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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.01.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140108020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914010802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914010802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-08
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Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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vonnerstsy. 8. Januar 1914. Leipziger Tageblatt. Serie r. Nr. IS. rweno-nusyavr. man von vornherein gefaßt sein. Ob J->et Pascha, dessen angebliche Prätendentenabsichten, wie schon erwähnt, sehr zweifelhaft sind, in Albanien lediglich einen militärischen Wirkungskreis sucht, und in welcher Absicht dies eintretendenfalls geschieht, läßt sich im Augenblick nicht erkennen. Denkbar ist es, das; Izzet Pascha unter dem neuen Fürsten von Albanien gegen etwaige Versuche griechischer Banden, Süd- aldanien für Griechenland zu behaupten, auf dem Platze sein will. Denkbar ist auch, daß er im türki schen Interesse von Siidalbanien aus einen Druck aus Griechenland ausüben möchte. Was in Wirk lichkeit geschehen wird, bleibt adzuwarten. Die ganze Angelegenheit Izzet Paicha erhält übrigens einen besonders pikanten Beigeschmack dadurch, das; sich nach wie vor das Gerücht erhält, Izzet Pascha sei in Wirklichkeit nur das Werk Essad Pascha». Essad Pascha bat ja allerdings, wie erinnerlich, gleich Inet Pascha erklären lassen, das; ihm jede unberechtigte Einmischung in die albanischen Ange legenheiten sernliege und das; er nur „ein treuer Sohn seines Vaterlandes" sein wolle Wie uns unsere Mitarbeiter drahtlich melden, ist man nicht ganz geneigt, den beschwichtigenden Worten Glauben zu schenken: s. Köln, 8. Januar. Wie aus Konstantinopel der „Köln Zig." gemeldet wird, gilt die Proklamation des früheren türkischen Kriegsministers Izzet Paschas, der in den nächsten Tagen nach Siidalbanien abreisen wird, wo er große Güter besitzt, als das Werk Essad Paschas. In jungtürkischen Kreisen wird die Pro klamation als eine ernste Störung der ö st er» reichisch-italienischen Politik bezeichnet. Wie aus Smyrna nach Konstantinopel gemeldet wird, sind dort in den letzten Tagen zahlreiche Albanier ausgewiesen worden, da sie sich weigerten, die türkische Nationalität zu erwerben. Pari», 8. Januar. Hier pingelaufene Telegramme bestätigen, das; Izzet Pascha sich mit Unterstützung Esiad Paschas zum König von Albanien ausruscn lassen wollte. Indessen ist die Lage in dem neuen Staaten, gebilde recht schwierig. Man verweist darauf, das; der Prinz zu Wied den albanischen Thron nur unter der Bedingung angenommen habe, das; die Grenzfrage geregelt werde, und daß man ihm eine Anleihe gewähre. Die Grenzfrage ist aber immer noch etwas in der Schwebe und die internationale Anleihe ist durch die Zurückhaltung gewisser Machte unmöglich gemacht worden. Wie gesagt, die Rätsel sind noch nicht gelöst. Und wie >o manches andere, das sich dort unten in der letzten Zeit ereignete, wird auch hier wohl die Lösung erst durch ein Machtwort der Großmächte möglich werden. poMiletie Ueberlickl flus -em relchslänöifthen Landtage. In der gestrigen Nachmittagssitzung derZweiten Kammer des elsaß-lothringisck>en Landtages erklärte sich die Negierung zur Beantwortung» der Interpellation betreffend die Vorgänge in Zabern und des Vauarbeiterstreiks in Mülhausen in der kommenden Woche bereit. Unterstaatssekretär Koehler verbreitete sich über den Haushaltsetat und betonte, daß die gegenwärtige Finanzlage