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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.01.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140129027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914012902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914012902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-29
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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-Zbenü -Ausgabe kür Leip,», un» Vorort, »ur» u«s«r« TrSae« VkAUAVPrklj». untSpeüiteur«LmaIt»gUchtn»Kau»grdra»tr monatlich t.rr M.. vlertrllährlich Z.75 M. Set »er »«IchSftostrU,. unser« ZUlale« un» stuogadrltrUen ad-rholt: monatlich >M.,»I«rt»lj»drUchrM. Vurch »l, Post: innerhalb Veutschlan»» un» »er »rutsche« Kolonie« moaatlich i.s» m., oterteljShrlich » so M„ ouoschiieKtlch postdesteügel». da» Leip,iger Tageblatt erschein« Werktag» »mal, Sonn-u.Zrl«rtag»tmal. I« Leipzig, »en Nachbarorten unü »en Drten mit eigenen Malen wir» »le stbenöousgade noch am flben» »es Erscheinens in» yau» geliesert. derliner Neöaktion: In »en Zelten 17, Zcrnsprrch-i nschlnst: Moabit Nr.407. ^curdelsFeituns /lrrrtsblatt des Rates und des pokzeuuntes der Stcrdt Leipzig Rr»aktlon un» SeschüstssteU«: ^ohannlogast« Nr. I. » Zernsprech-flnschlutz Nr. 14b»r. >4b0S un» i4»4». ISS. Jahrgang sd« Inserat« au» Leipzig un» Umgebung »i« /-tiAklAkllprLIs«. tspaltigepetttzeilersps.. »ieNeklomr,eilet M., von ouowürt» so ps„ Nekiamen t.rs M.. Zamilien-u. klein« stnzeigen »i« prtttzeil» nurrops.,Inserate von VehtrSen iin amtlichrnTeil Sie petitzeil» »0 ps. S,sch»sr»anzetg«n mit platzvorschrist im Preis» erhöbt. Nabatt «ach Tarts, dellagegebühr: S«samtausl.5M.»a»TausenS au»schl. Postgebühr, sinzeigea-stnnahm«: lohanniogastr»,bei sämtlichen jtUalen »«»Leipzig«» Tageblatt«» unü allen flnnoncen-TxpeSitlonen üe» Ja- un» stuolan»«». Seschüftsstell« sür Serlln u. »ir pr. SronSendurg: direktionWalterZlieget, Verlin w. iS, Margarekhenstroye ». Zernsprech-sinschluA» Lühow »47l. Nr. 52 1914 vonnersisg, »en LS. Januar. Vas wichtigste. * Die französische Presse ist trotz aller Dementis in großer Aufregung über den Berkaus der P u t i l o w - W e r k e an die Firma Krupp. (Siche Ausland.) * Die internationale Kontrollkom mission sür Albanien hat die Organisierung der neuernannten Zentralregierung vorgenom men. (S. Ausl.) * Aus London wird berichtet, daß viele Ar beiter im Baugewerbe, sowohl organisierte als auch Nichtorganisierte, die Bedingungen der Arbeitgeber angenommen haben. * Die Bank von England hat den Dis kont von 4 auf 3 Prozent herabgesetzt. (S. Handelsztg.) Zum Regierungswechsel in -en Reichslanöen. Straßburg, 27. Januar. (Eigener Drahtbericht.) Wie weiter verlautet, erfolgte das Entlassungsgesuch des reichsländischen Ministeriums nicht freiwillig, sondern auf eine höhere Auf forderung. Der Reichskanzler hat die Aeuße- rungen des Staatssekretärs Zorn von Bulach in der Ersten Kammer über seine angeblich falsche Meinung betreffs der Jn- struierung der reichsländischen Stimmen im Bundesrat sehr übel ausgenommen, und die ser Zwischenfall hat die Beschleunigung ver anlaßt. Die gestern mitgeteille Nachricht von dem Entlassungsgesuch der reichsländischen