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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140116013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-16
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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SeUe 2. M. 27. Mor-en^Sussade. Leipziger Tageblatt. Freitag, 16. Januar 1SI4. der Rechtsfähigkeit wird rechtzeitig Bedacht zu nehmen iein, da sich aus deren Hehlen leicht unüberwindliche Schwierigteiten bei einer gemeinsamen Arbeit». Übernahme ergeben können. Deutsche» Reich. * Zungnationalliberalee Berein zu Leipzig. Heute abend '/,!) Uhr findet im Passagezinmer von Kltzing L Helbig eine Mitgliederversammlung statt, in der Rechtsanwalt Dr. Kran «her über da» Buch „Re gierung und Bolkswille" von Hans Del brück berichten wird. G * Ter Kaiser konferierte an, Donnerstag vor mittag im Reuen Palais mit dem Reichskanzler und hörte die Borträge des Kricgsministers sowie der Chefs des Generalstabes und des Militär kabinetts. * Der Bundesrat hat am Donnerstag über den Antrag des Königreichs Sachsen betr. die Heranziehung der Chefs und Angestellten der bei den Bundes st aaten beglau- bigten Gesandtschaften anderer deut schen Staaten und der in Berlin wohnhaften nicht preußischen Bundesratsbev llmächt. teu z u m Wehrbcitrag in ihren Heimatsstaaten sowie über die Besetzung der Mitgliederstelle beim Rcichsver- sicherungsäint Beschluß gefaßt. Die Zoll-, Salz steuer- und Berwaltungskostenctats der Bundesstaaten wurocn genehmigt und der Aendcrung des Statuts des Kaiserlich Archäologischen Instituts zugestimmt. * Zur Begrüßung de» Herzog» von Braunschweig schreibt die „Rorbd. Allg. Ztg ,D)er Herzog von Braunschweig wird am Freitag in Berlin als Gast unseres Kaiseroaares feierlich empfangen. Wenige Monate erst sind verflogen, seit mit dem Regierungsantritt Herzog Ernst Augusts sich der Wunsch der Braunschweiger erfüllt Hai, an der Spitze ihre» Staates einen angestammten Fürsten zu setzen. Schon in dieser kurzen Zeit hat sich der junge Landesherr mit seiner hohen Gemahlin die Herzen des braunschweigischen Boltes erobert. Mit einem rückhaltlosen Belenntnis der Treue gegen Kaiser und Reich hat er seinen Platz in der Reihe der deutschen Bundesjürsten ein genommen. Freundliche Gesinnungen und herzliche 'Wünsche grüßen den Gemahl der einzigen Tochter Kaiser Wilhelms bei seinem Besuch in der Reichs hauptstadt." * Zur zweiten Beratung de» Etats des Reichstag» hat die nationalliderale Fraltion des Reichstags den Antrag gestellt: die verbündeten Regierungen zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen das Gesetz, betreffend die Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder des Reichstags, vom 21. Mai 1006 dahin abgeändert wird, daß den Mitgliedern des Reichstags freie Fahrt während der Dauer der Legislaturperiode auf den deutschen Eisenbahnen gewährt wird. * In der Budgetkommisfion deS Reichstage» erläuterte llnterstaatssekretär Richter die Wirkung des Kaligesetzes, das eine Verschleuderung von Kali an das Ausland ver hindert habe. Gewisse Bestimmungen des Gesetzes Hätten zu Werksvermehrungen angereizt. Die Regierung werde versuchen, dieser ungesunden Entwicklung durch Aenderung einiger Bestimmungen des Gesetzes Einhalt zu tun. Noch im Laufe des Monats