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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140113016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-13
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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>14 ISS. Jahrgang Morgen-Ausgabe Nr. 21 1914 viensisg, aen lS. gsnusr. Vie 2 1 des ung. des die retreibcn g einzu- den liger sic». * Der Statthalter von Elsaß-Lothringen, Gros Wedel, wird am Donnerstag in Berlin zum Dor trag bei ni Kaiser erwartet. (S. bes. Art.) * Die amtliche Untersuchung wegen der Zustände auf dem Postamt in Zabern ist zugunsten der dortigen Postbeamten ausgefallen. her: und und nitz: für Für * Don der Ostsee wird ein Abflauen Nordsturmes gemeldet. Der Rhein und Donau führen Hochwasser. (S. bes. Art.) * Durch den Ausbruch eines Vulkans ist die japanische Stadt Kagoschiina in Brand ge raten. (2. Nachr. v. Tg.) . * Zum neuen französischen Botschafter in Petersburg wurde der Direktor für politische und Handelsangelegenheiton im Ministerium Aeußereu Palöologue ernannt. (S. Ausl.) der Berliner Zahlstellenbiblioihek, wo von insgesamt 23 entliehenen Büchern nur 2,2 Prozent der Sozial-' wissenschaftlichen Literatur, dagegen 67,7 Prozent der Unterhaltungslektllre angehörten. Zu diesen Tatsachen spricht fick, Genosse W. Nitsch ke in den „Sozialistischen Monatsheften" folgendermaßen aus: Zeder ernste Genosse hat eben das Gefühl, daß aller unsrer Bildungsarbeit zum Troß die Masse der organisierten Arbeiterschaft im Grunde von den Zielen und Aufgaben der Be wegung wenig weiß. Die aro^e Masse der Arbeiter trottet im allgemeinen Zuge mit, läßt sich durch die Bewegung führen, ohne danach zu fragen, wohin sie eigentlich führe n." Vas wichtigste. * Am heutigen Tage nehmen der Reichstag und der sächsische Landtag nach Beendigung der Weihnachtsferien ihre Arbeiten wieder auf. cht inuar. vor dem Artisten orde an Hopf ist erlernt Narokko Künstler Zarietos en, daß -ammel n Hieb seines ich nur l Geldc is ein ntierte. us, wo ihm in reniaen sstorven ie starb sich in rrungs- he der hr eine ruf die genom- Liescr als es Unter er mit der sie Nutter zu ihm wieder Frau t 1908 Mark- a. M. na der seine rgistet Offcn- : aus-, Hopf Grün- Dres- Man : Ehe >er in r die l ver halte, unter eßlich fest- »acht' hließ- raten emp- Koic- nißte ß er sich, Ver achte !abo- uren leisch eben vcr- cren s ist later kür ««ipzig vn» Vororte »arch unser« krSaer Avprklf k » vuö SpeSNeure rmpl täglich ins you» gebracht« msaalltch I.U M.. vierteijähriich S.75 M. Sei Ser cheschüftsgeUe, unser« KtUaie» unü NusgobesteUea abgetzolt: monatlichlM.,vl»rt»Ii<ihrllchSM. durch -i« Post: Innerhalb deutschianüs unS -er üeutschrn Kolonie« awuatlich l^s M., virrteiiShrUch 4.LS M-, ousschlletzlich postbesteUgelS. da» Leipziger Tageblatt erscheint werktags rmal, Sonn- u. Zeiertags lmal. I» Leipzig, »en Nachbarorten und -en Orten mit eigenen Lilialen wird tzt« Nb«»Sau»gad« noch am sibenü »«» rrscheinen» in» Hau» geliefert. Leriiner N«Soktto«:0n ürn ZeUen l7. Zernsprech-Nnschlutz: Moabit Ur. 447. Politik -es Herrn örian-. Von Alfred Lapu». Herr Briand steht, seitdem er die neue Partei gegründet hat, deren Hauptziel der Sturz des gegenwärtigen franzö sischen Kabinetts und namentlich die Vereitelung der Steuerpläne des Finanz ministers Caillaux ist, wieder im Vorder grund. Darum verdient in diesem Augen- olick die Charakteristik Beachtung, die Alfred Tapus — er ist nicht nur der witzigste Lustspieldichter, sondern auch einer der schärfsten Beobachter im poli tischen Leben des heutigen Frankreich — hier von Herrn Briand gibt. Die Redaktion. Unsere Politik ist aus dem Schlamm über die Zer fahrenheit. die Clömenceau