Regierung war keine lleberraschung. Das Schicksal der Ne gierung Ivar mit dem Ausgang des Prozesses Reuter besiegelt, doch nahm man an, daß die Entscheidung sich etwas verzögern würde, um das Aufsehen, das dieser Rücktritt auch im Aus lände machen muß, abzuschwächcn. Nun hatte sich aber zu den vielen MißhelliHieueu noch eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Reichskanzler und dem Staatssekretär Zorn von Bulach gesellt, und es war kein Halten mehr. Zorn v. Bulach hatte am 19. Januar iu der Ersten Kammer auf eine Anfrage des Abg. Blumenthal erklärt: Gemäß 8 2 des Berfassungsgesetzes ernennt und instruiert der Statthalter die Bevollmäch tigten zum Bundesrat. Dieses Recht hat der Statt halter, und er wird sich das nicht nehmen lassen. Ich kann nur nicht denken, daß dies der Reichs kanzler so ausgesprochen hat (nämlich: der Kaiser instruiert die Bevollmächtigten). Der authentische Text seiner Rede liegt mir nicht vor. Es kann sich aber höchstens darum handeln, daß sich der Reichskanzler versprochen hat. Ich betone noch einmal, der Staathalter von Elsaß- Lothringen wird, solange er die Verantwortung hat, von seinem Recht, di« elsaß-lothringischen Bundesratsstimmen zu instruieren, in vollem Maße Gebrauch machen. Damit war der Anlaß zu einer persön lichen Verschärfung gegeben, die, wie in unserer Drahtmcldung bestätigt wird, den Gang der Dinge beschleunigte. Es wird uns ferner aus Berlin von, zuverlässiger Seite mitgetcilt, daß der Kaiser wie auch der Reichskanzler von der reichsländischen Ersten Kammer eine andere Stellungnahme zn der Zaberner Sache erwartet hatten. Daß sie mit ihrer Entschließung, gegen die nur drei Stimmen abgegeben wurden, ganz auf die Seite der Bevölkerung getreten ist, erschien in Berlin als ein neuer Borwurf, der gegen die reichsländische Regierung -zn erheben sei. Der Präsident der Kirche der Augsburger Kon fession, Dr. Cnrtius, hatte sich iu der Ersten Kammer, wie erinnerlich, dahin ausgesprochen, daß die ganze Kette der Ereignisse aus einem Bestreben zu erklären sei, nämlich aus dem Be streben der Militärverwaltung, „in die gesetz liche Ordnung einzugreifen und der Politik des Landes eine andere Wendung zu geben". Als iu der Zweiten Kammer Aehn- liches gesagt wurde, erklärte man dies iu Berlin als Ausfluß „demokratischer" Gesinnung. Bei einem Manne in so hoher Stellung, der sich, Preuße von Geburt, darauf berief, 1b Jahre lang Kreisdircktor gewesen zu sein, und sür die gute Gesinnung der bürgerlichen Bevölkerung bürgen zu können, versagte diese Erklärung. Es war kein Zweifel darüber, daß seine Auffassung auch die des Statthalters Grafen Wedel war, hatte dieser sich doch wiederholt dem Kaiser gegen über in ähnlicher Weise über die Bevölkerung ausgesprochen. Der Kaiser hat sich auch dem Eindruck seiner Schilderung nicht entzogen. Was der Statthalter nicht gut zu machen vermochte, waren die im Prozeß Reuter festgestellten Ber- > fehlungen der Untcrbehörden. Diese Verfehlun gen waren es namentlich, die den Reichskanzler I veranlaßten, im Reichstage von der Notwendig keit einer festen und gerechten Negierung zu sprechen. Es ist wahrscheinlich, daß c.n General — genannt wurde bereits Frhr. v. H opn lü ge u, der Kommandeur