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abftinenttr Studenten hält «» 20. d. M. * , Uhr abend» Jnselstraße 25 ihre Eemester-Schluß- . sttzuny ab, der sich am Sonntag, den 23. Juli, v Uhr vormittag» Jnselstraße 25 die Generalversammlung mit folgender Tagesordnung anschließt: Bericht des Borgenden, des Kassierer», de» Bundesvorstandes, der Enliastungskommission, Besprechuna de» Bundes- tage», Anträge und Verichiedenr». Die 2l. allge meine deutsche christliche Studentenkonserenz findet vom 4.--». August d. I. in Wernigerode am Harz statt. Anmeldungen, wobei zu bemerken ist, ob Frei- quartier gewünscht wird, sowie alle Anfragen sind zu richten an den leitenden Sekretär T^. Nieder weyer, Zehlendorf, Auguststraße 12. t. Auszeichnungen. Den auf dem Bayrischen Bahn- Hos bedienstet gewesenen Lokomotivführern Herde und Köhler wurden anläßlich ihres Uebertrittes in den Ruhestand vom Köni^ Ordensauszeichnungen verliehen. Es erhielt Herr Herde das Albrechtskreuz und Herr Köbler das Albrechtskreuz mit der Krone. * Landes-Sainartter-Berband für das Königreich Lachsen. Nach dem vor kurzem erschienenen Bericht des Verbandes ist seine Tätigkeit in der Berichtszeit <1909 und 1910> wiederum sehr rege gewesen. Seine Hauptgebiete sind 1. Samariter Ausbildung und -Ausrüstung, 2. Verbesserung des Krankentransport wesens und 3. Verbesserung der Krankenpflege auf dem Lande. In 93 Ausbildungskursen und 47 Wieder- holungskursen sind rund 1809 Notbelser ausgebildet worden. Lehr und Ucbungsmaterial wurde zum großen Teil von der Geschäftsstelle des Landes- Samaritcrverbandes geliefert. Auch für die Aus bildung der Eisenbayiisamariter ist der General direktion der Sächsischen Staatseilenbahnen das Lchr- und Uebunasmaterial für die Samariterkurse leih weise zur Verfügung gestellt worden. Im ganzen bestehen 10 ständige Sanitätswachen, davon eine in Chemnitz. 2 in Dresden. 4 in Leipzig und 3 im Be zirk Mügeln-Heidenau. Sonstige Verband- und Hilfsstationen sind in den verschiedensten Ortschaften zusammen 87 vorhanden, darunter 6 Unfallhilfs stellen im Gebirge. Zahlreich sind die Geräte für die erste Hilfe, den Krankentransport und die Kranken pflege, über die die Korporationen des Verbandes verfügen Es sind vorhanden 639 Verbandschränkc, Verbandkasten und Vcrbandtaschen, 236 Kranken transportgeräte, darunter 2 Krankcnautomobile und 24 bespannte Rettungswagen 94 Entleihdepots von Gegenständen zur Krankenpflege. Die Leistungen betrugen 67 773 Fülle von erster Hilfe und 8018 Krankentransporte. In der Berichtszeit hat der Verband den thm angehörenden Korporationen4 Ret tungswagen, 3 Krantenfahrbakren und 35 Entleih devots von Gegenständen zur Krankenpflege über- geven können. Die Fürsorge des Verbandes erstreckte ttch 1910 aitf >72 Ortschaften, die sich auf 23 Amts- hauptmannschasten verteilen. Ausführliche statistische Zusammenstellungen über die Tätigkeit und über die Verwendung des Materials bilden den Schluß des Berichts. i Wo fährt man am sichersten ous der Eisenbahn? Eine Zusammenstellung der Eisenbahnuufällc in den verschiedenen Ländern ermöglicht solgeude iuter cssanle Uebersicht. Es entfallen im Jahr auf je eine Million Reisende in Deutschland: 0,08 Todes fälle und <>,38 Verletzungen, in Oesterreich-Ungarn: 0,18 Todesfälle und 0,96 Verletzungen, in Frankreich: 0,13 Todesfälle und 0,18 Verletzungen, in der Schweiz: 0,15 Todesfälle und 1,12 Verletzungen, in England: '>,14 Todesfälle und 1,94 Verletzungen, in Belgien: o,22 Todessällc und 3,02 Verletzungen, in