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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140130012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914013001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914013001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-30
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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die je nach dem Bildungsgänge und nach der per- söniichen Veranlagung nicht bet allen Bausachver ständigen. die den Baupolizeibehörden jetzt zur Leite stehen, gesunden wird und gesunden werden kann. Das Ministerium des Innern legt den Bau polizeibehörden die Annahme guter Sachverständiger dringend ans Herz. Das Ministerium de» Innern erwartet auch von den nichtstaatlichen Baupolizei behörden, die ja vorbehaltlich 8 3 der Ausführungs verordnung vom 1. Juli 1900 in der Wahl ihrer Bausachverständigen freier gestellt sind, das, sie der Re- gelunq dreier gerade auch für den Kleinwohnungsdau besonders wichtigen Frage noch größere Bedeutung schenken und nötigensalls sich zur Annahme geeigneter Bausachverständiger zusammenschlteßen. 5. Die Regierung macht die Gemeinden in Orten, wo wegen des Riederganges der Industrie Klein wohnungen leerstehen, darauf aufmerksam, dag da» kein Grund sei, die Wohnungsfrage für die Zukunft auszer acht zu lassen 6. Der Bau von einfachen Wohnungen für Landarbeiter ist aus sittlichen und sozialen Gründen weiter zu fördern, besonders auch im Hin blick auf die Bekämpfung der Landflucht. 7. Die Regierung empfiehlt, da» Augenmerk auch auf die Wohnungssilten, die kulturelle Seite, zu richten und durch Erziehung und Belehrung aus das Volk zu wirken. Die gesundheitlichen Zustände liehen oft auch in guten Wohnungen zu wünschen, weil es an Ordnung und verständiger Behandlung fehle. Die Negierung empfiehlt weiter die planmässige W o h n u n g s a u f s i ch t, die Anstellung von Pflegerinnen bet den Baupolizeibehörden. Sie schliefst nut einer allgemeinen Betrach tung. Die Behörden möchten, heisst es bedenken, dass je besser — lelbstveriländlich innerhalb vernünf tiger Grenzen — die Wohnungsverhültnifie der brei ten BollSichichlen sich gestalten, desto mehr das Be dürfnis nach Gefängnissen, Kranken- und Irren häusern sinken, die nationale Wehr- und Arbeitskraft aber steigen muss und dass im Wettbewerbe der Rationen unter sonst gleichen Berhältnisjen schliesslich diejenige das Feld behaupten wird, die am besten wohn t." poliMetie UeberlieM Der neue Vorsitzende -es „Deutschen Kriegerbundes". Der neue Vorsitzende des Deutschen Kriegerbundcs, Exzellenz General vonPloetz, der an die Stelle des bisherigen verdienten Vorsitzenden General. ,'eldmarschalls Oskar von Lindequnt tritt, ist am 21. Au'ust 1847 in Breslau geboren. Sein Eintritt in die Armee als Portepeefähnrich erfolgte im Jahre 1805, und zwar wurde er in das damals in Köln garnisonierende ojlpreu'tzifche Füsilierregimcnt Rr. 33 eingestellt, 1800 erfolgte feine Ernennung zum Leut nant, in welcher Stellung er mit seinem Regiment den böhmischen Feldzug mitmachte. Ebenfalls noch als Angehöriger des Füsilierregiments Rr. 33, zeich nete sich der junge Offizier durch hervorragende Tapferkeit im deutsch-iranzösnchen Kriege aus. Rach der Schlacht bet Gravelotte erhielt rr das Eiserne Kreuz 2. Klasse, und nach der Schlacht von Bapeaume schmückte sogar die höchste Kriegsauszeichnung, das Eiserne Kreuz 1. Klasse, seine Brust. Rach dem Feld zuge wurde er im Jahre 1878 zum Hauptmann be- ^.fördert, welchen Dienstgrad er in verschiedenen Regi- inentern bekleidete. 