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Ni ip.rigcr TagMM s 14 692 lNacht-.schluh) Sel.-ÄNschl.^ 14 69» l 14 694 Lc>..Ä»,chl.!!E Handelszeitunq s 14 694 Amtsblatt des Nates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Redaktion und Geschäftsstelle: Iohanntsgass« 8. Haupt-Filiale Dresden: Seestraste 4. i (Telephon 4S2li. fttr Inserut« au, Leipzig und Umgebung »t« lfpaltig« v«titzeil« 25 Ps^die Reklame- z«il« 1 Mk.. von auswärt, 30 Ps^ Reklamen LA Mk.: Inserate von Behörden im amt. lich«n Teil di« v«tir,eil« SO «s. G«IchLft»anz«tg»n mit vladoorschnstrn u. in der Ab«ndau»gab« im Preise erhöht RabattnachTarif. Beilagegebuhr Gesamt auflag« 2 Mk. p Tausend erkl. Postgebühr. Teilbeilag« höher. F«fterteilt« Aufträge können nicht zuriick- aerogrn w«rd«n. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: Iohanni.gaste 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Ezveditionen des In- und Ausland«». Den« and Verlag de» Leipziger lag«» blatte» kk. Palz. Inhaber: Panl Rürste». Nr. 200. 105. Zshrgsng /rellsy, üen 21. Juli lSII Die vorliegende Ausqabe umsaßt 6 Seilen Oie Mächte unü üerLtssislttelch in Perlien. Daß man in Europa den Vorgängen in Persien rege Aufmerksamkeit zuwendet, ist selbstverständlich. Nicht nur Rügland und England haben im Perser reiche wichtige Interessen, sondern auch andere Mächte, insbesondere Deutschland. Wir machen freilich nichl, wie die veiden erstgenannten Staaten, politische Ansprüche, wohl aber solche wirtschaftlicher Natur. Das ist auch von der deutschen Negierung wiederholt betont worden mit dem Bemerken, daß oie Bedeutung dieser wirtschaftlichen Interessen nicht unterschätzt werden dürfe. Unsere Handelsbeziehun gen mit Persien versprachen eine gute Entwicklung, und es gab sich in den beteiligten Kreisen dafür ein steigendes Interesse kund. Die deutsche Ausfuhr sand durch die Einrichtung einer direkten Dampfer verbindung von Hamburg nach den Häfen des per sischen Golfs rege Förderung, und auch sonst geschah zu diesem Zwecke manches. Daß die Bagdadbahn die Leutsck>en wirtschaftlichen Interessen in Persien weiter vermehren und zur Erschließung des Landes beitragen wird, ist klar. Deutschland liegt vor allem daran, daß in Persien Ruhe und Ordnung ein- tehren, damit die innere Entwicklung des Landes r icht länger gehemmt werde; deshalb kann man das Borgehen des Exschahs nur bedauern, weil es Persien voraussichtlich doch nicht stetige Verhältnisse bringen wird. Rußland sieht die Rückkehr des Ex schahs auf den Thron jedenfalls nicht ungern, da es hossen kann, dann auch seinen unter den jetzigen Machthabern in Teheran stark geschwächten Einfluß wieüerzugewinnen. Die Petersburger Regierung hat sich verpflichtet, etwaige Versuche, Mohammed Alis, wieder auf den Thron zu gelangen, nicht zu unter stützen. Offen wird das auch kaum geschehen sein, aber man nimmt in Teheran und auch in London — icoenfalls nicht mit Unrecht — an, daß Mohammed Ali ohne Duldung Rußlands den Schritt nicht gewagt naben würde. Vorläufig spielt man an der Newa noch Len von der Landung des Lxschahs auf persischem Boden völlig Uederräschtcn. Das findet, wie schon gesagt, in England wenig Glauben, und um so größeres Interesse widmet man dort Len persischen Vorgängen. Die englisch russische Verständigung vom Jahre 190t> enthält auch Bestimmungen wegen der Abgrenzung der beider seitigen Interessensphären in Persien, betont aber die Respektierung seiner Selbständigkeit und das Prinzip -er offenen Tür in wirtschaftlicher Beziehung. Die unsicheren