den Ver einigten Staaten von Nordamerika 0,15 Todesfälle und 6,58 Verletzungen und in Rußland: 2,24 Todes fälle und 11,63 Verletzungen. Danach steht Deutsch land in bezug aus die Sicherheit feiner Eisenbahnen an der Spitze aller Kulturländer, ein Erfolg, der in der Hauvtjache der gewissenhaften Pflichter füllung der Eisendahnbeamten und der muitergül- tigen, technischen Einrichtung des Betrieoe» zu danken ist. * Die Besuchsziffer der Hygiene-Ausstellung. Bis einschließlich 14. Juli Haden insgesamt 2 196 675 Per sonen die Internationale Hygiene-Ausstellung in Dresden besucht. * volkstümliche Franz-Liszt-Feier in Leipzig. Nach dem Vorbilt« seiner Königin-Luisc-C>edächtnis- feier und seines Festaktes für Fritz Reuter im Vor jahre wird der hiesige Verein für Voltswohl am Montag, den 16. Oktober, abends 8 Uhr, im Großen Iheatersaale des Kristallpalastcs die Hundertjahrfeier für den Tonmeister Franz Liszt zu einer größeren volkstümlichen Festlichkeit ausgestalten. Unser heimi- sck-er Liszttenner Professor Dr. Henning, der als Red ner und zugleich als ausübender Künstler Bebeuten- kes leistet, hat die C-edächtnisrede und den pianisti- schen Teil übernommen. Außerdem werden voraus sichtlich bei der Feier Mitwirken einer unserer ersten Männergesangvereine und eine tüchtige Sängerin. In Kürze werden nähere Einzelheiten bekanntgegeben. * Der TI. Vertretertag der Ober-Post, und Tel«- graphenasiistenten-Bereintgung findet am 2., 3., 4. und 5. September im Kaufmännischen Vereinshaus zu Leipzig, Schulstraße 5, statt. Außer ve:schielen«» Anträgen zur Satzungsänderung steifen aus der Tagesordnung u. a. noch folgende Anträge zur Be ratung: An den Staatssekretär des Reichspostamtes mit der Bitte heranzutreten, die Gleichstellung der Ober-Post- und Telegraphenassistenten und der nicht, geprüften Post- und Telegraphenassistenten mit den ihnen früher als gleichwertig erachteten Beamten klassen wieder herbeizuführen und die z. Zt. bestehen den Härten in Form von persönlichen Zulagen zu be seitigen. Ferner daß die Amtsbezeichnung „Kanzlist" bzw. „Kanzleisckrerär" in „Post. bzw. Ober-Post- asslstent" und „Postsekretär" umgewandelt werde; die im vorgerückten Alter stehenden Beamten nur im Tagesdienst zu beschäftigen und die Dienststunden hcrabzusetzcn, di« in Aussicht gestellt« Krankenver- sicherung sür Unterbeamte auch auf di« mittleren Be. amten auezudehnen unter Gewährung freier Aerzte- wähl und Uebernahme der Derwaltungskosten auf die Postverwaliung. * Sedanfeier Leipzig-Ost. Die fünf vater ländischen Vereine im Osten Leipzigs werden wieder um am 1. September, abend 8 Uhr, im Großen Fest saale der „Drei Lilien" zu L.-Reudnitz, eine volks tümliche Sedanfeier veranstalten. Die Festrede hat Pfarrer Wangemann-Gautzsch übernommen, während die Dortragskünstlerin Frl. Hedda Lvardegg eine Reihe patriotischer Dichtungen rezitieren wird. Zur Uebernahme des gesanglichen Teils haben sich die vereinigten Cängerabteilungen der Militäroereine „Kameradschaft" - L.-Neustadt und -L.-Volkmarsdorf unter Leitung ihrer Liedermeister Emil Siebert und Karl Schumann und zur Vorführung von Fecht übungen eine Anzahl Mitglieder der Fechterabteilung des Allgemeinen Turnvereins zn L.