1885 finden wir ihn als Adju tant beim Generallommando des 9. Armeekorps, .-1887 wurde er als Major und Bataillonokommandeur in das Königin-Augnsla-Regiment versetzt. 1882 er folgte seine Ernennung zum Oberstleutnant unter Versetzung in das Königin - Elisabeth - Regiment. 1895 wurde er Oberst und Abteilungschef im Kriegs- Ministerium, von 1890 —98 hatte er das Kommando des 3. Gardc-Grenadier-Regimenls Königin Eluaveih inne. Bald darauf avancierte er zum Generalmajor und führte in dieser Stellung von 1898-1901 die Der Mann aus Kabul. Von Rabindra Rath Tagore. (Berechtigte Uebersetzung nach dem indischen Original mit Hilfe Les Esperanto*) von W. Reurer 1H.) I. Mein fünfjähriges Töchterchen Minute kann nicht ohne fortwährendes Geplauder leben. Ich bin der festen Meinung, es hat nie in seinem ganzen Leden auch nur eine Minute stillschweigend zugebracht. Die Mutter ist oft verdrieszlich und will der Schwatzerei Einhalt tun, doch kann ich ihre Anschauung nicht teilen. Es ist so naturwidrig. Minute ruhig zu sehen, da» ich es nicht lange zu ertragen vermag. Infolge dessen ist mein Geplauder mit ihr stets ein lebhaftes. Eines Morgens, als ich mich gerade mit dem siebzehnten Kapitel meiner neuen Novelle befaszte, kam meine Minute ins Zimmer geschlichen und sagte, indem Üe ihr Händchen in meine Hand schob: „Väter- chcn! Ramdajal, der Hausmann, nennt einen Raben „Rappen", er ist ein Dummkopf, nicht wahr?" — Bevor ich ihr den philosophischen Unterschied der verschiedenen Laute der indischen Sprache näher zu bringen vermochte, begann sie mit neuen Fragen: „Denke mal, Väterchen, Bhola sagt, das; in der Wolke ein Elefant sitzt, der aus seinem Rüssel Wasser bläst, und deshalb regne es!" Und dann wieder rasch das Thema wechselnd: „Väterchen, wie gehört eigentlich Mütterchen mit dir zusammen?" „Auf ganz gesetzmäßige Weise, mein Liebling!" murmelte ich unwillig. Doch gelang es mir mit ge wichtiger Miene zu antworten: „Geh nun und spiele mit Bhola, Minnie: ich habe zu arbeiten." Durch mein Ztmmerfenster konnte ich die Straße übersehen. Mein Töchterchen setzte sich zu meinen Füßen neben den Tisch, ruhig spielend, indem sie auf ihren Kniechen trommelte. Ich arbeitete emsig über meinem siebzehnten Kapitel, wo Pratap Singh, der Hauplhcld, Kantschanalata, die Hauptheldin, gerade rn die Arme nimmt, und sie beide im Begriff stehen, aus dem Fenster des dritten Stocks des Schlosses zu entfliehen. — Doch plötzlich gab meine Minnie das Spiel auf und lief ans Fenster, indem sie rief: „Ein Kabuls! ein Kabuls!" Wirklich schritt unten durch die Straße langsam ein Kabul«. Er trug die weiten Gewänder seines Lande« Kabul mit einem großen Turban. Auf dem Rücken trug er einen riesigen Sack, und Schachteln mit Trauben in der Hand. Ich vermag nicht näher anzugeben, welche Emp findung sich meines Töchterchen» bemächtigte, als es dieses Menschen ansichtig wurde, aber «v begann ihn *) Die obige Erzählung des jüngst mit dem Nobel preis für Literatur ausgezeichneten indischen Ver fassers wurde mit besten Erlaubnis von seinem Landsmann Jrach I. Sorabji, Benares, in die inter nationale Hilfssprache „Esperanto" übersetzt. Diese Uebersetzung, die in dem „Orients Almanako" der russischen Lsperantozeitschrtft „La Ondo de Espe ranto" erschien, ist im vorstehenden ins Deutsche über tragen. — Damit ist zugleich der Beleg von der guten Meinung, welch« der preisgekrönte Schriftsteller von dem Werte und der Bedeutung dieser WelthUf»- sprach, hegt, gegeben. 