schlechter denn je sei in folge der erhöhten Mehrausgaben für 1913 und der Abwanderung de» Kapitals ins Aus land. Anderseits nehme das Reich immer mehr der indirekten Steuern an sich, so daß wohl nur die direkten Steuern eine Besserung der Finanzlage er hoffen ließen. Die Regierung habe daher erwogen, ob nicht die Einschätzung zu dem Wehrbeitrage die Grundlage zu einer Steuerreform bieten sollte. In der Debatte erklärten die Abgeordneten Martz (Ztr.) und Bo eh le lSoz.), daß an der Abwande rung des Kapitals ins Ausland die Maßnahmen des Untcrstaatssckretärs Mandel schuld seien, ebenso der Wchrbeitrag. Deutsches Reich. * Die preußischen Obsrpräsidenten beim Kron prinzenpaar. Am Mittwoch abend waren beim Kronprinzen und der Kronprinzessin sämtliche Ober präsidenten zur Tafel geladen: v. Windhcim, v. Iago-w, v. Waldow, Dr. Schwartzkopff, Dr. v. Günther, v. Hagel, v. Bülow, Dr. v. Wentzel, Prinz von Ratibor, Hengftcnberg und Freiherr v. Rheinbabcn, Oberpräsidialrat Graf v. Rödern- Potsdam als Vertreter des Oberpräfideuten v. Con rad. Ferner waren geladen Fürst zu Eolms-Baruth und Polizeipräsident v. Jagow. * Die Telegramme de» Kronprinzen. Die „Dos- sische Zeitung" schreibt: Wie uns von absolut zuver lässiger Stelle mitgeteilt wird, entsprechen die an- peolichen Kronprinzentelegramme nach Zaber n in der von mehreren Blättern wiedergege- denen Fassung in keiner Weis« dem wahren Wort laut. Als der Kronprinz von den Auslassungen der Presse über seinen Standpunkt in bezug auf Zabern Kenntnis erhielt, äußerte er sich dahin, sein Stand punkt sei allerdings, daß die Osfizierevor In sulten geschützt werden müßten, aber seine Auf fassung sei n i ch t die, daß dies mit ungesetz lichen Mitteln geschehen dürfe. Er sei ge radezu entrüstet darüber, daß man mit Fälschungen rein privater Äußerungen ihm ein Eingreifen in ein schwebendes Verfahren andichte und unterstelle. * Der Fall Jagow. Wie der „Kölnischen Zeitung" aus Berlin gemeldet wird, soll die Aus klärung darüber, wie die Angeleaenheit des Polizei präsidenten v. Jagow ihre Erledigung gefunden hat oder finden wird, erst nach dem Zusammentritt des Landtags erfolgen, wo die Angelegenheit zur Sprache kommen wird. * Begnadigung. Der König von Bayern hat anläßlich seines Geburtstages rn 45 Fällen Be gnadigungen von Strafgefangenen der bayrischen Gefängnisse und Zuchthäuser verfügt. * Dee Herzog von Braunschweig kommt allein nach Berlin Er wird, wie die „Boss. Ztg" gegen über anderslautenden Nachrichten miueilt, bei seinem Antrittsbesuch als regierender Bun des fürst am 16 o. M. von seiner Ge ma h l»n nicht begleitet werden. In seiner Be gleitung wird sich außer dem mil>täri>chen Gefolge Staatsmunster Wolff befinden. Ter Heizog wird am 16. d M. vornnttags 11 Uhr feierlich ongeholt. Die Abreise wird am 18. d. M. abends erfolgen. * Anfrage im Reichstage. Der Abgeordnete Trendel (Zentrums hat an den Reichskanzler eine Anfrage gerichtet, in der es heigt: „Ist es richtig, daß die Einfuhr in Gerste, beiondcrs Futtergerste letzljähriger Ernte, aus dem Zollausland, speziell Rußland, eine lehr große, größere wie in früheren Jahren, war, und daß groge Mengen Gerste al» Futtergerste zu dem Eelstenzollsatz ohne Denaturie rung resp. Kennzeichnung als Mallgerste von den äußeren Zollbehörden im Herbst 1913 abgesertigt worden sind, die aus Grund ihrer besonderen Be schaffenheit als Malzbraugerste vollständig geeignet und als solche zu verzollen waren, weil dre russische Gerste letzter Ernte trocken geerntet wurde und vor zügliche Keimfähigkeit hat? Ist es richtig^ daß Gerste mit starkem Besatz von Flughafer zur