglich ist, in dieser Freiheit zu kämpfen und zu streiten, dann wird neben den großen Namen Marx und Spahn auch immer der des Prälaten Mausbach in ehrendem Angedenken ge nannt werden. Der stille, bescheidene, einfache und schlichte Priester, der doch so kampssreudig jein konnte, wenn es um die Güter de» Glaubens ging, wird im Zentrum ein:» Platz erhalten der sich würdig anreiht an die großen Kämpfer des Glaubens und der Partei, n. i. tt. r. -- * Der Politiker Josef Mausbach war ein sachlicher Beweis gegen alle, die an der Möglichkeit der unmittelbaren Verwirk lichung unseres Glaubcusgutes in lebendiges Leben immer wie her zweifeln wollen. Seine eindeutig mittätige Haltung der „ivs pudlii-n , oer Sache des Volles gegenüber, yar den glei chen tiefen Ursprung wie seine gründliche Religionswissenschaft. 1861 im bergischen Mipperseld als Sohn des Bürgermeisters geboren und an den Gymnasien in Wipperfürth und Köln aus gewachsen, ging er 1889 an die Universität in Miinster i. W-, feine spätere Wirkstätlc. Der Dogmengeschichtler Schwane, dessen Nachfolger Mansbach später zeitweilig wurde, stellte da mals eine theologische Preisausgabe Uber das für das Ende des vorigen Jahrhunderts und seine geistige Haltung typische Thema „Willensfreiheit und Gefühlsleben". Mausbach hat diesen Preis gewonnen: die Arbeit wurde später seine Disser tation: man wurde auf ihn aufmerksam. 188g trat er ins Priesterseminar im mittelsränkischeu Eichstädt da der Kultur kampf sein Heimatseminar geschlossen hatte. 1881 schon war Mausbach Seelsorger in St. Gereon in Köln, bis 1889. Nach seiner Promotion 1888 wurde er Religionsoberlehrer in Miin- chen-Eladbach. Schon damals machte er sich einen Namen mit feiner wissenschaftlichen Schriftstellere! aus homiletischem und dogmatischem Gebiet. Vier Jahre später übernahm er, wenig stens zum Teil, den moraltheologisiben und avologetischcn Lehr- austrag seines verehrten Lehrers Schwane. Eine Berufung an die München-Gladbacher Hanplkirche als Pfarrer hat er ebenso abqelehnt, wie später l1993) einen Ruf uach Straßburg und (1913) nach Bonn. Im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhun derts kam er nach Miinster. wo er bis kurz vor leinem Tode als Professor blieb. 1918 wurde er dort Dompropst. Seitdem sind große Schichten unserer norddeutschen Geist lichen, unmittel- und mehr noch mittelbar, durch seine Schule gegangen Seine Schriften umfassen eine hier unanszählbare Menge. Sie sind vor allem moraltheolooWer und dogmatischer Art, wie feine Werke über „Die katholische Maras, ihre Methode, Grundsätze und Ausgabe". „Die Kernfrage christlicher Welt- und Lebensauffassung" 11993: 8.—11. Ausl. 19211 und „Die katho lische Moral und ihre Geauer" t<9lt: c» Aull 19211. Von Ein mildes Urleil Oer Abschluß des Prozesses gegen öle polnischen Flieger in Oppeln Fahrlüsstge Karrdlungsweise Oppeln, 31. Januar. Im Lause der weiteren Vernehmung wird der Angeklagte Jmiela in Abwesenheit seines Vorgesetzten, des Angeklagten Wolf, vernommen. Jmiela Ist seit 1925 Flieger. Er erklärt, daß er auf der von ihm am 9. Januar benutzten Maschine zum ersten Riale geflogen sei mit der Weisung, sie nach Thorn zu bringen. Der Typ der Maschine sei ihm aber vertraut gewesen. Sein Kompaß sei schon vor dem Start nicht in Ordnung gewesen, was er auch den Flugplatzmechanikern in Krakau mitgeteilt hätte. Da jedoch kein weiterer Kompaß zur Verfügung stand habe er die Wei tung bekommen, sich hinter Wolf zu halten. Auf die Frage ob er gewußt habe daß der Reichskanzler an jenem Tage in Oppeln war, erklärte er. daß er überhaupt keine Zeitungen lese. Kurz