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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140319028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914031902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914031902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-19
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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flbenü. Ausgabe Mr »etpin, »na Vorort» »ur» unser« Vrla« V Avpr »If » . un» Cprdttrur« rmall-gU» la»kau»g«dro»t« mono«»» I S-M., oieneUührN» ).7j M Sri ürr »eM,äft»N«U«. unser« Ztliolen un» Nu»»ad«NeUrn odgrkoN: monatU» > M vterrrltüdrtt» r M. Durch Sie Post' laaerkold vrulschlanS» uns ürr »eutschrn stolontea moaalUch >-»S M., oterteliährttch « rs M.. ousschlirstUch postorstellgelS. va» Leipziger Lagedlokl rrschetnl Werktag» Lmoi, Sona. u.Zetrrtog» »mal. 3n Leipzig. Sen Nachvarortrn un- Sen Grien mit eigenen Zittalen wir- )ie stden-ausgad« noch am stden- ür» «rschcinen» t-.» tzou» geliefert. Serttner Nr-aktion: -a»«a Zetten l7. Zcrnsprech.nnschlust: Moabit Nr.--7. Nr. 142. /lrntsbloclt des Rates und des potizeüuntes der Stadt Leipzig lle-aktion und SrschüstosteU»! lohonniogafs« Nr.«. o Zernsprrch.stnschlust Nr.»«-«. I«»«r un» »«»»4. ISS. Jahrgang L—. für Inserat« au» Leipzig UN» Umgebung dl« » tspaltlg« prtitretleLS Pf., Sie Neklam»«eil» 1 M, von ou»7odrl» 7» Pf.. 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Lcitart.) * Der Sohn des rumänischen Thronfolgers, t?rinz Karol, wird sich mit der ältesten Zaren tochter, Großfürstin Olga, verloben. (S. Ausland.) * Die Familie Dr. Diesels gibt zu der Meldung der „Münchner Abendzeitung", Dr. Diesel halte sich in Kanada auf, eine Gegenerklä rung ab. (S. Nachr. v. T.) * In Mexiko sind 149 Meuterer stand rechtlich erschossen worden. (S. Ausland.) Grep über das gute Einver nehmen -er Mächte. O. Der Leiter der auswärtigen Politik Englands hat gestern wieder im Unterhause eine Friedensrede gehalten. Er konnte natür lich nicht leugnen, daß sich alle Eroßstaaten aus Kriegsmöglichkeilen einrichten und ihre Rüstungen steigern, aber diese Tatsache nimmt er nun einmal als Zeiterscheinung hin, an der nichts zu ändern ist. Sein Kollege Churchill hat ja eben erst den gewaltig erhöhten Kosten voranschlag für die englischen Flottenbauten begründet, und dieser Umstand mag Herrn Grey veranlaßt haben, die sonst von ihm gern aufgeworfene Frage, wie alle diese Kriegs rüstungen mit dem gesunden Menschenverstand in Einklang zu bringen seien — jede Macht ver sichert ja bei jeder Gelegenheit ihre unwandel bare Friedensliebe —, zu unterlassen. Grey legte vielmehr Wert darauf, die Gruppen- bildung unter den Mächten als eine Friedens gewähr hinzustellen. Das ist kein neuer Ge danke; für England aber um so einleuchtender, als es sich in dieser Eruppenbildung bekanntlich eine ausgezeichnete Stellung zu verschaffen wußte. So hören wir denn von Herrn Grey, daß die Sonne des Friedens über Europa erst in vollem Glanze im Jahre 1905 aufging, nämlich mit der Verständigung zwischen England, Frankreich und Rußland. Das soll also wohl heißen: der alte Dreibund Deutsch- land-Oesterreich-Italien war keine rechte Friedensgewähr und der ihm gegenüberstehende Zweibund Frankreich-Rußland war es auch nicht. Erst als England sich auf die Seite des Zweibundes schlug, Hal Europa den rechten