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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.03.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140314011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914031401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914031401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-14
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Morgen-Ausgabe »»ro. <Ur L»ip,lg UN» Vorort, »urch unser« krSarr DeAUgSpreif e. UN» ep»»it«ur« Lmalt»,»« in» Hou» gedrockt: moaotlia» t.rs M-, »ierteisShrUch-.7» M. Sei Ser Sr^hüft»st«Ur. vnfrra Zilloieu uaü ftu»gad«ftrU»o adgrd»U: m»aatUch>M.,vtrrt»qahrUchIM. vur» »t« Poft: innerhold Veutschlon», un» »er »rutschen ftoloaie» mouotUch ,^» M., vterteijührUch *.S» M., ou-schllr-U» postdefteUgei». vo» Leipziger ragedlott erscheint «erktaa» »mal, Sona. u.Z«i»rtas»lmol. In Leipzig, »en Nachbarorte« un» »en Grten mit eigenen ZUtalrn wir» »t« ftbe«»au»gade noch am ftdea» »«» Lrschrinen» in» hau» geliefert. Vrrliner Nr»oktion: 2n»«n Zelten 17, jerosprech- Anschluß: Moabit Nr. «47. ZkntsblLtt des Rockes und despokireürrnckes der Stadt Lerpzrg SeSoMon na» Seschüsteftelle: ?oha»ni»gaft, Nr.«. * Zernsprrch-ftnschlng vr. t»»4L 1«-4Z an» I4S44. ISS. Jahrgang ftnz-lgenprels-: von au.würt» so Pf., Nekiamrn 1.2» m.. 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Ausl.) * Mit der Bildung des italienischen Ka binetts wird voraussichtlich Sonn ino betraut werden. (S. Ausl.) * In der französischen Kammer kam cs nei der Beratung des Kriegsbudgcts zu Tu mu ltszcnen. (S. Pol. Uebers.) die Duellfrage im Reichstage. D Berlin, 13. März. Es ist heute sehr ruhig zugegangeu bei der Beratung der Duell-Interpellation, viel ruhiger, als man brausten vor den Toren und auch im Parlament selber angenommen batte. Das hatte zunächst einen sozusagen äußerlichen Grund. Das hohe Haus, das seit Wochen nicht gerade arbeitswütig' ist, hat vor, jetzt ü Tage m die Ferien zu gehen. Ganz frei sollen davon allerdings nur der Sonnabend, der Sonntag und der Montag sein, am Dienstag und Mitt- mocb sollen den ganzen Tag über die Kommis honen tagen. Ein sehr vernünftiger Beschlust; denn so wie m den letzten Tagen ging cs nicht mehr gut weiter. Es hatte etwas Beklemmendes, das; man ängstlich das parlamentarische Tagc- werk auf ein paar Stunden abmessen mußte, weil es zu längerem Beisammensein an Stoff gebrach. Nun wird man, so ist zu hoffen, in den Kommissionen den nötigen Vorsprung vor dem Plenum gewinnen. Indes, wenn man auf fünf Tage auscinandergeht, so wird damit nach altem Brauch der Tag vor den Ferien allemal mm halben Feiertag. Bor der lockenden Aus sicht, den Nammittag schon im sausenden Eilzug zuzubringen, schwindet der Drang zum Reden und mindert sich die germanische Lust an Kampf nnd Streit. Heute kam noch ein anderes dazu: die un zweifelhaft überaus geschickte Art, in der vom Kriegs m i n i ste r die Interpellation beant wortet und gleich von Anbeginn die Aussprache sozusagen entgiftet wurde. Herr Gro e bei hatte die Anfrage begründet. Er war von dem Meyer Fall ausgegangen, aber er hatte nicht gerade bei ihm verweilt. Wie denn überhaupt alle Redner der sympathische Wunsch beherrschte, mit Rücksicht auf die beteiligten Familien an Leu Einzelheiten der schmerzlichen Geschichte vor über,zugleitcn. Im übrigen hatte Herr Groeber klug und wirksam gesprochen und seine Angriffe auf den Ehrenrat zugespitzt. Der hätte, so meinte der streitbare Württemberger, nicht seine