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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140105019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914010501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914010501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-05
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Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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mit Vorrichtungen fiir Schleppnetze und Lotungen ausgerüstet, so daß auch die Tiefseeforschung nicht vernachlässigt worden soll. Durch all das hoffen wir, eine große Bereicherung der menschlichen Kenntnisse zu gewinnen, aber das Hauptziel der Expedition ist und bleibt doch die Durchquerung des Südpolar- kontincnts. So sehr sich auch das unbekannte Land auf dein Erdball bereits verringert hat, so bleibt doch hier noch ein großes Werk, das getan werden mutz. Die Angaben über die Ausrüstung und den Verlauf seiner Expedition vervollständigte dann der berühmte Polarforscher durch eine Anzahl neuer Mitteilungen: „Die Hauptgruppe der Ex pedition wird aus sechs Alaun bestehen, die die Durch querung des Südpolargebietes mit 120 Hunden, 2 von Aeroplanpropellcrn getriebene Schlitten und einem Acroplan mit verkürzten Flügeln fiir die Fahrt übers Eis durchführen wollen. Außer diesen sechs Männern, deren Auswahl noch nicht ganz fest steht, werden sich an der Expedition drei erfahrene Naturforscher be teiligen, ein Biologe, ein Geologe und ein Me teorologe " Shackleton sprach dann über die Leistungsfähig keit der 120 Hunde, die aus Alaska un!d Sibirien kommen; mit diesen Tieren hat schon Amundsen die besten Erfahrungen gemacht. Für den Vorschlag, an statt der Hunde gezähmte Bären bei'der Polarreise zu verwenden, zeigte er wenig Sympathie. Biel ver spricht er sich auch von den Aeroplanschlitten, die vermöge ihrer ausgezeichneten Motoren imstande sind, nahezu 2000 Pfund Gewicht mit einer Schnellig keit von ö—6 Meilen in der Stunde zu befördern. Shackleton hofft, die Durchquerung des Südpolar- kontinents bei günstigen Bedingungen in fünf Mo naten durchzuführcn. „Geht alles gut, so hoffe ich, datz meine neue Diidpolarexpedition im April 1913 zurück sein wird." Kunst UN- Wissenschaft. * Aus der Theaterchronik. Carl Rößlers Lust spiel „Die fünf Frankfurter", das in sämt lichen Kultursprachen in Europa und Amerika ge spielt worden ist, erhält noch in diesem Monat die „letzten Weihen" in Paris. Dort wird das Stück am ThPatre Kymnafc von Lucien Guitry aufgeführt. — Emil Ludwig hat eine mo derne Komödie geschrieben „Der verlorene Soh n", die vom Scha uspielhaus in Stutt gart soeben zur Ur au fführung angenommen wurde. * Die Ausführung eines Dramas der Roswitha im Reinhardt-Stile. Am 11. Mannar veranstaltet die Londoner Theatergcsellschaft der ..Pioneer Players" eine höchst intercßantc Privatausführung, die in Deutschland noch ganz besonderen Anteil er regen mutz, weil sie einem Stücke der aus -er deutschen Literaturgeschichte wohlbekrnnten Nonne Roswitha von Gandersheim gilt. Das Drama, um das es sich handelt, ist der „Pophnutius". Die fromme Gandors Heimer Nonne hat darin jene bekannte Legende von der Bekehrung der schönen, aber sittenlosen Thais durch den heiligen Paphnutius