Kräfteausgleich gesunden und genießt nun einen sestbegründeten Friedenszustand. Herr Grey war gestern jo sehr oon der Erhaltung des Friedens überzeugt, daß er sogar auf ein un haltbares Sprachbild verfiel. Er sagte nach dem ausführlichen telegraphischen Bericht: es sei ihm eine Genugtuung, „daß das Kriegs beil nicht nur begraben, sondern jetzt vollständig außer Sicht gebracht sei." 2a, ist denn ein begrabenes Kriegsbeil nicht außer Sicht, eben weil es begraben ist? Ab^r dieser Widersinn ist kein Beweis, daß Herr Grey seine Worte nicht fein genug abwäge. Er versteht sogar mit Worten meisterhaft umzu gehen. Das zeigt die Art wie er sich im zweiten Teil seiner Rede über die ureigene Auffassung der Bündnisverpflichtungen Eng lands aussprach. Rach dem ersten Teil konnte es scheinen, als sei England ent zückt, im Verein mit Frankreich und Rußland eine weitgehende Weltpolitik betreiben zu können. Aber nein, das gilt nur unter Vor- behalt. Grey unterscheidet lehr scharf zwischen Verpflichtungen, die England genehm sind, und Verpflichtungen, die ihm nicht genehm sind. „Wir dürfen unsere Stellung nicht von starken und festen Bündnissen abhängig machen, die uns starke und feste Verpflichtungen auferlegen und uns unsere Stärke in solchem Maße neh men, daß wir in Dingen, die für unS Lebens fragen sind, von der Unterstützung anderer Mächte abhängen." Aus der Kunstsprache der Diplomatie ins Gemeinverständliche übertragen heißt das: Wir sind uns bewußt, daß zwischen unS und unseren Verbündeten, Rußland und Frankreich, Gegensätze bestehen, die wir, eben weil sie Lebensfragen bedeuten, auf unsere Art und nach unserem Vorteil behandeln werden. Einer dieser Gegensätze liegt in der Auffassung der Zukunft der Türkei. Hcne Stelle kann ^ber auch besagen, und das ist vielleicht noch be- deutsamer für uns: Starke und feste Verpflich tungen, wie sie Frankreich und Rußland für den Fall eines Krieges mit Deutschland voraus setzen, gibt es für uns nicht. Wie inan sieht, hat England zwei Formeln für seine Bündnisse zur Verfügung. Grey feiert diese Bündnisse als notwendig und segensreich für den Weltfrieden. Dies ist die glanzvolle Außenseite des Schaustückes. Gleichzeitig aber verkündet er, daß sie für Englands praktische Politik jeden Augenblick bewertet oder verworfen werden nach dem Grundsatz: wir handeln stets und unter allen Umständen nach unserem Vor teil. Das ist nichts Neues, sondern alte eng lische Ueberlieferung. Damit hat England zu allen Zeiten nicht nur sein Auskommen gefun den, sondern vorzügliche Geschäfte gemacht, und das ist die Hauptsache * «- * Vie auswärtige Politik im Unterhause. London, 18. März. Fm Verlaufe der heurigen Sitzung des Unterhauses griff Snowden (Ar beiterpartei) die F l o t t e n p o t l t i k der Regierung scharf an und erklärte, die Haltung Churchills sei eine Gc,ahr für die Sicherheit des Lanoes und eine Droyung sur den Weltfrieden. Snowden fragte, wes- halrr es notwendig fei. die Mitteuneerffotte zu ver störten. denn wenn England mehr schiffe dorthin ver lege, wüeoen Zralien uno Oenerreia,-Ungarn ihre Flotten vergröbern, uno wenn dies jo forcgingc, >o würde Englano m wenigen führen einen Marineetat oon hundert Millionen g>fund Haven. Fm weiteren Verlaufe seiner andertyatopündigen Rede machte Snowden emen heftigen Angriff au, den R ü st u n g s- ring. Er erklärte, wir