Verhältnisse in Südpersien hatten England vor einiger Zeit zur Landung von Marinetruppen am persischen Golf veranlaßt, aber auch bei dieser Gelegenheit betonte die Londoner Regierung, daß der Schritt keine Verletzung der Integrität Persiens bedeute. Man darf annehmen, an der Themse werde man sich der Aktion Mohammed Alis gegenüber zu nächst abwartend verhallen und erst eingreifen, wenn wichtige englische Interessen gefährdet sind. Zu einer Parteinahme für oder gegen den Exschah hat man weder in London noch anderswo Veran lassung und es kann nur gewünscht werden, daß die neuen Wirren, die über Persien hereingezogen sind, bald vorübergehen, ohne dem Lande schwere Schädi gungen zuzufügen. Zur Lage liegen folgende Draht meldungen vor: Petersburg, 21. Juli. (Eigene DrahtmeldZ Die russischen Blätter melden aus Teheran: Die Regierung setzt Teheran in den Verteidigungszustand. Es herrscht absolute Ruhe. Der jahrelange Haß der Teheraner gegen das Regime des Exschahs hat alle Volkskreise geeinigt. „Nusti" meldet aus Hamadam: Prinz Salar ed Daulch sitzt ohne An hänger in der Stadt. Der vor Ankunft des Prinzen flüchtig gewordene Gouverneur ist mit 600 Mann vor der Stadt erschienen und trifft Anstalten zu deren Be lagerung. „Rjetsch" meldet aus A st r a b a d: Die Turkmenen haben sich noch nicht für den Exschah erklärt. Nur etwa 2 bis 3 Nomadenstämme bilden bisher das Gefolge des Exschahs, der überall Truppen anwirbt und die öffentlichen Kaffen in Ästraüad mit Beschlag belegt hat. London, 21. Juli. (Eigene DrahtmeldungZ Wie „Erpreß" aus Teheran meldet, hat die Regierung den nach Persien zurückgekehrten Exschah außer dem Gesetze stehend erklärt und die krieg- gerichtliche Aburteilung seiner Anhänger beschlossen. Die Einsetzung des Kriegsgerichts in Teheran ist bereits erfolgt. Nach Wcramin sind 1000 Mann Truppen entsandt, während in und um Te heran 18 000 Mann innerhalb 8 Tagen konzentriert sein sollen. Berlin, 21. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Die deutschen Interessen in Persien sind durch die Anarchie in Persien ernstlich gefährdet. Die Neichsregierung hat den deutschen Gesandten in Teheran beauftragt, bei der persischen Regierung wegen der auch deutsche Staatsangehörige schäd: genden Räubereien in Astrabad Vorstellungen zu erheben. Marokko. Die Erörterungen über den Zwischenfall von Ellsar gehen immer noch weiter, weil gewisse französische Kreise noch nicht durch die spanischen Erklärungen be friedigt sind. Folgende Telegramme liegen vor: Madrid, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Die Mehr zahl der spanischen Blätter gibt ihrer Meinung dahcn Ausdruck, daß der Zwischenfall von Elksar durch die Erklärungen des spanischen Ministerpräsi denten Canalejas als erledigt anzusehen sei. Viel kommentiert wird daher -ine Meldung, der zu folge der französische Botschafter in Madrid, Geoffray, erklärt haben soll, daß Frankreich durch die spanisä-en Erklärungen noch nicht befrie digt sei. San Sebastian, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Der Minister des Aeußern Earcia Prieto erklärte in einer Unterredung gestern, das in Elksar angeordneie Verbot des Waffen trage ns entspreche nur bekannten früheren Vorgängen. Er erinnere an Fez, wo eine besondere Verordnung erlassen worden sei, und an Tanger, wo man eine solche auf Bitten des Machsen jüngst wieder in Er innerung gebracht habe. „Krieg dem Kriege." Madrid, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Der spa- Nische Sozialistenführer Pablo Iglesias kündigt eine große gemeinsame