Januar werde dem Bundesrat eine Novelle zum Kaligejetz vorgelegt werden, um die Kali- industrie wieder auf einen wirtichaftlich gesunden Boden zu^stellen. * Untersuchungen Uber die hygienischen Verhält nisse in der chemischen Industrie werden zurzeit auf Wunsch des Reichstags an wllellt. Durch diese Unter suchung. die vom Reichsgesundheitsrar geführt wird, soll einwandfrei sestgestellt werden, in welchen Zweigen der chemifchen Industrie die Arbeiter tat sächlich gefährdet sind. Das Ergebnis der Unter suchungen wird dem Reichstage mitgeteilt werden. * Ein deutscher Nachruf für den Grafen Ito. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Die japanische Marine hat durch den Tod des Grafen Ito ihren Groß admiral verloren. Die glänzende Laufbahn des verstorbenen hängt mit der Entwickelung der japa nischen Flotte zur Seewehr eines modernen Großhandel» zusammen. Graf Ito hat seinem Baterlande Dienste geleistet, deren Gedächtnis au» der Geschichte Japan» nicht verschwinden wird Ueber die Grenzen seiner Heimat hinaus genoß Graf 2to in Marinekreisen Ansehen und Wertschätzung." * Auszeichnungen. Aus Anlaß des Stapel laufs des neuen deutschen Schulschiffes „Groß- Herzog Friedrich August" hat der Kaiser zahlreiche Ordensauszeichnungen verliehen. U. a. erhielten: Kommerzienrat Schulze-Oldenburg den Kronenorden 2. Klasse, Generalkonsul Wätjen- Bremen und der Direktor des Norddeutschen Lloyd, Freiherr von Plettenberg-Mehrum-Bremen, den Kronenorden 3. Klasse. Ferner Haven der Groß herzog von Oldenburg, der Herzog von Sachsen- Altenburg und der Fürst zu Schaumburg-Lippe zahlreiche Ord^nsauszeichnungen verliehen. Sine Zournaliktenfahrt nach Tanger. Das Ehrenkomitee für die Wohlfahrtsvcranstaltungen des Berliner Journalisten- und Schriftstellervcreins, dem u. a. Gerhart Hauptmann, Hermann Sudermann, Dr. Ludwig Fulda, Oskar Blumenthal, Dr. Paul Heyse und die Exzellenzen v. d. Goltz Pascha, General intendant Graf v. Hülsen, der Präsident des Reichs tages Dr. Kaempf, der Vizepräsident des preußischen Abgeordnetenhauses Geh. Justizrat Dr. Krause, der Direktor der Deutschen Bank Dr. v. Gwinner, der Her zog von Ratibor, der Präsident des Hansadundes Dr. Rießer, Oberbürgermeister Exzell. Wermuth und die Chefredakteure aller größeren Blätter Berlins an gehören, ladet weitere Kreise zu einer I ou r n a - listenfahrt nach Tanger ein, di» Ende März von Amsterdam aus angetreten wer den soll. Die Fahrt wird mit dem Luxuspostschnell dampfer „Königin Emma" ausgesührt und geht über die durch die jüngsten Ereignisse besonders inter essant gewordenen Plätze wie Lissabon und Tanger und an der nordafritanischen Küste entlang nach Genua. Auf der Hinfahrt wird auch die Insel Wight berührt und auf der Rückreise von Genua aus eine Anzahl von Ausflügen an die beiden Niviercn unter nommen. — Als Reiseleiter fundiert der erste Vor sitzende des Berliner Journalisten- und Schrift- stcllervercinv Frhr. v. Biedermann (Berün-Lteglitzj. — Mit dieser Fahrt wird zum ersten Male der Ver such gemacht, unter Beteiligung auch weiterer Kreise journalistische Studiensahrten zu unternehmen, die gegen einen billigen Preis den Reisenden einen Ein blick in das Leben und Treiben an den Plätzen der Welt verschaffen sollen, die zurzeit im Vordergründe des öffentlichen Interesses