müssen herauslommen aus d-en klauen der Schwindler, Liebe, Politiker, Gene rale und Rüstungsschürcr und einen tatsächlichen Be weis geben von unierem Wunsche, die Flottenaus- gaoen hcrabzusetzen. Zn der Adendsitzung des Unterhauses lenkte Auorcy Herbert (Unionist) die Aufmerksamkeit auf die pouthch« und strategische Lage im Mittelmeer und brachte eine Resolution em, in der erklärt wird, die Lage im Mittelmeer erfordere ver mehrte Wachsamkeit seitens der Regierung und mache die BereifileUung einer angemessenen Flottcnmacyt zum Schutze des Weges nach Indien notwendig. London, 18. März. Zm weiteren Berlauje der Debatte im Unterhaufe sagte Mark Sykes, dem Dreiverband drohe Gefahr seitens französi scher Finanzleute im nahen Osten. Das Er gebnis ihrer Politik werde der Zusammenbruch Les otto manischen Reiches sein, was für England ein fürchterliches Unglück bedeuten würde. Die Konzessionen, die von der Türkei als Entgelt für di« Hingabe von Anleihen herausgepreßt würden, -'eiten im letzten Grunde auf ein fronzönsckvs Han delsmonopol rn Syrien. Staatssekretär Grey erklärte, die Verhandlung habe sich über ein sehr weites Feld erstreckt, und er 'denke nicht, das gesamte Eebietdes guten Ein vernehmens zu behandeln, das zwischen Eng land, Frankreich und Rußland bestanden und zweifellos während der beiden letzten unruhoollcn Jahre zum Frieden Europas beigetrageu habe. Grey fuhr fort, es sei manches Schmeichelhafte über ihn ge sagt worden, doch sei ihm damit zu viel zugeschriebcn worden. Das Wesentliche für den Frieden Europas sei das Bestehen der Mächtegruppen gewesen, und die Rollen, die die Mächte innerhalb dieser Gruppen ge spielt hätten und di« sie nicht so wirkungsvoll hätten spielen können, wenn sie diesen Gruppen nicht an gehört lstitten. Wir hielten, sagte Grey, an diesen Verständigungen fest und meinten, daß sic zum wech selseitigen Vorteil dienten, sowohl für uns selbst, als auch für die anderen Mächte. — Grey sagte weiter, einer der Redner lfa.be von Sonnenschein und Schat ten in der Lage gesprochen. Er meine, Schatten sei zu der Zeit vorhanden gewesen, als der Dreiverband noch nicht bestand, nämlich von 1880 bis 1905, da mals, als beständig zwischen England und einem oder dem anderen der Länder Kricgsbesorgnis vorhanden war, mir denen England jetzt in so guten Beziehun gen steh«. Ein anderer Redner habe richtig gesagt, daß England in seinen guten Beziehungen mit Frank reich und Rußland mit besonderer Genugtuung auf die Tatsache blicke, daß das Kriegsbeil begraben sei. Er, Grey, erinnere sich gern daran, daß das Kriegs- beil nichl nur begraben, sondern jetzt vollständig außer Sicht gebracht sei. (!) Wir waren bestrebt, erklärte Grey, dieses gute Einvernehmen ausrechtzucrhalten. Wir glaubten, daß cs dem Frieden diene, weil es selbst Frieden gestiftet hat. Aber die Tatsache, daß wir unter uns selbst Frieden hielten in Dingen, die uns gegenseitig betrafen, bedeutete nicht, daß jede der Entente-Mächte verantwortlich zu machen war für das, was eine andere in Dingen unternahm, die ihre eigenen Interessen betrafen. Die gegenteilige An nahme wäre falsch. Eben weil wir besonders gute Beziehungen zu einer anderen Macht in solchen An gelegenheiten batten, an denen wir gegenseitig inter essiert waren, gerade deswegen batten wir kein be sondercs Recht, alles zu kritisieren, was diese Macht irgendwo