Einsuhr ge langte, so daß der Verdacht besteht, daß letzterer zur Herabsetzung des Hettolitergewichts beigesügt worden war? Welche Maßnahmen gesenkt der Herr Reichs kanzler zu treffen, um dieser Umgehung der höheren Verzollung Einhalt zu gebieten, oder von welchem Zeitpunkte an sind eventuelle diesbezügliche Ver fügungen seitens der Reichsregierung an die äußeren Zollbehörden hinausgeaeben worden, und welchen Wortlaut haben diese Verfügungen?" * Die Tagung der Sachverständigenkommission zur Untersuchung der Zustände aus dem Gebiete des Hypothekenkredits. Am nächsten Morttag werden im Rerchsanzt des Innern die Referenten für die Sach- verständigenlommiision zur Prüfung der Zustände im Immobiliarkredit zusammentreten, um sich über die auf der Tagung zu erstattenden Referate m ver ständigen. Mitte vorigen Monats fand im Reichs amt des Innern zur Vorbereitung der Kommissions verhandlungen unter dem Vorsitz des Direktor» Dr. Lewald eine Sitzung statt, an der außer Kom missaren der beteiligten Reichsressorts auch Vertreter der Regierungen der größeren Bundesstaaten sowie Sachverständige aus dem Gebiet der Praxis und der Wissenschaft teilnebmen. Bei dieser Vorbesprechung wurde die Aufstelluna von Referenten beschlossen, die zu Beginn der Kommissionsoerhandlungen auf Grund eines Fragebogens eine Darlegung der tatsächlichen Verhältnisse, der Mißstände und ihrer Ursachen geben werden. Sobald die Referenten ihre Referate fertig gestellt haben, wird die Kommission, zu der noch 14 Mitglieder des Reichstags nach Benehmen mit den betreffenden Fraktionen durch den Reichskanzler berufen werden, zur er <en Sitzung zusammentreten, die voraussichtlich im Laufe des nächsten Monats wird stattfinden können. * Neue Landtagsvorlagen in Preußen. Dem Abgeordnerenhause sind der neue Etat für 1914 und das Wohnungsgesetz zugegangen. Der In, halt des neuen Wohnungsgesetzes ist seitdem Sommer 1913 bekannt. An dem im Landtag vorgelegten Entwurf sind wesentliche Aenderungen nicht vorge nommen worden. Aus die Begründung des Entwurfs werden wir demnächst zurückkommen. — Dem Herrenhause sind außer dem neuen Fidei- kommißgesetz ein Entwurf über Reformen der inneren Landesverwaltung zugeaangen, ferner das Ausgra- bunasgeketz, das in der letzten Session unerledigt ge blieben ist. Der Entwurf ist dem Herrenhause in der alten Form unverändert vorgelegt worden. * Zum Verbot der „Lustigen Blätter" in Württem berg. Das Württembergische Kriegsministerium hat die Beschwerde gegen das für den Bereich des 13. Armeekorps erlassene Verbot der „Lustigen Blätter" abschlägig beschieden. An zuständiger Stelle wird nunmehr zugegeben, daß das Verbot des tommandierenden Generals wegen der „Zaberner Nummer" der Lustigen Blätter ergangen ist. * Notstaudsarbeiten. Die Stadtverordneten in Düsseldorf haben beschlossen, sofort Notstands- ar beiten für Arbeitslose vornehmen zu lassen. Ausland. Oesterreich. * Das Herrenhaus nahm die Anträge der Steuer kommission an. wonach das Herrenhaus an seinen bisherigen Beschlüssen bezüglich der Personal einkommensteuernovelle festhält und die Vorlage einer gemeinsamen Konferenz beider Häuser überweist. * Der Dank an Rumänien. Das „Fremdenblatt" schreibt: „Die klar» Sprach«, mit ter der rumänisch« Ministerpräsident in seiner letzten Kammerrede die Haltung Oesterreich- Ungarns während der letzten Krise in den die Inter essen Rumäniens berührenden Fragen darstellte, wird nun wohl endlich die Legende abgetan haben, als ob die österreichische Monarchie Rumänien nicht voll und tatkrä'tig unterstützt Hütte. Graf Berchtold hat auch Anlaß genommen, Herrn Majorescu