geschildert; es ist dieselbe Legende, die Massenet zu seiner bekannten Oper und Anotole France zu seinem geistvollen Roman benutzt hat. Die Uebersctzung aus dem Lateinischen hat Mitz St. John besorgt, während die Inszenierung in den Händen von Mitz Edith Craig, der Tochter von Ellen Terry, liegt. Ellen Terry selbst wird die Aebtrssin spielen, während die Rolle der Thais von Mitz Miriam Lewes gegeben werden wird. Das Stück wird im ganzen 05 Personen in Anspruch nehmen und wird im Stile von Reinhardts „Mirakel" gespielt werden, insofern die Aufführung sich nicht auf die Bühne beschränken, sondern den ganzen Ring des National Sporting Tlub benutzen wird. Eine Benediktinernonnc hat die nötigen An weisungen für die in den Stücke vorkommenden kirchlichen Aufzüge, Gebräuche usw. gegeben. Eine Szenerie wir- nicht verwandt, sondern die Bühne wird nur durch Vorhänge abgeschlossen. Es sind im ganzen nur zwei Aufführungen des Stückes in Aus sickfi genommen. * „Parfifal" in Petersburg. Wie uns ein eigener Drahtbericht aus Petersburg meldet, war die von der Musikalisch Historischen Kesellsck-aft inszenierte erste Aufführung des „Parstfal" von autzergcwöhnlich grossem Erfolge be gleitet. Uebcr 1000 Zuhörer lauschten andachtsvoll dem Werke und brachten am Schluffe den Darstellern begeisterte Ovationen. * Anna Pawlowa zum ersten Male ausgezischt. Aus New Port wird uns geschrieben: „Anna Pawlowa, die berühmte russische Tänzerin, die bisher in der Alten und Neuen Welt nur Triumphe gefeiert hatte, hat nun zum ersten Male in ihrer Künstlerlaufbahn «inen Mitzcrsolg erlebt, wie sic ihn sich wohl nicht hat träumen lasten. Die Ver anlassung dazu bot eigentlich ein Umstand, der mit dem künstlerischen Können an und für sich nicht das geringste zu tun hat. Die Vorstellungen der Pawlowa werden arrangiert und geleitet von ihrem Manager Emil Dandre. Dieser Dandre be kleidete früher die Stellung eines Sekretärs an der Pariser russischen Botschaft. Er wurde vor einiger Zeit in Nutzland in einen sehr unangenehmen Pro- zcitz verwickelt unter der Beschuldigung, sibirische Eisenbahnfonds sich angeeignct zu haben. Die Tän zerin kam damals in die peinliche Lage, in dem Prozeß als Zeugin austreten zu müssen. Dandre kam nun vor einigen Tagen mit den amerikanischen Ge richten in Konflikt. Ein Deputy-Sheriff war damit beauftragt worden, während der Vorstellung -er* * Pawlowa dem Manager eine gerichtliche Vorladung zuzusteUcn. Gerade als die Künstlerin einen ihrer wundervollsten Tänze ansführte, erschien der Gc- richtsbeamte auf der Bühne und überreichte Herrn Dandre die Vorladung. Dieser geriet in höchste Wut über die unangenehme Störung und begann nch mit dem Vollztehungsbeamtcn furchtbar herumzustreiten. Begreiflicherweise brachte dieser Zwischenfall die be rühmte Tänzerin fast autzer Fassung, so datz sie nur mit Schwierigkeit und unter grotzer Nervosität ihren Tanz zu Ende bringen konnte. Natürlich folgte dieser Numm«r donnernder Applaus. Nach der Vorstellung war ein TsiL cianMnt angesagt, für den ein Extra eintrittsgeld von einem Dollar erhoben wurde, und die Mitwirkung der Pawlowa angekündigt war. Die Räume waren auch bis zum Bersten voll. Endlich er schien die Pawlowa, aber nicht ini Tanzkostüm, sondern in Stratzerstoilettc