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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140102011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914010201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914010201
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-02
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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Morgen -Ausgabe lür Leipzig UN» Vorort« Surch unser, Tttlger VteAUAVprTI^k. UN» SprSiteure Lmai täglich in» you» gedrochtr monatttch i.rs m., vtettttjährlich Z.7S M. Sei »er V«ichSft»a«lle, unfern Ziltalen un»flusgabegrUen abgeholt: monorlich1M.,viett«yährlichrM. Durch »i« postr innerhold VeutschlanS» un» »er »rutsch«« Kolonie» monatlich 1.L» M., vi«rt«l>ührlich 4.S» M., ou«schli«-ltch postdefteUgei». Do» Leipziger Tageblatt erscheint w«rktag» Lmal, Sonn» u. Zri«rtag»tmol. 2u Leipzig, Sen Nachbarorten unü »en Orten mit »tgeneu Ziltaie» wir st« stbenüouogabe noch am stden» »es erscheinen» in» hau» gellefert. berliner NeSaktton: In ürn -eiten 17, Zrrnsprech-Hnschlutz; Moadit Ur.»»7. /irntsblLtt des Rate» und des pollseuuntes der Stadt Leipzig »«»aktton uu» ch»fchiift»fl«U«r 1»hanui,gaff« Nr.4. » Zrrusprech-Hnschlu- Nr. 14442, 1444I un» 14444. 108. Jahrgang liir Inserat« au» Leipzig on» Umgebung S>« /InAklAkltpkLljk. ispalttg«p«t>tzeilr2Sps., »>«Nrklom«z«tl«i M., von auswütt» S» ps., Neklamen 1.2» M., Zamillen- u. kl«ln« Anzeigen Sie Petitzeile nur!» Pf., Inserat« von Seh»r»«n tm amtlichen Teil Sie petttzrll« S» ps. cheschüstoanzeigen mit Planvorschrift lm Preise erhöht. Nadatt nach Tarts, oellagegedühr: GcsamtauflagcSM.proTausen» «xkl-postgedühr. Nnzeigen.flnnahme: 7ohannl»gaffe«, de» sämtlichen klllalrn Se» Leipziger Tageblatt«» un» alten Annoncen.expeültloaen Se» Ja- un» sluolan»«». cheschästogell« für Lettin u. Str pr. Lranö enburg: Vlrektton Walter Zliegel. Lerltn w. 1», Margarclhenstrage 4. Zerusprech-flnschlug; Llihow 5»71. Nr. 2. 1Sl4 /rrliay, ürn S. Isnusr. Das wichtigste. * Am Dresdner und Berliner Hofe fanden am Donnerstag die üblichen Neu- jahrscmpfäugc statt. (S. bes. Art.) * Die Mächte des Dreibundes haben in London ihre Antwortnote auf den Greyschen Vorschlag zur Lösung der Insel frage überreichen lassen. (S. Ausl.) * In Sofia wurde am Donnerstag die bulgarische Svbranje durch König Fer dinand mit einer Thronrede eröffnet. (S. Letzte Dep.) * In Charlotteuburg, Breslau, Prag und Pest haben am Donnerstag die ersten „Parsifa l" - Aufführungc u statt gesunden. (S. K. u. W.- * Auch zu Beginn des neuen Jahres wur den zahlreiche Gegenden Deutschlands und des Auslandes von verheerenden Winter stürmen heimgesucht. (S. bes. Art.) pressebetse. o Berlin, 1. Januar. Was sich aus Anlaß des Falles Zabern nun schon seit Wochen begibt, ist ungemein be zeichnend für die lonservative Praxis. Wenn der Handel als Ganzes nicht so überaus traurig wäre und die Gefahren für die Allgemeinheit nicht so schmerzhaft in die Augen stächen, möchte man fast versucht sein, die Herrschaften zu be wundern. Alles was recht ist; diese Leute haben doch, womit allein auf dem politischen Markt Taten zu vollbringen sind: den Willen. Wir anderen kehren am liebsten immer auf halbem Wege um. Gelegentlich, in Momenten der Er regung, wenn die Leidenschaft uns mit fortrcißt, können wir uns wohl auch zu einer raschen Tat entschließen. Aber dann kommt immer gleich die Reue. Wir beginnen den Fall von allen Seiten zu überdenken: fangen an cinzuschränken, zu mildern, abzuschwächen. Das Gewissen schlägt uns; wir fürchten, zu weit gegangen zu sein, und so