durch den Gesandten in Bukarest zu seiner Rede zu be glückwünschen. Der rumänische Ministerpräsi dent ließ durch den Grafen Tzernin dem Grafen Berchtold für seine Glückwünsche danken und drückte dabei die Hof'nunq aus, seine Worte dürften zur Be seitigung d«r Mißverständnisse der letzten Zett bei tragen." Frankreich. * Spionageprozeß gegen einen Deutschen. Dor dem Zuchtpolizetgericht in LuuLville erschien der als Werkführer beim Bahn bau Lun6- ville—Blamont angesteltte deutsche Staatsangehörig« Herrmann unter der Anklage der Spionage, weil in seinem Besitz verschiedene Pläne dieser Bahnstrecke vorgefunden worden waren. Die Bauunternehmer waren als Mitschuldige an geklagt, weil sie Herrmann diese Pläne zur Ver fügung gestellt haben. Nach der unter vollständigem Ausschluß der Oeffentlichkett durchgeführten Ver handlung wurde beschlossen, das Urteil in acht Tagen zu verkünden. Englanü. * Plötzlicher Abbruch der Erholungsreise Lloyd Georges. Wie uns ein Telegramm aus Paris meldet, fand Lloyd George, der die Absicht hatte, einige Tage in Biskra (Algerien) zu verbringen, bei seiner Ankunft in Constantine eine Depeiche vor, die ihn zur unverzüglichen Umkehr veranlaßte. Schweiz. ' Obligatorische Eiusühruua der Feuerbestattung? Wie uns ein eigener Drahtbericht aus Bern mitteilt, hat die Kantonbehörde in Genf als erste europäische Regierung sich für die obligatorische Einführung der Feuerbestattung erklärt. Das Justiz departement hat bereits Schritte zur Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage unternommen. Türkei. * Die Personalveränderungen in der türkischen Armee. Aus Konstantinopel wird berichtet: Unter den Offizieren, die den Abschied erhalten haben, befinden sich die Marschälle Zeki und Ibrahim Pascha, die Generale Ahmed, Hamdi, Münir, Enver, Ismail, Fast!, Fethi, Pavar, Fewei, Schewket, Torghut, Hassan und Tahsin, im ganzen 33 Divisionsgenerale, 46 Brigadegenerale, 12 Obersten im Eenevalstab, 76 andere Obersten. Die betreffen den Jrades sind bereits erschienen. Gleichzeitig sind weiter« Jrades über Ernennungen und Be förderungen erschienen. Der Berliner Bot- plcsrSs Mehrung." 41s Roman von Arthur Babillotte. Nachdruck verboten. Er hatte dies alles mit einem eigenartig beklommenen Herzen niedergeschrieben. Ihm nmr dabei, alS müsse etwas geschehen, n>as ihn aus dem Gleise seines jetzigen Lebens heraus höbe, wenn Germaine seinem Rufe folgte und wieder in seiner Näl-c sich beioegte. Lange hatte er mit sich gekämpft: mag der Säufer da drüben krepieren! Immer wieder aber war das Mit leid mit Germaine größer gewesen, als dieser Haß. Es ging ja um ihr Besitztum, es ging um ihre Zukunft. Sollte sie entgelten, was zwischen den harten Männern Böses stand und wirkte? So schrieb er den Brief, und er kostete ihn viel Mühe und Nachdenken. Es war, als sträub ten sich die Worte in seinem Hirn; und wenn er sie endlich hervorgezerrt hatte, setzte der Widerstand die Feder ein. Es wurde ein langer Briefs der sich aus tausend verborgenen Wststen und Schleichpfaden um das Ziel Herumtrieb und endlich, gleichsam mit Todesverachtung, darauf zusprang, schonungslos, geradeaus und heftig. Da kam der Bauer zum Vorschein. * » * Ein linder Frühlingstag stand über der Seincstadt, als Germaine den Brief empfing. Sie arbeitete jetzt in einem Modengcschäft, lebte billig und bescheiden in einer Mansarde und sammelte Sou zu Sou; mit jedem kleinen Geld stück, das sie in ihre Svarbüchse legen konnte, glaubte sie, sich ein Zipfelchen Freiheit er rungen zu haben. Als sie den Bries gelesen hatte, sank-sic auf einen Stuhl und konnte lange keine Tränen