vor seiner Landung habe er wohl bemerkt, daß secn Vor gesetzter ihm vom Boden aus Zeichen gab, die er jedoch nicht verstanden hätte. Er sei daraus ebensalls gelandet. Dem Ange klagten wird darauf ein Brief vorgehalten, den er am Tage nach der polizeilichen Vernehmung am 11. Januar, an seine Braut geschrieben hat, in dem er nuvführte, daß er schon nach einer halben Stunde bemerkt habe, daß sie nicht aus dem auf der Karte verzeichneten Wege fliegen. Jmiela bleibt dabei, daß er diese Aussage auch der Polizei gemacht habe und daß dies richtig sei. Hieraus wurde der Angeklagte Wolf über die Vorgänge nach der Landnng vernommen. Die erste Person, die an seine Maschine herangekommen sei. sei ein Eisenbahner gewesen, den er aus polnisch gefragt habe wo er sei: der Eisenbahner hätte geantwortet in Deutschland. Daraus habe er die Karte zur Hand genommen die ihm während des Fluges aus der Hand gerutscht u>ar und die er. da er scslgeschnallt war, nicht wieder äufhcben konnte Der 'Angeklagte erklärt dann daß er sich er innern könne, daß der Name Brüning gefallen sei, und hält cs für möglich, daß der Eisenbahner, der zuerst an seine» Apparat beranknm gefragt habe: ..Sic kommen wohl Brüning besuchen", erklärte aber mit aller Entschiedenheit, daß er nicht gewußt babe, daß Brüning Reichskanzler sei. Als er dies erfahren habe, habe er gejagt: „Auch dieser Schmerz noch", denn er hätte sich sosort gejagt, daß die Landung dadurch falsch ausgefaßt werden würde. Sodann wurde der militärische Sachverständige, Polizei hauptmann Oxe, angehört, der u. a. aussührtc, daß er zu dem dieser Beüs ans hat er aucb zu Einzelsragen Stellung genom men, wie in seiner Schrift „Die Stellung der Frau iin Mensch- heitslcben" lttM») oder die Streitschrift „Ehe und Kindersegen vom Standpunkt der christlichen Sittenlehre" (1916: 11.—13. Tausend 192">1 Doch hat er darüber hinaus sich ebenso mit historischen und zeitgemäßen Kultnrproblemen besaßt, wie die beiden Schriften beweisen: „Der Geist Dantes und unsere Kul- turaufaabe" und die andere „Die Kirche und die moderne Kul tur" s1913: s>. Anfl. 19231. Die Basis seiner Moraltheologie und seiner Dogmatik ist vor allem der große Aquinate, wie er in seinem 192» erschienenen „Thomas von Aguien als Meister der Sittenlchre" und in der Schrift über „Grundlage und Aus bildung des Charakters nach dem heiligen Thomas von Aquin" bewiesen hat. Im vergangenen Augustinnsjahr ist sein funda mentales zweibändiges Werk Uber „Die Ethik des hl. Augusti nus" stark in den Mittelpunkt gerückt. Großes Ansehen genießt auch seine praktische Untersuchung über „Naturrccht und Völker recht" und unter den Religionspädagogen sein Merk über „Religionsunterricht und Kirche". Während des Krieges gab er mit E. Pfcilschifter zusammen die Schrist über „Deutsche Kultur. Katholizismus und Weltkrieg" heraus und davon mit E. Esser „Religion, Christentum und Kirche". s. Lohnlilirzung sür die sächsische,, Gemeindearbeiter. Wie wir van zuständiger Seite erfahren, ha! die Zenlralschicds- stelle in Berlin nach dreitägigen Verhandlungen den bekannten Dresdner Schiedsspruch bestätigt, wonach die Löhne der säch sischen Gemeindearbeiter ab 1. Februar um 6 Prozent gekürzt werden. Es sollen aber die Lohnaussälle, die durch Arbeits zeitverkürzung entstehen, aus die Lohnvermindcrungcn ange- «n den polnischen Flugzeugen angebrachten Kompaß, einer fran^ zösischen Konstruktion, kein Zutrauen habe. Er führte »veiler aus. daß die Meldung, die drei polnischen Flieger hätten gegen 13 Uhr die deutsch-polnische Grenze bei Rolittnitz überflogen, aus durchaus einwandfreier