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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140110018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-10
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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Morgen-Ausgabe »ür Leipzig und Vorort« »urch unsere «egg« VkAllAvp» klsL. «otz SpeSUeur« ImaiiSgUch in» haue gedräch»; »«»atttch 1.15 M.» »iertelsLhrUch Z.75 M. Sei »er SeschästefteU«, unser» Itll» le« »a- siuegadesteUea abgehalt: monatlich 1M., vierteljährlich 5 M. Vnrch öl« Post: iauerhald Deutschland» uab 0«r Srutschen stolaaieu mauatUch 1.50 M., vierteljährlich 4.5S M.. ouoschliehlich pastdestellgelö. vae Leipziger Lagedlatt erscheint werktags »mal, Sona» u. Zetertag» »mal. 2» Leipzig, den Nachbarorte» und den chrten mit eigenen Zilialen wird üt, sideaüouegade noch am stdenü Seo Erscheinen» in» hau» geliefert. Serliaer NeSaktiour 2a üea Zeiten 17, Zeraspr«ch»sluschlug: Moadit Ur.447. ArntsblcM des Aktes und des potizeuuntes derStndtLewzrg ««»aktioa und SeschSst.steUe: )»haaat»gaff, Ur.«. o Zerusprech./iaschlu- Ur. 14041, 14»,3 uab !4»44. ISS. Jahrgang slnzelgrnprels.: L »an auswärt» 5» Pf., «»«amen 1.10 M., Zamlllen. u.N«ta» Mnzeige» bi» Petit,eil, aurl«Pf.,Inserat, von Sehiroea im amtlichenLeil »i, petitzeil« 5» Pf. S»schaf«»an,eigen mit plahvorschritt >m Preis» erhöht, «obatt aach Larif. SeilagegedUhr: Sesamtausl. 5 M. da» raufend auaschl. Postgebühr, stazeigea-staaohm»: Zohanniogaffe», bet sämtlichen Ztltalen de» Leipzig« ragedlatte» uab allen staaoacea-Expeditiouen de» Ja- aad stu»lo»-e». SeschdftssteU« für Vertin «. dt, pr. SranS «ndurg: VireMonwalt« Ztiegel. Sertia w. 1», Margarethenstrahr ». jerasprech-stnschluA: Lüh»« «471. Nr. 16 Sonnsdenü, üen lv. Innusr. 1914 Vas Wichtigste. * Heute findet die Bcrufungsverhand- lung gegen den Leutnant von Forstner in Straßburg statt. (S. Dtschs. Reich.) *Venizelos hatte ain Freitag in Rom eine Besprechung nut Marquis di San Giuliano. (T. Ausl.) G ... * Hassan Pascha, ein vornehmer Al banese, widerspricht allen Gerüchten von Umtrieben gegen den P r i n z e n 5 u W i e d in Durazzo. (S. Ausl.) * Nach Meldungen a.*S Südafrika bc- steht nicht der geringste Grund für die An nahme, daß der E i s c n b a h n c r st r e l r auch auf die Kapkolonic übergreifen wird. (S. Ausl.) ' * In Soldau haben die Eheleute Bau meister Braß ihre fünf Kinder ermor det und dann in Gemeinschaft mit der Schwester des Ehemannes Selbstmord verübt. (S. Nachr. v. Tage.) Italien und seine Nachbarn. 8. Rom, 5. Januar. Die letzten großen Balkanereignifse haben die Stellung Italiens unter den Mächten und beson ders gegenüber fernen Nachbarn radikal ver ändert. Sein Prestige ist, wer wollte es leugnen, rm Rahmen des Dreibundes und damit auch in sei nem Verhältnis zu dem Dreiverband erheblich gestiegen. Mit großer Genugtuung konstatiert man rn Italien die Werivermehrung des Reiches. Diesem Aktivposten steht aber auch ein böser Passivposten gegenüber. Er findet seine Buchung unter dem Titel „Feinde ringsum!" Im Volke hören wir cs allgemein und die Organe der öffentlichen Meinung wiederholen es mit we nigen Ausnahmen, oaß Italien keine Freunde in der Nachbarschaft besäße und daß la Germania der einzige wahre und absolut zuverlässige Freund oex bella Italia in oer ganzen Welt wäre (seitdem die Vereinigten Staaten von Amerika Gesetze gegen die Einwanderung ita lienischer Analphabeten vorbcreitcn, gehören sie ebenfalls nicht mehr zu den Freunden Italiens.) Prüfen wir einmal die Frage, ob unser Bundes genosse im Süden über eine Feindschaft rings um zu klagen Ursache hat und damit in eine ähnl'che Lage geraten ist, wie sie für Deutschland mehr oder weniger charakteristisch war und zum