so richtig oorhergesagt hat, zur Phase der Verdutztheit gelangt. Parlamen tarische Reden, Intrigen, Tagesereignisse, bandelnde Personen — alles dreht sich im Kreise, alles tanzt vor den Augen des Zuschauers. Die Minister schwanken und halten sich aufs Geratewohl bald an der Tribüne, bald an der Ministerbank fest. Die Presse empfängt das Gefühl des Verdutztseins aus erster Hand und übermittelt es getreulich dem Publikum. Spricht man einen Börsianer, einen Klub mann, einen Künstler — keiner kennt sich mehr in unserer Politik aus. Alle vermissen die logische Ver kettung der Tatsachen, alle fürchten Ueberraschungen, selbst freudiger Natur, und niemand glaubt an ein gutes Ende. Briand ist der Mann des Tages; von ihm hofft man noch eine Klärung der Lage. politische Ueberlictit Vie Masse -er sozial-emokratischen Wähler. v. I-O. Bekanntlich weist die organisierte Sozial demokratie immer darauf hin, daß ihre Wählermassen selbständig denkende und überzeugte Sozialdemokraten seien, während die bürgerlichen Parteien das Gegen teil davon behaupten und ein Schwinden des Inter esses der Massen an den sozialistischen Ideen zu be merken glauben. Einen Beleg iür die letztere An nahme liefert eine Statistik de; Berliner Holz arbeiter-Verbandes, nach welcher die Lektüre derjenigen Bücher, die ein stärkeres Nachdenken mit einer lebhafteren Anteilnahme an der Gedanken welt des Sozialismus erfordern, ständig abnimmt. Folgende Gegenüberstellung drückt diese Bewegung deutlich aus: 3 Heer un- Zlotte. Vie neuen ftanzöfijchen Linienschiffe, die im Jahre 1915 auf Stapel zu legen sind, werden nach der französischen Fachpresse eine Wasserver drängung von 28 000 Tonnen erhalten. Ihre De» stllckung soll wiederum mit 34,3-Zentimeter Kanonen erfolgen, woraus hervorgeht, daß man allein in Frank reich immer noch nicht zu einem größeren Kaliber übergehen will, wozu sich alle übrigen Seemächte ent schlossen haben. Dafür soll die Zahl der Geschütze er-' heblich vermehrt werden: es sollen 16-^34,4-Zenti- meter-Kanonen zur Verwendung gelangen. Die größte Anzahl schwerer Geschütze hat bisher der jetzt an die Türkei verkaufte „Rio de Janeiro" aufzuweiseir, der 14—30,5-Zentimeter-Kanonen führt. Alle an deren Eroßkampfschiffe sind mit höchstens 12 Kanonen schweren Kalibers bestückt mit Ausnahme der neuesten Eroßkampfschiffe Italiens, der Doria- und Cavour«! »»IE» - für Saferat« au» L«ipzig unS Umgebang -I« /»»zeigenpreise. Ifpattigep«tlt,«il.rr Pf., »I« n.klam.zeil« 1 m., »on aa»witrt» Zs Pf., N«klam«a 1.2S NI., Zamilirn- u. klein« fln,«>o«n dir p*titz«il« nur?»Pf.,Inserat« von 0«i)örüen im amtlich«« T«il »i« pet>tz«il« SS Pf. S«fchäft»on;«igen mit platzvorlchrift <m perifr «rböbt. Nadatt narb Tarif. S«ilagro«düi>r: Srfamtaufl.S M üa»Touf«nü ousfchl. Postgebühr- Nazeigen-Nnaahmr- ^ohannlsgaste», bei sämtlichen Filialen »«» Leipziger Tag«dlatte» uns ollen Nnnoncen-ExpeSitionrn Se» In- unS rtuolbnü«». »eschäftsstell« für V«rlin u.Si« pr.Vron^endurg: direktlonwalterZlteget, Serlln w. 10, Morgarethenstratzr ». Zernfprech-stnschlutz: Lützow »«7«. Maurice Barros. der Dichter-Historiker, hat in der Revue des Deux Mondes ein prägnantes Bild Briands gezeichnet; ein zu prägnantes vielleicht. Der Autor steht zu weit von seinem Modell ab, er führt jede Persönlichkeit in voller Aktion vor. Er geht nie nahe genuH heran, um sie auch in Ruhe betrachten zu können, selbst wenn er sein Modell „Guten Tag" sagen läßt, wirkt es nicht intim; immer trennt ein weiter, ein leerer Raum Darsteller uns Dargestcllte. Dadurch erhalten Varr6s Federzeichnungen etwas Starres, man könnte fast sagen, in Erz Gegossenes. Freilich prägen sie sich auch dadurch unserem Auge besser ein. - Barrc's fi^ht seine