stehen. — Eine weitere Fahrt ist für den Herbst d. I. nach der Türkei und Kleinasien in Aussicht genommen, bei welcher Ge legenheit voraussichtlich auch der Bagdadbahn ein Besuch abgestattet werden wird. Ausland. Englanü. * Rekruten gesucht! Aus London, 15. Januar, wird gemeldet: Das Kriegsamt hat sich ent schlossen, zur Anwerbung von Rekruten für die reguläre Armee sich der Zeitungsannonce zu bedienen. Die heutigen Zeitungen enthalten eine Anzeige, die eine ganze Seite einnimmt und in der zum Eintritt in das Heer aufgefordert wird. Türkei. * Der finanzielle Druck auf die Pforte. Aus Paris, 15. Januar, wird der „B. Z." das folgende, nicht uninteressante Stimmungsbild übermittelt: Der frühere türkische Finanzminister Dschavid B e i trifft heute mit dem Orientexpreßzug in Paris ein, um die Verhandlungen über die türkisch französische Anleihe wieder aufzunehmen. Gleichzeitig finden nach einer Havas-Depesche aus Konstantinopel dort russisch-türkische Verhandlungen statt. Der russische Botschafter v. Gier» hatte gestern neuerdings lange Beratungen mit dem Großwesir, denen auch der Kriegsminister Enver Pascha beiwohnte. Gegenstand der Verhand lungen bildete, derselben Depesche zufolge, wiederum die deutsche Militärmission. obwohl nicht recht erfindlich ist, was Rußland von der Pforte in dieser Angelegenheit noch weiter wünschen könnte. Auch die Frage der armenischen Reformen kam in dieser Unterredung zur Sprache. Enver Pascha erklärte, daß die deutsche Militärmission nur die Aufgabe habe, der türkischen Armee eine rein militär-technische Ausbildung zu geben. General Liman v. Sanders, der ja jetzt auch den türkischen Marschalltitel führt, werde lediglich Generaltnspekteur sein und werde seine Befehle direkt vom Kriegsministerium erhalten. Ein effektive« Kommando' werde er nicht führen, und die deutsche Mission werde nach Ab- lauf ihres fünfjährigen Kontraktes wieder nach Deutschland zurückkehren Rußland habe dafür seinerseits der Pforte seine Unterstützung für die Durchführung der großen Anleihe sowie in der Angelegenheit der Inselfrage zuge;agt. Es wird also immer klarer, daß die plötzliche Aenderung in der Stellung des deutschen Generals der Preis war, den Rußland für die Unterstützung des türkisch-fran zösischen Anleiheprojektes gefordert hat: man erinnert sich, daß die inspirierte russische Presse vor der Ab reise der deutichen Mission aus Berlin den franzö sischen Aliierten aufrorderte, die türkische Anleihe abzulehnen! Manien. * Heber den feierlichen Einzug des Prinzen zu Wied in Durazzo glaubt, nachdem anderslautende frühere Nachrichten sofort nach ihrem Auftauchen offiziös als eitel Kombinationen bezeichnet wurden, das Berliner Mittagsblatt nunmehr fol gendes mitteilen zu können: Der feierliche Einzug L«rs künftigen Fürsten von Alba nien, des Prinzen §u Wied, soll nunmehr be stimmt am 25. Februar m Durazzo erfolgen. Je zwei Regimenter (Bataillone) des deutschen, öster reichischen und italienischen Heeres werden die Ehrenestorte bilden. Auf der Ueberfahrt nach Durazzo wird d«er Prinz von zwei Schiffen der deut schen, drei Schiffen der österreichisch-ungarischen und zwei Schiffen der italienischen Kriegsmarine begleite^ werden. Es besteht die Möglichkeit, daß sich auch Rußland an dieser Fahrt beteiligen wird. Zur künftigen