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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.03.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140314011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914031401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914031401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-14
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Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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veulrcher Reichstag. Sitzungsbericht. (Fottsetzung aus der gestrigen Abendnuminer.) kriegsminister v. Falkenhayn Ehrt in der Beantwortung der Interpellation über ras Metzer Duell fort: Es wäre aber verfrüht, das Heil in beson - seren militärischen Verboten zu suchen. Der Förderer weih schon heute, daß er wider gütl iches und menschliches Recht verstößt. (Unruhe und Zurufe.) Wenn er sich dennoch zum Duell entschließt, io tut er es, weil er in dem Rahmen der nun einmal gestehenden Anschauung seiner Kreise keinen an deren Ausweg findet. (Unruhe.) Die Folge wäre, daß die Fälle ungeregelter Selbsthilfe, des Prügelkomments, zunehmen würden. Es ist im Interesse der Ctandessitte, saß sie auch in dem traurigen Falle Metz die un geregelte Selb st Hilfe verhinderte. (Un ruhe. Rufe: Nanu! bei den Soz.). Dies« Anschauung wird freilich, wie eben gehört, nicht überall geteilt. Sehr richtig!) Das Offizierkorps will unter allen Umständen der ungeregelten Selbsthilfe vorbeugen, und das charakterisiert sich Häher als die andere Auffassung. Diese Auffassung hat viel mehr Unheil verhütet als angerichtet. (Sehr wahr! rechts.) Daß es in der Oeffentlichkeit anders scheint, liegt daran, daß jedes Duell bekannt und ausgebeutet wird, während die guten Wirkungen im stillen ein- ireten. Die zweite sichere Folge eines rein militärischen Duellverbots wäre, daß die Offiziere anders gestellt werden als die bürger lichen Kreise, für die dieses Verbot unwirksam wäre. Die Uebertretung dieses Verbots wäre eine weitere Folge. Dem jungen Offizier in Metz ist gc aten worden, den Ausgang des ehrengerichtlichen Verfahrens abzuwortsn. Warum hat er denn ge ordert? Es wird geantwortet werden: Weil ein Duellzwang besteht. Das heißt also wohl, weil der Beleidigte fürchten mußte, durch den Ehrenrat zur Verantwortung ge zogen zu werden, wenn er nicht sofort zur Vollziehung es Duells schritt. Eine solche förmliche Ver pflichtung bestehl im Heere n i ch t. Wenn man überhaupt von einer lolchen Pflicht reden will, so kann man doch nur den Trieb oder den Zwang ser Empörung meinen, der sich im gegebenen ,falle schwerer Ehrverletzung nicht nur in der Brust es Offiziers, sondern im Herzen vieler Bürger nudel. Es ist der Trieb, den, es unerträg lich scheint, daß beim Verhalten gegenüber e brnerletzungen der begründete Verdacht auf Mangel .in Mut, an Entschlußkraft entstehen könnte, der es vicht dulden zu können glaubt, daß derjenige, der die Ehre eines anderen verletzt hat. sich nun auch l och der Herausforderung des anderen entziehen soll. Das Duell ist ein untaugliches Mittel, einen Schuldigen zu bestrafen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Es ist ein ebenso untaug liches Mittel zur Ausführung der Rache. Dieser Gc anke spielt aber auch bei ihm höchstens eine neben- wchliche Rolle. Der Beleidigte