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L vrllsgr. Sonnisg, ss. Iiinuar IS >4. Leipziger Tagedian. Nr. 44. Sonntass-Niisgsdr. Sri« s. Grgankfattonsvereiafachung -er Staatsbahnea. Mr haben unsere Leser wiederholt über den Zweck des ün Landtage verhandelten An- tragesDr. Niethammer unterrichtet. Die Sache ist nun schon vier Jahre im Werke, d. h. eigentlich nicht im Werke, denn der Antrag ist zivar wieder und wieder beraten, auch von einem außerordentlichen Ausschuß behandelt worden, die Regierung ist aber bei ihrem „wohl wollenden Widerstande" geblieben. Nichtsdesto weniger hat die nationalliberale Fraktion den Antrag »u Beginn dieser Tagung von neuem eingebracht, weit sie der Meinung ist, daß man, einerlei von wem der Widerstand ausgeht, eine Forderung nicht fallen lassen darf, ivenn man von ihrer Berechtigung überzeugt ist. Bei der Bedeutung der Sache für unser Bermattungs- und Verkehrswesen ist es angebracht, die Be gründung des Antrages durch Dr. Nietham mer nach dem amtlichen Sitzungsbericht vom 15. Januar d. I. hier wiederzugeben. Äbg. Dr. Niethammer führte, nachdem er kurz an die Geschichte seines Antrages er innert, folgendes aus: Man hat uns in den Zeitungen den Vorwurf ge macht. dan wir parteipolitische Tendenzen verfolgten. Die Ursache hierzu ist vielleicht eine Broschüre ge wesen, die der Nationalliberale Landes verein von Sachsen herausgegeben hat, nicht herausgegeben hat, um dies« Frage parteipoliti ch auszuschlachten, sondern um die vielen Mensckzen im Land«, die sich für dies« Frage interess.eren, und die nicht imstande find, dies« komplizierte Frage seilst zu beherrschen und sich das Material darüber zu ver schaffen, in einer gemeinverständlichen Form darüber aufzuklären. Die „Deutsche Eisenbahnbeamten-Zei- tung", die in Stuttgart erscheint, hat unter dem 1. Ja nuar d. I. einen Artikel veröffentlicht offenbar von fachmännischer Seit« geschrieben, der auch diesen Standpunkt einnimmt und sein tiefes Bedauern dar über ausspricht, daß eine Frage, die doch eigentlich dem politischen Parteileben entzogen sein sollte, da mit auf den politischen Strang getrieben wird. Daß der Schreiber dieses Artikels sich ein solches Mißver ständnis zuschulden kommen läßt, erklärt sich vielleicht daraus, daß er unseren Verhältnissen zu fern steht, während er im übrigen gut orientiert zu sein scheint. Wir unterscheiden sehr genau zwischen politischen und wirtschaftlichen Fragen, und es liegt uns fern, eine Frage, die von so einschneidender Bedeutung für unser ganzes Wirtschaftsleben und insbesondere für unseren Etat ist, in parteipolitischer Weise ausnützen zu wollen. Ich muß auch darauf verweisen, daß wir in den sämtlichen Maßnahmen, di« über diesen Antrag bisher getroffen worden sind, mit allen Parteien die ses Hauses konform gegangen sind. Dre Beschlüsse, die ÜeVerweisungen, die Beratungen über den Aus schuß, daß alles ist in U e d e r e i n st i m m u n g mit den anderen Parteien erfolgt. Trotzdem haben wir natürlich keine Ursache, uns etwa dessen zu schämen, daß wir die Angelegenheit angeregt haben, im Gegenteil, wir find stolz darauf, daß schon vor 12 Jahren das damalig« Mitglied der nationalliberalen Partei Kellner in seinem un vergessenen Bericht« über Kap. 1« die Frage zuerst angeregt hat, und daß sie seitdem in unseren Reihen nicht wieder zum Einchlummern gekommen ist; und daß mir darauf stolz sein dürfen, hat uns der Herr Finanzminister selbst bezeugt, indem er