Residenz ist das jetzige Bezirks- gcrichtsgebäuoe bestimmt worden. Es wird modern umgestaltet und unter anderem auch mit elek trischem Liwt versehen werden. Man hofft bestimmt, daß 48 Arbeiter aus Wien und Triest bis zum 25. Februar mit diesen Arbeiten fertig sein weisen. Der jetzige Volksqanen gegenüber dem zukünftigen Residenzschlossc wird zum fürstlichen Park umgcstaltet werden. Zu dem Zwecke sind bereits aus Bari Bäume und Ziersträucher bestellt. Als Privatsekretär des Fürsten wird wahrscheinlich der Engländer H e a d o n - A r m st r o n g engagiert werden. Der Londoner „Daily Mail" zufolge soll der Hof des Prinzen zu Wied in vielen Stücken nach englischem Muster eingerichtet werden. Südafrika. * Belagerung de» Gewerkschaft-Hauses in Johannesburg. Das Gewerkschaftshaus in Jo hannesburg, in dem sich die Führer des Gewerkschaftsverbandes mit einer bewaffneten Leib wache verbarrikadiert haben, war einem Londoner Telegramm zufolge am Donnerstag das Sturmzen trum des Ausstandes in Südafrika. Die Polizei machte, wie berichtet, verschiedene Versuche, in die Halle einzudringen, vermochte aber trotz eines Bajo nettangriffe» ihr Vorhaben nicht auszufllhren Zwei Leute wurden durch Bajonettstiche verletzt Di« Polizei hat da» Landviertel, in dem das Se. werkschaftshau» liegt, völlig isoliert, so daß die dort Eingeschloffenen tatsächlich belagert sind. E» ist ihnen Licht und Wasser abgeschnitten worden. Auf dem Gewerkschaftshaus weht die rote Fahne. Die Anzahl der Belagerten in der Gewerkschaft»- Halle, die außerordentlich stark verbarrikadiert ist, wird mit 223 angegeben. Die öffentliche Meinung ist in Johannesburg wie allenthalben in der Kolonie gegen die Aus ständigen und erklärt sich mit den Maßnahmen der Regierung einverstanden. Die letzte Regierung»- proklamaton erklärt, daß jede Person, die nahe bei einem öffentlichen Gebäude oder einem Wasserwerk und der Gasanstalt oder dergleichen betroffen wird, und auf Anruf nicht die Hände erhebt, unverzüglich erschossen werden soll. Wer sich im Besitze von Explosivstoffen befindet, wird vor ein Militärgericht gestellt, daß die Todesstrafe ver hängen wird. Es ist bekannt, daß sich große Mengen Dynamit im Besitze der Ausständigen befinden. In Kapstadt sind, wie uns von dort gemeldet wird, 5^0—700 farbige Stauer, die bei privaten Firmen angeftellt sind, in den Aus stand getreten und verlangen eine Lohnerhöhung und achtstündige Arbeiiszeit. Der Schiffsdienst ist bisher wenig ge stört, da die Besatzungen mit Hilie arbeitswilliger Leute die Arbeit der Stauer verrichten, doch erleidet die Abfahrt Verzögerungen. koloniales. * Ueber die Bildung eines Eisenbahnrats für Kamerun find seitens des Relchskotoniatamts Ver handlungen e.ngeleitet worden. Es ist beabsichtigt, ebenso wie für Südwestafrika und Osrasrika auch in Kamerun einen Eisenbahnrat ins Leben zu rufen. Für Togo ist die Einfetzung eines besonderen Eisen bahnrates entbehrlich, da die dort ansä sige Kauf mannschaft bei der Beratung wichtiger wirtschaft licher Maßnahmen und Tarifsragen seit Jahren yin zugezogen wird. llnjer Handelsverkehr mit den afrikanischen Kolo nien. Im Jahre 1012 betrug im Spezialhanvel mit Deutsch-Ostafrika ohne Edelmetalle der Wert der Einfuhr nach Deutschland 14,6 Millionen Mark gegen 12,2 Millionen im