Modelle stets in höchster Span nung; Briand zum Beispiel «st ihm nur der Mann der Aufhebung geistlicher Schulen — und dieser Mann ist Briand schon lange nicht mehr. Gewiß, er hat mit dem Haß gegen Kirche und Kirchliches begonnen. Aber je tiefer er in den Konflikt eindrang, je öfter fand er Wege, die nicht die seinen waren, Menschen, mit denen er nichts zu tun haben wollte, Fragen, die nicht durch Phrasen, durch ge'chiäte Manöver beantwortet werden konnten. Statt sich zu vertiefen, bröckelte sein Haß ab. und der eigene Erfolg bewies ihm erst, er sei der Sektierer nicht, den andere aus ihm gemacht hatten, so lange, bis er selbst daran glaubte. Er fing an zu zweifeln — eine erste Errungenschaft jedes großen Geistes. N'chr etwa an der Güte seiner Sache, sondern an seiner unbedingten Zugehörigkeit zu ihr —, und dieser Zweifel führte Briand zur Toleranz. Barras sagt »ehr richtig, Briand sei weder klerikal noch antiklerikal. Und das ist für einen Mann von Briands Vergangenheit bereits der Bruch mit seinen Prinzipien — er ist schon halb im Stande der Gnade. Wenn ein antiklerikaler Franzose durch das Leben von seinem Programm angebracht wird, dann rennt er deshalb noch nicht die Kirchentüre ein — das wäre zu bequem. Er läßt nur den anderen ihren Glauben. Ist Briand schon so weit? Das ist ein Geheimnis zwischen ihm und seinem Gewissens Briand ist vor allem durch seinen ausgesprochenen Realismus von seinem Kirchcnhaß abgetrieben wor den; denn er ist Positivist vom reinsten Wasser. Seins Auffassung der Politik, der Gesetze seines Landes ist durchaus realistisch. Zur Zeit des ärgsten Wahlreformtrubels war ich mit Briand zusammen bei einem Essrn. Die Gäste plauderten über die Chancen der Reform in jener oberflächlich-weltmännischen Art, die für den heutigen Pariser so bezeichnend ist. Auch Briand half sich an fangs mit abgegriffenen Phrasen ohne Interesse. Plötzlich aber wurde er warm und >agte ungefähr folgendes: „Unsere Provinzdeputierten. Aerzte, Advokaten, kleinen Grundbesitzer sind nicht sehr von politischen Ansichten beschwert. Selbst wenn sie es ehrlich meinen — und wie viele tun denn das? —, hält ihre „Ueber- zeugung" niemals stand gegen den Wunsch, auskömm lich zu leben, in Paris auskömmlich zu leben. Der Beruf ist aufgegeben worden. Er trug an die 15 000 Franken, also das Einkommen eines Deputierten. Aber das Leben in Paris ist bedeutend teurer, und nicht alle Deputierte werden Minister, oder gewinnen an der Börse. Die politische Lauf bahn ist also allemal ein Risiko; denn würde der Deputierte nicht wiedergewählt — sein Platz in der Heimat ist besetzt. Diese Furcht vor dem Nichtwieder- gewähltwerden ist die Quelle aller Kabincttswcchsel, jeden Parteienhaders, aller politi'chen Intrigen. Welch ein glänzender Stoff für ein Lustspiel!" * -. * Ich begreif« vollkommen, daß Briand nicht beliebt ist. Er hat seiner Partei mehr als einmal getrotzt und nach rechts und links Hiebe ausgeteilt. Und für das andere Lager ist er viel zu positiv. Ich begreife aber auch, daß er der Mann der modernen Bourgeoisie ist, die das Leben aus dem selben Gesichtswinkel ansieht, die den Kampf ebenso leidenschaftlich liebt, die, gleich ihm, glaubt, daß Energie und Glück sich verketten lassen. Briand ist der vollendetste Typ der modernen, französischen Bour geoisie. Wie man auch immer über seine politische Moral, über seine zahlreichen Häutungen denken mag — er gehört zu jenen wenigen, welche die wahren Inter essen Frankreichs kennen. Und das ist auch die ein zige Form, unter welcher er sich dem Idealismus zu nähern vermag. Grunde, nämlich wegen ihrer Abneigung gegen eine gründliche Verbesserung des türkischen Heereswesens, war die deutsche Militärabord nung der