des 1L. Armeekorps in Karlsruhe — auf den Posten des Statthalters berufen werden wird. Möglich ist aber auch die Berufung des früheren .verzogregenten von Braunschweig, Johann Albrecht, der das Vertrauen des Kaisers in besonderem Maße ge nießt. Die Vermutung uegt nahe, daß die neuen Männer den Auftrag erhalten werden, iu den Reichslanden ein neues scharfes Regiment zu führen; ein Teil der Presse hat ja schon im vor aus alle Hoffnung auf den bekannten „eisernen Besen" gesetzt. Wir glauben nicht, daß Herrn v. Bethmanns Gedanken sich in der gleichen Richtung bewegen. Unser Unglück in Elsaß-Loth- ringen war fast das gleiche wie in Polen: der Zickzackkurs. Viel zu oft hat man die Methode gewechselt. Gerade dieser Wechsel hat im Lande unendlichen Schaden angerichlet. Das ist die Meinung aller guten Beobachter. Es ist aber — wir wiederholen das zum soundsovielten Male — übertrieben, heute von einer „Lösung aller Bande", einer „allgemeinen Verlotterung" zu reden. Ein Zeugnis, wie das des Präsidenten Dr. Eurtius, wir meinen seine Aeußerung über die Gesinnung der Landesbürgerschast, wiegt doch wohl die Meinung einer unverant wortlichen Presse über das „Feindesland" reich- lich aus. Möge sich der Wunsch des Reichskanz lers verwirklichen: möge die neue Regierung fest sein und gerecht! * -. * * Aus Berlin meldet unser D-Mitarbeiter: Neber den Stand der reichsländischen Krise ist im Augenblick nur zu sagen: Die Abschieds gesuche liegen hier vor; ein« Entscheidung ist jedoch noch nicht getroffen. Wir möchten über haupt vor der Auffassung warnen, als ob nun heute oder morgen der große Aemterwechsel in Straßburg schon perfekt werden würde. So schnell wird sich nach Ansicht hiesig«! unterrichteter Kreise die Sache kaum abwickeln. Zunächst wird man noch abwarten, bis im elsaß-lothringischen Landtage di« Etats beratung beendet ist, und dann wird geschehen, was inzwischen beschlossen wurde. Somit wird zu treffen, was wir schon in unserem Morgenblatte in einem Teil der Auflage melden konnten: Der defini tive Rücktritt des Grafen Wedel wird sich noch bis gegen Ostern hinzögern. * * * Straßburg, 29. Januar. (Drahtmeldung des Leipz. Tageblatts.) Die Ausführungen des Staats sekretärs Zorn o. Bulach über die herrschende Regierungskrisis kommen keineswegs überraschend. Es besteht seit Wochen kein Zweifel darüber, daß das reichsländische Ministerium noch nie «in so aus gesprochenes Geschüflsministerium war whr in der letzten Zeit. Ans den gestrigen Ausführungen des Staatssekretärs ergibt sich, daß das Gesamtminl- sterium, der Ünterstaatsjekretär der Finanzen mit eingejcklossen, zurücttreren wird. Ueber den Zeit punkt der Veränderungen steht fest, daß diese nicht vor Erledigung des Budgets im Landtage erfolgen wird. Man erwartet, daß im Landtage zwar ein« ausgedehnte Verhandlung über das Budget erfolgt, saß a!>er nach dessen Annahme der Landtag etwa am 1. April ans den 1. November vertagt werden wird. Was jetzt über die neuen Männer verlautet, beruht meistens anf Vermutungen. Richtig ist, daß der Ober landesgerichtspräsident Molitor zum Nachfolger des llnterstaatssekretärs Dr. Petri auseriehen ist. Es verlautet aber, daß sonst keine elsaß lothringischen Beamten in das neue Ministerium eintreten sollen. * * * Preszftimmeii. Berlin, 29 Januar. Einige Berliner Morgenblätter bringen bereits Kommentare zu der Negierungskrisis in Elsaß- Lothringen. So schreibt der „Berliner Lokal- Anzeiger": Die Zu'uaft der Reichslande hängt, wie wir wiederholt betont haben, davon ab. daß die richtigen Männer gefunden werben, denen die schwere Aufgabe anvertraut werden soll, seine Geschicke zu lenken. Man kann nur wünschen, daß bei der jetzt zu treffenden Auswahl es an geeigneten Kräften sür diese Mission nicht sehlen möge. — Die „Tägliche Rundschau" erklärt: Die durch die Straßburger Irrungen und Wirrungen so schwer bloßgestellten Straßburger Negierungsmänner haben also ihre Ent lassung nachgesucht und warten auf deren Genehmi gung. Wir hoffen, daß ihnen von Berlin aus kein Hemmnis in den Weg gelegt wird. Denn ohne Aende- rung in der Straßburger Regierung und im Vcrwal- tungssystem ist eine Besserung der elsaß-lothringischen Verhältnisse nicht zu erhossen. — Das „Berliner Tageblatt" meint: Wenn die Lösung der Frage jetzt nach den Vorgängen in den Reichslanden be schleunigt wird, so liegt dies ebensowohl im Interesse der Reichslande wie im Interesse des Reiches. Die so ge chasfcne Klärung ist der herrschenden Unklarheit unter allen Umständen oorzuzichen, schon damit man sich aus den neuen Kurs einrichten kann. Natürlich wird es darüber hinaus notwendig sein, die Anträge und Schritte der reichsländischcn Regierung der Oeffentlichkeit bekanntzugeben. Zum langen Versteck spielen ist die Angelegenheit doch sogar nach der Auf fassung des Reichskanzlers zu ernst. — Die „Vos- sische Zeitung" sagt: Die Entscheidung ist noch nicht gefallen, aber man kann sie unschwer voraus- I sehen. Vielleicht sieht der Reichskanzler in der Ent lassung der Männer, die für die Unabhängigkeit der I Zivilgewait und für die Rechtssicherheit des Bürger tsvette Guilbert. P«vette Guilbert, die ewig Junge, kam wieder. Sie hat mit ihrer großen Landsmännin Sarah Bernhardt nicht nur die ewige Jugend gemeinsam, sondern auch das, daß wer sie zum ersten Male sieht, sich anfänglich zurückhaltend, wenn nicht gar widerstrebend verhält, alsbald aber in ihren Bann gezogen wird. Und daß alte Verehrer ihrer Kunst sich das ganze Jahr darauf freuen, wenn sie wiederkommt. Pvette Guilbert ist eine Ausnahmeerscheinung; sie nimmt eine Sonderstellung ein in unserm modernen Kunstleben. Sie nennt sich schlechthin Diseuse. Das sagt nicht genug. Sie ist nicht Sängerin, ist nicht Schauspielerin, nicht Tänzerin noch Dichterin. Aber sie ist alles in einem. Mutter Natur geht meist recht haushälterisch um mit der Verteilung ihrer Gaben. Die meisten Künstler und Künstlerinnen müssen sich begnügen mit einer der genannten Künste, einem dieser Talente; zehren ein ganzes Leben lang davon und befriedigen auch ihre Mitmenschen. Hin und wieder fällt wohl einmal die Gabe des Gesanges und K'r Schauspielkunst in gleich hohem Maße einer Glücklichen in den Schoß. Dann staunt man. Aber über Pvette Guilbert schütteten all« Musen ihr Füll horn aus. Es genügt ja auch nicht, eine gewandte Schauspielerin, Sängerin oder flinke Tänzerin zu sein, was nützt es dem Menschlein, so es nicht den Funken in sich trägt, den alles b«lebenden, durch