und erklärte kategorisch, sie werde nicht tanzen, der Zwischenfall auf der Bühne habe sie zu sehr nervös überreizt. Das erwartungsvolle Pu blikum fing bei dieser Erklärung an. gellend zu pfeifen und zu zischen, bis schlietzlich ein tobender Lärm sich erhob. Bleich vor Erregung mutzte die Pawlowa sich zurückziehen, nachdem sie zum ersten Male im Leben den Mißerfolg kennen gelernt hatte. * Aus der Kelehrtenwelt. Wie aus Freiburg i. Br. gemeldet wird, hat der a. o. Professor und erste Assistent an der psychiatrischen Klinik der dortigen Universität Dr. med. Oswald Bumke einen Rus an die Universität Rostock als Ordinarius für Psychiatrie und gerichtliche Psychiatrie und Direktor -er Irrenanstalt Gehlsheim als Nach'olqer des vcr storbenen Geh. Medizinalrats Professor Schuchardt erhalten und angenommen. Er wird sein neues Lehramt am 15. Februar 1011 übernehmen. * Historische Funde im Alten Rom. Aus Rom wird uns gedrahtet: Professor Boni hat dem Unterrichtsministcr mitgeteilt, datz er auf dem Pala din im Mittelvunkt des ältesten Nom ein dem Pluto und der Proserpina gewci htes Heilig tum gefunden habe. * Ein Erfolg der streikenden Studierenden der Zahnheilkunde? Wie wir von besonderer Seite er fahren, stimmst die am Sonntag im Zahnärztlichen Institut der Universität Berlin abgehaltene Ver sammlung der Vereinigung der Dozenten der Zahn Heilkunde an deutschen Universitäten nach längerer Debatte einstimmig dem Anträge zu, mit allen Mitteln bei den einzelnen Regierun gen und Fakultäten dahin zu wirken, datz -en Studierenden der Zahnheilkunde der ihnen ge bührende Doktortitel im eigenen Fache in der schon 1909 von der Vereinigung der Dozenten vorgeschlagcnen Weise gewährt werde. * „Der Turmhahn" nennt sich eine neue Zeit schrift, die soeben im Staackmannschen Verlage unter Leitung von Karl Hans Strobl zu er scheinen beginnt. Dieser Turmhahn will Ausschau halten auf alle Gebiete und Strömungen der moberncn Gcistesrichtungen So bringt das erste Heft Beiträge aus der Feder der dem Staackmannschen Verlage nahestehenden Autoren, die in buntem Wechsel über Politik. Pessimismus und Optimismus, Erfolg und Ewigkeit des Kunstwerkes und über Zeit und Zunft plaudern. Wir wünschen der neuen Zeit schrift, die einen sauberen, sympathischen Eindruck macht, datz sich an ihr das Gocthefchc Wort von den Dohlen und dem Knopf an Kirchtürmen nicht be stätigcn und dieser Turmha-hn sich fürderhin als ein zuverlässiger Wetterprophet erweisen wird. tetb lvll »fi »Vzior UM llslte- sitstr. lg iw l331. SII ritz« »usodl. Str. 22 l Koch- au — e 1. umer, »»gen ir.18 >379). gen. uelle »tor- Gar. K»i» der. r. ilbcht »I in figeu >77 illl ver. >, so Zu- über ater i Morgen-Ausgabe kiir LrtpUg un- Vorort« durch aas«« Urda« VLAUAVPkkks L. UN» Spediteur« rmaHiigli» in» Hao» »«drocht: monatllch I.7S M., vl«rt«tlühr»ch r.7» M. Set örr »«schüft-grU«, uns«rn ZUial«n und hu»gad«N«U»n adg«t>»lt: monatlichlM.,vi«rtrljdhrUchSM. Vurch di« Poft: tnn«rhold vrutfchiand» und ürr S«utsch«n »olont«n monatlich ,.5d M., oiert«ljiihrtich 4.»» M., ouos»li«vlich pastbrstrU,««». vaareipzigerragiblatt «rschelnt werktags rmai. Sonn-u.Z«i«rtag»1mal. 0o L«ip?ig, den Nachbarort«» und d«n «vrten mit «igenrn Zillalen wird die hbeudauogade noch am hden» des