scheint es uns Pflicht, um der Gerech tigkeit willen auch die altera pars zu Worte kommen zu lassen. Wir schelten das nicht. Das Gerechte, wir sahen das noch neulich hier, ist die Lebenslust des Liberalismus: das Wohl der Allgemeinheit unter allen Umständen über die Svnderwüuschc zu setzen der vornehmste Grund satz seines Handelns. Nur muß man sich klar sein, daß in der Welt von heute politische Er folge auf die Art nicht zu erzielen sind. Viel leicht — wir hoffen es — wird die liberale Staatsauffassung sich noch einmal durchringen. Einstweilen indes neigt sich die Siegespalmc ganz entschieden der größeren Rücksichtslosigkeit, dem unbeugsameren Willen in der Verfolgung persönlicher Vorteile zu. Und rücksichtslos — das ward selten so deutlich wie jetzt — ver mögen diese Konservativen schon zu sein. Rück sichtslos bis zur Verneinung und Aufhebung aller ihrer Grundsätze. Die Konservativen — wir wissen cs — sind nach ihrer geschichtlichen Stellung die Hüter und Vorkämpfer jedweder Autorität. Seit Wochen aber kennt ihre Presse kein anderes Gewerbe, als die Autorität hoher Staatsbehör den, erst der rcichsländischen Verwaltung, dann des Kriegsgerichts, zu untergraben. Neuerdings gehen sie gar so weit, die "reichsländischc Ver waltung des Betruges zu zeihen, der absicht lichen Fälschung des Tatbestandes bei dem noch immer ein wenig mystischen Anschlag vom zwei ten Feiertag abend. Die Konservativen sind weiter abgesagte Feinde jeder sogenannten „Hetze". Was ihre Presse jedoch zurzeit übt — allen voran die „Kreuzzcitung", dre kaum je so gehässig geschrieben worden ist, wie unter ihren neuesten Beherrschern —, ist von solcher Hetze die Reinkultur. Wir alle möchten, daß endlich Ruhe eiukehrt. Daß, nachdem sie ihrem ordentlichen Richter unterbreitet ist, die Ange legenheit aus der öffentlichen Erörterung, zum mindesten aus den Blättern verschwindet. Wir wünschen den Frieden, möchten nicht, daß der Zwiespalt, der aus an sich geringfügi gem Anlaß durch die ungeschickte Takru der Regierung sich auftat, verewigt tverde. Ver gebene Liebesmüh! Die konservative Presse arbei tet daran, ihn zu vertiefen, ihn zu einer dauern den Institution auszuweiten. Kein Tag ohne den Leutnant von Forstner, der — man mag ihn noch so milde beurteilen — eine solche Her ausstellung denn doch schlechterdings nicht ver trägt. Das regnet (außer den üblichen und regelmäßigen redaktionellen Betrachtungen) Zu schriften, Anregungen, Hinweise von Zivil und Militär, von schlichten Bürgern und pensionier ten Generalleutnants, von solchen, die mit offener Stirn kämpfen und anderen, die lieber im Dunkel der Namenlosigkeit verharren. Man hat das Gefühl: der Streitfall soll nicht zur Ruhe kommen, das Publikum soll so lange bearbeitet Die ersten Nicht-öapreuther „Parstfal"-Mfführungen. Mit begreiflicher Spannung hat man in der musikalischen Welt den Ereignissen des gestrigen Tages entgegengesehen: Am 1. Januar 191t haben die ersten Nicht-Bayreuther „Parsifall'-Aufführungen stattgefunden. Und — soviel darf man jetzt schon lagen — sie haben dem Bühncnweihfestspiel nichts von dem Zauber und der Reinheit genommen, die der Meister seiner höchsten künstlerischen Offen barung gewahrt wissen wollte. Ueber die ersten deutschen Aufführungen in Charlottenburg und Breslau und die ausländischen Aufführungen in Prag und P e st er halten wir folgende Berichte: I. Charlottenburg, 1. Januar. Die erste Aufführung von Richard Wagners Bühnenweihefestspiel im Deutschen Opern hauses war des großen Werkes und des be deutungsvollen Tages würdig und machte auf das ausverkaufte Haus einen