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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.08.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110815022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911081502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911081502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-15
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Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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ergreifen sollte, um die Arbeiter zu zwingen, ihren Vertragsverpflichtungen nachzukommen. Luubou, 15. August. (Eig. Drahtmeld.) Zn Liverpool treffen Truppenverjtärkungen ein. Zn Aldershot stehen 5000 Mann in Bereit schaft. um nach Liverpool abzugehen. Der Magistrat von Liverpool hat beschlossen, Leute im Alter zwischen Al und 40 Zähren aufzusordern, einen besonderen Po- lizeidienst zu versehen. Zn Sheffield sind heute abend .'>00 Angestellte der Midland Railway in den Aus stand getreten. Generalstreik? Liverpool, 15. August. (Eig. Drahtmeld.) Das Ausstandskomitee verkündete den Generalstreik für sämtliche Transportarbeiter einschließlich der Eisen bahnangestellten. politische Nachrichten. Streik in der Berliner Holzindustrie. Berlin, 15. August. (Priv. Tel.) Zn der Holz industrie droht ein Komps auszudrechen. Die Kistenmnch«: Groß Berlins, organisiert im Deutschen Holzarbeiterverlmnde, lehnten gestern abend das An gebot der Fabrikanten ab und erklärten, nur dann in Verhandlungen cinzutreten, wenn die Fabrikanten den Abschluß eines neuen Vertrages bis zum 1. September garantieren. Der „Souvenir Fran ais". 8t. Dietz, 15. ziuignst. lPriv. Tel.) Der „Souvenir Francois" hielt gestern einen GeLächtnisgottes- dienst in der Nocre DameKirche ad. Erzpriester Js- mert stand der Feier vor. Der Katafalk war mit einem schwarzen Tuche bedeckt und von grünen Pal men und Lorbeeren umgeben. Der besonnte iran- zösisck)e Schriftsteller und Akademiker Moritz Bar- res wohnte der Zeremonie der und bildete nach --chlutz Les Gottesdienstes vor der Kirche den Gegen stand einer stummen Ovation Auch der Bru der des clsässiichen Kapitäns Liessen sch uh sowie des in Marokko verstorbenen Lothringer Kapitäns Petit Mangin waren zugegen. Außerdem waren der ..Motin", ..Echo de Paris", ..Gaulois" und „Opinion" sowie verschiedene andere Pariser Blätter und Zei tungen aus Nancy vertreten. Erkrankung Delcassis. Paris, 15. August. (Privattelegramm.) In A i x ist der Marineminister Delcassc- bedenklich erkrankt. Er leidet an einem Geschwür in der Mundhöhle. Tschechische Ungezogenheit. Prag, 15. August. (Privattelegramm.) Testern wurde in Prag der Kongress der internr.tionalen tschechisch sozialistischen Vereine eröffnet. Es waren 70 Vereine aus Deutschland. Frankreich, Schweiz, England, Spanien, Holland. Belgien, Rumänien usw. vertreten. Es wurde eine Resolution gefasst, in der der überaus geringe Schutz der tschechischen Arbeiter gegenüber den „Ucbergriffcn" der preussischen Be hörden betont wurde. Aus der portugiesischen Rationalversammlung. Lissabon, 15. August. (Eigene Drahtmeldung.) Zn der Nationalversammlung wurde der Kommifsionsantrag angenommen, der sich für die Wählbarkeit der jetzigen Minister für die Präsident schaft der Republik ausspricht. Znternationale Opiumkonferenz. -t Haag, 15. August. lEig. Drahtmeld.) Es ist noch sehr wenig wahrscheinlich, dass die internationale Opiumkonferenz im Oktober hier Zusammentritt. weil c>ne Teilnahme der am meisten hieran interessierten Staaten noch nicht gewiss ist. Man glaubt an eine Verschiebung der Konferenz auf den Frühling nächsten Zahres. Das Befinden des russischen Ministers des Aenhern. 