Quelle stamme. Er halt« es für durchaus möglich, daß sich die Flieger, indem sie sich aus den Kompaß verließen, verflogen hätten. Bereits nach einem viertelstündigen Fluge bei Skala seien die polnischen Flieger von ikrem Kurs abgeirrt und hätten dann infolge Verschlechte« rung des Wetters die Orientierung vollkommen verloren. Im Prozeß gegen die polnischen Flieger beantragt« der Oberstaatsanwalt Wolf am Sonnabend nachmittag gegen de» Angeklagten Wolf zwei Wochen Gefängnis, di« durch die Unter suchungshaft als verbüßt anzusehen sind. Für den Angeklagte« Jmiela beantragte er Freispruch. Oppeln, 31. Januar. Stach ^stündiger Beratung verkündet der Vorsitzende ik Prozeß gegen die polnischen Flieger folgendes Urteil: Der Angeklagte Jmiela wird aus Kosten d«r Staatskasse sreigcsprochen. Der Angeklagte Wolf wird wegen Paßvergehen« zu zwei Wochen Gesängn's verurteilt. Di» Strafe wird durch die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt trachtet. Soweit Verurteilung erfolgt», fallen die Kosten des Verfahrens de« Angeklagte,, Wols zur Last. In der Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende, daß das Gericht nur zu prüfen halte, ob eine strafbare Handlung vor liege oder nicht ohne Rücksicht auf irgendwelche politische» Momente Es sei zweifelsfrei sestgestcllt, daß Wolf als Führer pilot fahrlässig die deutsche Grenze überflogen habe. Er hätte bereits notlanden müssen, als er bei Scala, 39 Kilometer nördlich von Krakau bemerkte, daß er sich verflogen hatte. Als strafverschärfend sei berücksichtigt worden, daß die zahlreichen Grenzverletzungen durch polnische Flieger in der letzien Zeit ein« Verschlechterung der deutich-polnischen Beziehungen zur Folg« gehabt hätten. In dem Oppelner Theater-Prozeß sei seinerzeit auch den deutschen Angeklagten der Umstand, daß die damaligen Vorfälle zur Verschlechterung der deutsch-polnischen Beziehungen beigetragen Hütten, straserlchwercnd angerechnet worden. Das Gericht habe daher auch in diesem Falle gegenüber den polnischen Angeklagten von ähnlichen Erwägungen nusgehen müssen. Die Angeklagten wurden sofort auf freien Fuß gesetzt. rechnet werden, so daß nicht «ine doppelte Kürzung entsteht. Die neuen Löhne gelten zunächst bis zum 3V. September d. I. Tagung der sächsischen Industrie- und Handelskammern Bei einer gemeinsamen Tagung de» Präsidenten und Syndici der sächsischen Industrie nnd Handelskammern ist aus Beranjassung der sächsischen Regierung zu Ser Frage der U e b e r- s ü l I u n g der Höhere u S chule u und der lleberirei - bnng des V c r e ch l ig u ng s w e s e n s Stellung genom- men worden. Die Gründe dieser Ersck>einung liegen nicht nu» aus schuiischen, sondern, auch aus anderen Gebieten. Abhiise- Maßnahmen zu finden ist infolgedessen schwierig. Zu ihnen wird in erster Linie gehören die Anerkennung und Durchfnh- rnng eines möglichst scharfen Ansleseprin sips nach den Leistun gen. Tas ist schon in der Grundschule nölig und vor alle» Din gen in ganz besonderer Weise beim Uebertritt von der Grund schule in di« Höhere Schule, nm zum Rußen der Allgemeinheit wie des Betressenden selbst uugecignete Kinder von der Ergrei fung eines Berufes abzusialte», dem sic nicht gewachsen sind. Die schon auf mehreren früheren Tagungen behandelt« Frage der Berge bnng von Re ichsa n s t rüg e n nach Sachsen wurde erneut behandelt. Dabei wurden inebeson- dere mit Rücksicht auf die Höheren Gestehnngckosten in Sachfen Vorschläge gemacht, die cs ermöglichen liönnten. daß nicht nur Mindcstgebote berücksichligt werden, sondern auch solche, die sich um «inen gewissen Durchschnitt über dem