Vorjahre, d. s. 2,4 Mil lionen Marl oder 19,7 v. H. mehr, der Wert der deut schen Ausfuhr »ach dem ojtafrikanischen Schutz gebiet 17,4 Millionen Mark gegen 13,9 Millionen im Vorjahre, d. s. 3,5 Millionen Mark oder 25,2 o. H. mehr als im Vorjahre. Die Haupteinfuhrwarcn er reichten folgende Werte in Millionen Mark: Kaut-, schuk 7,3, rohe Baumwolle und Sisalhanf je 1,2, Roh glimmer und rohes Bienenwachs je 0,8, Erdnüsse 0,7, roher Kaffee 0,6. Von dem Werte der Ausfuhr ent fielen auf eiserne Eisenbahnschwellen 2,1, auf Eisen bahnschienen 2,0 Millionen, auf Maschinen 1,7, auf Eisenbahnlaschen, -unterlageplatten 0,7, auf Zement 0,5, auf gefärbte usw. Baumwollgewebe 0,4 Millionen Mark. Die Edelmetalleinfuhr hetrua im Berichts-, jahr 0,7 Millionen Mark gegen 1,0, die Edelmetall-" ausfuhr ebenfalls 0,7 Million gegen 2,5 Millionen Mark im Vorjahre. Im Spezialhandel mit Deutsch-Südwest- afrika hatte die Einfuhr nach Deutschland ohne Gold und Silber einen Wert von 5,623 Millionen Mark gegen 3,193 Millionen Mark im Vorjahre. Der Wert der Ausfuhr nach Deutsch-Südwestafrika er reichte 15,341 Millionen Mark gegen 20,693 Millionen im Jahre 1911. Die Einfuhr hat demnach um 2,430 Millionen Atark oder 76,1 o. H. zu-, die Ausfuhr da gegen um 5,352 Millionen Mark oder 25,9 v. H. ab genommen. Zn der Einfuhr stehen dieDiamanten usw. mit 4,326 Millionen Mark weitaus an der Spitze. Ferner erreichten Kupfererze 274 000, Blei- - Unsere Zeitschriften. Bon Hermann Kienzl, Berlin. Ehe endlich in den achtziger Jahren der deutsche Individualismus auch in der Zcitfchriftenliteratur er wachte, hatten sich unsere periodischen Druckschriften ziemlich restlos m zwei Kategorien geteilt: die einen waren eingeschworen auf den Familien-, die anderen auf einen recht akademischen Charakter. Die Hüter alter Ueberlieserungen bestehen auch heute noch, sie haben, gestützt auf das Ansehen ihrer Jahre und mehr noch auf die Gewohnheiten und Bedürfnisse ihres Lesertums^ ein ruhiges, sicheres Dasein. Wie oft ne auch der Spott der Intellektuellen mit Pfeilen spickt: es fchmerzt sie nicht, sie gedeihen. Die literarische Revolution im vorletzten Jahr zehnt des 18. Jahrhunderts war es, die den Boden aufriß für die Aussaat einer neuen Zeitschriften literatur. Die jungen Ideen und Parteien verlang ten naturgemäß nach Waffen, nach publizistischen Or ganen. Die alten Zeitschriften in ihrem ästheti-chen und sozialen Konservativismus schloffen vor ihnen die Tore zu. Auch konnte hier und dort einmal ein Forum zu finden dem jungen Geschlechte nicht ge nügen, das von der Revolutionierung nicht bloß der Literatur, sondern -es gesamten geistigen und wirt schaftlichen Lebens träumte. Es war ein gesundes Verhältnis von Ursache und Wirkung, daß die Zeit schriften. die jener brausende Frühling ins Leben rief, nicht aus buchhändlerischen Spekulationen und papiernen Programmen entstanden, sondern, soweit sic für die Kulturbeweaung von Bedeutung werden sollten, durchaus Bedürfnissen nachfolgten, die sich in künstlerischen Taten und Bestrebungen schon stürmisch geäußert hatten. So entstand als Sammclstätte des „Realismus" Michael GeorgConrads„Gesellschaft" in München, so einige Jahre später, und zwar erst nach den ersten Schlachten des gleichnamigen Theater vereins, die 'Wochenschrift „Freie Bühne" in