auf der Welt in solchen Dingen tat, die uns nicht betrafen. Grey ging dann auf die Mittelmeerfrage ein und sagte, Churchills Programm könne nicht als ein Aufgebcn des Mittelmeers bezeichnet werden, aber England könne nicht überall eine außer ordentlich hohe Flottenmacht besitzen. England könne im Mittelmeer keine allen andern Mächten über legene Flotte ausrech»erhalten. Der englische Stan dard müße dort offenbar so hoch sein, daß er jet^r wahrscheinlichen Kombination gicichkomme. lieber die Beziehungen der Flotten stärke zur auswärtigen Politik sagte der Staatssekretär: Wenn Sie auf einen Standard der völligen llcberlegenheit über olle anderen Mächte zusammen hinauswolien, dann fft Ihre auswärtige Politik verhältnißmäßig einfach. Wenn Sie aber nicht daraul hinauswollen, dann muß Ihre Regie rung die Politik so einrichten, daß England in keinem Augenblick eine Kombination gegen sich hat, der seine Flotte nicht gewachsen ist. Ich meine, daß wir uns weder in diplomatische Verwicklungen einlassen, noch unsere Stellung durchaus oon starken und festen Bündnissen abhängig machen . sollen, die uns starke und feste Verpflichtungen auferlegen und uns unsere Stärke in solchem Maße nehmen, daß wir in Dingen, die für uns Lebens fragen sind, oon der Unterstützung anderer Mächte abhangen. Das Haus muiß oon der Negierung er warten, daß sie die Beziehungen zu den anderen europäischen Mächten bewahrt und England nicht in die Lage kommen läßt, einer Mächtekombination gegenüberzutrcten, die über eine stärkere Flotten- » macht verfügt. Die Politik Englands der Türkei gegenüber besteht jetzt, wo der Friede hergestcllt ist, darin, den diplomatischen Einfluß zn brauchen und die Unverletzlichkeit der türkischen Besitzungen zu wahre». Tic Regierung konnte nicht in die Finanzlcute dringen, der Türkei Geld zu leihen, und wenn die Türkei ein Anlehen aufzunehmcn wünschte, so mußten die britischen Bankiers darüber selbst ent scheiden. Die Regierung hat von der Türkei noch während der letzten Wochen die ausdrücklichsten Ver- Was rings um dich dir deine Blicke zeigen, was alldurchwallend die Natur bewegt: was droben dort in jenem h«il'gen Schweigen des Aethers, drunten sich im Würmchen regt: und in der Welle spielt, und in den Zweigen der Fichte rauscht, und dir im Herzen schlägt, und dir im Auge, jetzt von Tränen trübe, ietzt freudetrunken himmlisch glänzt, ist — Liebe! Herder. Vorfrühling. Von Margarete Winkler. Friedrichroda. Schon der frühe Morgen lockte stark. — Flutendes Licht fließt endlich wieder durch das Haus und täuscht uns Sommerschöuycit vor. Die Seele füllt drängende Ungeduld: Hinaus zur Sonne! Heute wandern wir in der Ebene, denn wir wollen einen Frühlingssonntag feiern. Die kal ten Berge liegen noch iin Bann des Winters: wir fliehen sie. Bald sind wir draußen vor dein Städtchen auf der Landstraße nach dem stillen Schweizer hof. Zu beiden Seiten breiten sich Wiesen im matten Wintergrün; nur vereinzelt streckt sich ein scheues Gänseblümchen hervor, unscheinbar, nur dem liebevollen Ange erkennbar. Mein Blick flieht in die Ferne. Weit dehnt sich der Talkessel, durchzogen von vereinzelten weißen Streifen, den letzten winterlichen Spuren. Sonst weithin schwere, braune Erde, ein lang entbehrter Anblick! Goldenes Licht füllt das Land. Aber rings am Rande stehen schweigend die düsteren Berge, durch einen