-Reudnitz bereit erklärt. Die Festmusis wird von der Artiileriekapelle unter Leitung des Obermusikmeisters Kurts aus geführt. Die Feier, zu der alle vaterländisch ge sinnten Herren und Damen freien Zutritt haben, wird sich gewiß wieder der regsten Teilnahme er freuen. * Fuhr»«eträg« und Tierschutz. Trotz aller Be- strebungen unsrer Tcerichutzoereine muß man noch allznost die Wahcnehmung machen, vag Tierquäle reien bei Lohnfuhrarbeitern Vorkommen, daß Tiere zu schweren Lastarbeiten verwendet werden, denen sie nicht gewachsen sind. Von Tierfreunden wird daher angeregt, datz Behörden oder Privatleute, die Fuhren zu vergeben haben, eine diesbezügliche Klausel in den Vertrag ausnehmen möchten, wie die» z. B. seinerzeit der dem Bau d-r Chaussee Rheine—Dreyer- wakde und Rheine-Altenrheine mit bestem Erfolge durch den tiersreuydlichen Amtmann Schmitfranz geschehen ist. Ien*r Vorbehalt lautete: „Zu allen der dem Ebaugeebau erforderlichen Fuhren, An fahren der Steine, der erforderlichen Erdmassen, wird dem Unternehmer zur Bedingung gemacht, daß nur gefnnvr, krallige Pferde benutzt werden dürfen. Auf Verlangen der Bauleitung hat der Unternehmer die Verpflstyrung, die Benutzung der eventuell bean standeten Tiere lofort bei erner Konventionalstrafe von i>o -cA für jeden einzelnen Fall zu unterlassen. Die Beschreitung des Rechtsweges ist ausgeschlossen." Stt. Di« Tätigkeit der Feuerwehr. Sonntag nach mittag, kurz nach 1 Uhr, wurde dre Feuerwehr der 5. Bezirkswachc nach dem Grundstück Magdeburger Straße 2 gerufen, wo ein« größere Menge Briketts in Brand geraten war. — Um ^4 Uhr fand am Bahndamm der Thüringer Bahn ein größerer Nasen brand statt, diesen sowie den K-5 Uhr ausgebrochcnen Rasenbrand am Bahndamm der Wiederitzscher Straße löschte die Mannschaft der b. Wache. — Um '/^7 Uhr abends entstand in einer Wohnung der Bennigsen straße 4 ein Stubenbrand, wobei die Gardinen mit verbrannten. Diesen löschte die Feuerwehr der 2. Be zirkswache. — ^10 Uhr mußte dieselbe Wache nach dem Grundstück Eisenbahnstraße 85 ausrücken, wo ebenfalls ein Stubenbrand stattgefunden hatte. — Montag früh ^3 Uhr wurde die Hauptfeuerwache nach der Wiescnst-aße gerufen. Dort war der Kohlen staub. der sich in einem Trichter angesammelt hatte, in Brand geraten. — Um 3 Uhr früh wurde die 2. Bezirkswact-e nach dem Grundstück Eisenbahn- straße 2 alarmiert. Hier hatte ein Wohnungsinhaber auf dem Spirituskocher eine Speise anwärmen wollen, war aber dabei eingeschlafen. Das Flackern des Feuers hatte bei Straßenpassanten die Meinung erweckt, daß es in der betreffenden Wohnunfl brenne. Sie zogen den Melder Ecke Luther- und Eisenbahn straße, und bald darauf erschien die Wehr. Mehrere Feuerwehrleute stiegen über die große Nettnngsleiter in das offcnstehend« Fenster und fanden den Woh nungsinhaber fest schlafend vor. Sie machten den Spiritus aus und verschafften dem Rauch, der sich durch Ueberkochen entwickelt hatte, Abzug. Der erschrockene Wobnungsinhabcr konnte sich kaum vor Aufregung fasten. — Weiter mußte f die Feuerwehr ein am Roßplatz gestürztes t Droschrenpferd, das ein Bein gebrochen hatte, ' aufhel>«n und nach dem Zoologisch«» Garten, wo es t getötet werden sollte, fahren. — Zum Schlüsse wurde ! sie noch nach der Bayerlchen Straße gerufen, wo sich s ein Leichenwagen so festgefahren hatte, daß es den Pferden nicht möglich war, den Wagen allein wieder ' fortzubringen. Hier leistete die Wehr der 3. Wache - Abhilfe. * Gestohlen wurden aus einer Wohnung in der s Beaumontstraßc eine Anzahl Barchent- und Trikot- I hcn!d«n; erstere sind LI. 8. gezeichnet; aus einem Ge- s schäftslökal in der Querstraße ein Geldbetrag und 1 eine Anzahl Schokoladentafeln, Marke „Bollmilch- ! Block"; aus einer Wohnung in oer Brock Hausstraße Leipziger Nullit im Zeimlttr ües Vsrock. Von Eugen Segnitz. Um das Jahr 1550 