tiefgehen den, zum Teil überwältigenden Ein druck. Am Schluß der Vorstellung, die nahezu 6 Stunden dauerte, wurden die Hauptdarsteller Hansen (Parsifal), Blaß (Gournemanz), Ju lius Nöther (der im letzten Augenblick für den erkrankten Ernst Lehmann den Amfortas über nommen hatte) und Frau Melanie Kurt iKundry) und ebenso der szenische Leiter, Direk tor Georg Hartmann, immer wieder stürmisch gerufen. Auf die Wandeldekorationcn war ver zichtet. Die Darstellung des Gralstempcls war von prachtvoller Wirkung, die ganze Inszenie rung sorgfältig und gediegen. Das Orchester unter Leitung von Eduard Mocrickc war aus gezeichnet. k. Breslau, 1. Januar. Vor ausoerkauftem Hause wurde heute im hiesigen Stadttheater Wagners „Parsifal" zum erstenmal gegeben. Die Vorstellung begann nach Bayreuther Muster um 5 Uhr und endete um lOfH Uhr abends. Für die Inszenierung hatten die städtischen Kollegien seinerzeit einen Betrag von 80 000 ausgesetzt. Den Parsifal sang Herr Hochheim, den Amfortas Herr Hecker, den Eurnemanz Herr Witte köpf, den Klingsor Herr Erudcr-Euntram und die Kundry ftzrau Derhunk. Die Dekorationen und Kostüme sind Entwürfe von Leo Impekoven- Berlin. Die Vorstellung nahm einen durchaus befriedigenden Verlauf. Ergriffen ver, folgte das Haus die weihevolle Handlung und spendete nach Schluß der Vorstellung, die auch musi kalisch auf der Höhe stand, den Hauptdarstellern leb haften Beifall. Mit diesen konnten auch der Diri ¬ gent Kapellmeister Prüwer und der Spielleiter Kirchner vor dem Vorhänge erscheinen und neben donnerndem Applaus auch zahlreiche Blumenspenden in Empfang nehmen. b. Prag, 1. Januar. „Parsifal" erzeugte bei seiner ersten Auf führung in deutscher Sprache tiefen Eindruck. Minutenlanger Beifall rief alle Rollenträger, Kapell meister Zemlinsky und den jubelnd empfangenen Direktor Teweler an die Rampe. v. Pest, 1. Januar. In der Volksopcr fand heute die erste Auf führung von Wagners „Parsifal" statt. Die Vorstellung dauerte von nachmittags 5 Uhr bis nachts 11 Uhr mit zwei Pausen von je 40 Minuten. Der ungeheure, fast 3200 Personen fassende Zu schauerraum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Spiel machte den tiefsten Eindruck auf alle Zuschauer. Die Vorstellung stand auf einem hohen künstlerischen Niveau. Die Haupt rollen waren mit Georg Anthes und Therese K r a m m e r - B i h a r besetzt. Die Einstudierung war eine hervorragende Leistung des Dirigenten Reiner. Kunst und Wissenschaft. X. Gewandhauslonzert. Johannes Brahms be grüßte das neue Jahr. Er tat es auf seine ernste, ge wichtige Art. Niemand nach Beethoven hat den Geist der Musik, sofern er sich in sinfonischem Gewände offenbart, si tief, so vollkommen stilrein erfaßt wie er. Die vicc Brahmsfchen Sinfonien sind — wohl auf lange Zeit hinaus — die letzten, aber auch gewaltigen Triumphe der absoluten Musik. Die dritte (F-Dur)- Sinfonie ist die Emanation eines Künstlerhcrzens, darin sich Strenge mit Milde paart. Charakteristisch für sie sind u a. die wcitgeschwungenen melodischen Linien, die den gewichtigen musikalischen Gedanken entspre.hen. Charakteristisch auch, wie immer der Brahms, die überaus ökonomische Ausnutzung des thematischen Materials, die eine seltene Präzision des musikalische i Ausdrucks zur Folge hat. Von energi scher Geschlossenheit ist der Aufbau dieser Sinfonie. Unwillkürlich gedenkt man da jenes Ausspruchs Hein rich von Herzoxenbergs, der einmal sagte, für ihn käme in erster Linie in Betracht die Architektonik eines Werkes, in zweiter erst seine Thematik. Mer bei Brahms decken beide einander. Zart lyrische Mo- mente tauchen