5Z Davos, 15. August. (Eig. Drabtm.) Der den russischen Minister des Aeutzern Ljasonow behan delnde Arzt, Geh. Rat Turban, hat bei seinem Pa- tienten einen Eiterherd im Brustraum als Folg« der überstandenen Lungenentzündung festge stellt, der mit bestem Erfolge für das Befinden des Kranken auf operativem Wege geöffnet wurde. General Leconte — Präsident von Haiti. New York, 15. August. (Eig. Drahtmeld.) Aus Port-au-Prince wird gemeldet: Der Kon gretz wählte einstimmig den General Leconte zum Präsidenten von Haiti. Nus Leipzig nnü Umgegenü. Leipzig. 15. August. Wetterbericht der König!. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 16. August 1011. Nordwestwinde, wolkig, kühl, teilweise Regen. Pöhlberg: Schwacher, lanqanhaltcnder Tau glänzender Sonnenuuter- und -aufgang, Abend- und Morgenrot. Fichtelberg: Matter Sonnenuntergang, glän zender Sonnenaufgang. Abend- und Mprgenrot, schwaches Wetterleuchten nach Ost und Süd..- Temperatur des ötlutzwalfers. August odds. l> Uhr >5 August Irüh r> Uhr ir> Augult mttgs.wuhr Germaniabad (Pi.if,«, 22.5' tt' 21,0" 6 20,0' 0 SchwimmanstaltlElfier) 23,0 ' 0 22,0" 0 21,0' t.: Gemeindebad Schönefeld kP-rthe) - - - GnÜttÄ! Vier Wochen schmachtete Leipzig unter sengender Glut. Unbarmherzig brannte die Sonne hernieder vom wolkentosen Himmel auf Strassen und Plätze, dörrend und brennend. Unheil anrichtend unter Menschen und Tieren, Bäume, Sträucher und Pflanzen jeder Art dahinsiechen und sterben lassend. Roch gestern stöhnten wir unter der unerträglichen Hitze und manche Mutter bangte für ihren kleinen Abc-Schützen, für ihr Mädelchen, das heute zum erstenmal nach den Ferien mit dem Ränzlein auf dem Rücken durch den Sonnenbrand zur Schule wandern sollte. Und nun heute endlich die ersehnte Abkühlung! Wonne erfüllt jegliches Lebewesen, als heule morgen ein kräftiger Wind daherbrauste und mit grauen Wolken den Himmel und die unbarmherzige Sonne ver hängte. Ein „Uff!" der Erleichterung ging durch ganz Leipzig und mit wahrer Begeisterung griff der Vater, als er morgens zu der Stätte seines Berufes eilte, zum Regenschirm, den er früher so unacrn mitgenommen. Die weissen und gelben Leinenanzüge der Herren wurden heute mit dem grauen Zackettanzug vertauscht und der gestärkte Hemdkragcn kam wieder zu seinem Recht, der lange Zeit dem weichen Sportkragen hatte weichen müssen. Elastischen Schrittes sah man alle Menschen auf den Strassen und Plätzen ihrem Beruf nachgeben, nichts mehr von dem langsamen müden Dahinsthleppen der letzten Wochen. Und in den Bureaus und Kontoren ging die Arbeit gleich noch einmal so fix und des Bureauvorstchcrs Laune war milde und friedlich, hatte die nervöse Gereiztheit plötzlich verloren. Ueder allen Menschen schwebte der Satz: „Es ist eine Lust zu leben." Fehlte auch am Vormittag noch der er- irischende Regen, denn der schwache Versuch einiger Tropfen, um 11 Uhr zur Erde zu kommen, kann nicht gerechnet werden, so war doch schon die Temperatur- Abkühlung eine Wohltat, die erfrischte und erquickte. Möchte nun noch ein ausgiebiger Regenfall kommen, dessen die Vegetation, die Früchte -es Gartens und Feldes so sehr bedürfen. * ** Landgerichtspräsident Reinhard in Leipzig bat am 15. August einen mehrwöchigen Urlaub an getreten. * Auszeichnungen. Von der König!. Kreishaupt mannschaft Leipzig ist den nachgenannten, seit über L5 Zähren ununterbrochen in der Maschinenbauanftalt von Kirchner <k Co., A.