kühlen Duft der frohen Ebene ent rückt. s Ich Wilk heute das lachende Land erleben. Wohlige Sonnenkraft fließt warm durch den ganzen Menschen, und so manches Wehe und schwere schmilzt schmerzlos hinweg. Leicht, saft körperlos schreite ich vorwärts, wie getragen vo-m dem tiefen Frohsinn der Natur. Ein leises Sick gen schwebt durch die Luft, ein Zwitschern von Vvgelstimmen, die dem nahen Himmelsblau zujubeln. Und auch meine Seele weitet sich und flieht zur Sonne. Eine starte Lebensfrcudigkeit er wacht. Heute will ich glauben an das blühende Leben. Wohltätig verhüllen die blauen Schleier die takten Berge. Ich will sic heute nicht sehen. Kleine Kinderhände legen sich in die meinen. Ein süßer Plandcrmund erzählt mir vom Früh ling und weiß doch nicht, daß das ganze frische Menschenkind selbst mir das schönste Stück Vor- srühlingslebcn ist. Jminerzu plaudert das lebhafte Kind an meiner Hand: „O, sieh mal, wie lauter Blumen sieht's hier aus, da auf der Wiese, dort, da, sieh doch, wie das glitzert." Und dann fügt cs ganz verständig hinzu: „Aber es sieht bloß so aus, als wären es Blumen, nicht wahr? Es ist bloß die Sonne!" — Auch dir ist die Welt schon wirklich? Auch du nimmst den Schein nicht mehr für Sein? Aber weißt du, wir wollen uns trotzdem unsere Augen erhalten, die hinter der realen Welt das sehen können, wonach sich unsere Seele sehnt. — Da schauen inich die dunklen Augen wieder so verständig an, als könnten sie meinen Gedankengang ver stehen und wüßten, was uns beide heute so froh macht. Zuletzt führt uns der Weg durch die länd- licheu Gassen der Neustadt. Auch hier warm- pulsierendes Vorfrühlingsleben! Saubere Kin der mit blanken Augen und Hellem, glattem Haar spielen und singen draußen im Sonnen- licht in unbewußter Seligkeit. Auch die Großen und sogar die ganz Alten hält's schwer daheim. Wenigstens das Fenster muß den Frühling hereinlassen zu denen, die ihn nicht draußen grüßen können. So gütig, so frohverklärt sclmuen die alten Augen aus verrunzelten Gesichtern hinab auf die blühende Jugend, die lachend und schwatzend durch die lichten Straßen zieht Frohe Scherzworte flie gen von Mund zu Muud, hinüber zur gegen überliegenden Tür, zum Fenster hinauf. Es ist, als svännen sich feine Fäden von Seele zu Seele, als schwinde von selbst aller Groll und Kum mer, als flösse alles menschliche Sein in eine große, jubelude Harmonie zusammen. Nun laßt tue Wuttersturme von neuem un sere Häuser umtosen, laßt sie uns noch einmal ihre rauhe Hand fühlen. Wir »vollen versuchen, uns durchzukämpfen im Glauben an die Sanne. Denn wir haben den Frühling geschaut. Kunst un- Wissenschaft. * Parstfal in Teplitz. Auch hier wie draußen im Reich ausoerkaufte Häuser. Es ist immerhin als ein Wagnis zu bezeichnen, wenn eine Siadt von 35000 Einwohnern den Parsifal „herausbringt". Viel Mütze und Fleiß waren darauf verwandt worden von jetten des Direktors Carl Richter, der paßende Deko rationen. darunter als beste Klingsors Turmgemach und der verödete Zaubergarten, anse-tigen Uetz und sich als umsichtiger Regisseur betätigte, uno von seiten des Dirigenten Rob. Kurmann, der anfängliche Unsicher heiten im Orchester überwand und sich bemühte, das ganze rusammenzuhatten. Freilich mit den Chören hatte er seine liebe Not. Außerordentlich fleißiges und sicheres Studium verrieten die Blumenmädchen. Von den Teplitzer Kräften