49. Jnfanieriebrigade. 1901 erhielt er unter Beför derung zum Generalleutnant die Führung der 15. Division «Köln), die er bis zum 3. Oktober 19ii> innehatte. Am 18 Okiober 1900 erhielt er unier Besörde ung zum General der Infanteiie das Kom mando des Vlll. Armeekorps, das er bis zum ver gangenen Jahre innehatte. Kontrollmaßregeln für die Anmeldung der fingestelltenverßcherung. Nach den Ergebnissen der letzten Berufs zählung inusz man annehincn, daß noch immer etwa ein Fünftel aller Versicherungs pflichtigen zur Angestelltenvcrsicheruttg ge genwärtig noch nicht von der Versiche rung erfaßt sind. Das ist allerdings im Ver gleich zu den bei der (Linsührung des Invcuiocn- vcrsichernngsgesctzes gemachten tLrjahrungen noch ein sehr günstiges Ergebnis. Im Interesse der Angestellten wie der Versicherten muß aber na turgemäß Sorge getragen Wersen, daß nach und nach sämtliche verjichernngspjli.htige Angestellte in die Versicherung einbezvgen werden. Die hauptsächlichste Kontrolle geschieht gegenwärtig durch die Buchführung mittels persönlicher Kon ten, wodurch bis zu einem gewissen d)rade eine Außenkontrolle, wie sic bei der Invalidenver sicherung durchgeführt ist, erspart wird. Ferner find an zahlreiche untere Verwaltungsbchörden Arbcitgeberübersichten versandt zu einer Nach prüfung an der Hand der amtlichen Feststellun gen über Betriebe, in denen Angestellte beschäf tigt werden. Außerdem aber besteht die Absicht, auch die Ortsausschüsse, sobald deren Organi sation abgeschlossen ist, zu Ermittlungen yecan- zuzichcn. Berens in der Mehrzahl der Wahl bezirke sind Ortsausschüsse gebildet, denen eine Reihe wichtiger Ausgaben übertragen werden soll. Nach dem Gesetz haben die Arbeitgeber dem zuständigen Rentenausschuß Auskunft zu erteilen über die Zahl der Beschäftigten, den Arbeits verdienst und die Dauer der Beschäftigung. Diese Erhebungen können am besten durch Beauftragte der Ortsausschüsse angestellt werden. Hierbei würde sich naturgemäß auch die Möglichkeit bie ten, nach und nach alle diejenigen Betriebe zu ermitteln, in denen Angestellte beschäftigt wer den, die noch nicht zur Angestelltenversichcrung angemeldet sind. Nevtflonlftlsche Ketzereien. Die neueste Ausgabe der „Sozialistischen Monats hefte" enthält drei Abhandlungen, in denen sozial demokratische Parteiauffassungen von größter Wich tigkeit als unhaltbar nachgewiesen werden. Anlaß und Absicht, die die revisionistischen Verfasser zur Führung dieses Nachweises bestimmten, können hier unerwähnt bleiben: für uns kommt nur die Wider legung als solche in Betracht. Dabei handelt es sich zunächst um die sozialdemokratische Miltzschwär - inere i. In bezug auf sie stellt der badische Revisto- nist Kolb fest, daß die bisherige sozialdemokratische Taktik der reinen Negation im Kamps gegen den „Militarismus" zu nichts geführt habe, und er stumpft die beliebtesten Agitationsphrasen seiner