trat Leipzig in die Reihe der großen deutschen Städlc ein. Fünfzig Jahre danach aber genoß es bereits den Rn, einer Musik stadt. Man musizierte viel und erhielt auch stets eine» großen musikalischen Nachwuchs und den not wendigen, aus Studenten, Thomasalumnen und In strumentenmachern bestehenden Zuzug. Thomas kantoral und Universität bildeten das musikalisch« Zentrum Kursachsens, gegen das sogar der Einfluß der Dresdner Hoftasrelle zurncktral. Nicht wenig tat die Einwohncnchast selbst. Die Familien der Deuer- lin, Brehme u. a. pflegten die Musik, und aus Holland, Paris und Venedig Eingewandertc halsen zu der musikalischen Bewegung. Berühmte auswärtige Kom ponisten wie Demant >Zittau), Praetorius (Wolfen büttel), Sckzeidt sHalic) und Schütz (Dresdens wid meten ihre W^erke dem Leipziger Rat. Die Pflege der Leipziger Hausmusik bezeugt 1571 der Organist Ammerbach mit den Worten: „Es hab«n die Alten, wie solches aus den Historien durchaus zu ersehen, an ihren Festen und Freudentagen der Musica nicht vergessen, sondern dieselbe in ihren Conviviis und Wohlleben das fürneiiivstc Stück, so zur Fröhlich keit dienet, sein lasten." Weltlickier und geistlicher Art zugleich war die Hausmusik. Anschaulich schildert das Rud. Wustmann (im ersten Band« der „Musik- gcschichte Leipzigs"): „Vor und nach Tisch ein Lied zu singen, war damals in vielen Häusern Brauch; lxst größeren Festmahlen stimmte man an oder ließ man musizieren, singen und spielen ein „Benedicite", „Oculi omnium", „His epulis", „Gratias" oder ein deutscizes „Aller Angen warten", dreistimmig von Cal- visius, zu Beckers „Es roarten auf dich^ und ein „Danket dem Herrn", etwa in Sätzen von Figulus, Le Maistrr, tabuliert von Ammerbach, wohl auch aus Selnecker» Gesangbuch da» vierstimmige „Nun laßt uns Gott dem Herrn", schließlich vielleicht auch eine der entsprechenden Haßlerfchen oder Schützschen Kom positionen." GriMre Festmahle fanden im Rathaus saale statt, ebenso Herren-, Innungs- und Gesellen tänze. Hier, dann aus dem „schuhhause", in den Schulen und Bürgerhäusern wurden Tragödien und Komödien mit Musik auigeführk. Auch kamen 1585 zum ersten Male englische Spielleute nach Leipzig, „so ufen Rathaus« ihr Spiel mit springen und aller lei kurzweilen getrieben . Zur Messe erschien viel musizierendes Volk, und 1630 trat das erste Familien sertett öffentlich aus: „war 1 man mit 5 Kindern, 3 Mägdlein und 2 Söhnen allhier, welche schön snngen und pfeifen kunnten; welches viel Leute mit Verwun derung gesehen, ein «p^etLwi- gab 2 Groschen " Das barocke Jahrhundert liebte die Feste großen Stils, daher auch in Leipzig die Schützenfeste, Uni versitätsjubiläcn, das Iohannisfest, ferner bedeutende politische Ereignisse, die Anwesenheit des Landes Herrn, die Jubelfeier der Buchdruckerkunst, immens ausgedehnte Hochzeitsfeicrn u. a. unter regster An teilnahme der Musik vor sich gingen und Namen wie Schein, Rinckart, Calvisins und Engelmann mit sich in enge Verbindung brachten. Und wie dem Leben, so galt die Musik auch einem gottseligen Sterben. Bekannte Meister widmeten ihre Kunst der Ver tonung von Trauergedichten ltaediae, lamentationes, tnmuli). „Viele Leipziger Bürger bestimmten testa mentarisch Lieder und Gelänge für ihr Begräbnis, andere auch eine jährliche Gedenkmusik au ihrem Todes oder einem andern Tage in der Kirche oder vor ihrem Hause zu singen, deren Ausführung den Thomasschülern gegen Erteilung mannigfacher Stiftungen oblag. Es kam dahin, daß diese öffent liche musikalische Tätigkeit damals als der