Pflicht getan. Das Urteil des Ehrengerichts hätte unter allen Umständen abgewartet werden müssen. Daran knüpfte der Kriegsministcr au. Herr von Falkenhayn war heute nicht mehr der forsche Draufgänger aus den Dezember lagen. Der Jubel und der Bcgcisterungstaumel der ewig Unmündigen und der grosten "Schreier haben ihm nicht den Sinn verrückt: das spricht 'ür ihn. Nicht hoffärtig und hochmütig ist er geworden, sondern im Gegenteil bescheidener. Der Minister sprach heute wie einer, der sich bewußt ist, daß er im Irrtum wandelt, wie wir alle, der nicht um Pardon, nur mit Rück sicht aus die allgemeine Brcsthaftigkeit der menschlichen Natur, um mildernde Umstände bittet, und er sprach mit einer weisen Zurück haltung, aus der ihn selbst die sozialdemo kratischen Zurufe nicht hervorlockten. Ein ein ziger Punkt blieb in seiner Darstellung unklar: Das Wort „Ein Zwang zum Zweikampf soll und darf unter keinen Umständen statthaben" barte man von Herrn von Falkenhayn n i ch t. Aber sonst war, was er in dieser gedämpften schonenden Weise vvrtrug, die dem Gegner bereitwillig cntgegcnkam, durchaus überzeugend. Das Dnellprvblem bleibt wohl einmal ein zwiespältiges Problem. Mit entehrenden Strafen allein und einem blo yen Verbot käme man ihm noch nicht bei. Da würde man nur die Gewisscnsgual der Acrm sten mehren, die sich keinen anderen Weg wissen, als den Austrag ihrer Fehde mit der Waffe. Die Hauptsache ist: wir müssen an uns selber arbeiten und an der Verfeinerung unserer Sit ten und gesellschaftlichen Gewohnheiten. Hier hat die Zeit schon mancherlei gebessert und wird, wenn wir ihr zu Hilfe eilen und die Entwick lung unterstützen, die Zukunft erst recht cs nach bessern. Zu solcher Mitwirkung aber erklärt Herr von Falkenhayn sich bereit. Er wird, was an ihm liegt, tun, die Zweikämpfe (im letzten I Jahre waren es 16 auf rund 74 000 Offiziere) > noch weiter einzuschränkcn versuchen. Gegen diese Ausführungen war, wie gesagt, nicht viel cinzuwendcn. Herr Haase ans Kö nigsberg lieferte zwar die übliche sozialdemo kratische Enlrüstungsrede ab und sein Partei freund Wendel behandelte zum Schluß das ernste Thema daun noch im Tone der studen tischen Bicrrede. Herr Wendel, dessen Stirn und Wangen unterschiedlich woylgelungene Terzen und Quarten zieren, hatte sogar den Humor über „den Mcusursport der goldenen Jugend" zu witzeln. Es gibt eine Höhe geschmackloser Dreistigkeit, die wirklich nnr von den sozial demokratischen Herrschaften erreicht wird. Im übrigen tonnte die Aussprache, deren letzter Teil sich vor fast leeren Bänken abspielte) natur gemäß nicht viel Neues bringen. Hier sind die Argumente wirklich in Für und Wider so ziem lich erschöpft, und sie sind nachgerade auch ein wenig müde gehetzt worden. In Wahrheit wird eine Besserung doch wohl nur zu erreichen sein, wenn man sich beschcidet und, um überhaupt etwas zu erreichen, sich auch mit Teilerfolgen begnügt. Der verstorbene Theodor Barth schrieb einmal: in der Politik wird, wie bei der Arti schocke, blattweise genossen. Aus solchen Erwä gungen entsprang vermutlich der Rat des na tionalliberalen Abg. van Calker, zunächst alle Kraft daran zu wenden, daß der Antrag der Kommission, der den freventlichen Ver ursacher des Zweikampfes besonders treffen will, Gesetz wird. Von hier aus ließe sich un seres Erachtens gleich ein Weg zu weiterem Fortschritt finden, dergestalt etwa, daß, wie das auch von der Deutsche»: Burschenschaft schon vor ein paar Jahren angeregt worden ist, derlei Frevler von vornherein