erscheinen» lr.» hau» g«U«f«rt. Srriinrc Neöaktion: 0ndenz«It«n17, Zrrusprrch-hnsibluh: Moabit Nr.»47. hmrdelsFeiturrg /lrrttsblcttt des Bettes rurd despolizeurrrttes der Stabt Leipzig NedaMon und S«schäst»st«ll»: ^»hanniogass« Nr.». » Zernsprech-Mnschlug Nr. >4d«. I4d4Z und l»d»4. ISS. Jahrgang —«»ik»» kür 0ns«rat« au» Leipzig und Nmgrbnng di« /»NAeiAeapreif e. , spam,« p«tu,«u« u pf., »>« n«nam«,«u«, m., oon auswdrt» Zd Pf., Nrklamen >.20M., Zamtlt«»-u. klein« Mn-«ia«n di« p«titz,il« aurL0pf.,0ns«rat« oon0«hjirden im amtlichen?«» di« p«t>tzrtl« dd Pf. S,schaft»aa»«tg«a mit plahoorschrtft im pr«ts« «rbdbt. kadatt »ad, Loris. »«liagegrdlihr: Srsamtauflag«S M.pro?aus«ud r»N.P»stg«ditbr. Mnz»tg«a.f>naabm«: ^ohannisgass«», b«l sämtlich«» Zilialra d«, Leipzig« ?ag«dlatt«» und allen fi»nonceo-Sxp«ditt»ara d«» 0n- und hu»land««. S«schüft»g,ll« für 0«riin u.»i«pr.Sran»«ndnrg: vireMon Walter Zlirg«l, V«rlin w. 10, MargaretbenNrap« ». F«rnspr«lb-f>nschluh: Lüh»« »»71. Nr. 7. IS14 Montag, den S. Januar. Vas wichtigste. * Der Präsident des preutzijchcn Oberverwal tungsgericht Dr. von Bitter ist in Berlin ge storben. (S. Dtsch. N.s * Wie verlautet, hat die Vereinigung der Dozenten -er Zahnheilkunde an deut sch en Universitäten beschlossen, die Forde rungen der st r c i k e n d e n S t u - i c r e n d c n zu unterstützen. fS. K. u. W.) * Bei der Debatte in der rumänischen K a m m er über die Adresse zur Thronrede erklärte Ministerpräsident Majorescu die Be hauptung von der politischen Abhängig keit Rumäniens von Oesterreich-Un garn für unrichtig. fS. Ausland.) * Die Deutsche Rodel meist erschüft wurde am Sonntag von Wilhelm Raupach- Schreibcrhau gewonnen. (S. Sp. u. Sp.j * Ein heftiger Orkan hat in New York City und an der Ost k ü ste New Porks schweren Schaden angerichtet. fS. Letzte Dcp.) Graf von Kersting. Kaum ist die Erhebung des Herrn von Hcrtling in den Grafenstand cmgekündigt worden — sic soll am 7. Januar, am Geburtstag König Ludwigs III., erfolgen — so melden sich auch schon Leute mit dem „naheliegenden" Gedanken, der neue Graf werde in kurzem den Posten des Reichskanzlers antreten. Gemach! Möglich ist ja schließlich alles, aber vorläufig ist gar kein Kopfzerbreä-en über die weitere Laufbahn des jetzigen bayrischen Ministerpräsidenten nötig. Der Grafentitel ist die Belohnung sür das Bcroienst, das sich Herr v. .Hcrtling nm die Ucbcrtragung der Königsivnrde auf den Prinzregentcn Ludwig erworben hat, wie bekannt ein Verdienst, das er eigentlich eine Weile nicht erstrebte. Weniger sein Wille, als eine Reihe von Umständen, haben ihn zur Tat gedrängt. Aber das ändert nun nichts an den Geschehnissen, und da König Ladung dieser Geschehnisse froh ist und überdies an der Leitung des bayrischen Staatswesens nichts auszusetzcn hat, Herr v. Hcrtling also, wie man zu sagen pflegt, in Gunst und Gnade steht, so bedeutet der Grafenstand eine Anerken nung der Persönlichkeit, ihrer Leistungen und Eigenschaften. Sie überrascht um so weniger als Herr v. Hcrtling auch bei dem ztzaiscr vor züglich ungeschrieben ist, der verschiedentlich seine staatsmännische Klugheit zu rühmen Gelegen heit nahm. Man sagt, Herr v. Hcrtling habe selbst den Anschein erweckt, als trachte er nach dem Führer posten des Deutschen Reiches, und zwar durch den