Gegenstand ihres Mißvergnügens. Für Deutschland aber hat nun die Sache ein höchst übles Gesicht angenommen. Die von Berlin ausgegebene Lesart, wonach die in Kon stantinopel eingetretene Aenderung als eine „innertürkische Angelegenheit" zu behandeln sei, ist von sehr fraglichem Werte. Als wenn General v. Liman nach Konstantinopel aus gut Glück, ganz auf eigene Verantwortung abgereist sei! Es war doch selbstverständlich, daß die Kom- mandobefuZnisse des Generals wie überhaupt die Stellung der Militärabordnung vorher ver einbart wurden, und wer hat sie bekanntgegeben? Der Pariser „Temps". Damals war noch Zeit, die Militärabordnung zurückzuhalten; doch das geschah nicht, weil man in Berlin sicher zu sein glaubte, daß die von beiden Seiten ver einbarten Bedingungen eingehalten würden. Es ist mehr als seltsam, wenn heute offiziös sogar behauptet wird, die in Konstantinopel vollzogene Aenderung entspreche dem Wunsche des Generals Liman v. Sanders, der unter den heutigen Um ständen von der Verantwortung für das tür kische erste Armeekorps befreit sein wollte! „Ueberdies," heißt es, „mochte es dem General, der ein alter Generalleutnant ist, nicht genehm sein, von einem so jungen Kriegsminister wie Enver Pascha Befehle zu erhalten." Ja, steht er denn als Generalinspektcur über dem Kriegs- Minister? Diese offiziö e Zurech-.'egung der Dinge wirkt wahrhaftig wenig tröstlich, und sie wird gerade nicht eindrucksvoller durch den Schluß: „Wie sich seine (des deutschen Generals) Tätig keit in Zukunft gestalten wird, bleibt ab zuwarten. Zu hoffen ist, daß nun auch Rußland sich wegen der Militärmission beruhigen werde." Allerdings, gegen dieses Abwarten und dieses Hoffen wird unsere Gegnerschaft, die ihren diplomatischen Sieg laut genug verkün den wird, nichts einzuwenden haben. Amtsblatt des Rate» und des polizeuuntes der Stadt Leipzig «»Sakttoa iw» Seschast»st«ll«: lohaaalagoff» Nr.«. * Zrrafprtcki-NafchluS Nr. 14»«, 14-4Z aaü 14»»«. ttach -em Straßburger Urteil. Vortrag beim Kaiser. Am Sonnabend hatte der Kaiser zur Abendtafel Generalstabschef von Moltkc und Kricgsminister von Falckenhahn geladen, die ihm über die Entscheidung des Straßburger- Militärgerichts Bericht erstatteten. Der Statt halter Graf Wedel kommt am Donners tag nach Berlin. Am Montag, den 19. Ja nuar, fährt er nach Straßburg zurück. Berufung gegen das Urteil oder nicht? Professor Rehm, der Straßburger StaatS- rechtslehrcr, tritt im „B- T." dafür ein, daß der Gerichts Herr Berufung einlegen wird. An Berliner amtlichen Stellen war noch nichts darüber zu erfahren, ob überhaupt Be rufung eingelegt werden wird, oder ob von Ber lin aus ein Einfluß nach der Richtung geübt werden wird, daß der Gerichtshof Berufung einlegt. Die Vorgänge in Zabern un- die Poft- verwaltnng, Nach Zeitungsnachrichten hat Oberst von Reuter in den Verhandlungen vor dem Kriegs gericht ausgesagt, daß die Postbehö rdc von Zabern Karten mit beleidigenden An gaben an Offiziere unbeanstandet be stellt habe, während Karten, in denen das Verhalten der Offiziere gelobt wurde, zu rückgehalten worden seien. Oberst von Reuter erklärte einem Vertreter der Postver waltung gegenüber, daß er eine so schwere Be schuldigung gegen das Postamt in Zabern nicht aussprechen wollte. Seine vor Gericht gemachte Aussage sei entstellt wiedergegeben worden. Es seien aber in Wirklichkeit Unregelmäßig keiten bei der Bestellung der fraglichen Sen dungen vorgekommen. Die von feiten der Postbehörd« eingeleitete Untersuchung hat ergeben, daß bei der nach vielen Hunderten zählenden Menge in Zabern einzelne Sendungen mit erkennbar beleidigenden Angaben in der Hast des Betriebsdienstes der Aufmerksamkeit des Personals entgangen seien. Diese Fälle