empfindet es als doppelte Schmach, weil auch noch seine Mann haftigkeit a «gezweifelt werden könnte. Diese Zweifel hofft er durch das Duell beseitigen zu lönneu. und das steht ihm höher als das Leben. Rufe links: Ganz falsches Ehrgefühl!) Gewiß gehört eer Akut in das physische Gebiet mehr als in das moralische: aber der Mut ist doch die Eigenschaft des Soldaten, die Voraussetzung seiner Existenz berechtigung. (Sehr richtig! rechts.) Diese An schauung mag für richtig oder unrichtig gehalten werden, sie niedrig zu achten, hat niemand ein -ft-cht. (Bravo! rechts.) Kein Verbot oder drako- ische Strafandrohung ändert hieran etwas, sondern nurdcr Wcchsel der Zeiten allein ändert Sitten und Anschauungen. Ich persönlich würde eine chusrottung der Anschauung von Ehre, die noch hin und wieder leider zum Duell führt, für kein Glück halten. Die Frage der Einschränkung der Quelle hat mit dem Zurückdrängen dieser Anschauung wenig zu tun. Sie ist ja nicht die Quelle des Zwei- 'ainpjs. Das ist vielmehr die Gesinnung, welche schwere Ehrverletzungen des einen durch den andern leider immer noch möglich macht. Diese Gesinnung »ritt in der Arme« selten zutage. Aber sie ist leider, wie man im Falle Metz wieder gesehen hat, noch >a. Ihr gilt d«er Kampf. Man ist aber aus dem Wege der Vervollkommnung des Offizierkorps im Sinne wahrer Ritterlichkeit und wahrer christlicher Gesinnung. (Lebh. Beifall rechts. Zischen bei den Soz. Erneuter Beifall.) Auf Antrag des Abg. Spahn (Ztr.) findet Sesprechung -er Interpellation statt. Al>g. Haase-Königsberg (Soz): In der Auffassung des Kriegsministers zeigt sich der abgrundtiefe Unterschied zwischen seiner Auffassung uno der des Volkes, das ganz genau weiß, daß es auch auf dem Boden des Gesetzes seine Ehre wahren kann. Die unbedingte Achtung vor dem Gesetz er scheint als eine Forderung, die nur an die Ka naille gestellt wird. Was ist der Zweikampf an deres, als die Statuierung der Privatrache, des Faustrechts. Daß ein förmlicher Zwang vom Ehrenrat ,'usgeübt worden sei, hat niemand behauptet. Das geschieht indirekt, nicht so offen und klar, wie man von einer solchen Behörde es erwarten sollte. Es liegt ein indirekter Zwang vor, aber ein direkter An reiz. Will der Kriegsminister seine Grundsätze durch setzen, dann muß er auch das Notwehrrecht des gemeinen Soldaten, dessen Ehre genau so hoch steht, wie dir des Offiziers, anerkennen und dafür sorgen, daß dies nicht illuso risch gemacht wird. (Sehr richtig!) Wir verlangen unbedingtes Verbot des Duells. Nur durch die Be- lämpfung des Militarismus kann man auch dem Duellunfug zu Leibe gehen. Wohin das übertriebene Ehrgefühl führt, zeigt der Fall Zabcrn. (Beifall bei den Soz.) Abg. Dr. van Calker (Natl.): Ich sehe von dem konkreten Fall Metz ab. Hier fragt es sich, ob Miß stände zu beseitigen sind, gegen die der Gesetzgeber etwas tun kann. Man muß sich gegen den- Triumph des Unrechts wenden. Daß es nur eines Verbots bedürfte, um das Duell zu beseitigen, glaube ich nicht- denn dann wäre es schon beseitigt. Es rst erstaunlich, daß so wenige Fälle vorkommen. Es muß anerkannt werten, daß das Duell erheb lich seltcner geworden ist. Wir können das Duell wohl verbieten, aber nicht verhindern. Wenn man das Duell gesetzlich verbieten wollte, so würde ich es gegenwärtig noch nicht wollen. (Große Unruhe links.) Dio Ehre jedes