Eifer, womit er in der letzten Zeit sowohl bei der Militärvorlage, als auch bei der Steuergesetz gebung in die Reichssachcn cingriff. Er habe ja auch den Einfluß des Bnndesratsansschnsscs für auswärtige Angelegenheiten, in dem Bayern den Vorsitz führt, sichtlich zu verstärken versucht. DaS alles ist richtig, erklärt sich aber auch ohne wcitergehcndc Erwägungen ans der sehr ein fachen Tatsache, daß Herr v. Hcrtling. nachdem er am K. Februar I9i2 mit der Bildung eines neuen Ministeriums betraut worden war, den Auftrag übernommen hatte, die Stellung Bayerns im Reiche zu größerer Bedeutung zu bringen. 2Lar es ein Wunsch des Prinz regenten Luitpold, daß etwas getan werde, nm das „Berliner Monopol" nicht allzu stark an wachsen zu lassen, so vertrat sein Nachfolger diesen Gedanken gewiß noch viel entschiedener. Der Zusammenhang zwischen diesem Streben, den süddeutschen Föderalismus zu stärken, und den ersten Schritten des Herrn v. Hcrtling — wir denken dabei vor allem an den Vorstoß gegen das Jesuitengesctz des Reiches in Gestalt des bayrischen Jesuitencrlasses — ist trotz der langen und heftigen Erörterung dieser Dinge wenig beachtet worden. Zu diesem Kapitel gehört auch die Erklärung des Herrn v. Hcrtling in der bayrischen klammer, daß jetzt mit Rüstungen und Militärvorlagcn Schluß gemacht werden müsse. DaS war nicht, wie man es anslegte, eine von Berlin aus gewünschte oder gebilligte Bcruhigungsmaßregel, sondern eine Inanspruch nahme, oder richtiger Vorwegnahme des entscheidenden Wortes für den Bundesstaat Bayern. Es wäre also eine sehr gewaltsame Deutung, wenn man jetzt annehmcn wollte, Herr v. .Hcrtling habe sich damit in Berlin empfehlen wollen. Es war lediglich die Betonung der Mit ¬ regierung im föderalistischen Sinne. Herr von Hcrtling hält sich an seine Instruktion. Man rühmt dem l «lyrischen Ministcrpräsi deuten nach, daß er Ideale verfolge, die über die Ziele und Hoffnungen des bayrischen Kleri kalismus und des Zentrums überhaupt hinaus gingen. Er selbst hat eine Parteiministerschaft und erst recht jede Parteidienstbarkeit entschie den abgelehnt. Aber nm so selbstverständlicher ist für ihn der streng kirchliche Standpunkt, den er- mit seiner ganzen Familie teilt. Es wird niemals von ihm zu erwarten sein, daß er, wie einst sein Vorgänger von Hohenlohe-Schil lingsfürst, in einem Streite zwischen Staat und Kirche ans die Seite des Staates treten würde. Wohl aber hegt und pslegt er, wie aus verschiedenen Reichstagsrcdcu bekannt, dcu Ge danken, den Klerikalismus mit dem Konser vativismus zu verbinden. Als er am lO. Juli 1W9 das Zusammengehen des Zentrums mit den Konservativen im Reichstage verteidigte, sprach er offen ans, daß dec Vereinigung der liberalen Parteien die große konserva tive Partei gegcnübergcstcllt werden müsse. Wie erinnerlich, har Herr v. Hchdebrand diesen Gcdantcn im Namen der Konservativen mit einer gewissen Begeisterung aufgcgriffen und als Schlagwort von der „gemeinsamen christlichen Weltanschauung" ausgcgeben. Kein Glück hatte v. Hcrtling mir seinem Ideal bei dem demo kratischen Flügel seiner Partei. Er geriet in eine heftige Fehde mit Dr. Heim, und bis heute steht ihm, namentlich in Bayern, dieser Teil des Zentrums mit einigem Mßtrauen gegenüber, was natürlich nicht