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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110818017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911081801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911081801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-18
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Ablieferung der Waren zu verhindern. In Sheffield sind Truppen -um Schuh« der Eisenbahner eingetroffen. Heute sind noch bedeutend mehr Leute, Angestellt« wie Fuhrleute, der Dreat - Central - Eisenbahn aus ständig, um die Kollegen von der Midlandbahn zu unterstützen. Alle Züge dieser Dahn auf der Strecke Hüll—Sheffield sind ausgefallen. Es herrscht all gemeiner Mangel an Lebensmitteln, besonders an Fleisch. InLeeds wurde gestern morgen 8 Uhr auf allen Eisenbahnlinien die Arbeit eingestellt. Der Londoner Eisenbahnverichr geht wie gewöhnlich vor sich, nutzer auf der Strecke St. Pancras-Manchestcr, auf der der Betrieb ruht. Die direkten Züge der Lancashire- Porkshire Railway liegen auch still. In später Abendstunde ist die Entscheidung zum Schlimmsten gefallen. Der Generalstreik der Eisenbahner ist beschlossene Sache. Ein Telegramm meldet! London, 17. August. lPriv.-Tel.j Die Eisenbahner haben den Generalstreik erklärt. Die Msrokkoverhsnülungen. ' Die neuerliche nervöse Stimmung der fran zösischen Presse, über die wir bereits in unserer gestrigen Abendnummer berichteten, hält weiter an. Aach einer Note des „Matin", datz die Verhand lungen in Berlin wieder gänzlich ins Stocken geraten seien, fällt die Mehrheit der Zeitungen rn den Ton der alten heftigen Beschwerden zurück und erklär:, mit der deutschen Diplomatie seien die Verhandlungen kaum mehr mög- Lich. denn sie nehme ihre Zugeständnisse immer wieder zurück, wenn es ihr passe, so datz man nie vom Flecke rücke. Das sei das bekannte Spiel, um die Franzosen mürbe zu machen und sich den Dcutichen auf Gnade oder Ungnade auszu liefern. So dürfe es nicht weitergchen. Vor allen Dingen müsse mun endlich einmal wissen, was Deutschland eigentlich Frankreich in Marokko zu be willigen geneigr sei. Denn darüber wisse man, ob gleich cs der Hauptpunkt sei, noch gar nichts. Also iei absolut eine Aenderung der Methode er forderlich oder ein sofortiger Abbruch der Ver handlungen, und zwar deswegen, wie sich das „Journal" vernehmen lätzt, weil die Meldungen über die plötzlich ausgebrochenen Unruhen im Sus- gebicte ernste Verwicklungen anzukündigen scheinen. Eine deutsche Landung müsse als un mittelbar bevorstehend angesehen werden. Ferner wurden, während des absichtlichen Hin schleppens der Verhandlungen, die Versuche, die Tripleentente zu sprengen, fortgesetzt. Man habe von Berlin aus Nutz land gedrängt, jetzt gerade die Vereinbarung über Persien und die Bagdad bahn zu unterzeichnen, um das Vertrauen der beiden verbündeten Stationen zueinander zu er schüttern. Rußland meine es sicher ehrlich und habe auch Frankrcicb in den tlarsten Ausdrücken bewiesen, datz an dem Bundesverhältnisse dadurch nichts ge ändert werde. Aber es bleiben das, wir folgen dabei immer dem Gedantengang des „Journal", trotzdem nur Worte, während das deutsch-russische Abkommen eine Tatsache ist. Frankreich müsse es bedauern, datz Russland sich während dieser bedenk lichen Spannung in das persische Wespennest hinein- taeken lasse. Allerdings bringt das „Echo de Paris" xur Beschwich tigung der französischen Meinung die Meldung, datz die Ncrttellung über den Abschluss der deutsch-russi sch e n V e r h a n d l u n g e n n ichl zutrifst. Russland bleibe als treuer Verbündeter Frankreichs bei der Ansicht, datz es diese Verhandlungen nicht vor einer gütlichen Lösung der Marotkosragc ab- schlictzen könne. „Matin" nimmt nach ebenfalls auf Aul jspsnisthem Gzesnüsmpler. Von Henry Schmidt-Stölttng. Meiner Gewohnheit zuwider, auf Erholungs reisen von D-chi-Lumatra nach Europa und zurück Schiffe des „Rorddeuljchcn Lloyd" zu benutzen, bestieg ich an einem glühendheitzen Ianuarlage rn Penang, der kleinen lieblichen britischen Insel in der Stratze von Malakka, die „Hakata Maru", einen Vierma>r- posidampser der regelmässigen Dienst von Iokohama über London nach Antwerpen unterhaltenden grossen Nippon Jusen-Kaijha-Linie. Ich würde mich aber kaum eines japanischen Schiffes bedient haben, wenn nicht gute Bekannte, die aus Erfahrung sprachen, und den Ruf stark entwickelten Sinnes für gute Kos: un Bequemlichkeit genossen, eine gewisse Garantie boten für die Zuverlässigkeit ihrer Behauptung, datz neben der aussergewöhnlichen Billigkeit Les Fahrpreises aus den Dampfern dieser Linie, deren Tickets der ersten Klasse so viel kosten wie die der zweiten grosser euro päischer Gesellschaften, Komfort und Verpflegung hervorragend seien. Wenn nun auch meine Gewährsmänner in bezug auf die Küche, die nach englischem Muster ihren Passagieren vorzuaslveise mit InshStew. Rabb ts — Kaninchenfleisch —, Mutton, Ehops und trockenen grünen Salaien auswanet. eigenem Genhmaclc folg len, entspricht die Einrichtung der Salons und Ka binen immerhin den Ansprüchen verwöhnter Ucber- icer und Wcltenbummlcr. Und ebne Kenntnis der stolz vom Tor der Masten in den Lüften flatternden japanischen Flaggen hätte man die auf englischer Werst erbaule „Hakaia Maru" mit ihrer euro päischen Dfniers- und Mgsckiniiter-Bcmannung flN ein abendländisches Boot gehalten, wenn nicht überall kleine gedrungene Iapanergestalten in Matrosen- und uniformierter Stewart-Tracht eilfertig über die sauberen Decks geglitten wären. Und wenn nicht auch Chlnescn, wie auf allen in Ostaßcn beheimateten Schiffe, als Köche fungiert hätten und ein im Zwi schendeck interniertes Kommando von etwa zwei hundert japanischen Matrosen der Marine, das eine Anzahl in London erbauter Torvedoboolc dort bc mannen und in die exotische Heimat überführen sollte, als untrügliclses Zeichen gelber Nationalität gegolten hätte. Die Besetzung der Offizierstctten dieser Linie durch Europäer entspringt aber weniger dem Riangel an geprüften japanischen Kapitänen und Steuerleuten für „grotzc Fahrt", als der Wahrung pekuniärer In teressen. Denn kein in Asien lebender Europäer würde bei der großen Zahl ihm zu Gebote siebender Passagicrdampser aller möglichen Nationen in bedeu tenden Häsen ein Fahrzeug benutzen, aus dem er viel leicht die Bevormundung von Seeleuten der gelben Rasse über sich ergehen lassen mützte. Fühlt sich doch der Arier als Glied der die Welt beherrschenden fein zivilisierten weißen Kaste nirgends mehr erhaben über farbige Menschen, als gerade in exotischen Landen! Und in der Obhut europäischer Offiziere auf der „Ha kata Maru" — der Kapitän war Norweger, während die Steuerleute, mit Ausnahme des vierten und Ickten, eines blutjungen aber stolz und gewichtig üch bewegenden Japaners, aus Engländern bestanden — empfand man das Gefühl der Sicherheit und des ungeschmälerten Behagens. Denn an exotische Um gebung waren wir Passagiere ja mehr oder weniger gelegten Betrachtungen einen feierlichen Ton an und beschwört das deutsche Volk, dessen Friedensliebe ihm von seinen Berichterstattern nachdrücklich versichert werde, nicht alles wegen des persönlichen Rufes des Herrn von Kiderlen-Waechter aufs Spiel zu setzen. „Figaro" hält die Berufung an Europa und eine Konferenz als das einzige Mittel der Lösung, wenn dieses Mittel auch durchaus nicht das Ideal bilde. Selbstverständlich fehlen auch nicht dis Unter stellungen, datz die deutscheDiplo matte wieder frischen Mut bekommen habe, da England durch die Ausstandsdrohungen und Ausschreitungen geradezu schachmatt gesetzt werbe und Frank reich nicht mir dem nötiget, Nachdruck zur Seite stehen könne. Kurz, die Zeitungen stimmen mit wenigen Ausnahmen darin überein, datz man sich nicht länger von der Berliner Diplomatie an der Nase herumsllhrcn lassen dürfe. Ganz anders siehr freilich laut „Voss. Ztg." der Berlin er Berichterstatter des „Echo de Varis" die Lage an, der im Einklang mit der deutschen Presse zwar noch eine lange Dauer der Verhand lungen in Aussicht stellt aber von einer neuen Zu spitzung der Meinungsverschiedenheiten nichts zu bemerken vermag. Da seine Auslassungen und die damit im Zusammenhang stehenden Erklärungen der deutschen Blätter bei der Abfassung der obigen Aus lassungen noch nicht bekannt waren, könnte vielleicht diese Erregung sich sehr schnell wieder verflüchtigen. Mir Sicherheit daraus rechnen darf man aber nicht, da die grotzen Massen durch das Gchcimhalten der eigentlichen Punkte der Verhandlungen und die un unterbrochen widerspruchsvollen Meldungen allmäh lich doch in eine gewisse Nervosität geraten. Im „Neuen Wiener Tageblatt" veröffentlicht der frühere Ministerresident in Tunis Herr RerG Mill et einen Aufsav über das marokkanische Problem, der für die Stimmung in den ersten politischen Kreisen Frankreichs außerordentlich be zeichnend ist. Mittet sagt darin: Ich habe alle Ursache anzunehmen, datz die schwebenden Verhandlungen auf der Kompen sationsbasis zu einem für Frankreich glück lichen und für Deutschland vorteilhaften, für beide Teile ehrenvollenErgebnis führen werden. Ich hoffe und wümchc, datz sich dabei für beide Teile ein weites Feld fruchtbarer Täliglcit eröffnen wird, für uns in Marokko, für Deutschland in seinem besser abgerundeten südwcstafrikaniichen Reiche. Es wäre ein Frevel ohne gleichen, wegen Marokko einen grotzen europäischen Krieg zu entfesseln. Anders aber als durch einen allgemeinen europäischen Krieg lätzt sich Frankreich nicht mehr seine grotze marokkanische Aufgabe vereiteln oder verkümmern. Es ist durch aus nicht wahr, datz Deutschland eine Niederlage erleidet, wenn es der Wahrheit die Ehre gibt und die Akte von Algeciras als durch die Ereignisse überholt betrachtet. Kein vernünftiger Franzose wünscht, datz Deutschland die bevorstehende Lösung des Problems als Niederlage fühlt. Die Alaeciras- akte war eine Vastardgedurt, in der Frankreich ein legitimes Erzeugnis seines Geistes nicht anzuer kennen vermochte. Es war im besten Falle eine ehrenvolle Rückzugslmie. Eine Lösung konnte es nicht sein. Ostmarokko allein kann nicht gebändigt werden, so lange die prächtige Rasse von Kriegern, die cs bewohnt, an Westmarokko einen Hinterhalt hat. Diese vorzüglichen Reiterstämme, die auch durch ihr politisches.Talent an die noch unge bändigten Ungarn des Mittelalters erinnern, finden daselbst jederzeit gastliche Aufnahme, frische Munition und Verstärkung. Durch die Algecirasakte wurde aber nun die Integrität Marokkos und die Autorität des Sultans gewährleistet. Sehr gut! Wenn es nur eine solche Autorität geben würde! In Wirklichkeit mutz sie erst durch Waffengewalt hergeslellt und beständig geschützt werden Das kann Frankreich nicht, wenn man ihm die Hände bindet. Wir Franzosen, denen l die Algecirasakte seinerzeit abgezwungen worden I sind, sollen sie jetzt ausrechterhalten. Das ist un- l möglich. Alles, was die Algecirasakte internationa- gcwöhnt und die „Hakata Maru" erwies sich als «in erstklassiges Schiff, das selbst in grober See, Lau: seiner starken Seitenkiele nur schwach rollte und scharf die Wogen durchschneidend stetig Kurs hielt. Doch es fehlte in unserer kleinen, fast rein eng lischen Gesellschaft jene heitere Stimmung, wie sie in rechter Reisezeit auf vollbesetzten Dampfern herrscht; und mit Sehnsucht erinnerte ich mich der fröhlichen Morgen- und Abendstunden an Bord der Nord deutschen Lloyddampfer, wo unter Scherzen und „Aus raten" ein vorzüglich mundendes Faßbier getrunken . wurde; und der lustigen Weisen der aus Stewarts bestehenden Musikkapelle und der Gesellschaft klug plaudernder Frauen, denen langer Aufenthalt in asiatischer Welt geschärften Blick und starkes Selbst bewusstsein verliehen hatte. In Ermangelung solcher angenehmen Zerstreuungen konnte man aber an Bord des Japaners zu feder Stunde das Glück einer unge störten Ruhe genietzen; denn auf dem wenig bevöl kerten Promenadendeck fand sich immer noch ein un besetzter langer Stuhl — der begehrteste Gegenstand in verkehrsreicher Zeit auf Dampfern in den Tro pen—, von dem man die Aussicht auf den unendlichen Ozcan genotz, weit, dis zum fernen Horizont, wo wcitzglühend am Morgen die Sonne emportaucht und purpurn des Abends' wieder versinkt, und auf das muntere Spiel von Delphinen, die in weiten Sprüngen hoch über die Fluten schnellen, und auf vorübcrziehendc Dampfer und kreuzende S'glcr . . . Außerhalb des Bereiches der ersten Klasse, auf den unteren Decks des Schisses, entwickelte nch jedoch von früh bis spät e'.n lebhaftes Treiben der japanischen Mannemannschaften. Und wenn Liest fungen Meir ichen auch im Vergleich zu den hochgewachsenen, iraftvellen Europäern wie halbe Kinder erschienen, konnte man doch begreifen, datz ne der ihrer tempera mentvollen Bcwcguchicil und sichtlichen Freude am soldatischen Peru,, gefährliche Gegner se:n können. Obwohl sich die Japaner des schmeichelhaften Bei namens „Die Pceusstn des Ostens' erfreuen, war von deutschem Schneid bei den Exerzitien der Mariner an Bord der „Halara Maru" nrchl viel zu merken. Auch schienen ihre Offiziere, die in der ersten Klaffe gleich anderen Passagieren ein beschauliches Dasein führten, leinen Wert aus „Drill" während der Ueber- iayrt zu legen. Uno daran raten ne recht: denn das Deck eines Passagierdampscrs eignet sich wenig zum Exerzierplatz für Soldaten. Aber dennoch wurden die kleinen „Japs", wie die Engländer die Japaner nennen, in Atem gchaltcn. Doch sic exerzierten mit Lust und Liebe; und ganz besondere Freude schien es ihnen zu bereiten, wenn sie abends mit laurem Sing sang, wie Schulknab.'n die Hände in die Hüften ge stützt, in endlosem Gänsemarsch in Schlangenwin- düngen über bas Deck marschierten. Auch englischer Sprachunterricht wurde ihnen zuteil. Und mit Schiefertafeln und Lehrbüchern ausgerüstet, nahmen sie häufig schon ain frühen Morgen auf dem hochge legenen Hinterdeck Platz, um aufmerksam den Beleh rungen eines Ofsfizicrs vor einer großen hölzernen Tafel zu lauschen Aber noch schirnn: oi_> witzbegie- rigen Schüler nicht tief in die läclrü'st'ie dieser Weltsprache einacdruugcn zu sein, denn darauf bcu teten unverkennbar di> mit Kreide gezeichneten Tiergestalten und Gegenstände hin, hinter denen sich bcisprclswctse Bezeichnungen wie „bild", „dog" und „House" lvsanden. — Trotz glänzender Fortschritte listeren sollt«, steht nur auf dem Papier. Alles, was aber wirtlich ge chaffen wurde, ist ohne die Algeciras akte geschaffen worden, so z. z. B. die Reorganisation des Zollwesens, die bewunderungswürdige Organi sation von Casablanca und der Schauja. wahre Wunderwerke der französischen Offiziere im Interesse, aber glücklicherweise ohne Einmengung Europas. Die Angelegenheiten in Marokko dürfen nicht von neuem den Intrigen und dem Zuiallsspiel einer internationalen Konferenz unterworfen werden. Gute Kongresse sind nur solche, die als Registrierungs parlamente wirken. In Algeciras wollte man Frankreich eine europäische Vormundschaft aus erlegen, wie sie sich nicht einmal China, Persien oder die Türkei gefallen lätzt. Die einzig-richtige Lösung ist: Nordafrika den Franzosen, Süd- westasrika den Deutschen, die Kairo-Kap-Linie den Engländern, die offene Tür allen Nationen. * Wie das „B. T." hört, hatte der französische BotschafterCambon Donnerstag vormittag gegen 12 Uhr wieder eine etwa halbstündige Unterredung mit dem Staatssekretär von Kiderlen-Wächter im Auswärtigen Amt. Ueder üie BelHimpkung üer üeuMen Fahne in üir»1es»vains veröffentlicht das französische Ministerium des Innern folgende Note: Ein Morgenblalt be richtete über einen Vorfall, der sich in Aix-les-Bains zugetragen habe, bei dem zwei französische Offiziere ein deursch« Fahne heruntergerissen uno zervrochen haben sollten. Der Vorfall beschränkt sich auf folgende Tatsachen: Der Eigentümer des Restaurants „Beaurivage" hißte am 15. August mit eurem Bündel Zabnen verschiedener Nationali täten auch eine deutsche Fahne. Ein Industrieller aus Nancy, der diese Kahne bemerkte, netz sie von Angestellten des Restaurants entfernen. An dem Vor fall war kein Offizier beteiligt. Die Antwort der französischen Re gierung §u der Flaggenangelegenheit wirkt nach Form und Inhalt nicht sehr erfreulich. Auch rn der Darstellung der französischen Regierung bleibt noch genug übrig, was ein Wort des Bedauerns rechtfertigen würde. Aber das Ministerium des Innern hätte offenbar geglaubt, sich etwas zu ver geben, wenn es ein solches Wort eingefügt hätte. Ob die deutsche Regierung in der Sache Schritte tut, steht noch nicht fest. Hier dürste es zunächst darauf ankommen, einen authentischen Bericht über den Tat bestand zu erhalten. Nach einem Telegramm aus Berlin drahtet uns unser Berliner ^.-Berichterstatter noch folgendes: Die deutsche Regierung hat den Vorfall von Aix- cs-Bains mit Recht eines amtlichen Schrittes ür wert gehalten. Es würde «ine falsche Ein- chätzung des französischen Volkscharalters und eine Verkennung der in Frankreich selbst über derartige Dinge gehegten Auffassung verraten, wenn man es für gleichgültig erklärte, was auf französischem Bo den mit deutschen Fahnen vorgeht, auch wenn es sich nicht um Flaggen von Botschaften und Konsulaten landelt. Der Schritt der deutschen Regierung be- tand in der Erteilung des Auftrages an den Leut chen Botschafter in Paris, sich von der ranzöftschen Regierung Aufklärung zu er litten. Die Ausführung dieses Auftrags wurde dadurch verhindert, datz inzwischen schon vom fran zösischen Ministerium eine Darstellung einlief. Nach dieser Darstellung ist der Täter ein Privat mann. (?) Gegen einen solchen wird die franzö sische Regierung vielleicht nicht einschreiten können. Handelte es sich dagegen nm eine Person in amtlicher oder militärischer Eigenschaft, so vermuten wir, Latz die deutsche Regierung das Einschreiten der franzö sischen verlangt hätte. Sehr zu beachten ist bei der Beurteilung des ganzen Vorfalls, datz die alarmie rende Meldung von französischer Seite kam, nämlich auf manchen Gebieten — die Japaner bauen schon beule ihre Dreadnoughts auf eigenen Werften — kleben sie noch an alten Gewohnheiten, die Völkern minderer Kulturstufe eigen. Und daran wird in un absehbarer Zeit weder die fortschreitende Wissen schaft noch die Machtenlfaltung Japans etwas ändern. Denn noch sind diesem exotischen Lanve keine Männer erstanden, die nach abendländischem Empfinden durchgreifend reformatisch zu wirken ver standen oder — wollten. Deshalb war cs auch nicht verwunderlich, wenn die japanischen Krieger zu ihrer Morgentoilette unbekleidet das Deck benutzten und aus großen Kübeln erfrischendes Natz über sich er gossen. Aber wenn auch zur Zeit dieser umständ lichen Babeprozedur noch keine Lady promenierend sich auf oberem Deck befand, beweist der Vorgang wenig sittliches Verständnis, zumal an verdeckten Räumen auf großem Dampfer lein Mangel i>t. V" i größerer Feinfühligkeit find Malaien und Javanern Obschon die Japaner militärischer Geist und hohe Ach tung vor ihren Vorgesetzten beseelt, ereignete sich dennoch an Bord der „Hakata Maru" ein Fall von Insubordination. Denn trunken widersetzte sich ein Soldat dem Befehle eines Deckoffiziers sich zur Ruhe zu begeben; und als Kameraden den Lobenden mit Gewalt vom Deck zu entfernen oerjuchlen, leist.te er wütenden Widerstand. Und in der verzweifelten, doch vergeblichen Wsthr des vor Wut wie ein reißendes Tier brüllenden, sinnlosen Menschen offenbarte sich die wilde Natur des Asiaten! Doch am nächsten Mor gen bot er vor seinem Nichier, dem schon ergrauten Transportführer, ein Bild üer Reue und Zerknir schung. Und ganz leise, als ob er eine Erregung meistern wollte, sprach der Offizier auf den Matrosen ein. Die wahrscheinlich streng« Zurechtweisung mag die Llrase gewesen jein. — In Port Said, wo der Dampfer einige Stunden vor Anker ging, um zu löschen und Fracht einzunehmen, dursten dm M'- rincmannfchaften an Land gehen: und in ihren sauberen Uniformen unterschieden sie sich in nrazis von der Akkuratesse Lettischer Matrostnr. Als wir in See stachen, war bereits die Nackt hcreingebrocken. Gespenstisch huschte das hohe Denk mal Lesscps, des Erbauers des Suez-Kanals, an uns vorüber und bald verließ der Lotse unser Boot. Und bald verschwanden auch die Lichter Port Saids. Und dann ringsum tiefe Dunkelheit und unheimliches Rauschen der Wogen. Ein scharfer Wind, oer kühl über das Deck strich, gemahnte an Europas winter liche Nähe. Und das Mittelländisch« Meer, das so häufig zur Sommerzeit einer glatten Flüche gleicht, war jetzt aufgewühlt zu hohen Wafserbcrgen. Es war mit einem Male stürmischer Wmter geworden, der uns an tropische Lust gewöhnte Menschen unbarmherzig in das dumpfe Innere des Schiffes bannte. Auch sollte die oislang ohne Unfall verlaufene Reise noch Opser fordern. Denn in stürmischer Nacht verschwan- den zwei Matrosen von der Back, dem vordersten bohcn Deck des Dampfers. Aber niemand hatte in dem tobenden Wetter den geringsten Hilferuf ver nommen. Der heulende Sturm mutz die Unglück- lichcn beim Uebcrhclcn des Schiffes ins Meer ge- schicudert haben. - Am fünften Tage der Fahrt aber, als wir früh morgens die enge Stratze zwischen Sardinien und Korsika passierten, lachte wieder blauer Himmel auf uns herab. Und in Marseille, vom Pariser „Matin". Selbst wenn solche Mel dungen sich als falsch Herausstellen, können sie sehr real« und hetzerische Wirkungen nach sich ziehen. Man wird nun zunächst die Erwiderung Le» „Matin" ab, warten müssen. Gesetzliche Neuregelung ües Seeresergsnzunysgelchötts. In Len Parlamenten wurL« bekanntlich mehrfach die Frage der Aenderung der Bestimmungen über das Heeresergänzungsg«jchäst erörtert und u. a. auch die Regierung ersucht, im Bundesrat entsprechend hin- zuwirken und für eine Vereinfachung des Ersatz- gejchüftes zu sorgen. Wie wir büren, sind die kommis sarischen Beratungen über dies« Materie, die seit längerer Zeit zwischen dem Ministerium Le» Innern und dem Kriegsministerium stattfanden, nunmehr abgeschlossen worden. Es wird gegenwärtig an Ent- würfen gearbeitet, die sich auf eine Aenderung der Wehrordnung und des Rerchsmtli- tärgesetzes vom Jahre 1874 erstrecken, deren gesetzliche Bestimmungen durch die beabsichtigte Neu ordnung berührt werden. Das Reichsmilitürqesetz vom Jahre 1874 und dessen Aenderung behandelt die Organisation, das Eriatzwesen und di« Erjatzoer- teilung. Es ist demnach notwendig, datz dem Reichs tag entsprechende gesetzliche Vorschläge unterbreiter werden. Die Durchführung neuer Bestimmungen auf diesem Gebiete würbe sich jedenfalls nicht vor dem Jahre 1913 ermöglichen laßen, zumal schon im Februar 19^! die Musterung beginnt. In der Presse bereits viel fach behandelt ist bekanntlich die Zuiammenziehung der Tätigkeit der beiden Ersatzkommissionen in ein Geschäft. Und als Beweis für die Möglichkeit einer solchen Zusammenlegung werden u. a. die entspreche - den Einrichtungen in Frankreich. Italien und N"' land aufaeführt, in welchen Ländern nur ein ein- maliges Mufterungsgeschäsl statifindet. Es dürst': aber sehr die Frage sein, ob nicht schwerwiegend: L deuten gegen die Vereinigung beider Geschärte - einem bei uns sprechen. Vor allem ist zu beachten, daß sich die bestehenden Einrichtungen Les Ersatz- geschifftes jahrzehntelang auf das beste bewährt haben und in ihren Erundzügen seit dem 9. Dezem ber 1858 bestehen. Erwägungen dieser Art dürften vielleicht dazu führen, Latz man von einer Zu- ammenlegung der beiden Geschäfte absieht, und durch Übertragung erweiterter Befugnisse an die Ersatz kommissionen und auf andere Art Erleichterungen chafft. Ole Organilsilmr ües LlummovUwelens im Ksilermsnöver. An dem diesjährigen Kaisermanöver wird, wie mir schon früher berichteten, Las Automobilwesen sehr start beteiligt sein, da die grotzen Entfernungen bei modernen Gefechten und Gefechtsübungen dem Auto mobil eine bedeutsame Rolle zuerkennen. Es wird darum, wie der Korespondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite geschrieben wird, von Interesse sein, einige authentische Einzelheiten über die Organi sation des Antomobilwesens in dem diesjährigen Kaisermanövcr zu erfahren. Von freiwilligen Automobilverbänden nehmen die „Mitglieder der Deutschen Motorfahrer-Vereinigung" in einer Anzahl von 40 Mann und das „Freiwillige Automobilkorps" in einer Anzahl von 51 Mann an den Manövern teil. Die freiwilligen Kraftfahrer dienen ausschließlich der Nachrichtenübermittlung. Für das freiwillige Automobilkorps ist folgende Be stimmung getroffen worden: Ein Wagen ist dem Chef des Militärkabinetts zugeteilt, die Manöverleitung verfügt über 20 Automobile, der stellvertretende Kom mandeur des freiwilligen Automobilkorps verfügt über 4 Automobilisten, 4 stehen für das Armeeober kommando bereit, 1 für die deutschen Militärbevoll- wo ich die „Hakata Maru" verließ, um auf dem Lande meine Reise fortzusetzen, schien warm die Februarsonne; und vor Lei: eleganten Cafös dieser südfranzösischen Hafenstadt saßen die Menschen in freier Luft auf Len Bürgersteigen. Der „Nippon-Iusen-Kaisha"-Dampfer aber sollte in drei Tagen 'wieder in See gehen. Und dieses japanische Schiff wird nicht weniger in meiner Er innerung bleiben als andere große Ozeandampfer, auf denen ich die Reise von Niederländisch-Jndien nach Europa machte. Kunst unü MllenMsst. * Das Leipziger Schauspielhaus hat Herbert Eulen der gs neues Drama „Alles um Geld" zur Ausführung angenommen. * Neue Bachgesellschaft. Für das für den Herbst in Aussicht genommene Bach-Kammermusiktest in Eisenach sind nunmehr die Tage vom 23. bis 24. September d. I. gewählt worden. Geplant sind zwei Kammermusikkonzerte und ein Kirchenkonzert. Nam hafte Künstler und Künstlerinnen haben ihre Mit wirkung zugesagt. Nähere Mitteilungen werden in Kürze ergehen * Mottls Beisetzung. In aller Stille, nur in Gegenwart der Witwe und des Sohnes, erfolgte gestern die Uebersiihrung der Aiche Felix Mottls auf den Waldfriedhof bei München. Somit ist der Gedanke fallen gelaßen worden, die sterblichen Neste des Heimgegangenen großen Künstlers nach Wien zu überführen. Die Errichtung eines Erab- dentmals wird später erfolgen. * Leoncavallos neue Werke. Aus Rom wird uns berichtet: „Heber seine neue Arbeiten hat Leoncavallo in Montecatini einem römischen Be sucher genauere Angaben gemacht. Seine jüngste Schöpfung, die Operette „Die kleine Königin" ist vollendet und wird im kommenden Karneval in Bologna leine Uraufführung erleben. Gegenwärtig arbeitet Leoncavallo an einer neuen Oper, die den Titel führt „Der Wald rauscht" und deren Hand lung dem russischen Bauernleben entnommen ist. Das Werk wicd aus zwei Akten bestehen und bis zum kommenden Frühjahr vollendet sein. Zu gleicher Zeit aber arbeitet der Komponist auch an einem „Prometheus", den Titta Ruffe kreieren wird. Der Tert dieses Werkes stammt von Colautti und ist im griechischen Versmaß geschrieben. Leoncavallo will mit dieser Arbeit ein interessantes Experiment machen; die ganze Handlung wird in einem Akt zusammengedrängt. Leoncavallo wirv bereits im kommenden Frühjahr an die Komposition einer neuen Oper gehen, die in den afrikanischen Alpen spielen soll und ein exotisches Milieu auf die Bühne bringen wird. 8t. Hochschulnachricht. In Thristiania ist der Pro fessor an der dortigen Universität I. C. Lieblein im Alter von 84 Jahren gestorben. Er war einer der bedeutendsten Aegyptologen Europas und Der- fasser mehrerer überall anerkannter Fachwerke. Merk würdig ist der Lebenslauf des Verstorbenen. Bis zum 20. Lebensjahre war er Arbeiter in einem Säge werke. dann wurde er Kaufmann Aushilfslehrer und erst mit 28 Jahren Universitätsstudent. Der greise Gelehrte wurde während der Arbeit an einem neuen Werke von einem Herzschlag getroffen.
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