diffamiert und also satisfaktionsunfähig würden. Wenn wir Herrn Spahns Schlußwort richtig verstanden, wäre das ein Ausweg, mit dem auch das Zentrum sich vorerst zufrieden erklären würde. Der Abg. Llunck von der Fortschritts partei brMhtc auch den Fall des Oberleutnants vog Brandenstein zur. Sprache, dem bekanntlich der Rat zum Austritt erteilt worden war, weil er das Duell für unvereinbar mit Gottes Ge bot erklärt hatte. Die Auskunft, die dec Herr Minister auf diese Anfrage gab, klang weniger befriedigend. Herrn von Falkenhayn war sicht lich selber nicht ganz wohl dabei. Sächsische Sün-lerparaSe. (Von unserer Dresdner Redaktion.) Dresden, 13. März. Es muß doch Frühling werden! Denn nun hat heute hier auch die Hauptversammlung des — bekannt lich unpolitischen — Bundes der Landwirte in Sachsen stattgefunden. Und das :st immer ein sicheres Zeichen. Die Aufmachung war wieder nicht ungeschickt, und so war das Theater der 5000. wie der Zirkus Sarrasani wohl genannt wird, voll bis auf den letzten Platz. Der sächsische Bundesführer Andrä. der die Versammlung leitet, macht zunächst einige Mit teilungcn allgemeiner Natur. Es ging daraus her vor, daß die Zahl der Bundesmitglieder in Sachsen während des letzten Jahres um 167 zurückgegangcn ist. Die Einnahmen find aller dings gestiegen, aber nur auf Grund höherer Mit gliederbeiträge und freiwilliger Beiträge. Dann wurde Herr Andrä doch politisch. Er klagte, daß Milch, Sahne und Butter von Dänemark zollfrei eingehcn und wandte sich dann der aus- wärtigen Politik zu. bei der die Regierung die nötige Kraft habe vermissen lassen. Nochmals kehrt der Redner ins Innere zurück, er hatte wahrscheinlich an den Wehrbeitrag nicht gedacht und bedauert dann die Vermögens zuwachs st euer. Man könne es dem König nicht genug danken, daß er sich auch in der Thronrede dagegen ausgesprochen habe. Es werde immer der Ruf nach Freiheit laut, wo gebe es denn mehr Freiheit, als in Deutschland? Was dar über hinausgehe, das führe zur Uiwrdnung. zur Re volution. Mit der Mißachtung der FamilienoanLe gehe es los, und führe zur Mißachtung der Autorität. Er möchte daher ein Hoch auf den deutschen ent schlossenen Mann, den Oberst v. Reuter, ausbringen. (Stürmischer Beifall und Hochs.) Redner schließt dann mrt einem Hoch auf den König. Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen ei hält, von Beifall begrüßt, das Wort Chefredakteur Dr. Ocrtel. Er erweitert sein Thema Ueberblick über die politische Lage durch einen Rückblick aus die auswärtige Politik, speziell die Lage am Balkan. Dort sei der Himmel immer noch nicht wolkenlos. Aber noch ernster sei die Wolke, die von Rußland her an unfcrm politischen Horizont aufgestiegen sei. Der Zar sei ein Friedens freund, aber er habe gegen sich die Clique der Groß fürsten. mit der man rechnen müsse. An der Wende 1i)!2/13 hätte man dem Weltkrieg nach zwei Fronten sehr nahe gestanden, nur unsere Wehrkraft und der Kaiser hätten ihn verhütet. Weder Frankreich noch England unterstützten Deutschland in seinen Be mühungen nm Erhaltung des Friedens. Es folgt dann das alte Lied von dem gründen Egoismus Englands, den man aber in Deut chland nicht als Vorbild befürworten dürfe, sonst werde man Chau vinist gescholten. Aber es sei unsere Pflicht und Schuldigkeit, dem Vaterland ;u geben, was es zu sei- ner Wehr bedürfe. Der ewige Frieden komme erst, wenn das Wort vom einen Hirten und der einen Herde verwirklicht sein werde. Aus seiner Ab neigung gegen den Wehrbeitrag und die