sagte, daß „aus dem Antraae und seiner weiteren Behandlung eine Füll« sachlicher Anregungen für das Eisenbahn wesen hervorgegangen ist, daß der Antrag Nietham mer also in seiner Behandlung unter allen Umständen reichen und bleibenden Erfolg gehabt hat". Zur Sacke selbst handelt es sich, soweit die Orga nisation selbst in Frage kommt, um drei Punkte, Vie wir vcr allem anstreven. Wir streben ersten» an eine Loslölung der Seneralverwaltuna der Eisenbahn von de« Finanzministerin«, wenigstens von der engen Verbindung, in der sie jetzt steht. Wir wünschen ferner eine Zentralisierung der beiden Oberleitungen, wie sie jetzt dargestellt wird durch die Hl. Abteilung im Finanzministerium und die Generaldirektion der Eisenbahnen, in eine einheitliche Oberleitung. Zum dritten wünschen wir die Beseitigung der Eisenbahn direktion. Wenn ich auf den ersten Punkt übergehe, so ist der HerrFinanz Minister jetzt di e ober sie Spitze der Eisenbahnverwaltung. In seiner Hand ruht die Entwicklung, ruht die Verwal tung selbst, ruhen alle die Maßnahmen, die über die Eisenbahn getroffen werden; es liegt in der Natur der Sache, baß der Herr Finanzminister — das sagt schon sein Titel — diese Frage in erster Linie vom finannellen Standpunkt aus beurteilt. Dieser Mei nung sind auch die Handelskammern gewesen, die am 16. November 1912 hierüber beraten haben und es einmütig bemängeln, daß die E stnbahnverwMung in so intensiver Abhängigkeit vom Finangninister steht. Denselben Standpunkt nimmt auch der Vor stand des Verbandes Sächsischer Indu strieller ein. der sich dieserbalb am 18. Mai 1912 mit ein«r Eingabe an die Ständekammer gewen det hat. Wenn man dem nun entgegenhalten möchte, daß das ein Laienstandpunkt ist. der bei den Fachleuten nickt standhält, so erlaube ich mir auf eine Kapazität ersten Ranges zu verweisen, auf das Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses Macco, der dar über im Dezemberheft 1910 der Zeitschrift „Technik und Wirtschaft" folgendes sagt: „In der Abhängigkeit von den allgemeinen Finanzen liegt ein schweres Hemmnis, das in der Regel überwunden wird, wenn es zu spät ist." Er lagt ferner: „Daß sich in Preußen das Bestreben möglichst hohe Einnahmen zur Bestreitung allgemeiner Staatsausaaben aus den Eisenbahnen zu er'-elen, als wichtigste Aufgabe hinzugesellt hat, muß als eine Verirrung bezeichnet werden, die unnatürliche Verhältnisse schafft, aus denen sehr schwer wieder herauszukommen ist." Und schließlich sagt er: „Uebcrblickt man den Lauf der Entwicklung der preußischen Staatsbahn, wie er sich in unseren Aus führungen darstellt, so muß ohne die Tüchtigkeit und die oeroorragenden Leistungen der preußischen Eisenbahnbeamten in Zweifel zu ziehen, zugegeben werden, daß die heutige Ordnung der Eisenbahn zu der allgemeinen Finanzoerwaltung unmöglich auf die Dauer bestehen kann. Ordnung wird nur dann möglich sein, wenn der Eiscnbahnverwaltung eine größere Selbständigkeit und Unabhängigkeit von der Finanzverwaltung gegeben wird, penn ihr größere Mittel gegeben werden, um ihren eigenen Bedürfnissen jederzeit nachkommen zu können . . . . Geschieht dies und wird der Geist der Verwaltung weniger bureaukratisch, mehr ge christlich und wirt schaftlich. so liegt nach unserer festen Ueberzeugung in dem Betriebe der preußischen Staatsbahn noch eine Quelle reicher Erträge, di« dem wirtschaftlichen Leben und der Finanzverwaltung Segen bringen können." In ähnlicher Weise hat man sich