finden. Eine würgende Hand saß ihr am HalS. Ihr war, als flössen Feuerströme durch ihren Leib. Sie erhob sich ganz mechanisch, band ein wollenes Tuch um den Kopf und lief auf die Straße. Nur Menschen, Menschen scheu, sich hmeinMrzorr in diesen riesenhaften, gewaltigen Trubel, der sich in den breiten Straßen von Paris dahinwälzte. Sie lief und lief, gehetzt von einein fürch terlichen Schmerz, dcni sie zu entfliehen trach tete, lief an den großen Schaufenstern vorbei, die eben die ersten Lichter aufslammen ließen, lief kreuz und quer, über Brücken und durch schmale Gassen, in denen das Laster seine trüben Wellen schlug. Erschöpft sank sie endlich in der Nähe des Pont de la Eoncorde und des Deputierten hanses auf einer Bank nieder. Sie meinte, alles Elend der Welt habe sich in ihrem Kopf gesam melt, um ihn auseinander zu sprengen. Sie preßte die Hände gegen die schmerzenden Schläfen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Das brennt so da oben! dachte sie. Sie wußte selbst nicht, warum sie dem Drängen folgte, das hinter ihr herkam; mecha nisch, Schritt für Schritt stieg sic die Stufen hinab, die an das Ufer der Seine führten. Sie wunderte sich ganz mechanisch über die vielen schmalen Reflexe, die von den Lichtern über da? Wasser fiesen. Sic sah, wie ganz hinten, dort, wo der Strom abbog, Lampe nach Lampe ausftammte, und so das Ganze langsam in eine leuchtende Pracht gehüllt wurde. Es war traum haft schön. Emile Caler lebte nicht mehr . . . Drüben lärmte das unruhige Leben von Paris über die Boulevards; Droschken klapperten hinter einander her, Automobile sausten »vie Pfeile durch all die Wirrnis mit einer Sicherheit, als wären sic vernunftbegabte lebendige 2tzesen . . . Emile Caler war gestorben, und sie hatte nichts davon wissen dürfen. Einen Augenblick war es, als wollte ein schmerzhafter Haß gegen Andr; Picard von ihr Besitz ergreifen. Sie hatte sich auf der letzten Stufe nieder gekauert und hörte nun das Wasser dicht an ihren Aüßcn vorbeigurgeln. Hatte es nicht tau- send Stimmen, die loatcn und lockten? Leuch teten in diesem nnergründlickren Element nicht tausend Lichter, und jedes Licht war eine Auf forderung: Komm KU uns, komm KU uns. Bei den Menschen ist's kklt und öde. Komm nur, komm. Endlich wirkte das eintönige, leise Plätschern wie ein Narkotikum auf ihre aufgepeitschten Nerven. Sie sah sich in einer Art wohligen Halbschlafs vor dem Bett des Geliebten; sie hielt seine fieberheißen Hände in den ihren, drückte sie manchmal gegen ihre Stirn, die kalt war wie Marmor. Sie hörte ihn sagen, mit seiner gebrochenen Stimme, in der schon der Tod seine schwermütige Weise fiedelte: „Jetzt bin ich viel schneller wieder gesund, denn ich weiß, daß ich dann nachkommen werde; und dann beginnt ein neues Leben." Ja, war cs nicht töricht von ihr gewesen, die ganze Zeit über zu glauben, er lebe noch? Hätte es sie nicht seltsam dünken müssen, daß sein Zustand sich so lange weder ver besserte noch verschlimmerte? Nein . . . Das Wasser begann zu singen. Unendlich trostlos und trüb. Und alle Lichter, die dar überhuschten, sangen mit. Sie sangen, wie trau rige Menschen singen, es lag eine unendliche Schwermut in diesem Gesang. Emile lebt nicht mehr. Emile lebt nicht mehr. Großer Gott! stöhnte sie plötzlich auf und rang die Hände — sie hatte so weiße Hände, deren schlanke Finger von der emsigen Arbeit > zerstochen waren, — großer Gott! wo ist er jetzt? Kann er mich hier sehen und meinen Jammer hören? Sic reckte das Gesicht dem tief blauen Himmel entgegen, den die Frühlings sterne mit ihrem bleccl-en Schimmer durchwirk ten. Sie lauschte. Ihre