Arbeiters steht nicht hinter der dcsscniqen zurück der des Königs Rock trägt. (Sehr richtig! links.) Cs ist deutsch« Auffassung, wenn man einsteht für das, «a, man tut, weml man sich nichts gefallen läßt. Darin liegt ein wichtiges Moment in der Entwicklung einer Persön lichkeit und des ganzen Volkes. (Widerspruch bei d«n Sozialdemokraten ) An diesem Grundsatz müsse« wir festhalten. Der Gesetzgeber kann nur die Straf bestimmungen in Einklang bringen mit den ethische« Wertanschauungen des Volkes. Der in der Kom mission gestellte Antrag will an Stelle der Festungshaft beim Zweikampf Gefängnis setzen für denjenigen, der den Zweikampf freventlich verschuldet. Hier soll dem Rechtsbewußtsein des Volkes ent sprochen werden, das dagegen reagiert, wenn das Un recht triumphiert. Eine solcl-e Bestimmung könnte auch auf das ehrengerichtliche Verfahren zu- rückwirken insoweit, daß jemand, der die Ehre seines Mitmenschen freventlich verletzt, wie beim Ehebruch, als nicht satisfaktionsfähig angesehen wird und dass diesem gegenüber ein Duell nicht stattfinden kann. Ich wünsche, blitz die Reichsjustizverwaltung diesen umerern Anträge zugrunde liegenden Gedanken zur gesetzgeberischen Durchführung bringt. Dann werde« wir nicht bas Duell beseitigen, aber den Triumph des Unrechts eindämmen. Das wäre ein siegreiches Dorschreiten von Recht und Sitte. (Beifall.) Abg. Graf v. Westarp (Kons.): Namens meiner politischen Freunde kann ich unseren einmütigen Beifall zu den Ausführungen des K r i e gs m i n ist e r s aussprcchen. Die Militär behörde in Metz hat alles getan, nm den Zweikampf zu verhindern. Unserer wiederholten grundsätzlichen Erklärung über das Duell haben wir nichts mehr hinzuzufügen. Es verstößt gegen göttliches und menschliches Recht, es verdient Strafe und muß «ich Möglichkeit beseitigt werden. Dem Duellantrog in der Kommission haben meine Freunde zugestimmt, wenn wir auch der Ansicht siird, daß es noch ernster und eingehender Prüfung bedarf, ob der Vorschlag das Richtig« trifft, ob er mit unseren sonstigen gesetz lichen Bestimmungen zusammenpo.ßt und ob nicht die anderweitige Regelung der Bestrafung von Beleidi gangen hiermit zu verbinden ist. Für unser Offi zierkorps nehme ich das Recht und die Pflicht in Anspruch, daß jedes einzelne Mitglied jederzeit bereit ist, zum Schutz« seiner Ehr« sein Loben einzusetzen. Es ist nicht, wie hier gesagt wurde, das Motiv der Rache, das zum Zwei kampf führt. Zweikampf ist immer noch besser, als ungeregelte Selbsthilfe. (Sehr richtig! rechts.) Die freventliche Verletzung fremder Ehre ist ein so schwerer Verstoß gegen das Sittengesetz, daß dies den Täter in jeder an ständigen Gesellschaft unmöglich macht (Sehr richtig! rechts), vor allem im Offizierkorps, lieber die Ausgestaltung der Ehrengerichtsbarkeit habe ich hier nichts auszuführen. Dies gehört zur Kompetenz des Obersten Kriegsherrn, und der Reichs tag hat kein verfassungsmäßiges Recht, da irgendwie einzugreifen. (Beifall.) Abg. Dr. Blunck (Fortschr. Dpt): Der konkrete Fall Metz muß aus der Debatte ausscheiden aus per sönlichen Gründen, und weil das Gerichtsverfahren noch schwebt. Ich bin entgegen den Ausführungen des Abg. van Talker der Ansicht, daß wir das Duell schon heute ganz gut entbehren können. Der Kriegsmiuistcr sollte nicht um die Sach« Herum reden und hier mit formalem Zwang