neuerdings im preußischen Abgeordnetenhause zu dieser Frage ge äußert. Wenn nun in Preußen, wo wir ein Verkehrs ministerium neben dem Finanzministerium haben, so bewegliche Klagen von berufenster Seite laut werden, wieviel mehr müssen, diese Klagen in einem Land« wie Sachsen begründet sein, wo wir kein besonderes Ministe rium haben, sondern wo die Eisenbahnverwaltung gewissermaßen eine Dependcnz des Finanz ministeriums ist! Wir nehmen es wahrlich dem Herrn Finanz- minlster nicht übel, wenn er jegliche Frage, die an ihn herantritt, nach ihr«n Beziehungen zu dem Finanzwesen, zu dem Etat betrachtet, rm Gegenteil, das ist sein gutes Recht, ist seine Pflicht. Aber ber der Bahn liegen doch die Dinge ganz anders. Von Haus aus ist die Bahn ausschließlich dazu da, dem Verkehr zu dienen, und wenn die Erwerbskrelse un seres Landes sich auch mit den Jahren daran gewöhnt haben, daß die Bahn mit ihren Ueberschüssen einen wesentlichen Teil unsrer Etatbalaucierung bilden müsse, so wollen wir doch keinesfalls den Uigedanlen, der der Dahn zugrunde liegt, ausgeben. Das wollen wir auch im eigensten Interesse des Staates nicht, der dann in große Lchwicrigleiten geraten würde, wenn dem Verkehre nicht in rechter Weise durch die Bahn mehr gedient würde und die Behandlung der Bahn eine allzu fiskalische wäre. Auch hierüber äußert sich der von mir anaezogen« Macco folgender maßen: „Einer weiteren Entwicklung der Frachten nach unten wird sich die Eisenbahnvcrwaltung auf die Dauer nicht entziehen können." Dem kann ich nur aus vollstem Herzen zustimmen. Es würde verhängnisvoll sein, wenn die Ab hängigkeit der Eisenbahnverwaltung von den Staatsfinanzen dazu führen sollte, daß solchen Zeitforderungen nicht genügend und nicht rechtzeitig entsprochen würde. Man könnte sich die Folgen in unserem industriereichen Lande, zumal in Sachsen, kaum ausdenken, die entstehen würden, wenn die Eiscnbahnverwaltung die Kon.'urre»nfäh'"keit un serer Industrie nicht recht eitig unterstützen würde. Welche Zerstörung wirt chaftlicher Werte schon heute dadurch bewirkt wird, daß auf uiste-en Neben linien so langsam gefahren wird, daß so häu'ig ungünstige Anschlüsse vorliegen, läßt sich zahlenmäßig schwer berechnen. Jedenfalls sind die Opfer, die uns die Regierung jedesmal vorrcchnet, wenn es sich um die Einlegung eines neuen Zuges handelt. Bagatellen gegenüber den Verlusten, die unser erwerbtreibendes Volk durch diese Nachteile erfährt. Die stürmischen Anträge auf Zugverbcsse- rungen, die aus dem ganzen Lande fortgesetzt ein gehen, werden ganz gewiß von der Regierung nicht als nicht existierend, als künstlich hervorgerufen oder über das Ziel hinausschießend betrachtet, sondern werden abgewiesen, weil sich die Regierung verpflich tet glaubt, ausRücksichtenauf dieStaats- finanzen ihnen nicht entsprechen zu können. Daß dabei die Negierung auch zu falschen Schlußfolge rungen kommen kann, haben wir bei Einführung der 1. Wagenklasse an Sonntagen gesehen, gegen die sich di« Regierung jahrelang gesperrt hat und die gerade das gegenteilige Ergebnis dessen ^ge- ,zeitigt hat, was die Regierung annahm. (Sehr richtig!) Der zweite Punkt, gegen den wir uns wenden ist die Teilung der obersten Leitung unse rer Bahn Verwaltung in die HI. Abtei lung de» Finanzministeriums und in dieGeneraldirektion. Em Organismus von so gewaltiger Größe wie unsere Staatsbahn läßt sich nur übersehen und leiten, wenn die leitenden Organe in unmittelbarer Fühlung mit