Parteifreunde ab, wenn er folgens», aussührt: „Es ist für die heutigen Militärstaaten schlechter dings unmöglich, das stehende Heer ohne weiteres in eine Volkswehr umznwandeln. Das könnte auch die Sozialdemokratie nicht, selbst wenn sic über die politische Macht verfügte. Dazu sind Vorbedingungen nötig, die weder von einer Partei, noch selbst von einer Nation allein willkür lich geschaffen werden lönnen. . . . Soviel steht in dessen fest, daß es in absehbarer Zeit nicht mit ein paar Wocl-en militärischer Ausbildung getan ist. laut anzurufen. „O weh," dachte ich, „der wird sicher -liereinkommen, und mein siebzehntes Kapitel findet niemals sein Ende." Gerade in diesem Augenblick wandte sich der Kabule um. nach oben zu dem kleinen Mädchen jchauend. Als sie nun aber sein Gesicht erblickte, war sie außer sich vor Entsetzen, und kehrt- machend enteilte sic in das Schutzbereich der Mutter. Sie war offenbar des festen Glaubens, daß der Hüne in dem großen Sacke vermutlich zwei oder drei KinSvr ihresgleichen barg. Der Händler kam wäh renddem zur Tür herein, mich lächelnd begrüßend. Wiewohl die Lage meiner Haupthelden sich nun sehr kritisch gestaltete, so war doch meine erste Ein gebung, mit der Arbeit aufzuhören und, da er an gerufen war, etwas zu kaufen. So kaufte ich ihm einige Kleinigkeiten ab und begann, mich mit ihm über den Emir Abd-ur-Rahman, über die Rusten, die Engländer und über die Erenzpolitik zu unter halten. Als er sich jedoch anschickte fortzugehcn, fragte er: „Wo ist denn das kleine Töchterchen, mein Herr?" Ich dachte, Minnie muß nun doch ihre unsinnige Angst unterdrücken und ries sie herbei. Sie gehorchte auch, doch stellte sie sich neben meinen Sessel, den Kabulen und seinen riesigen Sack betrach tend. Er wollte sie mit Rüsten und Rosinen traktie ren, sie aber wollte der Versuchung nicht folgen, und hielt sich nur um so nachhaltiger neben mir mit all ihren erhöhten Zweifeln. Das war die erste Begegnung beider. Eines Morgens jedoch, wenige Tage später, war ich, indem ich aus dem Hause ging, überrascht, Minnie auf einer kleinen Bank neben der Tür zu finden, wie sie lachend und schwatzend den großen Kabulen zu ihren Füßen hatte. Es schien, als ob sie nie in ihrem Leben außer ihrem Vater einen so geduldigen Zuhörer gefunden hätte. Und bereits war ihr kleines Sari*) mit Mandeln und Rosinen als Spende des Besuchers gefüllt. „Warum gebt Ihr ihr das?" sagte ich, zog ein Okanastück**) hervor, ihm dieses einhändigend. Der Mann nahm es ohne Widerrede, die Münze in die Tasche steckend. Aber o weh! Als ich eine Stunde nachher zurück kehrte. mußte ich erfahren, welche Verwirrung in doppelter Hinsicht das unglückliche Geldstück angerich tet hatte, denn der Kabule hatte es an Minnie zurück gegeben, und die Mutter nahm nach dem Anblick des glanzenden runden Geldstückes ihr Töchterchen in Untersuchung: „Wo hast du dieses Okanastück ge funden?" „Der Kabule hat es mir gegeben", erwiderte Minnie voller Freude. „Der Kabule hat es dir gegeben," rief die Mutter entsetzt, „o Minnie, wie konntest du dich unterstehen, das von ihm anzunehmen?" Da ich gerade hinzukam, nahm ich Minnie gegen da» drohende Unheil in Schutz, und begann meiner seits die Sache zu untersuchen. Nicht nur zum ersten oder zweiten Male, so fand *) „Sari" ist das gewohnte, von Zndierinnen