kommen. Er hätte offen erklären sollen: „Wir Haden den Duellzwang, Md ich gedenke nichts zu. tun, um -ieseu zu beseiti gen!" Es müßte uirter alle^Upiständen a.ngeopdn^t werden, daß der Spruch des Ehrengerichts abgewartct wird. Kein Offizier wartet diesen Spruch ab; das ist in der Kommission erklärt wor den. (Hört! Hört!) Hierin liegt der Kernpunkt der ganzen Sache. Ein weiterer Kehler ist, daß das Ehrengericht außerordentlich langsam arbeitet. Es gehen oftmals Monate darüber hin. Neu war für mich, daß der Offizier aufgefordert wor den ist vom Ehrenrat, den Spruch des Ehrengerichts abzuwarten. Die Aufforderung hätte aber zum mili tärischen Befehl gemacht werden müssen. (Sehr wahr!) Die heutige Art des Ehrengerichts stellt an die seelisch« Spannkraft der Beteiligten eine unerträg liche Anforderung. Arbeitet Las Ehrengericht, wie der Ehrenrat, so verschwindet in den allermeisten Fällen das Duell aus der Armee. Unzweifelhaft besteht ein Duellzwang. Dafür ist der Fall Brandenstein ein schla gender Beweis, der als positiver evangelischer Thrift sich gesprächsweise als Gegner des Duells bezeichnete und deshalb zum Abgang vom 2. Garderegi ment gezwungen wurde. Wie verträgt sich das mit dem Grundsatz: Nur rin guter Christ kann ein guter Soldat sein!? Wenn die Duettsitte auch weit verbreitet ist. so ist im Heere der Kernsitz zu suchen. Vielleicht tötet die Lächerlichkeit diele Unsitte. Haben sich doch neulich zwei Friseurgehilscn völlig kommentmäßig duelliert. Das Heil für wirkliche Gesundung der Verhältnisse ist darin zu erblicken, daß der Geist, in dem unser Offizierskorps erzogen wird, einer Aenderung bedarf. (Lebhafter Beifall.) Kriegsminister von Falkenhayn: Daß die Ver abschiedung des Leutnants von Brandenstein aus seine Anschauungen über das Duell zurückzuführen sei, ist unrichtig Bei einer Unterredung mit dem Oberst zeigte er nicht so nie! Entschluß- und Urteilskraft, wie «s nötig gewesen wäre für einen Offizier. (Lacken links.) Das zeigte sich auch darin, daß er am nächsten Tag« eine seinen Aus führungen entgegengesetzt« schriftliche Mitteilung an den Negimentsadjutanten sandt«. (Unruhe links.) Die persönliche Ehrenhaftigkeit des Leutnants ist nie angczweifelt worden. Abg. Dombek (Pole): Wer die Ehre seines Mit menschen freventlich verletzt, der sott aus jeder un ständigen Gesellschaft ausgeschlossen werden. Wenn nach den Ausführungen des Kriegsministers das Duell ein gänzlich untaugliches Mittel zur Bestrafung des Beleidigers und, um Rache zu nehmen, ist, dann muß man sich doch wundern, Laß das Offizierkorps noch immer an dem Duell gebrauch festhält. Abg. Mertin (Rpt.): Die Frage, ob der Ehrenrat richtig gehandelt hat. ist befriedigend vom Kriegs minister beantwortet worden. Der Ehrenrat hat alles getan, den Beleidigten von übereilten Hand lungen zurüäzuhalten. Die Duelle außerhalb des Heeres sind weit zahlreicher. Auch im Ausland kommt es viel häufiger zum Zweikampf als bei uns. Der Abg. Haase behauptet: der absolutistische Wille des Militarismus führe zum Zweikampf. Wie sicht es da in Frankreich? Oder hat Lassalle sich ous diesem Willen heraus zum Zweikampf entschlossen? (Sehr gut!) Es gibt Situationen, in denen kein mensch licher Richter die Ehre des Beleidigten wiederherstellen kann. Für die Einschränkung des Duellwesens ist es nötig, die Satisfaktionsfähigkeit