sind aber im Hinblick darauf, daß viele Hunderte Schmähkarten in Zabern als unzulässig erkannt und zurückgesandt worden sind, als vereinzelt zu betrachten. Von den ebenfalls zahlreich eingegangenen Zu stimmungspostkarten usw. sind nur zwei voni Personal wegen Zweifels über die Zulässigkeit eines darin enthaltenen Ausdrucks zunächst beanstandet worden. Beide Karten sind aber auf Anordnung des Postamtes den Empfängern ausgehändigt worden, eine ohne jede Verspätung, die zweite beim nächsten Bestellamte. Die voreiligen Schlußfolgerungen, die aus der ersten Nachricht über diese Angelegenheit von gewisser Seite gezogen wurden, sind also durchaus verfehlt gewesen, und das ist sehr er freulich. Enver Pascha un- -ie -eutsihe Mlitärabor-nung. . Das Kesseltreiben der russischen, französi schen und englischen Diplomatie ist nicht ohne Erfolg geblieben. Wie schon berichtet, ist Ge neral Liman vom Kommando des 1. Korps iv Konstantinopel enthoben und zum Ge ne r a l i n s p e k te u r deS türkischen Heeres und der Militärschulen ernannt worden. Halbamtlich ließ der Kriegsminister Enver Pascha seinen Ent schluß' damit begründen,. daß das Kommando des ersten Armeekorps einen großen Teil der Tätigkeit des Generals Liman von Sanders in Anspruch nehmen würde, zum Schaden seiner hohen Mission als Generalinspektcur, von wel cher der Kricgsminister die glücklichsten Ergeb nisse für die schnelle Reorganisation des Heeres erwarte. Deshalb werde der Minister einen türkischen General mit dem Kommando des ersten Armeekorps betrauen, dem ein deutscher Generalstabsoffizier zur Unterstützung beigegeben werde. In Berlin scheint man noch nicht recht an die Unabänderlichkeit dieser Maßregeln zu glauben, doch werden sie von Konstantinopel aus bestätigt. Man sieht klar, daß es sich hierbei für die Türkei um einen Ausweg aus einer großen Verlegenheit handelt. Die türkische Negierung ist unter Kreuzfeuer genommen worden. Wochen lang hat sie sich gesträubt, dem Druck des Drei verbandes nachzugeben, und es schien eine Weile, als habe Rußland, das in erster Linie das Wort führte, darauf verzichtet, aus dem deutschen Kommando am Bosporus eine Machtfrage zu machen. Um so heftiger arbeitete Herr Delcasss in Petersburg der lauen Auffassung entgegen, und er wird, da er jetzt durch Palöologue abgelöst wird, stolz sein auf einen letzten Erfolg, der ihn für manche Enttäuschung entschädigt. Die Pariser Presse tat das ihrige, um die Sache nicht einschlafen zu lassen, und das Schlagwort: „Konstantinopel in deutschen Händen!" kehrte jeden Tag wieder. Schließlich hat auch wohl Sir Edward Grey von London aus in den allerdings weitgehenden Befugnissen des Gene rals Liman eine „europäische Gefahr" erkannt und sich dem Einspruch Frankreichs und Ruß lands angeschlossen. Und wenn alles nichts half, so war ja die von Paris angedrohte Geldsperre desto wirksamer. Tie Türkei gab nach, und es handelte sich für Enver Pascha nur noch darum, eine geschickte Form »u finden, um General Li man wreoer aus der Vertrauensstellung, die ihm eingeräumt worden war, möglichst schmerzlos zu entfernen. Scheinbar wird ihm durch die Berufung als Generalinspekteur eine Genug- tuung zuteil! In Wirklichkeit werden durch diese Aenderung alle großen Pläne, die der deutsche General mit nach Konstantinopel brachte, so gut wie beiseite geschoben, denn als Generalinspek- teur wird er zwar imstande sein, überall, wie man zu sagen pflegt, nach dem Rechten zu sehen, aber wie nun, wenn er überhaupt nichts Rechtes zu sehen bekommt? Er wird, wenn er unter solchen Umständen, auf dem Posten bleibt, vvraussichtlich dieselben Erfahrungen machen wie von der Goltz. Er wird großzügige Arbeit fordern, Verordnungen über Verordnungen