hindert, daß die Partei im ganzen die außervrdentlick>c Macht, die Herr v. Hcrtling für sie und ihr Programm bedeutet, außerordentlich zu schätzen weiß. Es ist eben doch „ihr Mann". Ob das gerade ein Hindernis für einen lvciteren Ausstieg sein würde, daran kann man heute zweifeln. Aber hat Graf Hcrtling nicht eine in seinem Sinne lohnende Aufgabe vor fich, auch wenn er bleibt, wo er ist? Gerade in seiner Stellung vermag er vieles zu wirken, was für die weitere Ent wicklung des Reiches bedeutsam werden kann. Wir fürchten sogar, daß seine geschäftige Arbeit noch recht oft die Aufmerksamkeit aller erregen wird, die schon jetzt mit Mißtrauen die nm den Reichsgedantcn herumspiclenden reaktionären Kräfte verfolgen. Täuschen wir uns, soll es uns recht sein. Stan- -er Marineluftfthiffahrt. Von Kalau von Hose, Konteradmiral z. D. Die winterliche Jahreszeit mit ihren trüben, kurzen Tagen und ungiimtigcr Witterung hat zwar keinen völligen Stillstand, aber dach eine erhebliche Beschränkung der Tätigkeit der Flieger und Luft schiffe mit sich gebracbt. Iu mancher Hinsicht ist das vorübergehende Nachlaßen des mit „Volldampf" Vorwärtsstiirmcns in unserem gesamten Flugwesen durchaus nicht schädlich, sondern sogar sehr willkom men; es wird einmal der verschwenderische Ver brauch des bei uns noch nicht übermäßig vorhan denen, wertvollen Fliegerpersonals durch unnütze Ueberanstrcnqung verhindert, andererseits wird Zeit gewonnen, die Ergebnisse des letzten Flugjahres in Ruhe zu sichten und für die Technik verwertbar zu machen, nachzudenken und Vergleiche anzustellen, die niemals schädlich, wohl aber zum Ansporn werden können für die Verbesserung unseres Flugwesens. Unwillkürlich wird man bei dem Gedanken an die Zeppelinluftschiffe an die vielen Katastrophen erin nert, die glücklicherweise bis vor kurzem ohne Ver luste von Menschenleben herein-gebrochen waren; jedesmal glaubte man nachher, datz es möglich sein werde, in Zukunft die Ursachen der Unglücksfälle zu vermeiden, sei es durch die Führung -er Schiffe, sei es durch Kaustruktions- und Materialverbesserung. Gerade die beiden letzten schweren Katastrophen der „T l" und „T I!" haben aber gezeigt, datz noch viele Probleme zu lösen übriMeiden. Wenn auch die Frage der Beherrschung der Luft durch großzügige Erfindungen gelöst und -er Weg der Entwickelung vorqezeigt worden ist, Tt es erforderlich, mehr als bisher, unbeschadet des empirischen Tastens, theoretische und experimentelle Vorarbeiten und Untersuchungen anzustellcn. Weshalb konnte, wie cs jetzt auf der Technischen Hochschule zu Stuttgarr durch Experimente geschehen, das gefährliche Mit reitzen der mit Wasserstoff gemischten Lust (Knall gas) hinter und unter dem Luftschiff und bei den näher an den Ballonkörpcr gerückten Gondeln nicht früher festgoitellt werden, da die Vermutung hierfür doch auf der Hand la«'? Trügerischerweise hatte der Verlauf der bisherigen Fahrten — man denke an die lange Fahrt vom Bodensee bis Johannisthal — diese Gefahr leider als prattisch gering und so aut wie bedeutungslos erscheinen laßen. Die Versuchs- anstalt für Luftschiffahrt in Adlershof bei Johannis thal. welche im Jahre 1912 mit einer erheblichen Beihilfe de? Reiches von 230 000 .E gegründet worden und für welche im Voranschlag mr 