des Beleidigers festzustellcn. Wir haben bas Vertrauen zum Kriegs minister. daß er den Geist im Offizierkorps erhält, der bi« höchste eigene Ehre für die Ehre des Landes hält. (Beifall.) Abg. Dr. Spa-, (Ztr.): Es muß erreicht werden, daß das ehrengerichtlich« Verfahren dem Ehrenratsversahren vorangeht, um dem Be leidiger noch vor dem -weiten Verfahren die Satis- faktionsfähigkeit absprechen zu können. Der Kriegs minister mutz erwägen, wie eine andere Ausgestaltung des Ehrenrats anzustroben ist. Wir erreichen eine Blenderung der Ansck-auung nicht, solange bas Duell im Heere erhalten bleibt. Dies ist und bleibt aber eine Verletzung der göttlichen und menschlichen ltzebote. Jeder ist Hüter feiner Ehre im Nahmen des Gesetzes oder der sittliche, Ordnung. (Sehr richtig!) Wer sich darüber hinwegsetzt, will ein« Sonderstellung im bürgerlichen Leben ein nehmen. Im bürgerlichen Leben gibt es aber keine Sonderstellung. Abg. Wendel (Soz.): Für uns stehen lediglich politische Gründe in Frage. Auch Bismarck hat ein politisches Duell gehabt. Bezeichnenderweise hat er vorher bas Abendmahl genommen. In der heutigen .Klassenherrschaft bestehen verschiedene Auf fassungen des Ehrbegriffs. Wenn die Arbeiter Lohnforderungen durchzudrücken suchen, so erschallt sofort der Ruf nach Ausnahmegesetzen. Bei den feudalen Herren ist es aber nichts als ein« Art geregelter Selbsthilfe. Im Fall« Brandenstein Hot auch bcr Kriegsminister es hier an der nötigen Entschlußkraft fehlen lassen. (Große Heiterkeit.) Herr van Calker ist z cine seltsame Erscheinung. Das eine Mal ist , cr «in deutscher Strafrechtslehrer, der es begrüß,, wenn bestehende Gesetzesoorschriften nicht erfüllt werden: anderseits ist er ein Nationalliberaler, der sagt: Ich lasse mir nichts gefallen. (Stürmische Heiterkeit.) Im übrigen hat auch der Kaiser zum Verstoß gegen die Strafgesetze a u f g e m u n t e r t. Präsident Dr. Kaempf: Ich muß auch von Ihnen erwarten, baß Sic vom Kaiser mit der Achtung sprechen, wie cs jeder Deutsche zu tun ! schuldig ist. (Lebhaftes Bravo! bei der Mehrheit.) i Abg. Wendel (fortfahrcnd): Bei dem Bonner 2. T.-Kommers wünschte cr, daß die Studenten freudig den Schläger führen. Von den sozial-emo kratischen Jugendorganisationen wird behauptet, sic träten für Ungesetzlichkeiten ein: di« bebänderten Studentenkorporationcn dagegen sind die Brutstätte eines qesetzbrecherischen Sinnes. (Glocke. Präsident Dr. Kaempf ruft den Redner zur Ordnung.) In Berliner Studcntenkreisen ist es kürzlich zu einer Masscnfordcrung wegen einer Lappalie gekommen, so baß ihnen ein Maschinen gewehr zu empfehlen wäre. (Lachen und Beifall.) Abg. Dr. Blunck (Fortschr. Vpt.): Mein Ver trauen, der Kriegsminister werde im Falle Brandenstein eine Antwort ohne Hörner und Zähne geben, hat sich leider nicht erfüllt. Wie stellt cr sich zu der Frage, ob ein christlich gesinnter Offizier wegen seiner Stellung zum Duell Offi zier bleiben darf oder nicht? Kriegsminister v. Falkenhayn: Aus diese Frage ist schon in bcr Budgetkommission im Jahre 1913 ge antwortet worden. (Abg. Ledebour rüst: Drücke bergerei! — Präsident Dr. Kaempf ruft den Redner zur Ordnung. — Bravo! rechts.) Sie werden es mir nachfühlen, daß es mir schwer wird, nichts zu sagen, aber nach Dem Einschreiten des Herrn Präsi denten bleibt mir nichts übrig als schweigende