-G. in L.-Sellerhausen, Tor gauer Stratzc 41/45, beschäftigten Personen je «ine Belobigunqoulkunde ausgestellt worden, und zwar: dem Werkzeugschlosser Gustav Ackermann in L.- Neudnitz, dem Kistenbaucr Karl Wackwitz in L- Volkmarsdors, dem Eijendreher Otto Thielemann in L.-Vollmarsdorf, dem Monteur Camillo Preß- prich in L.-Sellerhausen und dem Eisendrecher Os wald .Köhler in L.-Sellerhausen. Di« Auszeich nungen wurden den Zubilaren heute in Gegenwart eines Vertreters ihrer Arbeitgeberin an Ratsstelle ausgehändigt. — t Personalien von Zoll und Steuer. Bei der Verwaltung der Zölle und Steuern sind versetzt worden: Zolljekretar Rahke von Moldau zum Hauvt- zollamr Leipzig 1>, Zolljeiretär Schilbach von Lerp- zig l als Obergrenzkonkrolleur nach Königstein, Zoll assistent Müller von Dresden als Zolljekretar zum Hauptzollnmt Leipzig I. Steueraufseher Weber von Kralan, Hauptzollamt Dresden, und Zolleinnehmer Klotz von Reusradt als Zoilajsistentcn nach Leipzig I. Zollassistent Schmidt von Leipzig k nach Riesa. — Befördert wurde: Zollassistent Steinbach beim Hauptzollamt Leipzig l als Zollsekretär daselbst. — Verstorben: Oberzollinsvektor Finanzrat Traut mann und Revisionsausjeher a. D. Liebig. —k. Bon der preußischen Bahn. Der Eisenbahn minister hat bereits durch eine Reihe von Anord nungen auf die wirtschaftliche Lage der Eisenbahn bediensteten fördernd eingewirkk. Es sei hier nur u. a. an die Massnahmen zur Ausbreitung und Hebung der Bienenzucht, die Förderung der Obstbaumzucht und die Versorgung der Be diensteten mit billigem Garten- oder Acker land. Neuerdings hat der Eisenbahuminister sein Augenmerk auf den Wert der K l e i n v i e h h a I - tung für den Hausstand vie.er Familien, gelenkt und beschlossen, auch in dieser Richtung anregend und fördernd einzugreifen. So ist in einem neuerlichen Erlaß das Znteresse der Eijenbahnbediensteten für die Kieinviehzucht angeregt und zu Versuchen zur Viehhaltung (Ziegen, Kaninchen oder sonstigem Kleinvieh) ermuntert worden. Der Minister hat sich aber nicht nur auf Anregungen und Empfehlungen beschränkt, sondern auch seine Bereitwilligkeit kund getan, mit der Tat unterstützend einzugreifen. Zn diesem Sinne sind die Eisenbvhndicettionen an gewiesen, den Bediensteten, die ein reges Znteresse für die Kleinviehzucht an den Tag legen, den Besuch von Fachausstellungen und Vorträgen durch Gewährung von Urlaub und freier Fahrt, soweit Las dienstliche Znteresse es gestaltet, zu erleichtern. Den im Ar beitsverhältnis Stehenden soll in solchen Füllen auch der Lohn weitergezahlt werden. Endlich ist auch in geeigneten Fällen die Gewährung barer Unter stützungen ins Auge gesagt, wenn es sich um erheb lichere Aufwendungen, wie etwa durch die An schaffung guter Zuchttiere, die Herstellung zweck mässiger Stallungen u. dgl. handelt. Strengere Bewachung der Badeanstalten. Zu folge der laugen, anhaltenden heitzen Jahreszeit findet alltäglich grosser Andrang in die hiesigen öffentlichen Badeanstalten statt. Die abgelegten Kleidungsstücke der Badebesnchcr