1914 abermals 100 000 vorgesehen sind, soll diesem Be dürfnis einer Verbindung zwischen Wissenschaft und praktischer Konstruktion dienen, welche für die Ent wickelung -er Flugzeuge ganz besonders -ringend ist, weil hier bezüglich der Konstruktion wesentlicher Shackleton über feine neue Sü-polexpe-ition. Sir Ernest Shackleton hat sich Berichterstattern gegenüber in ebenso interessanter wie eingehender AZeisc über die wissenschaftlichen Ziele und die Aus rüstung seiner neuen großen Expedition ausgesprochen. . „Die Aufgabe der Expedition", so erklärt er, „ist die, den Südpolarkontinent von Meer zu Meer zu durchqueren, ausgehend vom Weddellmeer und endend beim Rogmeer. Hier liegt der einzige Weg, uni zu vollenden, was die srüheren Expeditionen begonnen liatten. Die Hälfte von den rund 1700 englischen Meilen, die wir dabei zurückzulegen Haden, rst noch unbekanntes Land. Der 2lkg vom Südpol zum Rotz meer ist schon früher gemacht worden; wir wollen aber, wenn die Verhältnisse günstig sind, die bereits entdeckten Wege vermeiden uud auch so einen neuen Pfad finden, wir dürfen also hoffen, die ganzen 1700 Meilen auf völlig unbekanntem Land zurück zulegen. Vermöge die,es Planes wird es endlich möglich sein, den durchaus kontinentalen Charakter des Südpolarkrcises genau sestzustellen. Vorläufig weiß niemand, ob das große Plateau sich all mählich vom Pol nach -em Weddellmeer hin sich senkt, und ebensowenig roeig man, ob die große Viktoria- Gebirgskette, die sich nach dem Pol hinzicht, sich quer Lurch den ganzen Kontinent erstreckt. Die Lösung dieses Problems ist von höchster Wich- '..gkeit für alle Geographen der Welt, und die Ent deckung der großen Gebirgskette, die wir dort ver muten, wird einer der höchsten geographischen Triumphe aller Zeiten sein. Wir erwarten auch wich tige geologische Resultate von der Reise. Während der Winterquartiere werden Forschungs reisen zum Studium der Gesteine und geologische Sammlungen unternommen. Das eine meiner bei den Schiffe soll zu diesem Zweck einen Trupp an der Westseite des Weddellmeeres landen, und das schiff während dieser Zeit, wenn möglich, die Fortsetzung von Grahamland nach Süden leststcllen. Ständige magnetische Beobachtungen werden vom Weddcll- mcer bis zum Pol vorgenommen, und La der Weg nach dem magnetischen Pol führt, so ist damit eine ideale Methode zur Feststellung der allgemeinen Ab weichung der Magnetnadel gegeben. Diese Arbeiten zur Magnetkundc sind auch von großem praktischen Wert, da eine absolut genaue Kenntnis der magneti schen Verhältnisse für die Schiffahrt von höchstem Nutzen sind. Ich beabsichtige auch in den Winterquartieren ein magnetisches Observatorium einzurichten und so den gangen Winter über regelmäßige magne tische Beobachtungen zu machen. Ebenso werden die meteorologischen Verhältnisse sorgfältig studiert. Und dies wird dazu beitragen, einige be sondere Probleme der Wetterkunde zu erhellen, über die man bisher noch gar nicht unterrichtet war. Nicht minder wird in den Winterquartieren sowohl als auf -er Reise die biologische Forschung be ttieben rocrden; über die Verteilunq des Tier- und Pslanzenlebens im Südpolargebiet sollen genaue Aufzeichnungen gemacht worden. Beide Schiffe sind
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