ge- tragene Tuch. **) Okanastück --- 2 Rupie ist ein« indische Silber- nttttwe mm ungefähr « Pf. Wert. Wir werden also zuvörderst und noch auf längere Zeit hinaus mit dem stehenden Heer zu rechnen haben. Wollen wir nach wie vor keinen Mann und keinen Groschen bewilligen, dann überlassen wir die Gestaltung des Heerwesens auch nach wie vor den anderen: wir dürfen uns dann über deren un angenehme Begleiterscheinungen nicht beklagen, ganz abgesehen davon, daß wir uns ... im Parla ment selbst ausschalten, wenn wir in der wich tigsten Frage der Nation dauernd ver sagen." Wird vom „Genossen" Kolb nebenbei auch das törichte Gerede von der Kulturwidrigkeit des „Mili tarismus" durch seine Einschätzung als „wichtigste Frage der Nation" abgetan, so zeigt der Revisionist Dr. A. Schulz die Hinfälligkeit der Angriffe, die die Sozialdemokratie gegen unsere angeblich nur dem Großgrundbesitz nützliche Vieh- und Fleisch schutzpol ittk richtet. Denn an dem Beispiel Untersranlens veranschaulicht „Ten." Dr. Schulz die „unbestreitbare" Tatsache, „daß hier wie nahezu über- all die Kleinbauern und die auf dem Lande an sässigen Arbeiter, Handwerker und sonstigen kleinen Leute von ihrer großen Schweineproduk tion ein sehr beträchtliches Quantum an den Markt abgeben", und er fordert infolgedessen die ein geschworenen Freihändler seiner Partei, die von dem Eingeständnis jener Tatsache unerwünschte Folgen für die sozialdemokratische Stellungnahme zu den Vieh- und Fleischzöllen befürchten, dazu auf, jene Tatsache nicht länger abzuleugnen. Damit wird Schulz auf dem Gebiet der praktischen Wirtschaftspolitik freilich ebensowenig Erfolg haben, wie „Gen." L. Quesfel durch seinen Aufsatz über die Ungleichheit der Völker im wirt schaftlichen Leben die Sozialdemokratie von dem internationalen Gleichheits-Idol ab bringen wird. Deswegen aber behält es seine sach liche Bedeutung, daß der Sozialdemokrat Oucssel aus- nihrlich darlegt, wie grundverschieden die Stellung ist. die auf der einen Seite die Europäer, auf der anderen die Asiaten zu den wichtigsten Lebensbedürfnissen und -Notwendigkeiten (Bekleidung, Ernährung, Arbeit) einnehmen: in Europa die Abhängigkeit von der Mode, das Bedürfnis nach reichlicher und viel gestaltiger Ernährung, die Gewöhnung an gesteigerte Arbeitsleistungen — in Asien die Herrschaft des Her kommens. der Bedürfnislosigkeit, des Widerstrebens gegen die nicht unbedingt notwendige Arbeit. Mit Recht folgert deshalb Quesfel. daß die sozialdemokra tische Losung „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" vorläufig überall da wirkungslos verhallen muß, wo Weiße und Gelbe auf dem Arbeitsmarkt als Konkurrenten aufeinanderstoßen. Deutsch«» Reich. * Eine Eingabe für ein sächsische» Einigungsamt. Im Anschluß an einen Vortrag, den in einer gut besuchten Versammlung des Dresdner Ortsoer bandes der Hirsch-Dunckerschen Eewcrkoereine Bezirksleiter F. Berndt hielt, wurde einstimmig eine Resolutton angenommen, di« als Eingabe an das Ministerium des Innern gerichtet ist und bittet: „der Eingabe des Verbandes Sächsischer Industrieller vom 8. Dezember 1913, bei Len 20 Polizeidienstbehörden und der Landgendarmette besondere Beamte auszubilden urch ständig zur Der- § fügung det^Ntlichen Polizeibehörden bei Streits und Aussperrungen bereitzuhalten", nicht zu ent