Teil noch ist. Was zunächst das Verhältnis zwischen Ita lien und der Schweiz anlangt, so wird cs am besten durch die neuerlichen starken Befestigungen des Gotthardgebietcs gekennzeichnet, über die man in Italien um so mehr erstaunt ist, als man hier für viele Jahrzehnte hinaus sich an Mittclmeerfragcn sonder Zahl halten must und an die Eroberung des Schweizer Hochgebirges doch erst Herangehen könnte, wenn all die übri gen Feinde ringsum nicdergcstreckt wären. Die Italiener mögen ja manche Tugenden und — Untugenden von ihren Vorfahren geerbt haben, aber ein neues römisches Weltreich zu gründen dürfte ihnen in diesem und im kommenden Sä- kulum schwerfallen. Ach, wenn die biederen Schweizer all die Sorgen und Nöte der jungen Italia kennen würden, so hätten sie die für die neuen Forts bestimmten Goldfüchse sicherlich auf die hohe Kante gelegt. Wirklich groß aber ist die Gefahr einer friedlichen Invasion in die Schweiz. Gibt es doch dort taum noch eine Gemeinde, die nicht ihre italienische Kolonie besäße. Am Boden- see, am Genfer See, im Baseler Land, allüberall hört man italienische Laute, und in den größeren Zentren gibt cs ganze Quartiere, in denen ita lienische Arbeiter und Gewerbetreibende, die Vor hut für weitere Nachschübe bilden, die kommen müssen, je mehr die einheimischen Elemente im Wachstum nachlassen. Aehnlich liegen die Verhältnisse zwischen Frankreich und Italien. Das volksarme Gallien läßt sich den Zuzug aus Italien sehr wohl gefallen, schafft aber mir seiner Mittelmeer politik immer neue und immer gefährlicher wer dende ReibuugSflächen. Es liegt keine Logik in Frankreichs Verhalten, das Italien mit dem einen Arm aufnnnmt, mit dem andern zurna- stößt, indem cS ihm die Ausbreitung an den noch nicht kolonisierten Mittelmeergestadeu in kurzsichtiger Weise zu unterbinden sucht. Trotz allen offiziösen und offiziellen Bcschwicbtigungs-- versuchen diesseits und jenseits der Alpen, die die beiden lateinischen Schwestcrnationen tren nen, hat sich in Italien die Meinung allgemein gefestigt, daß es in Frankreich den 'Hauptfeind zu erblicken hat. ES würde zu weit sichren, wollte man auch nur eine kleine Blütenlese aus einer französisch-italienischen Zeitungspolcmik von einem eiryigcn Tage zusammcnstcllcn. Das geht nun jetzt schon ein Jahr lang so weiter, und, wenn man die Gehässigkeit des Tones namentlich in der Pariser Presse beachtet, so muß man fürchten, eS könnte das leicht erregbare Tempera ment des einen oder deS anderen Teiles zu ver hängnisvollen Konftitten der beiden Vö.ker füh ren. Frankreichs Botschafter beim Quirinal, Herr Barrsre,,hat auch diesmal wieder eine schöne NeujahrSrcde sich zurechlgclegt und allerlei von Interessengemeinschaften, die nicht veralten, von Friede und Freundschaft gebrochen. In Italien wurde er von den meisten Wortführern der öffentlichen Meinung ausgelacht, und in Frankreich sagte man, besser wäre es gewesen, seine Rede hatte der italienische Botschafter in Paris, Herr Tittoni, gehalten. Der hatte einige Wochen zuvor versichert, in dem Verhält nis Italiens zu den beiden anderen Dreibund mächten wäre keine Aendernng emgetrettn, die Allianz Hütte nach wie vor keinen offensiven Eharakter erhalten, eine Versicherung, die in Frankreich nicht allgemein befriedigt hatte. Dort traut man Italien zu, daß es beuu ersten Ka nonenschuß an der deutsch-französischen Grenze aktiv in den Konflikt eingreifen würde. Und in Italien hat mau berechtigte Ursache zu glau ben, daß Frankreich den Reigen der Feinde Ita liens führt. Das Verhältnis zwischen Italien und Griechenland wäre siä-erlich nach Auf fassung der hiesigen Z^reise weniger zugespitzt, wenn Frankreich den Griechen nicht den Naclen gestreift Hütte. Da die Meere ja kein Treu-- nungs-, sondern