Nichtachtung. (Lebhaftes Bravo!) Offiziere werdcn entlassen auf Vorschlag der Vorgesetzten, und daß die Vorgesetzten pflichtmätzig berichtet haben, das habe ich Ihnen mitgetcilt, und daran ist nichts zu ändern. (Bravo!) Damit schließt die Besprechung. Nächste Sitzung Donnerstag, den 19. März, 2 Uhr: Weitetberatung des Kolonialetats. Schluß '.44 Uhr. KeOk uml Lericvk. Königliches Landgericht. Leipzig, iß. März. ; Unter der Anklage der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. (Schluß.) Aus der Zeugenvernehmung in der Verhandlung gegen den Direktor Alexander Wehner ist noch weiter mitzuteilen, daß einige Zeugen nach dem- Unfall« die Beobachtung gemacht haben, daß der Wagenschlag an dem Automobil des Angeklagten start beschädigt ge wesen ist; er hat aber noch in den Haspen gehangen. An der Ünfallstelle befinden sich in der Kurv« am Straßenrand« Kilometersteine, an der andern Straßenseite lagen Schotterhaufen. Die Kilometer steine waren oben mit einer Eisenschiene verbunden, durch den Kraftwagen waren die Steine schräg ge drückt, die Eisenschiene lag im Graben. Der Ge- meinr-eoorstand F. aus Kühren bekundet«, daß sich eine Warnung siafel an der Kurve nicht befindet, die Gemeinde habe damit nichts zu tun, da dis Strafe eine Staatsstraße sei. Wenn man in der Kurv« mit einem Kraftwagen langsam und vorsichtig fahre, dann könne nichts passieren, aber man müsse die Kurv« kurz nehmen, sie schneiden. An derselben Stelle seien seil 1911 bereits drei Unfälle oorgekommen, der letzte erst drei Wochen vor dem Unfälle, der hier zur Verhand lung steht, damals sei auch ein Kilometerstein angc- fahren worden. Besonders groß« Sand- und Staub mengen befinden sich nach der Aussage des Eemcinde- oorstandes in der Kurve nicht; einige Zentimeter hoch kann Staub sich dort allerdings wohl an trockenen Tagen ansammeln. Der Straßenwärter Str. meinte, daß er besonders große Staubmengen an d«r Unfall stelle nicht bemerkt habe, aber es könne schon möglich sein, daß der Staub einen Zoll hoch gelegen habe. Der Sachverständige Köllmann legt Wert auf diese Fest stellung«», da die Hinterräder eines Automobils in einem solchen Staube schlecht halten und aiifangen zu rutschen, wodurch der Wagen ins Schleudern gerät. Der Geschirrführcr M., der von Kühren auf der Straße gefahren gekommen ist, hat das Automobil herannahen sehen. Es hatte eine große Geschwindig keit, schneller, wie sonst die Autos zu fahren pflegen. Als der Wagen schlenderte, hörte der Zeuge einen Krach, und im selben Augenblicke sah er auch, daß eine Frau aus dem Auto herausfiel. Als M. das Auto in seiner schnellen Fahrt beobachtete, war setn erster Godanle, ob dasselbe auch wohl glücklich durch di« Kurv« kommen werde. Der Zeuge Kaufmann N. aus Dresden hat den oben erwähnten letzten Unfall in der Kurve erlitten. Sein Wagen ist gegen einen Baum gefahren, hat den Baum abgebrochen, dann stieß der Wagen an die die Kilometersteine verbin dende Eisenschiene, nachdem die Steine schräg gedrückt waren, drang die Schiene durch Len Kühler und be schädigte ihn erheblich. Der Zeug« ist der Ueberzeu- gung, daß ssin Thauffeur keine Schuld an dem Un fall- gehabt I rbe. Die Ursache war, daß der Weg an der Stelle stark nach einer Seite hängt und der Wagen ins Schleudern kommen mußte: von fern erschein« die Kurve gar nicht gefährlich. Die Unfälle seien stets