hatte Hans Duhan seine Rolle am tiefsten erfaßt; durchaus musikalisch singend, mit ichönem Organ und naiürlichem Spiel begabt, war er ganz der tönigliche Dulder Ihm konnte es Em. Reichenbergs Gurnemarn nicht gleichtun, denn vielleicht injolge von Ueberanstrengung detonierte er merklich. Vict. Mosstörs bestrebte sich, dem Klingsor dramatische Akzente zu geben. Ein Gleiches ist von Else Major als Kundry zu sagen. Sie kommt ihrer Rolle mit loderndem Temperament bei, verlügt in der Höhe über durchschlagende stimm liche Effekte und besitzt Intellekt. Nur als Huldin wollte sich ihre Erscheinung nicht den Vorstellungen von der „Höllenrole" anpaffen, Maske und Haar tracht waren ungünstig gewählt. Als Gast aus Prag er,chien Hans Winkrlmann und erfreute das Auge durch heldische Gestalt und einen wundervollen Kopf und das Ohr durch eine schöne lichte Stimme. Er überzeugte sowohl als ungestümer Knabe als auch später als gereifter Mann und bot eine höchst sym pathische Leistung. lL. 8. * Romain Rolland» „Die Wölfe", das von Wilhelm Herzog ins Deutsche Übeltragen Re volutions-Drama. dessen Urausführung den Münchner Kammerspieleneinen außerordentlichen Erfolg brachte. und die sich Reinhardt für das Deutsche Theater in Berlin gesichert bat, winde auch von der Wiener Volks- und Residenz-Bühne, vom Deutschen Theater in Hannover, vom Schauspielhaus in Frankfurt a. M.. vom Stadttheater in Mainz und vom Stadt- tHeater in Köln a. Rh. zur Ausführung er worben. * Nijinski in London schwer erkrankt. Ter Tänzer Nijinski. der mit außerordentlichen Erfolg an der Covent-Garden-Oper in London gastierte, ist am Sonntag, als er lein Londoner Gastspiel im Palace-Theater in seinem Ballett nach Schumanns „Karnaval" fortsetzen wollte, durch Ueberarbei- tung schwer erkrankt und hat ein gefährliches Nervenfieber zu überstehen. Das Publikum des Palace-Theaters, das erst in der Vorstellung von der Erkrankung Nijinskis Kenntnis erhielt, schickte ihm Blumenspenden in jein Hotel. * „Z mori di valenzia", Ponchiellis nach gelassene Oper erzielte, wie gemeldet wird, bei ihrer Uraufführung in Monte Carla einen Achtungs erfolg. * Stiftung zur Förderung der Wissenschaften. Aus Wür bürg wird gemeldet: Eine hochberzige Stiftung von 1OO U O.« zur Förderung des Studiums für Volkskrankeiten und ihre Bekämpfung hat der praktische Arzt Dr. Joseph Schneider in Mil waukee gemacht. Schneider war früher Student an der Würzburger Universität. * Gründung eines Museums für Hochschulmefen. Aus Wien meldet der Draht: Der Rektor der Universität veröffentlicht einen Auf ruf, in wclckpnn der Plan für die Gründung eines Museums für Hochschulwesen und Studenten leben in Wien entwickelt wird. Den Grundstock der Sammlungen sollen jene Gegen stände bilden, die aus Oesterreich in der L e i p z i g e r Buchgewcrbcausstellung auf der Sonder ausstellung „Der Student" ausgestellt sein werden. * Ein Gemälde Leonardo da Vincis aufgefunde«? Aus Paris wiro uns gemeldet: Wie der „Matin" aus A n g o u l e in e s erfährt, befindet sich dort im Besitze eines einfachen Weinhändlers, namens Baudry. ein Gemälde, das. wie man annimmt, von Leonardo da Vinci herrührt. Es befindet sich in gutem Zu stande und stellt eine sitzende Frau dar, decen Gesicht merlwürdigerweise eine Aehnlichkeit mit dem der „Mona Lila" besitzt.
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