sprechen, usqPmchr Einrichtungen schaffen zu wollen, Vie amtlich — ohne einen Anruf der Parteien abznwarten — bei ausbrechenden Diffe renzen zwischen Unternehmern und Arbeitern als Einigungsamt in Tätigkeit treten." H- * In der Litzung de» Bundesrats am Donners tag wurde dem Anträge von Sachsen - Meinigen ich, hatten sic sich bereits getroffen. Der Kabule hatte durch kluge Besttcherei mit Nüssen und Mandeln ihre ursprüngliche Furcht zu überwinden verstanden: von nun an waren sie große Freunde. Sie trieben allerhand seltsame Kurzweil, wag ihnen ein riesiges Vergnügen bereitete. Neben ihm sitzen», und von unten nach oben seine Riesenfigur betrachtend, schüttelte Minnie sich vor Lachen und begann: „O Kabule! O Kabule, was hast du in deinem großen Sacke?" Und dann antwortete er mit dem nasalen Akzent der Bergbewohner: „Einen Elefanten!" Vermutlich ist das hier nun gerade keine erhebliche Gelegenheit zur Belustigung, und doch welch' einen Genuß be reitete ihnen beiden dieser Scherz? Für mich hatte dieses Geplauder des Kindes mit dem hochgewachienen Fremden immer etwas seltsam Rührendes. Da be gann denn der Kabule, der ihr ohne Frage nicht nach stehen wollte, seinerseits: „Fräuleinchen! Wann geht Ihr denn zum Schwiegervater?" Die Mehrzahl der Mädchen Indiens versteht schon sehr frühzeitig etwas vom Schwiegervater.*) Da wir aber ein bißchen neu modisch waren, so hielten wir dieserhalb derartige Dinge unserem Töchterchen fern. Minnie war daher durch diese Frage ein wenig befangen. Indem sie je doch diese Befangenheit mit Geistesgegenwart zu ver bergen wußte, antwortete sie: „Willst Lu denn dahin gehen?" Bei den Landsleuten des Kabulen haben die Worte: „Zum Schwiegervater" eine doppelsinnige Be deutung. Es ist das ein Euphemismus für das Ge fängnis, den Ort also, wo man so gut und ganz kostenlos für uns sorgt! Diesem Sinne gemäß hatte der starke, viel umherkommende Straßenhändler die Frage meines Töchterchens verstanden. „Hal" sagte er, die Faust gegen einen imaginären Polizisten schüt telnd, „ich werde meinen Schwiegervater kräftig ver hauen." Als das Minnie hörte und sich den unglück lichen unterlegenen Verwandten dabei vorstellte, platzte sie von Zeit zu Zeit mit Lachen heraus, dem sich ihr unheimlicher Freund anschloß. Es war dieses um die Herbstzeit — gerade zu der Zeit, wo rn alten Zeiten die König« auszogen, um einen Sieg zu erkämpfen — derweil ich, obwohl ich niemals aus meinem Eckchen in Kalkutta herauskam, mit dem Gedanken spielte, di« ganze Welt zu bereisen. Hörte ich nur den Namen eines fremden Lande» er wähnen, so bekam ich Herzklopfen, und beim Anblick eines Fremden auf der Straße begann ich Traum gewebe zu spinnen über Gebirge, Täler und Wälder seiner fernen Heimat, betreffs seiner Hütte und seines freien, unabhängigen Lebens in den Stätten seiner Wildni». Wahrscheinlich traten in meiner Phantasie di« Reisebilder in ihrem Hin und Her gerade um so stär ker vor mein geistiges Auge, weil mein Leben nur eine Art Vegetieren darftellt, und der bloße Vorschlag eines Auf-Reifen-Gchen» mich wie ein Donn«rjchlag berührt hätte. In der Gesellschaft des Kabulen wurde *) Weil st» stch sehr früh verheiraten. betr. die Prägung von tausend Kronen mit dem Bildni» Seiner Hoheit de» Herzogs von Sachsen- Meiningen «»gestimmt. Die Wahl von Mitgliedern Les