nur solchen Automobilen passiert, die von Dresden ge kommen seien, von der anderen Seit« kommenden Wagen sei noch nichts geschehen. Daß von den fünf Insassen seines 2vag«ns niemand bei dem Unfälle verletzt worden sei, müsse daraus erklärt werden, daß alle im Wagen sitzen geblieben seien. Der Kausmann Schubert, der Ehemann der Verstorbenen, stellte dem Angeklagten das Zeugnis eines stets vorsichtigen Autolenkers aus. Er hält cs für möglich, daß seine Frau aus dem Wagen herausgejprungen (ei, als sie den Haufen Schotter st« ine bemerkte und spürte, daß der Wagen gebremst wurde. Ans einer früheren Fahrt habe Frau Schubert auch einmal ganz ähnlich gehan delt; sie hab« geschrien und sei ausgeiprungen, so daß Direktor Wehner sie gebeten hat, das nicht wieder zu tun, das störe oen Autofiihrer in der unangenehm sten Weis«. Der Wachtmeister B. aus Dresden kennt den Angeklagten seil längerer Zeit; er ist ost mit ihm gefahren und hat ihn immer als vorsichtigen, auf merksamen Automobilisten gesehen. D.rektor Wehner hat seine Prüsung als Aucoinobilsllhrer am 10. Ja nuar 1900 bestanden. Er ist dann in München als Lehrer an einer Automobilsach'chul« tätig ge wesen und jetzl Leiter dec Antoinobilsachichule in Dresden. Der Sachverständige K ö l l m a n u ver mutet, daß der Angeklagte in der Kurve durch eure Vertiefung in der Straße gefahren ist, der Wagen hab« einen Schwung erhalten und sei aus der sechr starken Böschung abgeruischl. Dies.' Böschung sei )o stark, wie man sic in Sachsen nur noch einmal bei Otterwisch finde. Die G Kilomelergeschwindig'keit hätte in der Kurve nichts zu bedeuten gehabt, sie sei an und für sich nicht zu gross, aber durch die Böschung wurde das Schleudern des Wagens bedingt, und -cr selbe geriet gegen di« Kilometersteine, die Liseirschiene wurde abgerissen und hat wahrscheinlich Frau Schubert an den Kops getroffen. Warum der An- getlagte den dritten Gang eingeschaltet habe, sei nicht ganz erklärlich; die Steucrmanövcr, die Direktor Wehner an gewendet habe, seren richtig gewesen. Di« Wirkungen der Zentrifugalkraft müsse ein Auromodi list gang instinktiv empfinden und ihnen gewisser maßen automatisch «ntgegenwirken. Die Umschaltung aus dem vierten auf -en dritten Gang l-abc mir dem Schleudern des Wagens nichts zu tun. In fahrtech nischem Sinne sei Wehner an -er Unsallstellc falsch gefahren, gesetzmässig allerdings korrekt. Der Sach verständige meinte, daß er selbst die Kurve geschnitten haben würde. Der Wagen wäre bei einer lä-tunden- kilomctcrgcschwlndigkeit einwandfrei durch die Kurve gegangen, wenn die Straße nicht einen so starten Ab fall nach der Seite aufwicse. Dadurch, daß die Kette abgerissen sei, wurde die Brem sung mangelhaft, und so sei der LLagcn dann noch eine Strecke weitergelaufcn. Frau Schubert habe sich nach der salsctzen Seite aus dem Wagen hcr- ausgelehnt und dadurch die Wirkung der Schleuder kraft noch vermehrt. Als di« geöffnete Lvagentür gegen -en Kilometerstein faßte, bekam der Wagen gewissermaßon «ine Führung und wurde noch mehr nach außen gerissen. Da dem Angeklagten Wehner kein Verschulden nachgewiesen werden konnte, jo er folgte seine Freisprechung. ; Wegen Glücksspiels und Bergehens gegen di« Bestimmungen -cs Totalijatorgcictzes hatten sich vor der 2. Strafkammer des Landgerichts zu verantworten der Mechaniker Paul Otto F, der Fleischcrinvalid« Ernst Albert T. und der Reisende Arthur K. von hier, die beschuldigt waren, Wetten auf im Inland« und im Auslande laufende Renn pferde vermittelt und auch zum Teil selbst gehalten zu haben. 