auf in dem pastoral empfundenen Andante und auch im As-Dur-Seitensatze des Poco Allegretto. Um so dunkler hebt sich von alledem das werden, bis man des Ausgangspunktes vergaß und das UnteiPe glücklich zu oberst kehrte. Diese planmäßige Arbeit ist auch keineswegs ganz er folglos gewesen. Wie weit sie auf die Spitze ; des Staates wirkte und ob sie die überhaupt erreichte, läßt sich jetzt noch nicht erkennen. Das wird wohl erst in einiger Frist fick' zeigen. Aber wer sich ein wenig im Lande umtat und auch aus die Stimmen der unpolitischen Leute hörte, wird erstaunt gewesen sein, erstaunt und ent setzt zugleich, über die Verwirrung, die diese zähe, rücksichtslose, vor nichts zurückschcuende konservative Propaganda in den Gemütern an regte. Das, scheint uns, muß einmal sestgehalten werden. Selbst auf die Gefahr hin an der Wunde von neuem zu zerren, ist so offen, so deutlich und unumwunden wie möglich auszu sprechen, wo denn die Hetzer, die Schürer, die mit beneidenswert robustem Gewissen ausge rüsteten Störer des Bürgerfriedens sitzen. Es gibt, von der sozialdemokratischen Demagogie abgesehen, im ganzen Deutschen Reich niemand, dem die Zuspitzung dieser Dinge Freude machte. Vielleicht hegt der eine oder andere den Wunsch, sich noch einmal mit dem Kanzler oder dem Kriegsminister auseinanderzusetzen. Aber dann unter anderen Gesichtswinkeln: wegen ihrer gan zen Staatsauffassung, wegen der Art, wie sie einen an sich durchaus unpolitischen Handel inS Politische sich auswachsen ließen. Ueber die materielle Seite des Falles Zabern indes möch ten wir alle die Akten schließen; keinem Men schen von einigem Verantwortungsgefühl fällt cs ein, einen Gegensatz aufzureißen zwischen unserem Volksheer und der Bevölkerung, aus der es sich erneut und in die es zurückkchrt. Dies traurige Verdienst gebührt allein den Kon servativen und ihrer Presse. Neujahrsempfang am sächsischen Hofe. Dresden, 1. Januar. Die Neujahrsfeier am Königshofe hielt sich, wie uns unsere Dresdner Redaktion schreibt, infolge des Ablebens der Fürstin zu Hohenzollern-Sigmaringen diesmal in einem etwas engeren Rahmen als sonst, insofern, als die Abendfestlichkeiten im Residenzschlosse in Wenfall kamen. Dagegen fanden die Gratulationscouren wie üblich statt. Zuerst gratulierten dem Könige, vor besten Gemächern die Hoftrompetcr die herkömmliche Morgenmusik dargebracht hatten, seine Kinder und Prinzessin Mathilde, worauf die königliche Familie gemeinsam an dem Gottes dienste in der Hofkirche teilnahm. Nachdem in FMoll beginnende Finale ab mit seinem in der Folge auftretenden Anklange an das Hauptthema des ersten Satzes, wodurch die Gedankenverbindung her gestellt und die Sinfonie völlig in sich geschlossen ist. Auch auf dem Gebiete der Variation hat Brahms nach Beethoven unstreitig das Bedeutendste geschaf fen. Eines der gewichtiKten Zeugnisse hierfür sind die Orchestervariationen, deren Thema, genannt Choral St. Antoni, einem Divertimento Joseph Haydns entnommen ist. Seit der Entstehung seiner zweiten Serenade hatte sich Brahms noch nicht wieder auf sinfonischem Felde betätigt. Vierzig andere Werke entstanden, ehe der Meister dieses in größtem Stile gehaltene Variationenwerl schuf. Erstaunlich zu sehen ist es, in welch unangeahntcr Fülle ihm aus dem an sich doch harmonisch und melodisch einfachen Thema seines musikalischen Vorredners neue Gedanken Zu flüssen, und wie er die hohe Kunst des Kontrapunkts verwandte zu immer neuer, überraschender und geist voller Ausdeutung. Eine jede einzelne Variation ist von bestimmtest ausgeprägtem Charakter, von eigen tümlicher melodischer