Berlin, die, seit langem zur S. Fischerschen Monatsschrift „Neue Rundschau" verwandelt, heut« noch das Organ einer wichtigen Gruppe der modernen Dichter und Kritiker ist. (Unter ihren charakteristischen Autoren seien Ibsen und Strindberg und die Skandinavier überhaupt, sowie Gerhart Hauptmann, Dehmel, Lilicncron, Hartleben, Schnitzler, Bahr, Kerr und Bölsche heroorgehoben.f Auch Maximilian Harden» „Zukunf t", die ungefähr gleichaltrig ist, sei an die. ser Stelle genannt, obwohl sie in erster Linie politische Daseinszwecke hat: aber ihr Einfluß auf kulturelle und literarische Zeilfragen ist nicht zu unterschätzen. Eine große Schar von Monats- und besonder» Wochenschriften sproß in der nächsten Folgezeit aus der umgepflüaten Erde. Die meisten von ihnen find lange schon ins Reich der namenlosen Schatten eingraanaen nicht ohne daß sie, im weiteren oder engeren, ihr Teil beigetragen chatten zu der Umwertung geistiger Werte, zum Aufbau einer neuen Zeit. Die einzelnen Schöpfungen riefen Gegcnschöpfunaen hervor, doch nicht bloß in verneinender Polemik, auch im Wett eifer nach dem Positiven herrschte eine rege Tätigkeit. Allmählich trat, ganz von selbst, eine gewiff« Teilung der Kräfte und des Arbeitsgebietes, ein« weitgehende Spezialisierung ein. Man hört diese Zersplitterung" unserer Kultur zuweilen beklagen. Doch man sollte sich nicht verhehlen, daß sie im ausgeprägten JiMi vidualismus des deutschen Voltscharatters ihr Natur gesetz hat; daß sie unser geistiges Vaterland vor der Schablone schützt; und daß sie dem deutschen Trieb nach Gründlichkeit durchaus angemessen ist. Nur weil das Ackerland verteilt ist, ist die Bearbeitung jeder Scholle möglich. Das eine wenigstens ist heute erreicht: ein kühnes neues Wort, eine Idee, die von den Heimatjitzcn der eingebürgerten Ideen zu neuen Ufern strebt, braucht nicht mehr obdachlos zu irren. In der Vielheit der Freihäfen ist auch ihr ein Anker platz gewiß. Es fehlt übrigens auch nicht an nutzbringenden Unternehmungen mit dem ausgesprochenen Willen, die schöpferischen Kräfte auf der Grundlage einer charaktervollen Weltanschauung zu sammeln. „Der Kunstwart" und—in noch höherem Maße — „Der Türme r" sind Monatsschriften dieser Art, die es zu weitreichender Geltung brachten. Andere suchen und finden ihre Stärke in einem radikal begrenzten Mo dernismus, der die volle Schärfe der Kritik auch gegen die politischen Machtkomplexe der beati possidentcs wendet. Der „März" in München, das monistische „Blaubuch" (1906—1912) und Kerrs „P a n" in Berlin, „D a s F r e i e W o r t" in Frank furt a. M. sind da vor allem zu nennen. Die Wochen- schrift „Die Hilf e" und die „Sozialistischen Monats hefte" stehen politischen Fraktionen naHe, sind aber Kulturkämpfe! auch im unpolitischen sinne. Zwei Münchner Witzblätter, die „I u g e n d" und der „S i m- plicissimu s", ragen über die begriffliche Sphäre, die man einst den Druckanstalten zur öffentlichen Be- lustigung zuschrieb, hoch empor, sind, di« blutige Geißel der Zeit schwingend (viel blutiger als die „Jugend" ist der „Simpliciffimus"!), Doranschreiter, die nieder reißen, damit eine neue Welt Luft und Raum habe. Die „Münchner „Lese" hat sich die Aufgabe ge stellt, in volkstümlicher Weise di« breitesten Kreise mit Erscheinungen des Zeitgeistes, zumal mit der