glühenden Funken des Intellekts. Auch dem schwer fälligsten Hörer muß es dämmern, daß er einer starken geistigen Kraft gcgenübersteht. intellektuellen Poten zen eigner Art, ein«r geistigen Fruchtbarkeit — nicht alltäglich bei Frauen —, die aus dem Nichts etwas schafft. Pvette Kuilbcrts Gestaltungsvermögen ist verblüffend. Die subtilsten Gedanken entstehen hinter dieser von rötlichem Haar umrahmten Stirn, die an Sarah Bernhardt erinnert, gleichwie die fehlenden Augenbrauen, die zwar in Punkto Schönheit vor dem Aestheten nicht bestehen können, aber zu den über roten Lippen solch sonderlichen Kontrast bilden. Wrs sie mit ihrer elastischen Gestalt, den rundlichen Armen und diesen Rokokohänden auszudrücken vermag, ist schier unglaublich. Man spricht bei Damen nicht vom Alter. Das ist unhöflich. Aber gerade hier darf man davon sprechen. Denn ist es nicht viel bewun dernswerter, wenn eine Frau der Zeit trotzt und sich körperliche und seelische Jugend zu bewahren weiß, als wenn eine „snoot mit ihrem tau ¬ frischen „Petit minois" sich die Herzen ergattert! Madame Guilbert steht eine ganze Skala von Tönen zur Verfügung; ob sie nun hücl/sten Diskant der Kinderstimme oder salbungsvollen Baß (als Klosterbruder) singt, ob sie die girrenden Tünchen einer Koketten, die schluchzend heryerreißcnden Laute Rt»er armen Seele cK>er die naturalistischen Aeutze- s rungen der Plebs nachahmt, es gilt ihr gleich. Als tragische Muse erschüttert sie mit dem Hauch ihrer Stimme und bedarf dazu nicht des Gedröhns ihrer vielgeseiertcn Landsmännin Jane Hading; als leicht sinniger Gamin flunkert sie die scharmantesten Unge zogenheiten dem verblüfften Hörer vor. Sie kann in byzantinischer Starrheit einer alten Jkonostasfigur gleich veiharren und wieder voll „souplessa" sich in den Hüften wiegen und die Haubenspitzen wie aus gelassene Vögel flattern lasten. Ekstatische Inbrunst hebt ihre Gestalt fast vom Erdboden. Und kindliche Schelmerei lacht in den Augenwinkeln. Nichts Menschliches ist ihr fremd. Mit offenen Augen ist sie an allen den mancherlei Lebensäußerungen vor beigegangen. Die Künstlerin gibt u. a. einige kleine Satiren aus der Zeit Ludwigs XV. Es folgen graziöse Ga votten und Menuette, die Marie Antoinette zu tanzen liebte im liebesfrohen Park von Versailles. Einig« Ronden und eine Danse Normand«, „la »«lackiere", aus dem 18. Jahrhundert geben den sechs Tänzerinnen, di« neuerdings zum Stabe der Diva gehören, Gelegenheit zu zeigen, was sie bei ihrer Meisterin gelernt haben. Einem altveneziairischen Filigrankettchen gleich umschlingen diese Reigen die Gebieterin in Puderfrisur, die an Grazie es mit den Jüngsten oufnehmen kann. Pvette Guilberts Wille schreckt vor nichts zurück. So kann es nicht wundernehmen, daß sie sich auch ein nal als moderne Salome wagt, die den — un sichtbaren -- Mann um seine Besinnung, d. i. Kopf, tanzt. Daß sie, in Gesellschaftstoilette ,Zo stornier orr", einen hinkenden Idioten gibt — Gedicht und Musik von Mauric« Rollinat — ist vielleicht das einzige, was uns nicht völlig zu befriedigen vermag. Doch sei es dankbar anerkannt, daß sie auch in solchen problematisch bleibenden Darbietungen niemals an „Kino" erinnert — gewiß eine große Kunst. Weit mehr als