ein Bindemittel bilden, so l-aben sich heute die beiden klassischen Reiche des Altertums abermals genähert, allerdings vorderhand nicht als Freunde. Ob sic in naher oder entfernter Zukunft besser miteinander har monieren werden, darf fraglich erscheinen. Denn die Interessengegensätze haben sich im östlichen Mittelmeerbecken zusehends verschärft. Es hat in Italien vorzüglichen Eindruck gemacht, daß seine beiden Bundesgenossen seine Forderungen wegen der Abgrenzung von Südalbanien und wegen des Dodekanes rückhaltlos gegenüber dem Dreiverband und Griechenland unterstützt lmben. Noch günstiger wurde dieser Eindruck, als Deutschland und Oesterreich ent schlossen an Italiens Seite blieben bei der Ant wort auf Sir Edward Greys Vorschlag, die Aegäische Jnselfrage mit der Räumung Alba niens durch die Griechen zu verquicken. Italien hält daran fest, daß über das Schicksal der Acgäischen Inseln ausschließlich der international anerkannte Fricdensvertrag von- Lausanne zu bestimmen habe und nicht der Wunsch der Grie chen, den ihnen, wie hier allgemein angenommen wird, niemand anders als der böse Nachbar, der Franzose, suggeriert hat. Nun verlangt aber Italien auch eine Entschädigung von der Türkei für die bisherige Unterhaltung der be setzten Inseln, denn innerhalb von anderthalb Jahren hat Italien dort eine achtbare wirt schaftliche Mission erfüllt, die ein schönes Stück Geld gekostet hat. Wird die Türkei zahlen? Die Frage hat nebensächliche Bedeutung. Denn aus das Geld kommt es Italien weniger an als auf eine Schadloshaltung durch Einräumung von Interessensphären in Kleinasien. MU dem Gebiet von Adalia hat inan einen vielversprechen den Anfang gemacht. Dieses grenzt hart an die französische Interessensphäre. Wo sich auch Jungitalicn dehnt und reckt, überall stößt es auf französische Widerstände, und so reiht sich eine Reibungsfläche an die andere. In seiner letzten großen Rede im Dezember sagte der italienische Außenminister Marquis di San Giuliano, daß Italien mit seiner bis herigen unterwürfigen Politik Schluß gemacht habe. Die Worte galten den Feinduachbarn und verhießen ihnen ein ganz neues Programm. Man wird auch in England aufgchorcht haben. Die Pflege der Freundschaft mit Eng land gehörte seit den sechziger Jahren des ver gangenen Jahrhunderts, wo England mehr als einmal zugunsten des um seine Einigung rin genden Italiens eingeschritten war, zur Tradi tion der italienischen Regierungen. Jetzt aber beginnt man England mit anderem Gesichte zu betrachten. Noch hat es keine fcindlickze Miene aufgesetzt. Aber von Wohlwollen für Italien fließt John Bull nicht über. Niemals trat das deutlicher in die Erscheinung als jetzt, wo der obenerwähnte Vorschlag Sir Edward Greys bekannt wurde. Mcm zeigt sich hier sichtlich verschnupft und hätte von England mehr er wartet. Die Einsichtigen aber sagen sich mit Recht, daß England wenig Ursache zu Freuden sprüngen hat, wenn cs sicht, wie ihm ein Mit glied des Dreibundes auch im östlichen Mittel- mcerbccken ins Gehege kommt. Auch die Freundschaft mit Nußlarrd hat im Verlauf der Balkamvirren eine erheblich Abkühlung erfahren. Die slawische Gefahr be trachtet man heute in Italien mit ganz anderen Augen als vor dem Ballankrieg, und der Wunsch wiro immer allgemeiner, daß das dcutsckze Oester reich als Vormacht gegen die Slawenwclt recht lebensfähig sich erweisen möge. Zwar traut man im Volke auch Oesterreich noch nickt über den Weg, aber die Regierung und ihre Organe geben sich die erdenklichste Mühe, diesen Feind von gestern in die Arme zu schließen, zumal da Spanien, auf das man nock im Frühjahr große Hoffnungen setzte, sehr den Kreis der Feinde ringsum" vervollständigt hat. Die Polizei in Elsaß-Lothringen. Von einem Freunde unseres