können natürlich » von dem Personal nicht so überwacht werden, um 1 Diebstähle zu verhindern. Wenn auch in letzter Zeit I eine ganze Anzahl Badediebe abgesagt und zur Ver antwortung gezogen werden konnten, so haben sich dennoch die Diebstähle derart gehäuft, -atz die Krimi nalpolizei zu außerordentlichen Maßnahmen ver anlagt worden ist. Es werden jetzt in jedes Bad eine ! Anzahl Beamte der Kriminalpolizei befehligt, um den ! Spitzbuben endgültig das Handwerk zu legen. Häufig I ist es vorgekommen, Latz im Besitze festgenommener j Vadcdiebe Gegenstände, als Portemonnaies usw., vor gefunden wurden, die zwar gestohlen, Anzeigen aber darüber nicht ergangen waren. Es wäre erwünscht, wenn die Bestohlenen in jedem einzelnen Falle An zeige erstatten würden. Zeder Polizeibeumte nimmt die Anzeige entgegen. — Verantworten mutzte sich ein 12 Jahre alter Schulknabe von hier, der in der Zeit vom 28. Juli bis zum 5. August in einer öffentlichen Badeanstalt des Westviertels in 6 Fällen Gelddieb stähle verübte. Da Anzeigen über diese Diebstähle nicht ergangen sind, wäre es sehr erwünscht, datz sich die Bestohlenen bei der Kriminalpolizei melden. * Aus dem Leipziger Gastwirts- Gewerbe. 2n Leipzig und den Vororten erhielten für bereits be stehende Gast- und Lchankwirtichasten anderweit Erlaubnis: zur Schanlwirtschaft: Wilhelm Bleichrodt, L.-Vollmarsdorf, Bogislawstratze. 20, Anna Grödel. L.-Lindenau, Merseburger Stratze 127 und Arthur Non Niger, L.-Connewitz. Schefsel- stratze 21. Die Genehmigung zum Ausschanke von nichlgeistigen Getränken erhielt: Bernhard Leh mann, Kochstratze 73. * Bermitzt wird seit dem 11. dieses Monats die Arbeiterin Martha Emilie Seidel, 16 Jahre alt, etwa 1,55 m groß. Sie ist schmächtig, hat dunkel blondes Haur und ist bekleidet mit dunkelgrüner Bluse, hellgrün gestreift und mit Goldboroe besetzt, schwarzem Rock, weitzem Unterrock, schwarzen Strümpfen und Schnürschuhen sowie blauem Stroh hut mit gleichfarbigem Bande. Um sachdienliche Mitteilungen eriucht der Gemcindevorstand zu Schönefeld bei Leipzig. -u- Die Tätigkeit der Feuerwehr. Unter recht erschwerenden Umständen hatte Montag abend in der 7. Stunde die Feuerwehr der >1. Bezirksfeuer wache ein Pferd eines Kohlengeschirres, welches in einer grötzcrcn Buchdruckerei am Gerichtsweg in ein Kohlenfalloch eingebrochen war, herauszuheben. Fast eine Stunde dauerte diese Arbeit, und die damit beteiligten Feuerwehrleute schwitzten aar gewaltig. Nach viele: Anstrengung gelang es der Mannschaft ober doch, das Tier unversehrt heraus- zuschasfen. — 7 Uhr 55 Min. wurde aus den, Neubau Psasfendorfer Stratze, gegenüber dem Alten Theater, Feuer gemeldet. Die Mannschaft der Hauptfeuerwacho fand aber nur bei ihrem Ein treffen brennende Tcerkesjsl vor. — 10 Uhr 11 Minuten wurde die II. Dezirkswache nach der Lutherstr atze 22 gerufen. Hier war in der 4. Etage eine brennende Petroleumlampe umgefcsiien, weiterer Schaden hierbei aber nicht entstanden. — Dieselbe Wache mu' te 11 Uhr 20 Min. nach dem Grundstück Stötteritz, Hauptstratze 33, ansrücken. In einer dort befindlichen Malerwertstat', waren Farben, Kisten und andere Utensilien in Brrnd ge raten. Die Wehr löschte den Brand bald. — Diens tag früh kur; nach 5 Uhr erfolgte aus dem Grundstück Feldstrahe 22 eine Feuermeldung. Dort hatten durch einen brennenden Spirituskocher die Gardinen Feuer gefangen, und es war dadurch ein Stuben brand entstanden, der ebenfalls ourch die Mannfchafr der II. Wache bald gelöscht wurde. * Nach langer Zeit. 2m Juni wurde in einer Wohnung des Sudviertels ein Einbrecher überrascht und festgehalten. Der Spitzbube ritz sich aber los und entkam. Jetzt gelang es, den gefährlichen Spitz buben in der Person eines !4 Jahre alten Malers aus Halle zu ermitteln und sestzunehmen. * Vom Bcck geschleudert. Montag vormittag scheute im Rennbahnweg das Pferd eines Markran städter Fleischermeisters und ging mit dem Wagen durch. Hierbei wurde der Führer des Geschirrs, der Fleischerlehrling Curt Albrecht, vom Bocke geschleu dert und ein Stück weit geschleift. Er erlitt einen linken Wadenbein-ruch und 3 Wunden am Hinter tops. Der Bedauernswerte wurde in das Kranken haus St. Jakob gebracht. * Leichenfledderer. Ein Unbekannter stahl einem Manne, der aus einer Promenadenbank am Blücher- platze eingeschlafen war, eine silberne Remoutviruhr nebst Kette. * Zeugen aesucht. In Haft befindet sich ein 26 Jahre alter Fleischergeselle aus Lauscha, ^>er bei einem Fleisckermeister in der Ostvorstadt in Stellung war und diesem für etwa 60 Fleischwaren ge stohlen batte. Der Geselle ist von einer Person be obachtet worden, als er die Diebesbeute einem Un bekannten zusteckte. Es wird vermutet, datz der Geselle bereits mehr Waren gestohlen hat. Es wäre erwünscht, wenn sich der Beobachter bei der Kriminal polizei melden würde, damit eventuell der Hehler ermittelt werden kann. I. Beim AufspNngen verunglückt. Montag früh versuchte ein Fleischergeselle in der Reitzenhainer Stratze auf einen in voller Fahrt befindlichen Straßenbahnwagen zu springen. Er fiel so unglück lich, datz er sich den Unken Arm anskugelte und das rechte Handgelenk verstauchte. Zviek Israels. Sein lhedurtsort war die stille Umver- silälsstadt Groningen, wo er als der Sohn einer alten holländischen Zudenfamilie das Licht der Welt erblickte. Josef sollte Rabbiner werden, er erwies sich in seinen Kinderjahren als gelehrig unv auch als künstlerisch begabt, da er sich durch kleine Gedichte und als Violinspieler auszeichnete. Später tam er in das Bankgeschäft seines Vaters, aber Kopien, die er nach alten Lithographien herstellte und dann nach eigenem Geschmacke ausmalte, bewogen einen Freund des Hauses, den Vater dazu zu be stimmen, das Joses Maler werde. Es war im Jahre 1840, als er Schüler von Kruscmann wurde. Bei Krusemann und später bei Tienemann trat ihm der rcgclstrcnge Akademismus, wie er im Buche stand, entgegen. Daran fand Israels nun nicht viel Ge fallen: um so tiefer erregte ihn Ary Scheffers de* kanutes Bild „Gretchen am Spinuraöe", Las er 1845 in Amsterdam kennen lernte. Denn hier fand er, was er sich selbst in der Kunst auszudrücken gedrängt fühlte: lebendige Empfindung menschlicher Dinge und Geschicke. So ging er denn nach Paris, wo er von 1815 bis 1848 verweilte. Merkwürdig genug, datz er von der modernen Kunst, deren Morgenröte damals in Paris glänzte und zu deren Vertretern doch auch Israels später sich gesellen sollte, kaum etwa in Paris ge merkt zu haben scheint. Er malte zunächst durchaus im alten Stile der historischen und Genre Malerei: biblische Hijtoriken aus dem Alten Testament, Luther, eine Bibel übersetzend, oder einen Violinspieler oder selbst einen Prinzen von Oranicn, wie der sich zum ersten Mule den Befehlen des spanischen Königs wider setzt. Das war im Jahre 1855, -atz er das letztgenannte Bild uusstcUte; eben hatte er die Bekanntjchazr ge macht, die für sein Leben entscheidend werden sollte: die Bekanntschaft mit dem Dasein der Fischer in dem holländischen Stranddorfe Zandvoord. Da war cs, wo er der Natur seines Landes unv seiner Bewohner frei von allen, akademischen Regel zwänge und frei von allen Atelierrezeptcn gerade ins Antlitz zn schauen lernte. Er begann so 1856 feine Gemälde in die Welt zu senden, die das Leben ».er holländischen Fischer zum Gegenstände Haden, and davon er seitdem eine grotze Anzahl von Darstellungen vollendet. Zuerst waren diese Bilder noch mit dem üblichen modischen Anckdotenkram belastet, ie länger aber, desto freier, einfacher und unmnteloarcr ge stalteten sie sich. Er hat die ärmlichen mrv doch heimischen Wohnräume dieses Fischervolkes geschil dert, ihr tägliches Leben, die wetterharten Allen, vergrämte Frauen, die spielenden Kinder, Wind und Witter, Arbeit und Ruhestunde. Wer ohne die Kenntnis der alten holländischen Kunst, mit deren Geist Israels tiefe innere ZUermandtschaft hat, an seine Werte hcrantritt, der kann leicht enttäuscht sein. Farbenreichtum ist seine Sache nicht, es fehlt an Farbe auf seinen Bildern, oft sind sie trüde, zu weilen haben sie einen feinen Cilberton, nur die Tonschönheit des Ganzen, das fast immer aus grau gestimmt ist, macht ihren künstlerischen Wert aus. Aber je tiefer man sich in die Bilder hineinsieht, um so mehr fesseln sie durch ihren menschlichen Gehalt. Israels ist weit davon entfernt, ein Tendenz» maler zu sein; er malt keine sozialen Predigten, er gibt keine Lehren, ist kein Vertreter der Armen- lcutemalerei. Was seine Bilder so tief anziehend macht, ist einfach, datz eine grotze Güte des Emp findens daraus spricht. Er liebt die einfache und natürlche Form dieses Lebens, er sucht die schlichte Natürlichkeit in den Bewegungen, den Gesichtern, der Tätigkeit dieser schlichten Leute. Und obwohl seine Bilder meist trübe und grau gestimmt sind, so sind sic doch erfüllt von einer tiefen Lebensfreude. Israels Lebensfreude ist so groß, datz er selbst einen regen schweren, mürrischen Tag, Latz er selbst das verrun zelte, häßliche Gesicht einer alten Frau als Schönheit, als Geschenk empfindet. Lian mutz die köstliche Schilderung der spanischen Reise lesen, die der alte Mann vor etwa 7 Jahren unternommen und selbst beschrieben hat, um ihn ganz zu verstehen. Was er da alles geniesst, wie originell und frei er Menschen und Dinge ansieht, mit wclaier Güte er die verschiedenartigsten Charaktere, Gewöhn» beiten und Anschauungen anerkennt und curnimmt! Da» Buch gibt auch über sein künstlerisches Glau bensbekenntnis Aufschluß. Mit Murillo hat er sich nicht versöhnen können, Velasquez erweckt seine tiefst« Bewunderung, aber das höchste Wort der Kunst ist für den Alten Rembrandt. Von seiner eigenen Kunst hat er einmal zu Liebermann gesagt: „Außer Millet gibt es keinen Maler, der so wenig zeichnen unv malen konnte wie ich, und dabei so gute Bilder ge malt hat." Eine Charakteristik, die, wenn nicht alles, so doch sicher etwas Wesentliches über Israels Kunst sagt. Diese Kunst war ihm alles, malend ist er alt ge worden. Bis zuletzt satz er täglich arbeitend in seiner Werkstatt; in der Regel malte er an zwei Bildern zugleich und er schrieb es seiner Kunst zu, daß er >o alt geworden und