Virginia Brooks' gesangliche Spenden fügen sich das schöne Flöt«nspiel Louis Fleurys und die anschmiegende Begleitung Daniel Geislers in den Rahmen Guilbertscher Kunst ein, die ein Gepräge eigener Art aufweist und mit ihren chamäleonartigen Reflexen immer aufs neue un widerstehlich anzieht. L. 8. Kunst UN- Wissenschaft. * Zum „Oedipus" - Gastspiel in der Alberthalle. Heinrich Neeb, der bekannte Heldendarsteller des Irving Place Theaters in New Port, wird, einer Einladung Folge leistend, in der einmaligen „Oedi- pus" - Vorstellung am Dienstag, den 10. Fehruar (Alberthalle), als König Oedipus mitwirken. Die Vorstellung findet bei volkstümlichen Preisen statt. Die kür die Studentenschaft reservierten Billetts sind nur in der Universität erhältlich. Den Kreon spielt s Alexander Kraus (Berlin). Die künstlerische Aus gestaltung der Szene hat Albert Klein übernckminen. * In dem 1. Festkonzert des Lehrergesangvereins, das am 7. Februar stattfindet, werden von n cappel a- Kompositionen Sitts zum Vortrag gelangen: „Vergebliche Flucht", wohl der kühnste und gelungenste Wurf Sitls auf diesem Gebiete, das zartinnige „Im Schweigen der Nacht" und ein neues, schwungvolles, Herrn Geheimrat Cl. Thieme ge widmetes „Deutsches Lied". Mit Orchester singt der Chor drei Stücke aus dein hier noch nicht ausgeführten Op. 100 „Hohenzoller n und Ora - n i e n", einem altniederländischen Liederzyklus, sowie die zu Ehre n der 30. Deutschen Lehrerversammlung 1893 komponierten „Festhymne". Als einziges Stück, das nicht der Feder seines Liedermeisters entstammt, bringt der Verein hier zur ersten Ausfllhruno eine edle und wertvolle, dem Jubilar gewidmete „Hymne an die Schönheit" von Hans Ko eß ter, dessen ..ernsten Gesängen" der L. L -G.-V. wiederholt zu tiefem Eindruck verhalfen hat. Den Kartenv.r- kauf zu diesem Konzert, für das der Oeffentlich keit sämtliche Plätze der Alberthalle zur Verfügung stehen, hat die Musikalienhandlung von Franz Jost, Peterssteinweg, sreundlichst übernommen. * „Parsisal" in Chemnitz. Die erste Chemnitzer Aufführung vom „Parsisal" findet am Todestage des Meisters. den 13' Februar, statt; die zweite Vorstellung ist für den darauf folgenden Sonntag angejetzt. Der Rat der Stadt hat zur würdigen Ausstattung des Werkes die Summe von 30 000 oewilligt. Die Dekorationen sind von Kautsky und Rotronara angefertigt, die auch die dekorative Ausstattung für die Berliner „Parst- sat" - Aufführung geliefert haben. Die Kostüme werden nach den Entwürfen des Oberregisseurs Diener, der bekanntlich sür die Bayreuiher Festspiele engagiert ist, in den Chemnitzer Thealeratetiers her gestellt. Der Chor wird verstärkt durch den Chem- nitzer Lehrergesangverein. * „Parsisal" in Halle. Wie uns aus Halle telegraphisch gemeldet wird, sind die dort für den 11. und den 13. Februar angesetzten „Parsifal"-Auf- führungen, die mit Walter Soomer, Walter Kirchhoff und Frau Leffler-Burckard in den Hauptrollen in Szene gehen sollen, trotz sehr hoher Eintrittspreise, die sich zwischen 3 und 2ö bewegen, bereits ausoerkauft. * Emil Rosenow: „Die im Schatten leben." Auf führung des „Neuen Vereins" in den Münchner Kammerspielen. Die Zensur veranlaßt durch ihre Verbote immer wieder, daß dieses Stück -ur