dem praktischen Leben und den täglich sich abspielenden Bedürfnissen dieses Organismus stehen. Es ist deshalb auch gar nicht möglich, daß die jetzige Leitung eine einheitliche ist und daß das Finanzministerium von sich aus allein diese Leitung bewerkstelligen kann. Das Finanz- Ministerium ist bei allen seinen Maßnahmen in hohem Grade angewiesen auf die Auskünfte, die es von der Generaldirektion und seinen Organen erhält. Die Generaldirektion wieder ist in allen wichtigen Teilen nicht die entscheidende Instanz. Die Entscheidung trifft das Ministerium, und damit scheidet auch die Generaldirektion hinsichtlich der Ver antwortung aus. Das ist ein Zu st and, der unter keinen Umstünden im Interesse der Sache liegt. Nur wer die Verantwortung trägt und wer seiner Ueberzeugung dadurch, daß er dafür verantwortlich ist, auch vollen Ausdruck ver schafft, ist imstande, mit fester Hand das, was er für recht hält, in die Tat umzusetzen. (Sehr gut! Sehr richtig!) Bei ver jetzigen Leitung treffen diese Veraussetzungen, wie gesagt, nicht zu, denn beide Organe sind aufeinander angewiesen, beide können nur in ihrer Gemeinschaft als oberste Leitung an gesehen werden, und es wird auch nicht ausbleiben/ daß die beiden Organe manchmal verschiedener Mei nung sind und daß dann Friktionen entstehen. Welche Rolle die Generaldirektion als oberste Instanz der Dahnverwaltung spielt — darüber haben wir schon öfter in diesem Hause gesprochen —, das sehen wir auch in den Beziehungen der Generaldirektion zu diesem hohen Hause selbst. Der schüchterne Anlauf zur Annäherung ist über das Versuchsstadium nicht hinausgekommen, und die Generaldirektion ist für uns heute noch das Veilchen, das im Verborgenen blüht. (Sehr richtig!) Wir müssen annehmen, daß sie dem Finanzministerium gegenüber die Nolle ein nimmt: Sei immer fromm und brav, auch wenn dich niemand sieht! (Sehr richtig!) Das bezieht sich auch auf die Regierungs konferenzen, die mit Rücksicht auf die Bahn fragen von den verschiedenen Bundesstaaten ein berufen werden, bei denen die Generaldirektion, wenn sie überhaupt zugezogen wird, nur informa torische Bedeutung hat. Die Vertretung Sachsens übernimmt das Finanzministerium. Man kann verschiedener Meinung sein, ob wir in Sachsen ein Verkehrsministerium brauchen. Ich habe damals in der ersten Beratung über diesen Antrag darauf hingewiesen, daß ein größerer Teil meiner Fraktion diese Forderung für geboten an sieht. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß dem Verkehrsministerium auch die Straßen und Wasser straßen unterstellt werden würden, und ferner, wie bei uns die Frage der Kanalerrichtung bisher so vollständig unberücksichtigt geblieben ist (Sehr gut!), wie ferner auch die Elbschiffahrt mit ihren ungeheuren Interessen doch noch eines weite ren Ausbaues fähig und würdig ist, und wie ferner, nach meiner Ueberzeugung wenigstens, die Pflege und Handhabung der Straßenbehandlung noch wesentlich verbessert werden kann, dann kann man sich dem zu neigen, daß wir ein Verkehrsmini st erium brauchen. (Sehr richtig!) Die Handelskammern haben sich in dem vorhin erwähnten Beschlüsse in ihrer Majorität dem ange schlossen. Denselben Standpunkt nimmt der Verband FH?snn' rÄ Bolzes l^ür Vsi lodte! ^r-öffnu n g Druckes //srm rs§ a^er-r. W N8'QVl6WI>-k^8KIlLLN Collier L 1>6pln^8trnbe 1. Aeulenrods. Okemnilz. Werkstätten kür gutkürgerlieke WokrnlNgseLnriektnngen. 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