Aktion der spani schen Sozialisten zugunsten des Welt friedens an. Wie Iglesias erklärt, habe bereits seit einiger Zeit die Absicht bestanden, eine umfang reiche Agitation unter -en arbeitenden Klaffen aller zivilisierten Mächte gegen -en Krieg ins Leben zu rufen. Die spanisch-französischen Marol'kodiffercnzen seien diesem Plane hinderlich gewesen; durch das tat kräftige Eingreifen der deutschen Genossen jedoch würde bereits in allernächster Zeit eine großzügige Propaganda mit der Devise „Krieg dem Kri-gc" ins Leben treten. wjeüerbeginn ü?s englischen Seenmnnsltrerks? Schon in ter gestrigen Abcndnummcr brachten wir die Meldung über neue Streikunruhen in N c w p o r t und Cardiff, die auf ein Wiederausflackern ter Bewegung schließen ließen. Auch die heutigen Mel dungen scheinen diese Möglichkeit zu bestätigen. Ob der neue Ausstand größeren Umfang annehmcn wird, bleibt abzuwarten. — Folgende Nachrichten lie gen vor: Barr»), 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Aus Sym pathie mit den ausständigen Werftarbeitern von Newport und Cardiff legten auch die hiesigen Werftarbeiter die Arbeit nieder. Cardiff, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldungZ Gestern abend fand hier eine Massenversammlung von Ar beitern statt, an der 50 000 Personen teilnahmen. Nach -er Versammlung wurden überall in C a r d i f f Angriffe auf chinesische W a s ch a n st a l t e n gemacht. Die Fenster wurden eingeworfen und die Geschäftsräume erbrochen. Eine Wäscherei wurde in Brand gesetzt. Da diese Angriffe fast gleichzeitig unternommen wurden, konnte di« Polizei nicht überall zur Stelle sein, bevor Schoden angerichtet wurde. Die Londoner Polizei eilte sofort auf den Schauplatz der Unruhen. Man befürchtet ernste Z u s a m m e n st ö ß e. politische Nachrichten. Unfall eines Reichstagsabgeorduetcn. Berlin, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Der sozial demokratisch Abgeordnete im Reichstag Zubeil wurde gestern abend von einem Straßenbahnwagen umgeworfen. Er erlitt anscheinend innere Ver letzungen und wurde mit einem Krankenwagen in seine Wohnung gebracht. — Zubeil vertritt den Reichstagswahlkreis Teltow — Charlottenburg — Schöneberg — Rixdorf und ist Mitglied des Reichs tages seit 1893. Gegenseitige Anerkennung der philologischen Prü. fungszeugnisse. Berlin, 21. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Wie amtlich mitgeteilt wird, wurde zwischen dem preu ßischen Kultusministerium und der hessischen Negie rung ein Abkommen wegen der gegenseitigen Anerkennung der Prüfungszeugniffe für das Lehr amt an höheren Schulen getroffen. Streik der Straßburger Straßenbahner. Straßburg, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Nach dem d:e Depotarbeiter der hiesigen Straßenbahn schon vor einigen Wochen die Arbeit niedergelegt hoben, wurde heute nacht in einer Versammlung sämtlicher Angestellten der Straßenbahn der A u s st a n d er klärt. Straßburg und Vororte sind h«ute ohne Straßenbahn verkehr. Statt einiger vierzig, wie sonst, sind heute morgen nur vier Züge ausgesahren mit dem wenigen Personal, das sich zur Arbeit cingcfunden hatte. Kein neuer Pairsschub? London, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Konser vative Blätter melden, -aß der König einen P a i r s- schub abgelehnt habe. Eine Bestätigung dieser Meldung bleibt abzu warten. Beschießung eines russischen Ballons durch Russen. Breslau, 20. Juli. (Eig. DrahtmeldungZ Noch einer Nachricht von der russischen Grenze zeigte der russische Leutnant Schwoljew der