Aufführung kommt. Ohne den Zensor würden sich höchstens noch sozialdemokratische Jugendvereine darum kümmern. Die Mitglieder des „Neuen Ver eins" warteten vier lange Akte hindurch vergeblich auf staatsgefährdende Reben oder Handlungen. Es ist vielleicht möglich, daß manches darin vor zehn I Jahren aufreizend gewirkt bat. Heute sind diese Menschen, die im Schatten leben, nur mehr bedauerliche Möglichkeiten, nicht Notwendig keiten. Wir finden da ein Geröll von Reden, von langatmigen Ausführungen, von grau sigen und doch nicht ergreifenden Tatsachen Man kann immer nur sagen: gewiß, es gibt viel Elend auf der Welt, es gibt Menschen, die immer im Schatten leben. Aber es wird nicht tragisch gegeben (nicht dichterisch umgewertet), sondern traurig, man wird gequält, aber nicht erschüttert. Manches wirkt bei der Ausführung nicht mehr als eine ver filmte Zeitungsnotiz Rosenow ist Dichter und sein „Kater Lamp«" wird ihn noch lange überleben. Auch hier sind Einzelheiten von überraschender Tieze, Menschlichkeiten von schönster Wir kung, aber sie sind verschüttet. Alle Schön heit dieses Werkes ist unrettbar verloren, weil es von einer geistigen Atmosphäre getragen wird, die wir als historisch empfinden (und ie näher uns eine Vergangenheit ist, um jo fremder ist sie uns,'. Hier ist eine Art zu gestaltrn und zu sehen, die wir überwunden haben und die mit dem Schlagwort „Naturalismus" tatsächlich erschöpfend gekennzeichnet ist. Ich weiß nicht, ob ein Äuffüh- rungsverbot Grund genug für den „Neuen Verein" ist. jüngste Vergangenheit statt Zukunft der Jüngsten zn erwecken. Den Kammerspielen sollte eine Dialett- oichtung weniger Schwierigkeiten machen. Man spricht nicht platt, wenn man statt „das" „dat" sagt. Sonst war die Ausführung gut. Nikol Albrecht als Invalide logar ausgezeichnet. IValter von liollt>n<ler. * Ignatz Waghalter, der Komponist der im Lhar- lottenburger Opernhaus nut großem Erfolg auf- geführien komischen Oper „M a n d r a g o l a", hat das Werk soeben der Biihnenvertriebsstelle des Jungdeutschcn Verlages Kurt Flieget, Berlin, über eben. * Erich Schmidts Lehrstuhl. Nach einer Meldung der „Tgl. Ndsch." wird die bisher vom verstorbenen Geheimrat Prof. Erich Schmidt bekleidete Pro fessur der neueren deutschen Sprache und Literatur an der Berliner Universität vorerst noch unbesetzt bleiben. In die Lücke wird vorübergehend und zum Teil der Geheime Regicrungsrat Prof. Dr. Roethe einspringcn, der in jedem Semester eine größere Vorlesung aus tem Gebiete der neueren deutschen Literaturgeschichte halten und zu dieser auch die studierenden Frauen zulassen wird. Ergän zend wird, wie im vergangenen Semester, auch weiterhin der Prioatdo-ent Dr. Hermann Schnei der-Bonn über neuere deutsch« Sprache und Lite ratur Vorlesungen und Hebungen halten. Der zum ordentlichen Professor ernannte und zum Mitdirektor des germanischen Seminars bestellte Prof. Dr. Heusler wird in Zukunft neben der nordischen auch die germanische Philologie vertreten. * Die Ausstellung von 34V Gemälden und Reise skizzen des Malers R ud. Böbm im Festsaal des Volkwcbls, Löhrstr.7, ist nur noch bisFreitag nach mittag 4 Uhr dem allgemeinen Beiuch« geöffnet.
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