und besonders auch rhythmischer Bildung und besonderer instrumentaler Farben gebung. Mit bewundernswerter Feinheit wird end lich nach sieben Veränderungen des Themas im Finale unter mancherlei, im Orchester sich abspieleirden Kämpfen, die Rückkehr durchgesetzt zu Haydns leiten dem Grundgedanken, der endlich in wahrhaft glän zendem Gewände ein letztes Mal erscheint und das Feld behauptet. Als Brahms Dr. hon. caus. geworden war, schrieb er die „Akademische Fcstouvertüre". Sie war sein Dank an Breslau; ein geistreich stilisiertes Lied auf die alte Burschenherrlichkcit. Die bekannten Stu- dentenliodcr bilden in feiner Verkettung ihren the matischen Gehalt. An Witz und Humor wird darin nicht gespart. Aber ein bißchen Ernst ist doch auch dabei, gleichsam die Arbeit eines, der eben alter Herr geworden ist, aber sich inmitten der gewohnten Tafelrunde doch noch recht wohl fühlt. Und wie Johannes Brahms, so gab auch Professor Arthur Nikisch das Zeichen des „Gaudeamus iaitur!" Wir verdanken dem, bei seinem Erscheinen aufs leb hafteste begrüßten Künstler eine Reihe auserlesener Genüge. Wundervoll geriet die Wiedergabe der Sin fonie. aufs feinste differenziert waren die Variatio nen, die Nikisch meisterlich zu kolorieren weiß. Unter seiner Hand entsteht da ein wundersam Singen und Klingen, erblüht alles zu Heller FarbenfreudiAeit. So auch in d«r akademischen Ouvertüre, die der Diri gent zu prachtvoller Steigerung gleichsam allmählich auseinanderfaltete. — An gedachtem „Gaudeamus" hatte als Dritte im Bunde noch Fräulein Elena Ger hardt starken Anteil. Die Künstlerin sang, am Blüth- ner von Arthur Nikisch hochmusikalisch unterstützt, eine Anzahl wohlausgewählter Brahmsscher Lieder. dann die Mitglieder des engeren persönlichen Dienstes, die Oberhofmeisterin und der Leibarzt ihre Glück wünsche dargebracht hatten, begannen um °/<1 Uhr in den Festsälen des Schlosses die Gratulations couren. Die Auffahrt zn diesen batte vor dem Schlosse wie gewöhnlich ein zahlreiches Publikum herbeigelock', das trotz leichten Schneetreibens und Frostes — das Thermometer zeigte 4 Grad Celsius unter Null — geduldig aushielt. Zuerst erschien der gesamte königliche große Dienst zur Beglückwünschung, der sich im Murmorsanle versammelt hatte. Ihm folgten um 1 Uhr und oleich nach 1 Uhr die Minister. dieHerren des diplomatischen Korps und die inDresden anwesenden Mitglieder der beiden Ständekammern, für die der Bantettsaal als Versammlungsraum gedient hatte Um 1'/« Uhr erschien, wie gewohnt, eine besondere Abordnung der Armee, bestehend aus dem Krieisminister, den Stellvertretern der kommandierenden Generale der beiden sächsischen Armeekorps (die Generale d'Elsa und v. Laffert selbst waren nach Berlin zum Neujahrsemp- sang beim Kaiser gefahren) und Vertretern der Offizierkorps des Leibgrenadier Regi ments Nr. 100. des Gardereiter - Regiments, des 1. Husaren-Negiments „König Albert" Nr. 18, des 1. Feldartillerie-Negiments Nr. 12, des 0. Feld- artillerieregiments Nr. 02 und der Leibkompaanic. die in der Reitschule zusammengetreten waren. Ihnen folgten die am königlichen Hofe vorgcstellten ein heimischen und fremden Herren vom Zivil, sowie die Militärs z. D. und D., und den Beschluß machten dieGeneralität und Abordnungen der übrigen Offizier korps, die sich ebenfalls in der Reitschule versammelt hatten. Etwa um 2 Uhr waren die Couren, bei denen Flor um den linken Unterarm und schwarze Handschuhe an die am Hofe herrschenden Trauer ge mahnten, beendet. Neujahr am Kalserhofe. Berlin, 1. Januar. Kurz vor 8 Uhr morgens wurde auf dem König lichen Schlosse die