zugleich so gesund geblieben war. Er sagte einmal zu einem Frager: „Junger Mann, willst du alt werden, dann schaffe gesunde Kunst, eine Kunst, die nichts Apartes sucht, eine Kunst, die nicht nacb Sensation strebt, und besonders: kritisiere nie mals deine Kollegen, wett alles in der Kunst zu ver flixt schwierig ist, ja, so verteufelt schwierig Arbeite ruhig, dann arbeitest du lange und gut.'" Nach diesem Rezepte hat Israels selbst gehandelt, und bis zuletzt ist er lebensfroh und vergnügt ge wesen, obgleich er den großen Schmerz seines Lebens, den Verlust seiner Frau, nie hat verwiiiden können. Täglich machte der Alte, langsam, Schritt vor Schritt, vom Haag aus leinen Spaziergang in den „Bosch". Zm Sommer wohnte er in seiner Villa in Schevenin- äen und fuhr tögnch mit der Dampfbahn in den 5»aag hinein. Bei dieser Fahrt erledigte er seine Lektüre, und zwar in einer ganz eigentümlichen Weise. Er riß nämlich jedesmal aus dem Buche, das er lesen wollte, so viel aus, wie er für die Fahrt nötig zu haben glaubte, und warf das Gelesene dann in den Papierkorb. So wanderte nach und nach ein großer Teil seiner Bibliothek in den Papierkorb, aber er glaubte dabei nicht weiter viel verloren zu haben. Zn den letzten Zähren hatten seine Buder etwas Müdes bekommen. Alle Formen begannen sich gleich sam aufzulösen, in einander überzugehen; es war, als ob der alte Künstler selbst den Drang fühlte, sich in das All aufzulösen. Und so ist er denn nun nach einem langen schönen Leben in Frieden hingegangen, der Künstler, der im Trüben soviel Helles, im Leiden so viel Schönes zu sehen wußte, der das Leben liebte und es doch verschmähte, es in bengalischer Beleuch tung zu zeigen. O. I". OemlchesBuchsewerdeumleum: Auskeilung moüerner Vuchumlchlsge. Wenn man von den Räumen des Erdgeschosses, in denen die Ergebnisse der Ostermesse, viel bedrucktes Papier, ausgestapelt sind, zum Museum im zweiten Stockwerk emporsteigt, dann empfindet man eine rechte Freude. Unten in wirrem Durcheinander viel Geschmackloses, wenig Gutes (z. B. sollten die Musik verleger sich der modernen Buchkünstler ein wenig mehr bedienen', oben Beispiele de» Besten, was zur zeit geleistet wird, und da» ist in der Tat gut. Man bemerkt mit Freude, datz die Einsicht, der Buch umschlag dürfe nicht bildmätzig ausgeichmückt werden sondern müsse schon von außen das Buch als Werk des Buchdruckes zu erkennen geben, immer mehr Raum gewinnt. Allein der Verlag von Albert Langen- München,der die „Simf)lizissimus"-Künstler, also keine ausgesprochenen Buchkünstler, heranzieht, ist auf dem veralteten Standpunkt, den man bei kleineren hu- moristijcüen Schriften, wie z. B. bei den. nicht in diesem Verlag erschienenen von Gustav Wied, gelten lassen kann, stehen geblieben. Selma Logerlöfs „Reise des kleinen Niels mit den Wildgänsen" ver diente eine bessere Autzenseite. Das ist eine flüchtige Bildskizze, kein Buchumschlaa. Auch Th. Th. Heine beweist jein Verständnis für Buchkunst allein in der Hülle für Hebbels „Judith", die allerdings vorzüglich ist. Unter Verlegern, die zuerst bewutzt für Buchkunst sich eingesetzt Haven, mutz vor allem Eugen Diederichs genannt werden. Während er allerdings am Amang noch schwankend oft ein Zuviel des Schmuckes nicht vermied, wird er und seine Künstler, vor allem F. H. Ehmke, jetzt ruhiger, zielbewutzter. Ungleichmäßig ist auch der Verlag S. Fischer-Berlin. Man