ganze Seele lauschte ngch oben. Aber es kam keine Antwort. Da wurde sie ruhiger: es war, als hätte sie aus dem großen Geheimnis, das auch ihr nicht entschleiert wurde, Kraft und Mut ge- scl-opft. Sie erhob sich und stand über dem Wasser, dunkel in ihrer Trauer und doch wie der von einer verheißenden Festigkeit. Alte Ge bete ihrer Kinderzeit fielen wie lindernder Balsam auf ihre blutende Seele. Emile lebte nicht mehr. Sie hatte ihn ge liebt mit der ganzen Stärke einer Leidenschaft, die zum ersten Male an dar Lag trete» schafter General Mahmud Mukhtar Pascha wird In spekteur der 3. Armeeinfpektion und erhielt vom Krieasministerium telegraphisch den Befehl, sofort von Berlin abzureifen und seinen neuen Posten an zutreten. Drigadegeneral Dschavid Pascha wurde zum Inspekteur der vierten, Marschall Osman Pascha zum Inspekteur der ersten und General Zeki zum Inspekteur der zweiten Armeeinspektion ernannt. Ein Brigadegeneral und 30 Obersten wurden zu Di visionskommandeuren, u. a. Oberst Bronsart v. Schellendorf zum Kommandeur der dritten Division, ernannt. In der Liste steht auch General Liman von Sanders als Kommandeur des 1. Korps. Kriegsminister Enver Pascha über nimmt auch die Funktionen des Chefs des General stabes, der stellvertretende Chef des Eeneralstabes wird noch ernannt. Zum zweiten stellvertretenden Chef des Eeneralstabes wurde Oberst Ismail Hakki, ein Schwiegersohn des Sultans und früher Militärattache- in Wien, ernannt. — Das neue Budget des Kriegsministeriums weist gegen das laufende Jahr eine Ersparnis von drei Millionen Pfund auf. Marokko. * Ein Erfolg der französischen Politik. Wie aus Rabat gemeldet wird, wll der Kaid der An- flus, der dem französischen Einfluß im Susgebiet mit großer Entschiedenheit begegnete, seine Unter werfung angeboten haben. Er werde sich dem nächst nach Marrakesch begeben, um sich General Brulard ivr Nerfüaung zu stellen. * Pläne für einen Hafen von Tanger. Einer offiziösen Meldung zufolge wird in Paris eine aus französischen, deutschen .englischen und spanischen Ingenieuren bestehende Kommission zusammen treten, um die von dem Oberingenieur der General- residentschast in Rabat, Parche, ausgearbeiteten Pläne betrefsent den Hafen von Tanger zu prü'en. Die Kommission wird auch über die Vergebung des Baues Beschluß fassen. Sü-afrika. * Zum Eisenbaynerstreik im Minengebiet wird uns aus Pretoria unter dem 7. Januar telegraphiert: Die Bürgerwehr ist nachts zu sammenberufen worden. Vierhundert Schützen und die berittene Polizei werden die Eisenbahn station von Mitternacht an bewachen. Der Se kretär des Eisenbahnarbeiterverbandes besuchte nach mittags verschiedene Mitglieder des Gewerkschafts verbandes, die versprachen, um der gewerkschaftlichen Sache willen nichts anzurühren, was nach 7 Uhr morgens durch die Eisenbahnzüge nach den Minen be fördert würde, weder Kohlen noch Nahrungsmittel. — Nach einer Reuter-Meldung aus Johannes burg hat die Eisenbahnverwaltung be schlossen, im Falle eines Streiks einen beschränkten Bahnoerkehr aufrechtzuerhalten. Die Banken haben das für den Export bestimmte ungemünzte Gold heute per Bahn abgeschickt anstatt morgen. Der Streik ist jetzt auf morgen früh 7 Uhr festgesetzt. — Nach Nachrichten, die die Führer der Eisenbahner erhalten haben, werden sowohl die Angestellten der verschiedenen Eisenbahnwerkstätten als auch das Fcrhrdienstpersonal in den Streik treten. Die drei hundert Etsenbahnangestellten aller Grade in Vraamfontei» haben sich für den sofortigen Streik entschieden. — In Kimberley ergab eine Abstimmung der organisierten und der Nicht organisierten