vor nehmste Zweck der Schule angesehen ward. Die Thomasschulordnung stellt 1634 den alten Brauch fest, daß gemäß den wer Stadtvierteln (grimm- sckzes, Peters-, rcnirischcs und höllisches) vier Zöken eingerichtet wurden, di« Sonntags, Diens tags und Donnerstags nach dem Gottesdienste bzw. »ach einem danach stattfindendcn Begräbnisse „singend Almosen an den Türen sammeln". Als Konkurrenten tauchten öfters fremde bettelnd« Sing schüler auf, „so man in gemein Vaganten nennet , die sollten auf „feine ingcnia" und „in musins" ge prüft, eventuell dabehalten und „aus die Schul ge- nommen", andernfalls - jedoch laut Ratsbettelord nung „mit einem viatico dimittiert werden." Die Thomaskantorei bestand damals aus zwei Chören, deren einer dem Kantor, der andere dem Konrektor unterstand. Jener überragte an Leistungsfähigkeit diesen, was oft zu Zank und Streit führte. Im Jahre 1608 „begann auch die Mitwirkung der Stadt geiger im Hauptgottesdienst zusammen mit dem zweiten Chor, während bei dem ersten die Stadt pfeifer schon seit der Mitte des 16. Jahrhunderts mitspielten." Der Thomaskantor war nicht allein die erste musi kalische Persönlichkeit der Stadt, sondern auch wissen schaftlicher Lehrer. Er ward vom Rate gewählt, mußte auch die volle humanistisch-theologische Lehr befähigung Nachweisen können und den Gesang unterricht erteilen. Ganz allmählich erst wurde der Unterricht des Kantors eingeschränkt, bis er sich zu letzt nur noch auf die Musik erstreckte. Auch lag dem Kantor ob, das erforderliche Notenmaterial zu be schaffen, besten Vorrat dann der Rat den Erben oder dem wegziehcnden Kantor abkaufte. Verschiedene Sondcrverdienste erhöhten das Kantorencinkommen im Durchschnitt um das Dreifache seines ci,rentlichen Gehalts, die sich aus mancherlei Zulagen, Kantorei kollekte, Brautmcsten, Geschenken („ex gradia") und ungewöhnlichen Leistungen zu Ehren der Stadt er- gaben. Reich und mannigsaltig gemischt war da» kirchenmusikalische Repertoire jener Zeit, das Namen aufwies wie Stoltzer, Calvisins, Schein, Agricola, Sinion Cellarius, Heinze, Gallus, Senfl, Iosquin, Vreitengrafer, Engelmann, Demant und Köhler. Nahm der Thomaskantor im Kollegium die dritte Stelle ein, so mußte sich der Nikolaikantor mit einer der letzten begnügen, denn die Musik galt hier we sentlich weniger, obwohl meist die Söhne guter, wohlhabender Vürgersamilicn die Nikolaischule be suchten. „Verhältnismäßig viel Singunterricht wird auch um 1600 in den Mädchen-, Privat- und Winkel schulen Leipzigs gegeben worden sein, wo Choräle und die fromm-volkstümlichen Gesänge Nikolaus Hermanns geübt worden sein mögen; 1596 gab z. B. der Rat „Jungfrau Lucien Schnlmeisterin bei Christofs Küchenmeistern zur Steuer ihres Haus zins" acht Gulden." Im Barockzeitalter taten sich vornehmlich auch die Leipziger Studenten musikalisch hervor. Zunächst auf dem Markte und Gasten, wo sie sich hatten sonderbare Instrumente als große Schlüsse! machen lasten, so man über die vierte Gasten hörte, damit pfiffen sie die Natsverwandten aus." Und „diejenigen welche, nach dem sie Wein gefaßt, und nach schönen Frauen trach teten. von einer Mitterna.b: zur andern mit großen welschen Violen, Lauten. Geigen, Harnfen. Zittern, Fiedlen, Zinken und Pieirsen auf der Gaste berumb- lauk-'n, vagieren, ei» Hosierl-edlein singen und ein Gevlä r i n> C-ci.ul treiben wie die H >nd und Katzen, aus Meinung ihrem allerliebsten Elßlc, das am Fenster lieg! (unaiigesehcn es eben sobald eine lveiße Katz ist) dadurch eine Ebr zu erweisen und ihr Huld und Gnad zu erwerben." Doch veranstalteten die Stu diosen auch groß« festlicl)« Nachtmusiken. Ebenso pflegten sie mit Fleiß die Hausmusik, soweit ßch's „mit Studienplan und Nachtruhe" vertrug. Außer ordentlich häufig wurden aus der Leipziger Studenten schaft heraus die Kantoren- und Organistenstellcn be setzt. Wir finden sie im Erzgebirge, längs der Saale, in Stettin und anderswo. Von den aus dem Kreise der Leipziger Studenten I)«l vor gegangenen geistlichen Liederdichtern seien Rinckart, Schein, Fleming, f»el- Lerus, Etcgmann („Ach bleib mir deiner Gnade"), Heinrich Albert, Seb. Frank Noberthin, C.zeyko, Schirmer, Rist, Maukisch, Hunold und Flitzner er wähnt. Von Wichtigkeit war auch das Choralisten- institut der kurfürstlichen Stipendiaten an der Leip ziger Universität. Diese „alcvoni eleetorale«" bil deten die künftigen Geistlichen und Lehrer, assistierten bei gottesdienstlicher Musik in der Paulinerkirche, sangen bei Universitätsfeiern und hatten ihren eigeney Kantor und Organisten. Zu besagter Zeit gab es in Leipzig zum Aufge bot und De sonst onswerk gehörige Trommler und Pfeifer, vier Stadtpseifer und (später) mehrere Kunst oder Stabtgeiger. Zu d«n vier Etadtpfetfern kam um 1570 noch ein Adjunkt, als die fünssttmmige Musik zur Modesorm erklärt wurde. Auch fand seit Oktober 1599 täglich zweimal das Abblasen vom Rathaus turm mit Zinken und Posaunen statt. Di« Pfeifer erhielten Ratsbesoldung und Dienstwohnung im Stadtpseifer. (Magazin-) Gäßchen, fanden aber ihre Haupteinnahme auf den Hochzeiten in Stadt und Land, von der sie freilich ein Teilchen an Kinder mutter und Amme abgeben mußten. Mit Handel und Herstellung musikalischer In strumente begann damals auch der Leipziger Musi- kalienhandel zu blühen. Auf den uns von früher her schon bekannten Blum folgte Georg Hant^ch, grössere Niederlagen hatten der Wittenberger „Buckfführer" A. Hoffmann und die Leipziger Hck^. Osthausen unb Job. Rose; noch bedeutendere der Verleger des Sei- neckerschen Gesangbuch» Jak. Axel, der auch Calvisius verlegte, ferner E. Vögelin, und, als vornehmster unter allen der Ratsherr Henning Groß. Der Dreißig jährige Krieg brachte zwar hier nicht Weniges ins Wanken, rief aber andererseits auch manche musika lische Gelegenheit hervor in Gestalt von ^stgottes- diensten, Banketten, Ringelrennen, Festtänzen und geistigen Dankfesten, bei deren einem Markus Diete rich aus Brandts, ein Schüler Scheins, als Stud. mus. et theol. seine „Victoria sueva-saronia für fünf Stim men zum Preise der Breitcnselber Schlacht" veröffent lichte. Unter den hervorragenden Musiker» seien hier aus jener Zeit namentlich nur angeführt Ammer bach. Hartwig, Krause. Kertsch, ferner Rude, Neu mann, die drei Findinger uns aus -er Zeit des großen Krieoes Calvisius und Klipstein. Wesentlich dreierlei Art war die Leipziger Musik des Larockjahrhunderts, nämlich Tanz-, Lied- und Kirchenmusik. Zu mannigfaltiger Entwicklung ge dieh das Lautenpräludium, „noch eine mosaikartige Musik, mehr dekoratives Kunstgewebe im Sinne des Barockstils als -er Kunst"; ferner die eine weitere Stufe bezeichnenden. für Tasteninstrumente geschrie benen Stücke Chr. Michaels, aus die die kunstvoller verflochtenen Formen von Fuge, Fantasie und Reigen folgten. Von den in Leipzig geübten Tänzen ge hören hierher der deutsche Reigen, der Springtanz, der Hupfauf oder Hüvferle, der Herzog Moritz-Tanz und >cr Braule. Auch drangen damals nicht wenige ausländische Tänze in LcipZg ein. sodann auch Baucrnreihe» und Schäfcrspiele neben