Militärbehörde an, daß auf einen Militärballon, mit dem er über die prcußstck^e Grenze geringen war, bei der Rückkehr über die Grenze von der russischen Grenzwache Schüsse abgegeben wurden. Es wurde eine strenge Untersuchung sosort eingeleitet. Zur Revolution aus Haiti. Washington, 21. Juli. (Eigene Drahtmelvung., Wogen -er Revolution auf Haiti will die amerikanische Regierung eine genügende Flotte »macht dorthin zusammenziehen. Das Kanonenboot „Petrel" liegt bereits vor Gonaives. Der Kreuzer ..Desmoines" ist nach Port-au-Prince unterwegs. Der geschützte Kreuzer „Chester" soll nach Kap Haitien und Las Kanonenboot „Peoria" nach Fort Liberi,s gehen. Zur Lage in Mexiko. San Antonio, 21. Juli. (Eig. DrahtmeldZ Große Scharen von Ausländern sind aus Mexiko hier ein getroffen und berichten daß in der Stadt Torreon und im Staate Coahuila Anarchie herrsche. Bus Leipzig unü Umgegenü. * Leipzig, 21. Juli. Wetterbericht der König!. Sachs. Landeswetterwart« zu Dresden. Voraussage für Sonnabend,-en 22. Juli. Gewitterneigung, sonst keine Aenverung de* Wetters. Pöhl berg: Schwacher, anhaltender Tau, glän zender Sonnenunter- und -aufgang. Abend- und Morgenrot. Fichtelberg: Schwacher, anhaltender Tau, rascher Sonnenuntergang, glänzender Sonnen aufgang. Abend- und Morgenrot. Temperatur des rNuszwaslerü. -0. 2uli akds. 6 lltzr -1. Julr srü!> "> Uhr 2! dulr mllns. 2Ul>r Germaniabad «Picm«, 20,5° 0 20.0 0 2'0 c Schwimmanstalt(Eu,er) 20 5'0 19,5" 0 20.0 0 Sportplatzbad <t.'uppe> — - — Gcmcindebad Schönefeld (Pnrth-, 18.5' ' - 17.5' 0 18,0° 0 " Jubiläum. Bei der Firma E. Dienst, erste Leipziger Akkordion- und Musikwerkcfabrik, in Gohlis beging am 15. Juli der Maschinenmeister Anton Florian Grasser sein 25jähriges Jubiläum. Als Vertreter der Kreishauptmannschaft überreichte Re- Ole schone Erzellen;. 011 Roman von T. Tschürnau. lNochoruck verboten.) Gülzow würdigte ihn keiner direkten Antwort. Er trat an die Tür. „Linen Moment, lieber Eölling!" rief er nach dem Tisch hinüber. Der lange Leutnant war mit drei Schritten bei ihm. „Wollen Sie mir einen Dienst erweisen?" fragte Erich >o gleichmütig, als ob es sich um eine gering fügige Kleinigkeit handle. „Hundert für einen!" erwiderte Eölling in dem nämlichen leichten Tone. „Ich schlage mich morgen mit dem Prinzen Tcrtfchakoff, wollen Sie mein Sekundant fein?" „Wird mir zur besonderen Ehre gereichen!" „Sehr wohl! Dann haben Sie wohl die Güte, sich über alles Nähere mit dem Lcgationsrat von Dahlen zu verständigen. Die Wahl der Waffen über lasse ich dem Belieben des Prinzen, dagegen bitte ich Sie, dafür zu sorgen. Laß eine möglichst frühe Stunde des morgigen Tages für das Zusammentreffen an gesetzt wird." Er ging zu den andern zurück, mit denen er weiterplauterte, während Gölling im Nebenzimmer mit dem Legationsrat so fremd und kühl verhandelte, als sähe er ihn heute zum ersten Male im Leben. Nach wenigen Minuten erschien auch Gölling wieder bei den übrigen; der Legationsrat hatte es vor gezogen. sich auf anderem Wege zu entfernen. Gül zow stand bald nachher auf; er hatte bis zum Morgen noch manches zu ordnen, und die Zeit war ihm karg zugemessen. Der Leutnant begleitete ihn heim, um ihm unterwegs alles Nötige mitzuteilen. Die Zeit des Duells war auf acht Uhr morgens festgesetzt, der Ort ein Kieferngehölz, das zu Wagen in etwa einer halben Stunde zu erreichen war; für die Waffen — Pistolen — sollte die Gegenpartei, für einen Arzt Gölling sorgen. ..Ich hole Sie fünfzehn Minuten noch sieben mit meinem Wagen ab", schloß Gölling. ..Mühlensiefen. der Ihnen ja wobl als zweiter Zeuge recht ist. mag mit d,m Doktor in einer Droscbke folgen " Sie gingen eben über die Strombrücke. Unter ihnen wälzte der Fluß schwerfällig seine mit Eis- ickwUen übersäten Wogen; am Himmel zogen dich!