Arbeiter 58 Stimmen gegen und 41 für r«n Streik. — In Kapstadt hat eine Massenversammlung von Eisenbahn-An gestellten und Hafenarbeitern beschlossen, über die Frage eines Streiks noch nicht abzustimmen, sondern die Lage erst in einer neuen Versammlung zu be sprechen. Die allgemeine Stimmung war gegen den Streik. — Das Loko motivpersonal hat ein stimmig eine Resolution angenommen, sich an keiner die öffentliche Wohlfahrt schädigenden Be wegung zu beteiligen. — Die Arbeiter der Eisen bahnwerkstätten in Durban haben beschlossen, auf ein gegebenes Signal hin sofort mit dem Streik zu beginnen. — Die Eisenbahnangestellten in East-London haben sich in einer Versamm lung gegen die Ergreifung von Gegenmaßnahmen vor einer allgemeinen Abstimmung entschieden. Mexiko. * Kein Rücktritt des englischen Botschafters. Das Neutersche Bureau erfährt von maßgebender Stelle, daß, „was auch immer für Versetzungen sein mögen", keinesfalls die Absicht bestehe, daß der englische Botschafter Carden in nächster Zeit seinen Posten in Mexiko verlasse. SvimyvareviiLus Spesiküität: Vl'ttrinv . — Ivl. N189. X22» durfte; sie hatte ihn geliebt, tveil er anders war als alle Männer, die sie kannte: weicher, gütiger, zarter. Sie hatten sich Treue ge schworen. Und . . . Ja, dann hatte sich ein breiter Landstreifen zwischen sie gelegt. Das Leben hatte sein Recht gefordert, neue Aus blicke hatten sich eröffnet, neue Forderungen waren vor sie hingetreten, Schicht um Schicht hatte sich zwischen sie und den Geliebten ge schoben . . . Vielleicht, dachte sie jetzt, ja, viel leicht wären wir uns fremd geworden, wenn nicht Brief nach Brief hinüber und herüber geflattert wäre . . . Dann verabscheute sie sich^ Nein! Wenn ich untreu gewesen wäre, er hätte das nie gekonnt . . . Der gute Junge ... Da war das Mütterliche, das Beschützende wieder, das fick ihrer Liebe bcigemischt hatte. Armer guter Junge. Im ungewissen Schein einer Laterne, die ihren Arm gerade über ihr ausstreckte, las sie noch einmal den langen unbeholfenen Bries Pi cards. Jetzt erst kam es ihr zum Bewußtsein, ivas AndrS Picard für sie getan hatte. Der gute Mensch! dachte sie; cs war fast wie ein Gebet. Alles erlebte sie in rascher Aufeinander folge noch einmal: Jenen Tag, da er sich ihr genähert hatte, berauscht von dem starken fran zösischen Wein, um sic in, seine Arme zu ziehen; seine Bereitwilligkeit, mit der er Emile Caler ausgenommen; seinen Kampf gegen Grandidier, ihren Vater, den er für sie erkämpft hatte . . . Unwillkürlich sprach sic seinen Namen zweimal ganz laut vor sich hin: Andrs Picard, AndrS Picard. Die großen Glocken von Ste. Clotilde schlu gen die siebente Abendstunde. Jetzt muß ich gehen, dachte Germaine, indem sie langsam emporstieg. Sie wußte, daß eine Freundin jie zu Hause erwartete. „Du, denke dir," sagte sie zur Begrüßung, nachdem sie die steile Treppe zu ihrer Mansarde müde, mit schleppenden Schritten Yinaufgcstiegen war, „ich werde wahrscheinlich bald Paris ver lassen . . ." (Fortsetzung irr der MorgenausgabaI r Ruh E fort» A daß 1 wert notw wohl 11. ' Sta „Gar ver Vie r An st Gl Ste selbst Stein des H tag sc mei Ar mand meiste Di meiste jenen meriei treten rend immei Eil Gen > wohl zier, lung beding gesehe waren Ge Befra, fertig Lei Kenda könnel beste Ha andere gesesse, gehört da seic Ha> Zaberi wenn griff auf ih Ma habe a halten. * Di« hygien« schreibt Artikel; nierunc ist, hab tanals Eelbfie 1906 so! Die St pro Mi nahmen der Bei gaben, nur bur Verwen scheint j nahm« Betrachi gerechtfc Kolonie freiwirt! tompenf der afri der Bot Versorg! 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