vorlegen, er wird raten und taten, gelobt und mit Orden bedacht werden, bis ihm — alles verleidet ist. Was er zunächst wollte und sollte, die Auf stellung /mer Mustertruppe, ist jedenfalls im hohen Maße fraglich geworden; denn auf die schönen Worte Enver Paschas von der „hohen Mission" ist kein Pfifferling zu geben. Alles sehr erklärlich. Wer kann denn ernst lich glauben, daß Rußland und Frankreich wirk lich eine militärische Erstarkung der Türkei wol len «nd wünschen? Schon aus diesem einen Ein großmütiger Verzicht Lor- Hal-anes. Aus London wird uns geschrieben: Seit einiger Zeit tagt in der englischen Haupt stadt eine Untersuchunaskommisfion, die sich mir den Feststellungen zu befassen hat. ob die Gehälter der englischen Beamten im allgemeinen und der Richter im besonderen zu niedrig angesetzt seien und in An passung an die modernen Lebensverhältnisse einer durchgreifenden Reformierung im Sinne einer Er höhung bedürften. Diese Feststellungen scheinen der Kommission einige Schwierigkeit zu bereiten, denn, um sich ein völlig lückenloses und einwandfreies Tatsachenmaterial alsGrundlage für dieErörterungen der erwähnten Frage zu beschaffen, sahen sich die Mitglieder der Kommission genötigt, eine große An zahl von Beamten, den niedrigsten wie den höchsten zu den Kommiffionssitzungen zu laden und sie in ein gehender Weise nach ihren Lebensbedingungen und nach der Gestaltung derselben durch ihr Gehalt zu befragen. Da die Aussagen der vernommenen Be amten in vielen Punkten ein abweichendes Bild er gaben, so glaubte die Kommission am die Vorladung einer autoritativen Persönlichkeit nicht verzichten zu können, die alle in Frage siebenden Punkte im Zu sammenhang den Kommissionsmitgliedern darlegen sollte. So erschien in der Sitzung der Kommission vor kurzem der auch in Deutschland wohlbekannte Lord Haldane, der frühere englische Krieasminister und jetzige Lord - G r o ß k a n z l c r. der mit diesem Amt die böchste richterliche Würde im britischen Reich bekleidet. Lord Haldane verbreitete sich ein gehend über die Gehaltsfrage der Beamten und kam schließlich auf Grund seiner Darlegungen zu dem in überzeugender Weise vorgetragenen Entschluß, daß selbst bei Berücksichtigung der Schwierig keiten einer modernen standesgemäßen Lebens haltung kein englischer öffentlicher Beamter mehr als 100 000 -L jährliches Gehalt beziehen dürfe. Diese Ausfassung des Lord-Grostkanzlers erklärt sich wesentlich durch die dem englischen Beamten über haupt in Fleisch und Blut übergegangene Auf fassung von den Rechten, die der Staat, das „common wealth" an seine Bürger und besonders an die in seinem Dienste tätigen Beamten zu stellen befugt ist. Das gemeine Wohl, das Staatsinteresse bedingt nach den Ausführungen Lord Haldanes das Zurück treten der Anforderungen der einzelnen Per sönlichkeit, und das Staatsamt ist in erster Linie ein Ehrenamt, nicht ein aus schließlicher Broterwerb. Im Widerspruch mit diesen Lehren des Lord - Großkanzlers schien allerdings die Tatsache zu stehen, daß er als höchster Würden träger der Justiz ein Jahreseinkommen von 200 000 bezieht. Um nun zu zeigen, daß er gewillt sei, seine Lehren vom Staatsamt in die Tat umzusetzen, er klärte Lord Haldane vor der Kommission, auf lOOl'OO Mark seines Gehaltes verzichten zu wollen. Alle englischen Blätter rühmen diese wahrhaft große, von echtem staatlichen Geist getragene Haltung des Lord- Großkanzlers. Naturwissenschaft. Sozialwissensch. Geschichte 1891: 13,5 Proz 22,7 Proz. 7,3 Proz. 1911: 3,4 „ 2.2 62 4 5 6 Philo ophie Dickiung Romane 1891: 1,1 Proz. 12,0 Proz. 14.6 Proz. 1911: 0,9 „ 4,3 „ 7,4 „ Zu einem ähnlichen Resultat kam man auch in
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