Kaiserstandartc, die Königs standarte und die Brandenburgische ^Flagge gehißt. Punkt 8 Uhr begann das große Wecken, aus geführt von den Spielleuten der 2- Garde-Jnfanterie- Brigade und den Hoboisten des 4. Garde Regiments zu Fuß auf dem inneren Schloßhofe mit dem An schlägen der Trommler und dem Niederländischen Dantgebet, während gleichzeitig von der Galerie der Schloßkuppel die Trompeter der Gardckürassicre „Dom Himmel hoch, da komm ich her" und „Lobe den Herrn" bliesen. Das Wetter war kalt, hin und wieder trieben einige Flocken durch die Luft; die ungeheuren Schncemassen hatten noch nirgends ganz entfernt werden können. Publikum hatte sich zahlreich eingefunden und be gleitete in dichten Scharen die Spielleute. Der Kaiser, die Kaiserin, die anwesenden Söhne der Majestäten und Prinz Heinrich hatten um tzi/? Uhr Las Neue Palais im Automobil Ganz unübertrefflich dünttc allen Hörern vornehm lich ihre Art, u. a. Gesänge wie „An eine Acolsharsc", „Nachtigall" und „Immer leiser wird mein Schlum mer" inhaltlich auszulegcn. Es lag viel darin von jener künstlerischen Weltfrömmigkeit, die den so hoch erhebt, der sie besitzt und in ihrer Kraft stehend, da mit Bedeutendes wirkt. Eigenartige Intimität be lebte Elena Gerhardts Vortrag, der die leisesten Schwankungen seelischen Empfindens im Dichter und Musiker offenkundig werden ließ. Dem sehr nahe kam auch noch der Sang „Von waldbekränztcr Höhe", etwas gehemmt aber mochte darauf die große an steigende Linie in „Meine Liebe ist grün" erscheinen. Ein gesangliches Kabincttstücklein bot die Sängerin mit dem überaus zierlichen „Blinde Kuh" und einem fast ekstatisch ausklingcnden Schluß bildete das letzte Lied „O liebliche Wangen". Dri^en ^ogmitr. * Aus der Thcaterchronit. Uns wird berichtet: „Dio ledige Ehefrau", eine Berliner Posse von Pordes-Milo und Theo Halton (Musik von Joseph Snaga) errang gestern in Hannover dank der vorzüglichen Darstellung bei der Urauf führung in der Schauburg einen durchschlagenden Erfolg. Die anwesenden Verfasser und der Kom ponist wurden nach den beiden letzten Akten wieder holt gerufen — „Werzuletztlacht...", eine Posse von Lippschitz und Bernstein- Sawersky wurde im Deutschen Schauspielhaus in Berlin, wie gemeldet wird, bei flotter Dar- stellung mit lebhafter Heiterkeit aus genommen. — Der Schwank „Der Kientopp onkel" von Georg Schade, mit Tanz- und Ge sangnummern von Hermann Höfert, fand im Magdeburaer Wilhelmtheater einen äußeren Erfolg. — „Hinter verschlossenenTüren", Sensationsschauspiel in 4 Akten von A. Bern hardt, wurde soeben beendet und gelangt in Kürze durch den Vühnenverlag A. S. Schön, Leipzig, zum Vertrieb an die Bühnen Aus der Gelehrtenwelt. Der Direktor der Veterinärklinik an der Universität Jena, Prof. Dr. H ob st e tt e r, ist unter Verleihung des Titels „Großherzosilicher Landestierarzt" als Refe rent für das Veterrnärwesen an das weimarischc Ministerium berufen worden. Das Lehramt in Jena behält er bei. Zu seiner Entlastung wird die Tierklinik als selbständiger Zweig abgctrennt. Die Leitung der Tierklinik wird dem Dr. med. vet. Kurt Neumann aus Eydtkuhncn übertragen. Dr. Neumann war lange Zeit als Assistent am Pa thologischen Institut der Tierarzneihochsckmle in Berlin und zuletzt als Grenztierarzt in Eydtkuhnen (Ostpreußen) tätig; er tritt seine neue Stellung bereits am 1. Januar an. — Pros. Dr. Daniel Jacoby, dcr verdiente Pädagoge und aus gezeichnete Kenner der älteren und der klassischen deutschen Literatur in Berlin, vollendet am Freitag (2. Januar) sein 70. Lebensjahr.
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