« Wolken hin, aus denen groß« weiße Schneeflocken herabfielen. Es war nächtig still rings umher; die beiden Herren hörten nur das Anschlägen der Eis schollen an die Brückenpfeiler und das Geräusch ihrer eigenen Schritt«. „Ich habe Ihnen nach etwas mitzuteilen, lieber Eölling", sag!« Gülzow nach einer kurzen Pause. „Cs widerstrebte mir, dort vor allen L«n Herren «ine Er klärung zu geben über den Sachverhalt, den Tertscha- toff augenscheinlich sehr entstellt hat. Sie sollen die ganz« Wahrheit wissen." „Ganz unnütz, lieber Freund!" wehrte der lange Leutnant ab; „ich weiß, auch ohne die Tatsachen zu kennen, daß Sie jedenfalls als Kavalier und Ehren mann gehandelt haben." Gülzow drückte ihm die Hand. „Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen", sagte er, „aber immerhin — andere können anders denken. Sollte ich fallen — es ist nicht wahrscheinlich, aber -och möglich — jo bitt« ich Sie, der Verleumtung cnt- g«genzutreten, die sich — ich zweifle gar nicht daran — an meinen Namen heften wird. Man hat sich schwer genug entschlossen, an meine Bekehrung zu glauben; jetzt wird man nur allzu bereit j«in, zu -er früheren Meinung über mich zurückzukehren. Die Szene im Treppenhaus« hatte einige Zeugen gehabt — Lakaien —, aber vermutlich werden sie schweigen über das, was sie gehört und gesehen haben. Wir dürfen nicht r^rgessen, daß es sich um einen Ver wandten der Herzogin handelt. Jedenfalls wirr es günstig für mich sein, wenn Sie soso't — ob ich nun lebe oder sterbe — die Initiative ergreifen und Herrn von Mühlcnsiefen sowie den andern in m-inrm Namen di« Erklärung wiederholen, die ich Ihnen hier auf Ehrenwort abgeben werde." In kurzen Worten schilderte er, was vorgesallen war. „Mir", so schloß er, „liegt persönlich nicht das ge ringste an der Meinung -er Gesellschaft; ich brauche Ihnen das wohl kaum zu jagen. Wenn ich dennoch diese Vo'sichtsmaßrcgeln ergreife, jo geschieht es um meiner Braut willen, die ich von ganzer Seele liel>e und in deren Augen ich nicht als Verrät«! dastelfen will. Da sind wir ongelangt! Leben Sie wohl! Ich erwarte Sie -u der von Ihnen genannt«» Zeit!" Es schneile nicht mehr am anderen Morgen, als Gölling bei de' Villa norsuhr. um -en Grafen abzu holen; ab.r die Luft war -ick, und eine graue m«lan cholisch« Färbung leg über Himmel unk Erde. Gülzow saß während der Fahrt schweigsam un ernst neben dem langen Leutnant. Er gab sich nicht die Mühe, eine Gleichgültigkeit zu erheucheln, die er nicht empfand; wußle er doch, daß der andere feinen persönlichen Akut nicht bezwcifeln würde. Gölling störte ihn nicht; er ahnte, wo die (bedanken -cs Grafen weilten, und er wußte sehr genau, -aß nicht Sorge um das, was die nächste Stunde bringen konnte, die Urjacli« dieser finsteren Schwermut war. Gülzow hatte während der Nacht einen langen Brief an Sascha geschrieben, den Gölling ihr im Falle seines Todes überbringen sollte. Die ganze Fülle seiner Liebe, seines Schmerzes, die ganze Verzweiflung über sein verlorenes Glück hatte er in diesem Briese nieder gelegt. Die Wahrheit hat ihre eigene Stimme, namentlich wenn sie non jenseits des Grabes kommt. Man glaubt dem Toten, was man vielleicht dem Lebenden nie geglaubt Hütte. Das eben war es, was ihn so fnrchtb r peinigte. Wenn er lebend zu ihr zu- rücikehrte, wenn er sie bat: „Vertraue mir, urteile nicht nach dem Schein!" Würde sie es tun? Würde sie es können? Und ivenn sie es nicht konnte? 