'Rach den Ergebnissen der Beweisaufnahme utapnte das Gericht gegen den Angeklagten F. auf zwei Monat« Gefängnis, gegen den Ange klagten T. auf vier Monate Gefängnis und gegen den Angeklagten K. auf 150 M ark Geld strafe oder einen Monat Gefängnis. Königliches Schöffengericht. Leipzig, 13. März ! Einen Messerstich hat am Abend des 2. Februar der 22jährige Hausbursche Johann August Joseph Schneider einem Nebenbuhler ver'etzt, der ihn bei seiner Geliebten ausaestochen lzatte. 2ch. hatte an dem Abend mit dem Mädchen ein Zusammentreffen verabredet, wartete aber von 9 dis 11 Uhr vergebens auf sie, und als er sie dann am Arm eines anderen die Straße daher kommen sah. da packte ihn die Wut. Er verbielt sich still, bis sich die beiden voneinander verabschiedet hatten, dann ging cr auf den jungen Mann zu und brachte ihm einen Stich über dem rech ten Auge bei. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Wochen Gefängnis. Thüringen und Provinz Sachsen. * Zeitz, 13. März. Ertrunken ist am Mitt woch nachmittag der vierjährig« Heini Will in der Elster. Das Kind war von einem achtjährigen Schulknaben in der Nähe der Auebrücke mit zum Spielen an die hochgehende Elster genommen worden und ist dabei ins Wasser gestürzt. Anstatt Hilfe her- beizurufcn, lief der größer« Knabe fort und machte erst am Donnerstag früh Mitteilung von dem Vor gefallenen. Die Leiche des Kindes, die von dem Wasser fortgeschwemmt wurde, ist noch nicht ge funden. * Pößneck, 13. März. Zu dem bereits in d«r heu tigen Abendausgabe gemeldet«» Brande werden uns noch Einzelheiten berichtet: Großfell er legte hier in der vergangenen Nacht abermals eine große Textil fabrik völlig in Asche. Gegen Uhr kündet« Feuer alarm, daß die Flanellsabrik von Siegel k Schüller, Turmstraße 10, in Flammen stehe. An «in« Rettung der Fabrikgebäulichkeiten war nach Lage der Sache gar nicht zu denken, die Feuerwehr mußte sich deshalb auf die Rettung der anliegenden Wohnhäuser beschränken, was ihr unter den größten Anstrengungen auch gelang. Ein Mann wurde von den Trümmern einer «instürzenden Wand erheblich verletzt. Die niedergebrannte Fabrik, eine der ältesten am Platz«, war in letzter Zett gut beschäftigt. Etwa 100 Ar beiter verlieren ihre Brotstelle. In Erinnerung dürften noch sein die großen Fabrikbrände :m Jahre 1912: Siegel L Schütze, I. G. Zceth L Söhne, uno C. H. Nahnis, die einen Schaden von über 2 Millionen Mark verursacht haben. * Erfurt, 13. März. Ein arges Mißgeschick widerfuhr am Dienstag eurer jungen Dame auf dem hiesigen Bahnhof. Sie wollte nach Ritschenhausen fahren, und da es die höche Zeit war, eilte sie mit schnellen Schritten zum Bahnsteig hinauf. In ihrer Hast wollt« sie zwei Stufen auf einmal nehmen, aber der enge Rock langte für solche Schritt« nicht zu und riß von oben bis unten auf. Nun wollte das Mäd chen in diesem Aufzuge nicht fahren, aber auch nicht zur Stadt zurückkehren. Jetzt nahte ein Retter, es war ein Handelsmann, der ihr mit einer Packnadel und starkem Faden auf dem Bahnhof den Nock wieder zunichte. Leider war inzwischen der Zug abgedmnPft,
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