den Mode- täpzen der Pavane, Gagliard« und „Dangleterre". Der Leipziger Geifer Balthasar Fritzsch veroffent- eine ßokdene Damernchr, Rr. 1873-, nebst langer ver goldeter Kette. * verhaftet wurde «in 20 Jahre alter Arbeiter von hier, der sich eines Fahrraddieostahl, schuldig ge- macht hatte. Das Rad konnte ihm wieder a-bgenom men werden. — Dasselbe Schicksal erreichte «inen 40 Jahre alten Arbeiter au« Schöndorf, der beschul digt wird, ein Portemonnaie mit 220 gestohlen -u baden und deshalb von der Staatsanwaltschaft in Naumburg gesucht wurde. * gtrofter t-tnbruchüvtebitahl. Sonntag nach mittag in der Zeit von 3 bis 8 Uhr haben Diebe einen Einbruch in einem Hause in der Uferstraße verübt und 1240 geraubt. Außerdem haben sie einen schwarzen, steifen Filzhut, in dessen Steif leder die Buchstaben W., B. und E. eingelocht sind, sowie einen ichwarzen Epazierstock mit silbernem, gebogenem Griff mitgehen heißen. * Der versolgte Dieb. 2n der Windmühlenstraße entwendete ein 24 Jahre alter Arbeiter aus Volt marsdorf ein Fahrrad. Der Diebstahl wurde recht zeitig bemerkt und der mit dem Rad flüchiende Dieb von einem Radfahrer verfolgt, in der Hospitakstraße eingeholt und der Polizei übergeben. Hier legte er sich zunächst einen falschen Namen bei, doch tonnte seine Persönlichkeit bald sestgesteüt werden. Offenbar hat er eine ganze Anzahl gleicher Diebstähle verübl. Neun Diebstahle konnten ihm bereits nachgewiesen werden. Die Eigentümer dieser Räder sind ermittelt. * Erfolgreicher Kreditschwindler. Bei einer Familie in der Hospitalstraßc mietete sich ein angeb licher Kaufmann Eduard Schönenberg aus Gelsen kirchen ein, der unter unwahren Angaben Kredit er langte und dann verschwand, ohne Zahlung zu leisten. Er war etwa 30 Jahre alt, mittelar^sz, träftig. hat blondes Haar, blondes Schnurrbärtchen, truz dunklen Iackettanzua, grauen Paletot, grauarünlichen weichen Hut und führte einen Stockschirm vei sich. * Die alte Gcschichte. In der Brüderstraße kam Sonntag abend ein Schlosser aus L.-Conncwitz beim Aufspringen auf einen im Gange befindlichen Straßen bahnwagen zu Falle und erlitt außer einer Ver letzung am Kopfe auch innere Verletzungen, so daß er ins Krankenhaus geschafft werden mußte. k Wegen Lohndifferenzen legten in einer Leipziger Speditionsfirma die Geschirrführer die Arbeit am Montag vormittag nieder, nahmen sie aber nach kurzer Zeit wieder auf, da eine Einigung mit dem Arbeitgeber zustande kam. «.Verhängte Sperre. Für die Steinmetzen in der Kunststeinbranche Leipzigs und der Umgegend ist ein Akkordtarif ausgearbenel und den Arbeitgebern unterbreitet worden. Da mehrere Firmen den vorge legten Tarif nicht anerkennen, so hat die Leitung der Gehilfenorganisation die Sperre über diese Ge schäfte verhängt, d. h. tm Gebilfenverbande organi sierte Gehilfen dürfen dort keine Arbeit annehmen. pN Sturz vom Gerüst. Montag vormittag kurz vor 8 Uhr stürzte der Arbeiter Adalbert Elocylar. in Mockau Wilhelmstraße 9 wohnhaft, am Tbürin ger Vahnhof vom Gerüst und erlitt einen Knöchel bruch am linken Fuß. * Lasö Römische» Hau». Da» in letzter Zett so außerordentlich beliebte römische Lafö erfreut sich täglich des besten Zuspruches. Außer der anerkannt vorzüglichen Bewirtung tragen daran die täglich stattfindenocn großen Wiener ..Praterfeste" die Haupt schuld. Die exzellente Künstlerkapelle unter iürem exzentrischen Dirigenten Rtgo fesselt die Aufmeri samkeit durch die elegante Hofballtracht, in der sic lichte zwölf Paduanen (nebst Gagliarden) für vier Instrumente — die ersten nachweisbaren Leipziger Streichquartette! Als Ein-, Auf- und Abzugsmusil erfreute sich auch die Intrade großer Beliebtheit, als deren Verfasser u. a. 1619 ein Hausmann, Lossius und Struckius genannt werden. Zwischen 1610 und 1650 galt in Leipzig die Courante als modernster Tanz; zu gleicher Zeit auch kultivierte man „Ballette"; Reigen -er olympischen Götter, zu denen einer -er Götter sang — eine Art Chorea, wie denn auch Schein gelegentlich Balletts postorale mit Hirten reihen übersetzte. In Leipzig fand auch das mehrsiimmige Kunstlied seine Stätte. Gesänge von Isaak, Hosheimer und Mar. hinger waren beliebt und bi« Freude am Koloratur werk mit seinen vielverschnörkelten „Läuferlein" blieb nicht aus. In Ammerbachs Tabulaturbuch (1571), der „ersten deutschen Klavierschule", finden sich Lied- und Tanzbearbeitungen. Die größte Samm lung weltlicher Lieder ttn Lautenfatze lieferte 1600 Ioh. Rude mit den zweibändigen .Flores Musicae"; ein Werk, das ungefähr 160 nach italienischen, fran zösischen und deutschen Mustern gesetzte Gesänge ent hält. Fünf Jahr« früher waren schon zur Leipziger Michoelismeffe Demant» Sammlung „weltlicher deut scher Lieder" und dann 1608 Lamberg» „teutsche Ge- sänge" veröffentlicht worden. Ihnen folgten Stu dentenlieder und 1609 Scheins Erstlingswerk „Das Venuslränzlein". Neben dem Madrigal kam di« viel leichtere Villanella in Gang. Und Scheins „Musica boscareccia oder Waldliederlein", an deren „Namen das Leipziger Rosental Anteil hat, waren der beste Treffer auf dem Gebiete des deutschen Kunstliedes während des Dreißigjährigen Kriegs . . . Um 1620 näherte sich Schein dem einstimmigen, schlichten Kunst liede mit beziffertem Baffe, da« im ganzen barocken Jahrhundert in Leipzig lebendig war". Schon zu Ammerbachs Zeit stand fugierter und homophoner Choral, Tenor- und Diskantführung nebeneinander. Lautentabulierunge« von Thorälen folgten. 1596 erschienen die Kirchengesänge und geist lichen Lieder von Calvisius und 1627 vollendet« Schein sein lange vorbereitetes „Cantional". In mitten des großen Kriegs kamen die kleinen geist lichen Konzerte von Heinrich Schütz heraus und 1648 widmet« dieser große Meister dem Leipziger Rat als Patron des Thomanerchors sein« „Geistliche Chor musik". Di« Hauptform der damaligen großen Kirchenmusik war di« Motette, von der uns die Sammlungen von Ammerbach und Rühling eine gute Anschauung gel^n. Motetten erschienen ferner in dem berühmten „Florilegium Portense", in (des älteren Engelmann) „Qnodlibettcm novum latinum 5 vocum cum Basso" und Scheins „Cymbalum Sionium". Als neu« Form kam zu jener Zeit auch das geistliche Kon zert auf. Den ersten Teil seiner geistlichen Konzerte veröffentlichte Schein 1618. Der Meister hatte den Gedanken gefaßt, „die ersten Strophen eines Jahr ganges von Leipziger Kirchenchorälen für konzertie renden Gesang zweier Diskante in der freien Rhyth mik der modernen italienischen Konzertmusik in ab- wechselndem, streitartiqem Ineinandergrcifen zu kom. ponicren. getragen von einem Blasinstrument (Trom. bone, Fagott ober Viola grossa, je nach dem prächtigeren oder stilleren Charakter des Sonntags und der Größe des Raums) und der bezifferten Orgel stimme. die l>ei Ausführung daheim auf einem Clavicimbel oder aus einer Theorbe ausoefiihrt wer. den könnte . . . Hier wurde ein erster Schritt getan auf jenem WKge. wo Sebastian Bach ans Ziel gelan gen sollt«, im besonderen zn der Chor-alkantate, di« 120 Jahr« später einer der Gipfel von Bach» Leip ziger Kirchenmusik wurde".