'Wenn sie dennoch gleich aller V5elt glaubte, daß die unselige Leidenschaft für die schöne Exzellenz ihn wider Willen fortaerissen habe? Wenn sic den Mut nicht sand, sein Weib zu werden, wenn sie sich von ihm abwandte? Er konnte dir entsetzliche Idee nicht los werken, daß «r sie ver loren habe. Mit unsägliclfer Bitterkeit dachte er daran, daß von jeher das Geschick ihm seine glänzend sten Gaben in den Schoß geworfen und ihn dann ver hindert Hal«, sic zu genießen. So ktucb jetzt. Er hatte das höchste Erdenglücl schon zu besitzen geglaubt, und nun sah er es wieder in nebelhafter Ferne verschwin den. Er hat:« kcn berausstxnken Trank einer großen, seligen Liebe schon an die Lippen gesetzt. Da riß die dunkle Macht, die über seinem ganzen Leben ge waltet hatte, im letzten Augenblick den Becher von reinem dürstenden Munde. Der Wagen hielt; die beiten Herren stiegen aus und gingen von der Land straße aus einen Seitenweg entlang, -er das eben nicht breite Gehölz gucr kurchschnitt. In zehn Mi nuten waren sie an ihr Ziel gelangt. Noch war di« Gegcnvartei nicht hier. dagegen warteten der Doktor «in- Mühlensiefen schon, d«r letztere, ein schneidiger, junger Offizier von Eöllings Regiment, d«r erstere ein hagerer, etwa d'ejßigjähriger Mann mit ge scheitem Gesicht. Es war ein öder Ort, an dem die l vler sich zusammenfanden; rechts war das Kiefern gehölz, links ein von dürrem Schilf umstandener Tümpel und jenseits desselben, etwa hundert Schritte davon entfernt, eine Zicgelbrennerei, die jetzt im Winter verlaßen war. Die Luft war so dick, daß man die Türme und Häuser der nach Süden zu gelegenen Stadt, so nahe sic auch waren, nicht mehr erkennen konnte; rings sah man nur kahl« Felsen und nach Osten und Norden zu dunkle Kiefernwaldungen, deren Konturen sich bald in dem trüben Grau verloren. In die sumpfige Grasnarbe, auf der die Herren standen, sanken ihre Füße lief ein; dazu begann die feuchte Luft sich in einen feinen Regen aufzulöfen. Es war eine keineswegs angenehme Situation, und ein Ge spräch wollte, so große Mühe man sich auch darum gab, nicht recht in Gang kommen. Gölling sab nach -er Uhr. „In fünf Minuten acht", sagte er, „die Herren könnren hier sein." „Da kommen sie schon!" rief Mühlensiefen, auf ton Waldweg deutend. Außer d«m Prinzen und Dahlen war noch ein Herr von Kirstein da, einer von den Intimen Tertscha- lofss. Dahlen trug einen kleinen Kasten, in dem di« Pistolen waren. Man grüßte sich höflich. Gülzows Haltung war vollendet. So schwer ihm auch zumute sein mochte, er besaß doch jene unerschütterliche Gc- laffcnheit des Weltmannes, die in dem gegebenen Augenblicke immer alles andere den Erfordernissen des Anstandes unterzuordnen weiß. Auch der Prinz benahm sich vollkommen korrekt. Er trat zu dem Duell an mit dem nämlickten Gleich mut. als ob er zu einer Quadrille ä s„ ec»ur ang«- treten wäre. Nur sein Gesicht entsprach nicht d«r Ruhe der Haltung. Ein tückisches Leuchten war in seinen Augen wie in denen des Tigers, der nach Blut dürstet. Gölling. der ihn scharf beobachtet hatte, trat, wcih rend Mühlensiefen und Kirstcin di« Plätze für di« Duellanten abst«ckten, zu Gülzow heran. „Um des Himmels willen, schonen Sie ihn nicht", bat er leise, „machen Sie ihn sofort kampfunfähig. Ich sage Ihnen, Gülzow, so wahr ich hi«r vor Ihnen steh«: Wenn der Mann dort drüben es kann, wird er Sie töt«n." Gülzow nickt« nur. (Fortsetzung in der Morgenausgabe )