Blattes, der mit den elsässischen Verhältnissen vertraut ist. wird uns ge schrieben: Die Vorgänge in Zabern und der Prozeß Reuter halvn die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt, ob bei oen bekannten Vorfällen die Polizei in Zabern ihre Pflicht getan hat, und welche Maßregeln etwa noch Hütten ergriffen werden können. Um dies beurteilen zu können, wird der Leser gern etwas Näheres über die Organisation der Ponzei im Rcichsland erfahren wollen, zumal in den Prozeß berichten mit den Amtsbezeichnungen zuweilen etwas willkürlich umgegangen wurde. Die Gendarmerie ist in Elsaß-Lotbringen, wie wohl in allen Bundesstaaten, eine staatliche Be hörde, die militärisch organisiert ist, aus lauter ehe maligen Soldaten besieht, und deren Zugehörige auch militärische Vorgesetzte der Mannschaften und Unter offiziere des Heeres und oer Flotte sind. In Elsaß- Lothringen ist sie in einer Brigade organistert, mit dem Kommando in Straßburg. Die Gendarmerie brigade untersteht einmal dem Ministerium des Innern, anderseits aber (in disziplinären und Personal-Angelegenheiten) dem Generalkommando des XV. Armeekorps (Kommandeur zurzeit Herr v. Deimling). Außerdem haben aber die Gcndarme den Anordnungen der Justizbehörden Folge zu leisten — und dies ist der wichtigste Teil ihrer Tätigkeit —. so daß die Gendarmerie dreierlei Vorgesetzte hat. Die Bevölkerung hat vor den Gendarmen großen Regelt der Ruf: „Der Schandarm kummt!" macht oft Rauf händeln ein srühzeitges Ende. Die sonstige P 0 l i z e i g e w a l t ist in den Händen der lokalen Behörden; sie beruht auf einem alten französischen Gesetz aus der Revolutionszeit, daß der Präfelt (Vezirkspräsident) über öffentliche Ord nung, Sicherheit und Wohlfahrt zu wachen habe. Alle Polizeivorschriften sind formal Verfügungen des Bc- zirksprasidenten oder Ausführungsbestimmungen dazu. Tatsächlich ist heute die Polizeigewalt des Be zirk s p r ä s i d e n t e n nur noch eine Fiktion. Die wichtigen allgemeinen Verfügungen werden vom Ministerium verfaßt , und zwar einheitlich für das ganze Land —. dann an die drei Vezirkspräjidenten verschickt mit dein Befehl, dieie Verfügung für seinen Bezirk zu erlassen; dieser setzt dann einfach seinen Namen darunter. Nötig ist diese Formalität deshalb, weil nach dem Gesetz nur der Bezirlsprasident und nicht das ihm vorgesetzte Ministerium polizeiliche Verfügungen er lassen kann. Wie wenig sich der Bezirkspräsident für die Vorgänge in seinem Bezirke verantwortlich fühlt, dafür ist charakteristisch, daß während der Zaberner Vorgänge er sich nicht ein einziges Mal an Ort und Stelle begeben hat und sein Name nirgends in der Presse irgendwo erwähnt wurde. — Das soll übrigens lein Vorwurf gegen diesen als pflichttreu bekannten Beamten sein. Jeder Bezirk in Eisaß-Lothringen zerfällt in etwa ein halbes Dutzend Kreise, an deren Spitze je ein K reisdirektor steht; dies ist der wichtigste Verwaltungsbeamte und Träger der Polizeigewalt in seinem Kreise. Unterstützt und ver treten wird er von einem Assessor, d. i. einem jüngeren Juristen und Kretcdirektor in spe, der neuerdings nach seiner etatsmäßigen Anstellung den Titel eines „Re- gicrungsamtmanns" erhält. Zur Ausübung der Polizei sind dem Kreisdirektor Polizeikommissare unterstellt, das sind ältere, im Polizcidienst erfahrene Subalternbeamte; sie müssen große Lokal- und Personenkenntnisse be sitzen und auch mit der Stimmung im Lande genau bekannt sein. Dor einigen Jahren wurde ihre Zahl vedcutend verringert; es war dies eine Konzession an die Volksvertretung, die in ihnen ein Mittel ,^ur Ausspitzelung der Bevölkerung" sah. Eine besondere Spezis ist der Kreiskommissar, der eine etwas ge- hobcne Stellung hat und in manchen Sachen den Kreisdirektor vertreten kann. