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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110818017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911081801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911081801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-18
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Oss Wichtigste. * Kaiser Franz Josef vollendet heute sein 81. Lebensjahr. * Auf die Ermittelung des Brandstifters in Großzschocher hat die Firma Rudolf Sack eine Belohnung von 500 Mart ausgesetzt. (S. d. des. Art.) * In Aix-les-Vains kam es zu einer B e' schimpfung der deutschen Fahne. (S. d. des. Art.) * Zn England haben die Eisenbahner den General streik erklärt. * In Port-au-Prince hat gestern die Ver eidigung des neuen Präsidenten Leconte inAbwesenheitderfremde n Gesandten jtattgefunden. (S. Ausl.) * Das Luftschiff „Schwaben" ist gestern früh von Baden-Baden zu einer Fernfahrt auf gestiegen. (S. Sport.) Das lozislöemokrstlsche psrleitagsmecken. Es war allmählich zur stehenden Uebung der Sozialdemokratie geworden, daß sie vor jedem Parteitag bald aus dem Arsenal der Partei dogmatik oder demjenigen der Parteitaktik, bald aus dem Problem der Beziehungen zwischen Partei und Gewerkschaften eine „Frage" auf wirbelte, sie in steter Steigerung zum dräuenden Konflikt zuspitzte, um sie auf dem Parteitag selbst nach tumultuösen Debatten in einer nichts sagenden oder vieldeutigen Resolution so zweck dienlich zu erledigen, das; sie eigentlich doch „offen" blieb. 2m bürgerlichen Lager schenkte man diesem Spiel zuerst gespannteste Aufmerk samkeit. Nachdem man es aber einige Male erlebt, es in fast schematischer Gleichförmigkeit sich abwickeln gesehen hatte, nahm man cs mit Gleichmut hin als das, was es doch immer nur war, ein Parteitags„wccken", um das Interesse der. Genossen mobil zu machen, um die große Elague auszurütteln, deren berauschenden Ein fluß man für den Parteitag brauchte. In diesem Jahre schien es nun, als sollte das „Wecken" nicht stattfinden. Die Radikalen machten nicht die geringste Miene, irgendeine Ketzerei aufzustöbern. 2m Gegenteil, sie ließen, ohne sich erheblich aufzuregen, recht arge ketzerische Seitensprünge der Revisionisten hingehen. Denn an denen hat es wahrlich nicht gefehlt. Schippel verficht unbelümmerter denn je die Meinung, das; die deutsche Sozialdemokratie keineswegs durch A!arx und Engels auf das Bekenntnis znm F reihandel verpflichtet sei, vielmehr aus Produzentenintcresse gegenwärtig schutzzöllnerisch sein müßte. Der Proletarierdoktor Quessel leckte in aller Unverfrorenheit wider Bebels Stachel und verfocht im Gegensatz zu ihm die Meinung, das; die Sozialdemokratie im kom menden Wahlkampf doch nicht nur am Zuwachs an Stimmen, sondern auch an demjenigen von Mandaten interessiert sei. Ein anderes Mal hörte er sogar, die sozialrevolutionüre Theorie führe zum Glück ihr Dasein nur noch in Broschüren, Zeitungsartikeln und Volksver sammlungen, und vertrat die in den Augen echter Marxisten doch ungeheuerliche Anschauung, bis zu einem gewissen Grade sei der „Zukunfts staat" schon im Eegenwartsstaat durch dessen Tätigkeit auf dem Gebiet der öffentlichen Dienst leistungen und der staatlichen und kommunalen Produktion verwirklicht. Arthur Schultz, der Agrarketzer, behauptete ganz unverblümt, die staatlich geleitete Aufteilung von Großgrund besitz in bäuerliche Rentengüter mit familien harter Arbeitsverfassung entspreche dem sozia listischen Endziel, auch wie K. Kautsky es auf saßt. Der „Volkswille", sonst ein „gut" radi kales' Blatt, entgleiste in einer Polemik gegen den „Hannoverschen Courier" sogar so weit, zu sagen, die 2nternationalität der Sozialdemo kraten bestehe nur darin, daß sie auch in den Angehörigen nichtdeutscher Völkerfamilien eben bürtige Menschen sehe, und das sei mit der „Vaterlandsliebe" durchaus vereinbar. Trotz dem rührte sich nichts. Völlige Meeresstille waltete über den Mastern, um so mehr, als der Magdeburger Parteitag augenscheinlich die „Budgetbewilligungsseuche" und verwandte Sünden in Süddeutschland erstickt hatte, denn die württembergischen Genossen haben den Etat diesmal gehorsam abgelehnt, und vier schwäbische Ketzer, die wenigstens zum Ministcressen ge gangen waren, sind von den eigenen Landes genosten herb und derb gerüffelt worden. Es schien, als brauchte man in diesem Jahre kein „Wecken", als erwartete man, daß es diesmal durch das Mahlfieber und die Spannung auf Bebels Referat über die Reichstagswahlen voll wertig ersetzt werde. Aber es schien nur so, denn eben jetzt be ginnt es doch. Die „Zittauer Morgenzeitung" gab das Signal. Sie veröffentlichte ein ver trau li ches Rundschreiben des Parieivorstandes an die Redaktionen der sozialdemokratischen Presse, das die aufreizende und maßlose Sprache tadelt, die einige Parteiblätter anläßlich des Konflikts im Berliner Zeitungsge werbe gegen die Gewerkschaften, namentlich den Buchdruckerverband und sein Organ, den „Korrespondent" geführt haben. Der Partei vorstand ist zu dem Rundschreiben durch die Generalkommijsion der Gewerkschaften veranlaßt worden. Sie wollte im „Korrespondenzblatt der Gewerkschaften Deutschlands" in einer offi ziellen Erklärung gegen die klobige Kritik Stellung nehmen, welche die bekannten sozial demokratischen Radaublätter an der Haltung des Buchdruckerverbandes und des Tarifamtes im Berliner Zeitungstonflikt ausgeübt hatten, und beabsichtigte, damit die Drohung zu ver binden, auch sie werde genötigt sein, „diejenige Zurückhaltung in der Antwort auf das Ver halten eines Teiles der sozialdemokratischen Presse aufzugeben, die ihr bisher zur Aufrecht erhaltung eines friedlichen Verhältnisses ge boten schien". 2n Beachtung der auf dem Mannheimer ParteitaggetroffenenDereinbarung teilt sie dem Partcivorstand ihre Absicht mit, und der bewog sie, die Erklärung nicht zu oer- öffentlichen mit der Zusicherung, ihre Beschwerde in einem vertraulichen Rundschreiben an die Redaktionen der sozialdemokratischen Presse zu seiner eigenen zu machen. Die Erfüllung dieses Versprechens stellt das eben in der „Zittauer Morgenzeitung" veröffent- lichre Schreiben dar. Es heißt in ihm, daß der Parteivorstand die Beschwerde der General kommission über die gehässige Schreibweise an geführter Parteiblätter für durchaus berechtigt halte und die Redaktionen der Parteiblätter deshalb ersuche, bei Polemiken die Forderung des Jenaer Parteitages (von 1W5) zu beachten, die dahin gehe, daß dieser Art der Diskussion (gehässiger, persönlich verletzender Art) ein Ziel zu setzen sei. Ein großes Schießen, wenn es auch sicherlich wieder wie das Hornberger Schießen ausgeht, setzt nun ein. Das Thema der Beziehungen zwischen Partei und Gewerkschaften ist immer fast noch nützlicher gewesen wie das der Rein heit der wahren marxistischen Lehre. Die sozial demokratische Revolutionspresse steht durchaus noch auf dem Standpunkt, daß die Gewerk schaften, an sich eine dogmenwidrige Regierung der Verelendungstheorie, nur zu dulden seien, wenn sie sich unbedingt lediglich als Hilfsorgane zur Erreichung des „Endzieles" der Partei be trachteten, und sieht diesen Zustand bedroht, ja in den andern, für ihr Gefühl unerrräglichen verkehrt, daß die Partei sich den Gewerk schaften unterworfen habe. Das wird das Stichwort des neu einsetzenden Parteitagsweckens werden. Der Parteivorstand deckt das „Schindluderspiel der Gewerkschafts bonzen mit den Arbeiterinteressen", er hat vor deren „Gegenwartsdusel" die Waffen gestreckt, hat die Führung der Sozialdemokratie an die „konservativ gestimmten Gewerkschafter" abge treten, die heilige Sache des .wissenschaftlichen Sozialismus" verraten. Es ist gar kein Zweifel, daß sich das Feuer der Revolutionsromantitcr und des großen Heeres ihrer Gefolgschaft, dessen Fanatismus in umgekehrtem Verhältnis zu ,einer Bereitwillig keit zu besonnener Ueberlegnng steht, daran entfachen wird. Das wird um so sicherer ge schehen, als die Sorge der Bezwingung des so zialistischen Revolutionsinstinktes durch die Eegenwartsaktion der Gewerkschaften überhaupt noch nicht von der Bildfläche verschwunden war, und erst vor kurzem von einem französischen Syndikalisten für Deutschland als im Sinne eines Sieges der Gewerkschaften erledigt be zeichnet wurde. Herr Dr. Christian Cornelissen in Clamart bei Paris hat im Mai-Heft des „Archivs für Sozialwistenschaft und Sozial politik" des längern auseinandergesetzt, daß die Gewerkschaftsbewegung in den fortgeschrittensten Industrieländern einer „temporären Reaktion" anheimgefallen sei, die sily mehr darauf richte, sich der bestehenden Gesellschaftsordnung anzu- passen und friedliche Abkommen mit den Arbeit gebern zu treffen als auf tiefere Tendenzen zur Dorwürtsentwicklung und zur Festigung der Arbeiterbewegung auf der Grundlage des Klastenkampfes. Er sieht in diesen Ländern, namentlich Amerika und Deutschland, die So zialdemokratie, die er sehr bezeichnend eine „ökonomische und politische Orthodoxie" nennt, die „eine in bestimmten revolutionären Ucber- lieferungen erstarrte Bewegung darstellt", von den Gewerkschaften unterjocht. Das Schicksal der Maifeier erscheint ihm in Deutschland besiegelt : „Die revolutionäre Demonstration des 1. Mai ist tot!" Bebel selbst habe in Mannheim dem Massen streik das Grab gegraben und seinen Ucbergang zu den Führern der Gewerkschaften ungeachtet der heftigsten Proteste der revolutionären Ele mente vollzogen. Der deutlichste Beweis für die Reaktion in der deutschen Gewerkschafts bewegung selbst sei ihre Annäherung an die amerikanische „Federation of Labor", die sich gelegentlich der Studienreise von Samuel Gom- pcrs im Jahre 1!X)9 ergab. Also: die deutsche Gewerkschaftsbewegung ist in schwärzeste Reaktion versunken, und die Leitung der Sozialdemokratie — selbst Bebel — hat sich ihr ergeben. Ist das nicht eine Situation, die das Herz der radikalen Zionswächter erbeben machen muß? Sie werden die Schale ihres Zornes voll ausgießcn über die verspießerten Gewerkschaftsführer, die ein „Schindluderspiel mit den Arbeiterinteressen" treiben, und über den Parteivorstand, der, statt dem entgegcnzutreten, die Parteipresse rügt, die in frommem Eifer sich bemüht, die Traditionen der Partei zu retten. „Jena 1911" hat seine Frage: die Unter werfung des Parteivorstandes unter den konser vativen Terrorismus der Gewerkschaften. Nun kann das Wecken seinen Gang nehmen, und wenn es keinen andern Erfolg hat, so doch den sicherlick).' daß Bebel, um die erzürnten Geister ^u besänftigen, sich in Jena auf seine wildesten revolutionären Tage besinnt und in seinem Referat über die Reichstagswahlen die „Tod feindschaft gegen die bürgerliche Gesellschaft" wieder als den Unveränderlichen gemeinsamen Inhalt der Sozialdemokratie und der Gewerk schaftsbewegung proklamiert. Auf welcher „mittleren Linie" man sich dann wunderschön verständigen wird. Schwere Anklagen gegen üie noriugmuche Ac publik. Der portugiesische Republikaner und Journalist Hom em Christo, der eine: derjenigen war, die oc.i Sturz König Manuels am lautesten gepredigt Haven, befinder sich jetzt vor seinen eigenen früheren Freunden, die ihm nach dem Leben trachten, auf der Flucht und hat in einem massenhaft verbreiteten Aufruf mit dem Titel: „Das Regiment von Verbrechern und Narren am Tajo" s «;wcrc Anklagen gegen die portugiesische Negierung gerichtet. Christo wehrt sich in einem Vorworte dieses Aufrufs, der in Portugal sofort konfisziert un:Ke, dagegen, daß er mit seinen Anklagen etwa Schritlmachcrdicnstc für die Royalisten machen möchte, und er bekennt sich augenblicklich als Feind der herrschenden rcpublitanischcn Strömung, weil er «ungesehen har, daß sie für Lao Land ebenso unheilvoll ist wie das frühere Königreich Es verlohnt sich, aus dem Aufruf einige interessante Streiflichter im ^eortlaul wiederzugeben. So heißt cs da: „Der portugiesische Vertreter in Madrid hat durch den „Liberal" verkünden lassen, die Republik sei in Portugal fest und endgültig errichtet. Es gibt nun kein sterbendes Regiment, von dem man nicht das gleiche versichert hätte. Wenn aber die Regierung fest und endgültig errichtet ist, warum hält man die gehässigste und tyrannischste der Diktaturen aufrecht'.' Ter portugiesische Vertreter gibt zu, daß die Regie rung mächtige Feinde Hai, draußen weit mehr als drinnen. Ist also die Furcht vor äußeren Feinden der Grund, weshalb die Republik ihre Gefängnisse aufüllt und alle Tage drakonische und despotische Ver ordnungen erläßt? Man soll angeblich der Republik nichts vorzuwerfcn haben, aber es ist doch schon mehr als genug, wenn die Wahlen erst acht Monate nach der Proklamation der Republik stattfanden, wenn die Diktatur nach den Wahlen fortdauerte. Alle Grenzen aber übersteigt es, daß heute, wo die gesetzgebende Versammlung tagt, die Diktatur sich verewigt. Und im gegenwärtigen Augenblick noch gibt es weder Preßfreiheit noch Vereins- oder Ver sammlungsfreiheit; weder Freiheit des Kultus noch Siche rheit für den Bür ger und sein Heim. Tag und Nacht ver haftet man, verhaftet man ohne gericht lichen Befehl. Man hält die Gefangenen tagelang in Geheimhaft, obwohl das Ge setz besagt, daß die Haft höchstens zwei Tage dauern darf. Man hält die Angeklagten vierzig, fünfzig Tage lang in dunkler Haft, ohne sie vor den Richter zu führen, während das Gesetz ausdrücklich gewährleistet, baß niemand über acht Tage festgehalten werden darf, wenn seine Strafbarkeit nicht festgestellt ist. Alan geht in dem Mißbrauch so weit, daß man di>> Leute nach 14- bis Abagiger Einkerkerung entlässt, ohne sie zu befragen, oder über den Grund ihrer Festnahme aufzuklären. Was soll man von einer Geheimgesellschaft sagen, die unter der Nase der gesetzgebenden Ver sammlung in meinem Lande kommandiert? Diese Gesellschaft übt alle Gewalt selber aus: die richter liche, die gesetzgebende, die exekutive. Man muß wissen, daß einer der Artikel in den Satzungen der Karbonaries verpflichtet, die sogenannten Verräter mit Dolch, Feuer oder Gifr zu töten. Man muß wissen, daß die republikanischen Briganten, die unter der Monarchie ungestraft wühlten, heute die ihrer seits wühlenden Mißvergnügten und Monarchisten des Verrats anklagen. Man muß wissen, daß cs ver boten ist, die Todesursache anzvgcben, wenn der Tod erfolgt ist infolge von Gewalt in Gefängnissen oder Zuchthäusern. Ich frage also: Wenn die Republik ihre politischen Gefangenen nicht ermordet hat, warum verbietet sic dann, daß die Ursache des im Gefängnis erfolgten Todes angegeben wird? Die im Gefängnis gestorbenen politischen Gefangenen sind tatsächlich ermordet worden. Auch weiß ganz Por tugal, daß ich bei meiner Ankunft am Bahnhof in Lissabon hätte ermordet werden sollen. Nur wunder baren Umständen habe ich es zu verdanken, daß ich dem Tode entronnen bin. Als Ferrer nach einem regelrechten Urteil auf Grund geltender Gesetze ver urteilt wurde, da wollte man allen Grund haben, Spanien blutig zu schmähen. Heute aber ist es eine rein demokratische Lehre, Gefangene zu foltern und zu vergiften, für politische Delikte wieder die Todes strafe einzusetzen Die Republik geht unter. Aber sie geht nicht unter durch ihre Gegner, sondern durch ihre eigene Schuld. Alles, was sie bis heute getan hat, beschränkte sich darauf, den guten Rus der Monarchie wiederhcrzustellcn. Die Republikaner haben zwanzigmal die Zivilliste verschlungen; alle ihre Reformen bestehen darin, daß sie den Kar- bonarismus, die Spionage, die Plünderung unter halten, daß sie die zahllosen Forderungen ihrer hung rigen Spießgesellen erfüllen. Das ist das Mittel, um mit Eleganz den Untergang des Landes herbet- zuführen." Oie Streiklsge in Lnglsnü. Die Lage hat an Bedrohlichkeit noch nichts ein gebüßt. Der Ausstand der Eisenbahner ist noch nicht perfekt geworden. Seit 10 Uhr vormittags tagte gestern in London die Konferenz der aus Liver pool eingetrosfenen Mitglieder der Exe kutivkomitees der Eisenbahnerge werkschaften, etwa 30 Mann an der Zahl, auf dem Handelsaint. Mittags wurde ein vom Vereinigten Komitee beschlossenes Manifest erlassen. Danach herrscht die feste Absicht, den gegen wärtigen Streik nicht beizulegen, außer wenn die den Arbeitern wegen der Unterstützung der Eisenbahner in Liverpool und anderswo auferlegte Arbeitssperre aufge geben wird und die Arbeiter wieder eingestellt werden. Falls ein Generalstreik der Lon doner Untergrundbahn beschlossen wird, dürfte er Sonnabend um Mitternacht beginnen. Das Bureau der Vereinigten Geicllschasten von Estcnbahnern telegraphierte nach Glasgow, daß die dortigen Eisenbahner sich scden Augenblick zum Generalstreik bereit halten sollten. Die Lage in Liverpool und Manchester. Aus Liverpool wird gemeldet: Der Panzer kreuzer „LParrior" dampfte den Mersey hinauf, um Schutz gegen die Streikenden zu gewähren. Der S t r a ß e n b a h n v c r k c hr ist nunmehr auch unterbrochen. Die Nacht verlief ruhig, hauptsächlich, weil ein Gerücht verbreitet war, die Truppen hätten Befehl, alles totzuschießen. Di« Lebensmitrelpreise sind weiterhin stark im Steigen begriffen. — Der Zentralbahnhof von M a n ch e s: e r ist wegen des Streiks der Eisenbahn arbeiter geschlossen worden. Der Personen- und Güterverkehr ruht vollkommen. Nicht ein« Lokomotive fährt ein oder aus. Zwei Eskadronen Kavallerie und ein Regiment Infanterie halten den Bahnhof besetzt, um das rollende Material wie die Gebäude vor der Zerstörungswut der Ausständigen zu schützen. Die Midland-Bahn lenkt ein. Die Direktion der Midland Nailway kündigt allen ihren Angestellten, die nicht am Aus st and teil nehmen, eine Lohn, erhöhung von 50 Prozent der von ihnen ge forderten Erhöhung an. Die Londoner Straßenbahner. Die Angestellten der Londoner Straßenbahn hielten eine Nachtversammlung ab, in der über die Teilnahme am General st reik beschlossen worden ist. Ucber das Ergebnis der Ab stimmung wird jedoch strenges Still schweigen bewahrt. Aus den übrigen Streikortrn. Die erregten Ausständigen in Sheffield griffen in der vergangenen Nacht zwei Signal- Häuschen der Midlandbahn an und bewarfen sic mit riesigen Steinen. Das eine wurde v o l l- ständig zertrümmert. Die Polizei zer streute später die Angreifer. Am Morgen kam es wiederum zu Unruhen vor den Lagern der Eenossen- schaftsvereine, wo sich die Ausständigen bemühten, die
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