Li teratur der Gegenwart, vertraut zu machen. Schon eigentlich zu den Fachzeitschriften, deren Zahl in Deutschland Legion ist, gehören die Organe, die sich ausschließlich mit der Literatur oder mit dem Theater beschäftigen. Unter den Literaturblättern nimmt „Das Literarische Echo" (Berlin) den ersten Rang ein. Die „Akademische Dücherschau" (Kiel) ist ein vielversprechende« junge» Unternehmen. Unter den Thoaterzeitschristen, von denen freilich manche vorwiegend dem Kuliffenklatsch huldigen, find ihre» literarischen Charakter, wegen „Bühne und Welt" (Freiburg i. Br ), „Die Schaubühne" (Berlin), die „Deutsche Bühne" (Berlin), di« „Blätter de» Deutschen Theaters" (Ber lin) und„DieMa »ken" (Düffeldorf) hervorzuhsben. Auch die geographische, die landsmannschaftlicke Sonderung macht sich geltend. Jeder Gau in Deutsch land hat wohl seine eigene Zeitschrift. In der Deutschen Schweiz erscheint die Berner Halbmonats schrift „Die Alpe n". In Oesterreich ist die Zeit schriftenliteratur verhältnismäßig jung. Den Altersvortritt hat der „H e i m ga r t e n" in Graz, das „Deutsche Arbeit" (Prag) vereinigt die literari schen Kämpfer Deutschböhmens. Die „Oe sterreich 1- sche Rundschau" (Wien) ist zur Plattform der deutschösterretchischen Kultur in Kunst, Literatur und Wissenschaft geworden. Radikale Borkämpfer der Geistesfreiheit sind „Die Wage" und „Der Strom". Der „Merker" endlich ist ein Kunst organ vornehmsten Charakters. Das sind nur Wahlproben. Die Gerechtigkeit würde eine vielfache Ergänzung der Liste bedingen. Abgesehen wurde von der Aufzählung der alt bekannten Monatsschriften, die der Unterhaltung und Belehrung und nicht ausschließlich literarischen Aufgaben gewidmet sind. Neben den Organen bestimmter künstlerischer Parteien oder philosophischer Weltanschauungen und neben den landsmannschaftlich differenzierten Revuen tauchte in der letzten Leit eine andere Erscheinung auf: die periodische Druckschrift, die das Organ eine einzelnen Buchoerlages ist. Materiell sind ja die meisten Zeitschriften Kinder eines Verlages, und bei manck)cn, die aus dem Urhcberwillen der Schrift steller entstanden sind, ging ein geistiger Einfluß auf ihre Verleger über — mit der Wirkung, daß die vor nehmsten Mitarbeiter der Zeitschrift allmählich auch die charakteristischen Buchautoren des Verlages wur den. (Siehe die „Neue Rundschau" und den Ver lag S. Fischer, den „Türme r" und den Verlag Grei ner und Pfeiffer.) Der neue Weg geht vom anderen Ende aus. Es ist eigentlich ein ganz alter Weg, der nur außer Mode gekommen war in den Zeitläuften, in denen sich die literarischen Programme und Rich tungen besonder« scharf sondertrn. Rach und nach rückte die Allgemeinheit zu den Linien vor, die einst die einzelnen gezogen hatten, und die Gegensätze innerhalb de» Zeitgeschmackes wurden weniger schroff. Unterschiede bleiben selbstverständlich immer be stehen; aber sie müssen, zumal auch der größere Buch verlag eine gewisse Harmonie seiner Hausliteratur anstrebt, innerhalb der Autorengemeinschaft eines Verlages nicht unbedingt so trennend sein, daß die Zeitschrift des Verlages charakterlos wäre. Ergibt sich eine Uebereinstimmung zu Grundakkorden, dann braucht dem Orchester nicht bange zu sein vor etwaigen Dissonanzen, dir sich lösen. Für da» Publikum ist es am Ende