bemerkt den guten Willen, aber noch sind Ver leger und Künstler nicht bewutzt einfach wie 2. Zeltler und sein Hauskünstler W. Tiemann, dessen einfache Ausstattungen in vorzüglichster Flächen teilung mir am meisten zusagcn. Es lasten sich bei btldmätzizer Ausstattung oft Geschmacklosigkeiten, entstanden aus dem Zwiespalt zwischen Wort und Schmuck, nicht meiden, so K. Wal sers Umschlag zum ,Mosenkavalier", ein farbiger , Empiregrabstein. L. R. Weiß lehnt sich bewußt in I seinen Entwürfen zu E. Hauptmanns „Ratten" und I zu Moritz Heimanns „Der Feind und der Bruder" * an die Buchausstattung des 18 Jahrhunderts an. Auch Bruno Cassierer liebt seine Verlaqswerke mit Steinzeichnungen zu schmücken, die, mögen sie auch von Liebermann und Slevogt stammen, wohl in ein Buch, nicht auf ein Buck, gehören. Zu bild mäßig. bei aller Feinheit ist auch K. Tuch und K. Walser zum Beispiel bei Dostojewskys „2dioth". Man schließt unwillkürlich von der Zeichnung aus den 2nhalt uno wird ost durch den Zeichner falsch geführt. P. Arndt, der für Axel Junkers Verlag tätig ist, bevorzugt das Ornament zu viel. Raumvertetlung, gute Schrisl allein ge nügen, und wenn ein Ornament angebracht wir-, dann so diskret wie bei Markus Behmers Arbeiten. Jedenfalls sieht man bei Verlegern und Künstlern ein ernstes Streben nach einem Schmuckstiel des Um schlages, und das verdient Anerkennung und Dank barkeit. Darum setze ich noch die Namen der Ver leger her» bei denen mir gute Umschläge aufaesallen sind: Rutten L Loening, Frankfurt a. M.. H. Haessels Verlag, Herderscher Verlag, Freiburg i. Br., Tenien- Verlag, Volksvercinsoerlag M.-Gladbach, Verlag dec Westdeutschen Arbeiterzeitung M.-Gladbach, E. Roh- wolt, Hans v. Weber. Wenn weiter auf dieser Linie so intensiv und mit Erfolg gearbeitet wird, dann dürfen die Deutschen, die den Buchdruck der Menschheit geschenkt haben, und damit z. T. die Kunst des Buchschmucks vernichteten, wieder von lebendiger Buchkunst reden, die bisher nur nr alten Schriften und Drucken fort lebte. Ur. Nodort tt'ortvoL'a. Limit unü WMenlchalt. * Das erste drahtlose Telegramm aus dem nörd lichen Eismeer ist aus einer Entfernung von 1100 Seemeilen über Norddeich bei der Hamburg - Amerikanischen Paketsahrt - Aktiengesell schaft eingetroffen. Es ist in der Nähe der zwischen Island und Spitzbergen gelegenen Insel Jan Mayen vom Kapitän der „Kronprinzessin Cecili«" aufge geben und meldet vorzügliches Wetter ohne Nebel und Eis aus der ganzen bisherigen Vergnügungs fahrt. Während alle frittieren Rekorde der drahtlosen Telegraphie in den südlichen Gewässern ausgestellt wurden, ist hier zum ersten Male «ine ungewöhnliche Reichweite im höchsten Norden Europas erzielt. * Reinhardt-Moliöre-Hossmannsthal-Strauß <L Co. Wie die „Verl. Morgenpost" erfährt, haben Richard Strauß und Max Reinhardt folgendes Uebercinkom- men getroffen: Max Reinhardt bringt in der kom menden Saison in Berlin eine alte Moli^rejche Ko mödie zur Aufführung, in di« eine vollkommene Opernszene hineingearbeitet wird. Hoffmannsthal wird die Bearbeitung übernehmen und Richard Strauß die Musik dazu schreiben. * Stuck Vizepräsident des Deutschen Künstler, bundes. Wie man aus München meldet, wurde Pro fessor Franz v Stuck einstimmig zum Vizepräsidenten des Deutschen Künstlerbundes an Stelle Fritz v. Uhdes gewählt.
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