Börienausschuiie» wurde vollzogen. Dem Ent wurf einer Becanntmachung betr. den Zinsfuß für die versicherungstechnttchen Berechnungen der Reichs versicherungsanstalt für Angestellte, der Vorlage betr. Ergänzung der Ausfiihrungsbestimmungen zum Kalige etz und dem Entwurf eines Luftverkehrs gesetzes wurde zugestimmt. * Die nationalliberale Fraktion des Reichstag» hat zur zweiten Beratung des Etats für das Reichs amt des Innern den Antrag gestellt, den Reichs kanzler zu ersuchen, dem Reichstag eine Denkschrift über das Arbeit»- und Rechtsverhältnis der außer halb de« Beamtrnverhältnisses in Reichs- und Staatsbetrieben beschäftigten Personen vorzulegen. * Herr Hestermann hat aufgehört, Hospitant der nationalliberalen Reichstagsfraktion zu sein. Am Donnerstag nachmittag hat die Fraktion sich dafür entschieden, Herrn Hestermann. der durch seine öffentlichen Polemiken gegen die Partei längst dar getan hatte, daß er innerlich nicht zu ihr gehörte, auszuschlietzen. * 70. Geburtstag des Generals der Kavallerie Moritz von Vissing. Frhr. von Vissing erblickte am 30. Januar 1814 in Bellmannvdorf das Licht der Welt. Seine Erziehung genoß der General zunächst auf dem Magdalcnengymnafium zu Breslau, dann bezog er die Ritterakadcmie zu Liegnitz, die er mit dem Abiturium verließ. Nachdem er die Dienstgrade eines Fahnenjunkers und Portepeefähnrichs zurück gelegt hatte, wurde er im Jehre 1865 zum Sekonde- leutnant befördert. Den Feldzug gegen Frankreich machte Frhr. von Vissing als Ol>crleutnant mit. 1875 erfolgte seine Beförderung zum Hauptmann, in wel cher Charge er bis zum Jahre 1880 verblieb. Zn diesem Jahre erfolgte der Uebertritt Frhr v. Vissings zur Kavallerie. 1883 wurde er in den Großen Ge neralstab versetzt. 1885 wurde er zum Major be fördert, 1888 erhielt den Rang eines Oberstleut nants. Zwei Jahre darauf erhielt er seine Be'örde- runq znm Oberst. 1894 finden wir ihn im Range eines Generalmajors und 1897 in dem eines General leutnants. Seine letzte Dienststellung bekleidete Ex zellenz von Bissing als kommandierender General des VII. Armeekorps. Er wurde dann als General der Kavallerie zur Disposition und » 1g suite des Regi ments Gardes du Corps gestellt. Neben seiner reichen kavalleristischen Tätigkeit im aktiven Dienst, der die Waffengattung der Kavallerie viel «u verdanken hat, entfaltete General von Bissing auch eine produktive und bedeutsame Tätigkeit als Militärfchriftstellcr. Auch in der Jugendpflege finden wir ihn mit regem Interesse beteiligt, so an der Jung-Deuttchland-Be- wegung. In erster Ehe war Exzellenz von Bissing vermählt mit Mvrrha von Wesendonck, der Tochter Otto und Mathildens Wesendonck, den berübmten Freunden Richard Wagners. Aus dieser Ebe entsvroß ein Sohn Friedrich Wilhelm, der als ordentlicher Pro fessor für orientalische Altertumskunde und Aegypto- logie an der Universität München wirkt und sich in der wissenschaftlichen Welt einen bedeutenden Namen geschaffen hat. In zweiter Ehe ist General von Bis sing vermählt mit Alice Gräfin von Königsmark, aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Ex zellenz von Bissing, der jetzt auch Mitglied des Herren hauses ist, lebt zumeist auf seinem Schloß Rettkau im Kreise Elogau. * Zum neuen Eewerkschaftsstreit. Die „Rhein - Westf. Ztg." ist in der Lage, einen zweiten, an Ge heimrat Porsch