als braiichlmr anerkannten Mindesigcbot bewegen. Dramariksr und Verrei-tger Zur Erstausführung des Schauspiels „Voruntersuchung". <Dresdner Albert-Theater.) Max Alsberg gehört heule unzweifelhaft zu den „Stars" der Mrtsidigcr. lind Stars haben immer das Vorrecht, so manches zu tun, was man dem Durchschnitller unter Umstünden verübeln würde. Tatsächlich liegen ja auch sür deu Psychologen die Verhältnisse hcnle fo, daß die Slrasprozeßordnung über altert ist nnd hinsichtlich der Voruntersuchung noch Methoden kennt, die der ..Hochnotpeinlichkeit" des Mittelalters in geistiger Hinsicht nahcslehen. Die in der letzten Zeit geradezu zur Norm »»erdende» Widerrufe in der Hauptverhandlnng werden nahezu regelmäßig aus die Ausnutzung des erschöpften Seelenzustands des Beschuldigten im Ermittelnnasverfahren zurückgeführt. Rian gnält milunlcr den Menschen solange ilnunlerbrochen, bis er Dinge zngibl, die man hören will Gegen diese Methode zieht Al-berg in seinem Schauspiel „Voruntersuchung" zu Felde, Methoden, die im Grunde auf die mit geringen Abänderungen säst 60 Fahre bestehende Slrasprozeßordnung zurückzuftihren sind. Und wenn man be denkt. wie in den letzten 59 Jahren seelische Znsawinenhänge erkannt wurden, wie so vieles, was früher Schuld war, lpnito dem Individuum nicht mehr zur Last gelegt werden Kanu, daun erscheint einem doch diese Methodik dringend reformbedürftig. Nicht nur die Freigeister unter den Richtern lind Anwälten, auch konservative Männer nnd ül»erhannt exakte Wissenschaftler habe» hier schon ost den Rus nach Reform erhoben. Aus der anderen Seite erscheint es aber mcht angängig, aus der Mög lichkeit solck)er Methoden ungünstige Schlüsse auf den Richter stand zu ziehen. Im allgemeinen darf man doch wohl sagen. >aß amtlicher Uebereiser nnd Sadismus des Erfolgs dem dent- ,'scheu Richter dnrcl;aus nicht liegt. Immerhin ist der Gedanken zang Alsbergs richtig, daß auch nicht die Möglichkeit solcher Auffassung durch die Vorschriften zugelassen werden darf. Die Handlung, dl« der Autor szusaminen mit Otto Erich Hesse) erfunden Hal, Ist ziemlich stark nonslruierl und eröffnet auch weltanschauliche Aucbliche, die entschieden abgelehut werden müssen. Es Ist die geballte, aus der Verteidlgcrpraxis mit ihren vielen Fällen gewonnene Szenensülle im Rahmen eines oft ziemlich echt anmnlenden Tcndenzstiicks. Von dieser Steigerung und ihren Essekten könnte sogar Edgar Wallace lernen' Die Jungen des Stücks haben alle Modernität in sich konwntrwrt. Kameradscl)astsrhe. freie Liebe, Dirnenlieckw, das wird so selbstverständlich als moderne Forderung geduldet, daß man mitunter den Kopf schütteln möchte. Die Tochter des Landgerichtsral- liebt einen armen Studenten, der in den Ban den einer Prostituierten schmachtet, von der er nicht allein los kommt. Der Bruder der Geliebten soll die Regelung über nehmen. Inzwisclpui ist die Dirne ermordet ansgesunden war den. Der Verdacht lenkt sich ans Fritz Berndt, der als „Spezial freund" des Mädchens bekannt ist. Die Voruntersuchung gegen ihn führt unglüchlicheriveise der Vater seiner heimlichen Bram. Berndl kann sich zu einerSchildornug der Tatsachen indessen nicht entschließen, weil er ja an die Möglichkeit denken muß. daß der Bruder der Geliebten die Regelung der Angelegenheit so lciden- sckmitlich betrieben haben könnte, daß sic mit einem Totschlag geendet hat. Nnn setzen die Seelengnalen des lliiglücklick^n. hernorgerufen durch den übereifrigen Richter, ein und Berndt Ist drauf und dran, zu gestehen, als durch einen Zeugen eine Beobachluna gemacht wird, die den wahren Täter zur Strecke bringt. Während der Ermittlungen wird auch der Sohn des Landaerichlsrats verdächügt. Und hier wird dann die Objek tivität dcs Untersuchungsrichters ad absm-önm geführt: ivas er von dein iremden Friß Berndt für selbstverständlich von vorn herein hält, daß er nämlich der Mörder ist, das erscheint ihm beim eigenen Sohn gänzlich ausgeschlossen. Mit der Meditativ» des Richters, dessen Indizienbe'veis hossnnngslos zusammen bricht: „Ich fürchte, mein Sohn wird Verteidiger werden"' schließt das Stück. — Den guten Willen Alsbergs und das Geschick beider Autoren, ihre Sache zu führen, kann inan nicht erkennen, erbauen kann aber die KonstrnliUon des Stücks keineswegs, weil sie künstlerische Bedenken errege» muß und reines Zwcch- theatcr darstellt. Gespielt wurde unter Medenwaldt tapfer, iventgstens in den mäiinlick-en Rollen. Die Damen dagegen schivächer als gewohnt. Kruse und Kuhn (der Richter nnd sein Sohn) am eindrucksvollsten, Her tuer im Affekt zu theatralisch als der Beschuldigte. Luderer, Lange, Bcndey und Mühl- berg ausgezeichnet in Episoden. Zeichnerisch fein die Stell- ner, Ivie immer. — Das ausverkaufte Haus war sich der Sen- -sntiou uud der Tendenz voll bewußt. Sehr viele Juristen im Parkett. Max Alsberg spricht. Am Sonnlagvormittag sprach Alsberg im Aibertlheater über das Thema „Der Verteidiger". Angenehme ilcber- raschuug. Von der Wissenschaft oder besser von der Philosophie des Verteidigers redet er. Zwei Vorstellungen hat man von ihm. Einmal ist der Verteidiger ein Bittender nm Barmherzig keit zum anderen ist er der Mann, der den Belbrechcr der Ge rechtigkeit entziehen soll. Der Late sieht also nur den Gegen spieler des Staatsanwalts. Ganz anders das Bild, das Als berg vom Verteidiger entwirft. Davon ausgehend, daß der Mensch, der beschuldigt wird, sich niemals vollkommen objekti vieren kann, leitet der Redner die Rotwendigkeil ab. daß der Verteidiger dem Beschuldigten gegenüber zunächst immer als „advocalus diabolt" austreten muß. um fick» orientieren zu köiincn. Erst dann beginnt sein Arbeitsgebiet, daß als „Ge danke und Tat" nmrlssen wird. Kein Angeklagter gesteht seinem Verteidiger die volle Malncheit, zunächst ist er stets gänzlich un schuldig. Er hat das instinktive Gefühl, daß er seinen Ver teidiger im guten Glauben lassen muß. Immer macht e» sich besser uud stets ist der böse Nachbar schuld an allein. Ganz wenige Ausnahmen kennt inan, zu denen heute die gehört, daß der politische Mörder, den etwa ein Parteigenosse verteidigt, diesem ein der Wahrheit entsprechendes Geständnis ablegt Als berg gehl dann auf die Fäll« ein. i,i denen der Verteidiger trotz ihm bekannter Schuld gegen besseres Wissen plädieren darf. Es sind Fälle mit dem sogenannten edlen Motiv. Inleresiant das Verhalten der Angcklaglen nach erfolgtem Freispruch. Der Fall, daß man nachher die Maske fallen läßt, gehört zu den äußersten Sellenheilen und wird wohl nur iu Witzblätter» berichlel. Meist sind die Frcigcsprocheuen uudaukbar uud erklären, daß lyre Cache so klar lag, daß sie überhaupt keinen Verteidiger gebraucht hätten. Alsberg ivarb dann sür den Gedanken, den Angeklag. tcn und Bestraften nicht ohne weiteres als verächtlichen Menscken zu behandeln. Tatmotive und Ceelennot bringen sehr oft schlimme Verwirrungen zustande und mancher Zeuge, der den Angcklaglen mit zur Strecke Hal bringen l-elfen, ist-gemeiner und niedriger als dieser. Rian muß bedenken, daß „Verstockt, heil" vor Gericht in vielen Fällen nur die ethische Rückkehr zu sich selbst bedeutet und saß zwischen unklugen, aber »»armem
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