Vermögcnszuwachssteuer macht natürlich auch er keinen Hehl. Besteuerung des Kindeserb.s führe zur Lockerung der Famil.enrande, und was der gleichen olle Kamellen mehr sind. Ueberdies bedeute das Gesetz einen schweren Eingriff in die Fi nanz h o h e i t de r E i u z e l st a a t e n, und deshalb müsse auch er dem Könige danken für seine mannhaften Worte in der Thronrede. Die weiteren Ausführungen des Redners brachten kaum etwas Neues, sie bilderen vielmehr in der Hauptsache eine leineswegs sehr zuversichtlich klingende Verteidi gung der Politik der tonservaiioen Reichstagsjrak- tion. In der Sozialpolitik verlangt er ncttürbch eine Ruhepause, und die Arbeitslosenunterstützung könne, wie er unter stürmischem Beifall erklärte, nur dann ernstlich erörtert werden, wenn man aufdieFrei - zügigteit verzichte. Selbstverständlich ist er auch für einen oerstärccen Schutz der Arbeitswilligen und des Mittelstands, der nach seiner Auffassung nur die Lasten der Sozialpolitik trage, ohne an ihren Segnungen tcilzunehmcn. D.e Throne der Fürsten seien nur so lange fest, wie sic in dem gewach enen Booen des Mittelstandes wurzelten. Mit der Er klärung Dr. Sudows im preußischen Abgeord netenhaus am i. o. M. ist Redner zufrieden, sie scheint ihm also einen hofsnungsvollen Ausblick auf üen lückenlosen Zolltarif zu bieten, der ihm s e l b st v e r st ä n o l l ch zu sein scheint. Die Befürchtung, daß sich im Reichstage keine Mehr heit für Aufrechterhaltung unserer bewährten Wirt schaftspolitik fiirden werde, läßt dann auch ihn zum Sammeln blasen. Den Nationalliberalen wünscht er etwas mehr Bennigsen und etwas weniger Basser- mann, denn sie hätten entschieden einen Ruck nach links gemacht. Die Fortjchrttrspartei stehe in einem gewissen Zärtlichkeitsoerhältnis zur Sozialdemokra tie. Mit dem Zentrum werde man auskommen müssen. Also: cs lebe der schwarz-blaue Block. Das Kartell Ser schaffenden Stände erscheint ihn» selbstverständlich, und er bedauert, daß man ihm das Stigma der Reaktion angehängt habe. Die par lamentarische Regierung ist ihm verhaßt: in die Kom mandogewalt des Kaisers habe kein Reichstag hin- cinzuredon. Es widerspreche der gesunden Vernunft, wenn man das Militär bei Unruhen nur eingreifen lassen wolle, wenn cs von den Zivilbehörden gerufen werde. Wozu hätten wir denn das Heer? Lin Miß trauensvotum gegen den Kanzler bedeutet einen Ein griff in die verfassungsmäßig- Gewalt des Kaisers, d-r allein den Kanzler zu berufen und zu entlassen habe. Seine Stellung zur Sozialdemokratie kennzeich net Redner mit dem 'Worte: „Wer sich zum Rcpubli- kanismus bekennt, der stelle sich selbst außerhalb der Verfassung." Ein Minister in einem monarchi schen Staate dürfe eigentlich Sozialdemo kraten gar nicht zu Konferenzen zuziehen'. Den Schluß von Ocrtcls Ausführungen bilden Sätze über altgcrmanischc Königstreue, Eottesgnadentum, Autorität und Christentum, das das einzige Heil mittel bilde für unser trotz aller Kulturhühc armes Volk. Als er geendet hatte, da hatte man die Emp findung; von der politischen Lage hat er herzlich wenig geredet! Trotzdem fanden die fast 2stündigcn Ausführungen des Redners stürmischen Beifall. Als zweiter Redner trat der stellvertretende Vor sitzende des Bundes, Rittergutsbesitzer aus dem W i n ck e l - Logau, an das Pult. Er gedachte des verstorbenen Prof. Ruhland, um dann auf speziell landwirtschaftliche Wünsche zu kommen. An der Spitze stand d-r Schutz durch Zölle, die die Landwirtschaft nicht entbehren könne, während in zweiter Reihe die Forderung eines wirksamen Seuchenschutzes und die Klage über die Leutenot erschien. Aber mit der Rede Dr. Ocrtels, die man in Abweichung von der Tagesordnung geschickt an die erste Stelle gestellt hatte, war das Hauptinteresse er- sck/öpft, und weder Herr aus dem Winckel, noch Bürger meister Dr. Eberle- Noyen, der eine Mittelstands rede hielt, konnten cs verhindern, daß in der Be setzung des Saales starke Lücken entstanden. Deutsch-russische Zrieüensversicherungen. In unserer gestrigen Abcndnummer gaben wir den Worilanc eines Beschwicytigungsactikels der offiziösen „Rossija" wieder, der zum Ausdruck bringen soll, daß die r ussi s ch e R c - gier ung dem aufsehenerregenden Artikel in der „Petersburger Börscnzcitung" durchaus fern steht. Als Scitcnstück dazu veröffentlicht die „N orddcntsche Allgemeine Zcitun g" folgende Auslassung, die die friedlichen Ab sichten der deutschen Regierung erneut bekundet: Die „Petersburger Börscnzeitung" bringt nach telegraphischer Meldung einen Artikel in Sperrdruck, der sich über den hohen Stand der russischen Hecreseinrichtnngen verbreitet und deren offensive Kriegsbereitschaft neben der Erwähnung der friedlichen Tendenzen der Politik des Zaren unterstreicht. Wir fühlen kein Bedürfnis, an dem gewiß berech tigten Lobe des russischen Heeres Kritik zu üben, vermögen aber auch keinen Grund znr Beunruhigung daraus yerzulciten. Vielmehr ist die Zuversicht be gründet, daß dergleichen auf einen Ton krie gerischer Ucbcrlegcnheit gestimmte Erörterun gen die guten Beziehungen der beiderseitigen Regiernngcn ebensowenig stören kön nen, als cs der unbegründete Alar m- ruf getan hat, der nenlich in der Peters burger Korrespondenz eines deutschen Blat tes (gemeint ist die „Köln. Ztg". D. Red.) enthalten war. Ucbcrhaupt wäre cs verkehrt, eine entscheidende Bedeutung für die Gegen wart darin zu erblicken, wenn sich von Zeit zu Zeit mit Hilfe der Tinte und Drucker schwärze die alte Erfahrung bestätißt, daß durch nationalistische Erregungen dre fest stehende Ehrlichkeit der offiziellen Friedenspolitik zu kompromittieren ver sucht wrrd. Wir stimmen mu der „Rossija" ganz darin überein, daß die Regierungen der beiden benachbarten Kaiserreiche nicht die 2ll>- sicht haben können, über der „Legende" von der russisch-deutschen Freundschast ein Kreuz zu machen. Die rasche Aufeinanderfolge dieser offiziö sen Kundgebungen der russischen und dann der deutschen Regierung legen die Vermutung nahe, daß sie verabredet sind, nnd daß sie gewisser maßen den Schlußstrich unter die immerhin doch befremdlichen Auseinandersetzungen der letzten Zeit setzen sollen. Daß hierfür eine Not wendigkeit vorhanden war, beweist eine Aus lassung der „Wiener Nenen Freien Presse", die die verschiedenen Strömungen innerhalb der russischen Regierung deutlich kenn zeichnet: „Herr Ssasonow spricht versöhnlich. Er versichert, einKriegausHaß gegen das Ger manentum sei ausgeschlossen. Aber der Kricgsminlster, Herr Suchomlinow, rasselt mit dem Säbel und spricht die Absicht Rußlands aus, durch die Verstärkungen des Heeres und durch die Verlegung der Mittelpunkte des strategischen Auf marsches jene Staaten einzuschüchtern, die Erobe» rungsgelüste haben. Er gibt damit die Fanfare zur Schamade des Herrn Ssasonow. und wieder enthüllt sich das Spiel zwischen Len beiden Rußland, dem friedliebenden und dem anderen Rußland, dem panslawistischen, das sich immer offenkundiger gegen den Dreibund wendet und sich immer weniger auch nur die Mühe gibt, die feindselige Absicht,zu verschleiern und zu verbergen. Das Rußland des Herrn Ssasonow steht im vollen Wider- spruche zu dem des Herrn Suchomlinow. Eine dreier beiden Richtungen muß siegen, und davon wird der Weltfrieden abhängig sein. Wer könnte jetzt daran glauben, daß auch die Frie- densprognosc Les Herrn Ssasonow sich als irr tümlich erweisen würde? Es muß wieder die Hoffnung ausgesprochen werden, daß trotz der unheimlich ststgen den Agitation Les Panslawismus, trotz der Rüstun gen, die Rußland oormmmt, schließlich doch die Ver nunft siegen und ein Weltunglückvon nieda gewesen er Tragweite erspart bleiben wiro. Für den Moment erscheint uns — und das wird all gemein versichert — ccne Kriegsgefahr ausgeschlossen, wenn auch dem Fricdensrufe des russischen Ministers des Acußern der Eegenruf des Kriegsminifters folgte." Statt des befürchteten Gegcnrufs des rus- sisscheu dtticgsministcrs, der als Urheber des Artikels in der „Petersburger Börsen Zeitung" gilt, ist nun eben das halbamtliche Bekennt nis znr Friedfertigkeit in Petersburg erfolgt. Herr Ssasanow hat in dem Kampfe innerhalb der russischen Regierung noch einmal gesiegt. Mit Herrn Suchomlinow, dem Kriegs Minister, ist aber auch die Petersburger öffent liehe Meinung nicht ganz zufrieden, denn — wie uns von dort gemeldet wird, es entspricht die Aufnahme der Mitteilungen der „Birschewijc Wjcdomosti" („Börsen-Zcitung") über die rus fischen Rüstungen in der Petersburger Presse kaum den Erwartungen der hohen militärischen Kreise, die sic veranlaßt haben. Die russischen „Kriegstreiber" hatten sich eine ganz andere Wirkung versprochen. Indes, „Nowojc Wremja" schweigt sich völlig aus, und „Rjaetsch" erinnert daran, daß die russischen offiziellen Kreise die Kriegsbereitschaft der Ar mee auch vor dem japanischen Kriege sehr gün stig beurteilt haben. Schon durch die Veröffent lichung setze sich das Kriegsininisterium in Gegen satz zu dem Auswärtigen Amte, da der Artikel im AuSlandc Beunruhigung Hervorrufen müsse. Wenn man b'azu noch die gestern abend mit geteilte Kundgebung der „Rossija" stellt, so wird man mit Befriedigung aus alledem entnehmen können, daß in Rußland nur chauvinistische Kreise einen Krieg wollen, daß sic aber von der Regierung und der besonnenen Presse kräftig gedämpft worden sind nnd hoffentlich auch in der Zukunft immer wieder gedämpft werden. poMileke UeberlietU Vorbereitungen -es Handwerks zu -en Handelsverträgen. In seiner letzten Sitzung hat der geschäftsführcnde Ausschuß Les Deutschen Handwerks- und Gewerbe kammertages den Beschluß gefaßt, trotz der Erklärung des Staatssekretärs des Innern im Reichstag, wonach eine grundlegende Revision der Zollpolitik des Deut schen Reiches und seiner Handelsverträge nicht zu er warten sein soll, die bereits rn die Wege geleiteten Erhebungen und Vorarbeiten zum Zwecke der Per tretung der Zollintcrcssen des Handwerks bei dem Ab. schluß neuer Handelsverträge fortzusetzen und zum Abschluß zu bringen, um im gegebenen Meinem ge rüstet zu sein Dieser Beschluß steht durchaus im Ein- klang mit der Erklärung des Staatssekretärs Les Innern über die Forbetzung unserer Zoll- und Wirt schaftspolitik. Er erklärte, daß alle beteiligten Ver waltungen schon seit längerer Zeit damit besaßt seien, die in Betracht kommenden Verhältnisse unter Wür digung der Anregungen aus den Kreisen unserer Er werbsständc und lhrer Organisationen einer eingehen, den Prüfung zu unterwerfen. Der Beschluß Les ge-
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