gerichteten Brief des Kardi nals Kopp zu veröffentlichen. Dieser Brief sei einige Tage später wie der schon veröffentlichte ab gegangen und veranlaßt gewesen durch Radauver- ammlungen der „Berliner Richtung". Auch in die- em Schreiben habe Kardinal Kopp den christlichen Gewerkschaften versichert, sich doch ja nicht zu be unruhigen. Er könne ja weoer Nieborowski noch die Kölner Korrespondenz noch Herrn Prälaten Commer ich sofort nach Kabul an den Fuß der kahlen Ge birge mit den engen Felsschluchten, die sich zwischen ihren himmelhohen Gipfeln hinein- und herauswin den, versetzt. Da sah das geistige Auge die Herden der Kamele, wie sie Waren und Handelsherren mit Turbanen — von denen einige sonderbare, altmodische Gewehre, andere wieder Lanzen mit sich führten — auf ihrer Wanderung zu den Ebenen tragen. Ich konnte sehen — aber gerade in diesem Augenblick unterbrach mit Minnies Mutter jammernd: „Nimm dich vor diesem Menschen in acht!" Leider ist Minnies Mutter eine sehr ängstliche Frau. Wenn immer sie ein Geräusch auf der Straße vernimmt, ober Menschen erblickt, die sich dem Haufe nähern, so folgert sie sofort, daß es sich um Diebe oder Trunkenbolde handeln könne, oder um Schlangen und Tiger, Malaria, Schaben,*) Raupen, oder um einen englischen Matrosen. Selbst nach ihren Erfah rungen so vieler Jahre vermag sie ihre Furcht nicht zu meistern. So hegte sie hinsichtlich des Kabulen eine Menge Zweifel und bat inständigst, ich möge ihn immer recht wachsam im Auge behalten. In aller Ruhe bemühte ich mich, ihre Furcht ins Lächerliche zu ziehen, doch in vollem Ernste wandte sie sich gegen mich, einige gewichtige Fragen an mich richtend: „Sind Kinder vielleicht noch niemals geraubt worden?" „Ist es vielleicht nicht wahr, daß die Sklaverei in Kabul noch herrscht?" „Ist es folglich eine zu weit gehende Annahme, daß dieser Hüne von Menschen ein so kleines Mädchen mit sich fortnehmen könne?" „Zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber trotzdem außerordentlich unwahrscheinlich!" war mein« Ant wort. Das genügte ihr aber nicht, ihre Befürchtung bestand vielmehr weiter. Diese Furcht war jedoch so undefinierbar, daß es mir nicht angebracht erschien, dem Manne das Haus zu verbieten, und der vertrau liche Verkehr ging unausgesetzt weiter. Einmal im Jahre, um die Mitt« Januar, pflegte Rahmud, der Kabule, zu feinem Heimatland« zurück- zukehren, und wenn diese Zeit herankam, war er sehr in Anspruch genommen, indem er von Haus zu Haus ging, um seine Außenstände einzuziehen. Trotzdem fand er in diesem Jahre stets di« Zeit, zu Minnie zu kommen und mit ihr zu plaudern. Das machte auf Uneingeweihte den Eindruck, als ob zwischen beiden ein Komplott bestehe, denn wenn er am Vormittag nicht gekommen, so kam er sicher abends. Selbst ich war zeitweilig überrascht, plötzlich in irgendeinem Winkel eines dunklen Zimmers den hoch gewachsenen, mit weiter Gewandung angetanen und mit vielen Säcken bepackten Mann anzutreffen, doch wenn Minnie lächelnd mit ihrem „O Kabulel O Ka bul«!" herzueilte, und die beiden Freunde so un- gleichen Alter» sich zusammensetzten und ihr gewohn te» Gelächter und Scherzen begannen, so war ich wie der beruhigt. *) „Lhttttc orisot«Ii»", noch einmal so grob »ie dt« aewötzkUche ^UicheMo-e heO
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