gleichgültig, wer al» der Bauherr zu gelten hat; wenn nur da» Hau» uns edle Gastfreund schaft gewährt. Zwei Halbmonatsschriften, die beide da» Wappen ihre» Verlegers an der Stirn« tragen, wurden vor kurzem ins Leben gerufen. Weil Ne die jüngsten im deutschen Blätterwalde sind, gebüyrt ihnen eine be- sondere Neugierde. Die eine — sie erschien zum erstenmal am 1. Ok tober 1913 — heißt „Der Erei f", steht unter Karl Rosners Leitung und ist das Eigentum des I. G. Cottaschen Verlages. Im Gedächtnis der Nation taucht die Erinnerung an große Zeitungsünter- nehmungen auf, die der alte Verlag der Klassiker im ersten Teile des neunzehnten Jahrhunderts her vorrief. Er legte damals Vollgewichte in die Wag schale der Kultur. „Der Greif, der auf der Höyo unserer Zeit steht, knüpft also an bedeutsame Ueber- liefernngen an. Und aus der Vergangenheit kommt seinem Gegenwartswerte ein goldhältiger Zufluß: Das Haus Cotta öffnet seine Archive und fördert geheime Schätze zutage, die es in mehr als hundert jährigem Verkehr mit den Dichtern und Denkern Deutschlands gespeichert hat. Ein zum Teil jüngeres Autorengeschlecht schart sich um Staackmanns, des Leipziger Eroßver- legers, Zeitschrift „Der Turmhahn. So wenig wie „Der Greif" beschränkt sich ^Ocr Turmhahn" ausschließlich auf solche MitarbMIer, die Bücher schreiber des Hauses sind. Eine Kerntruppe aber werden die Staackmannschen Dichter bilden. Und die stellen allerdings, von dem einen oder anderen Mit gänger abgesehen, eine ideell geeinigte Körperschaft dar, die überdies noch eine zweite Einigkeit: die des landsmannschaftlichen Temperaments, zusammenhält. Sie sind überwiegend Deutschösterreicher, aber Leute, die aus der Provinz, aus den Tälern der Aloen und Sudeten stammen, und also von an derer Art. als die Großstadt-Musagetcn von Wien. Bon den österreichischen Hinterlandsdichtern ist zwar mancher im deutschen Norden wohlbekannt (Rosegger! Bartsch! Strobl!), aber als eine Gruppe, die neben den Jung-Wienern ihr Eigen- und Sonderrecht hat, kamen sic bisher kaum zur Geltung. Im „Turm hahn" fanden sie nun das gemeinsame Forum, von dem aus sie, gewissermaßen die geistige Delegation der deutschösterreichischen Provinzen, als ein Stamm zu allen deutschen Stämmen sprechen werden. Sie werden sich nicht von den Geistesgenoffen des Nor dens absondern, im Gegenteil sich mit ihnen zu ge meinsamem Werk verbinden. Doch ihr südlicher Puls, ihr bejahender Lebensglaube, ihr herzhaftes Lachen werden das besondere Element nicht verleugnen. — Der „Turinhahn", geleitet von Karl Hans Strobl, erscheint seit dem 1. Januar 1914. Von seinen Mit arbeitern seien Peter Rosegger, Rudolf Hans Bartscd, Karl Schönherr, Franz Ginzkey, Emil Ertl, Ernst Decsey und Rudolf Greinz hervorgehoben. Ein Bild der deutschen Zritschriftcnliteratur gleicht der Flußkarte Deutschlands. Sie kommen aus Tausenden von Quellen, die ungezählten Bäche, ihrer Hunderte vereinigen sich da und dort zu mächtigen Flußläufen. Die Flüsse, die Ströme zlehen nach Osten und Westen, nach Süden und Norden, alle den großen Zielen zu. Ob ihre Wasser, so entfernt von- einander mündend, im ewigen Ozean sich finden werden ? Aber gewiß ist: indem sie dahin und dort» hin streben, befruchten sic da» ganze Land.
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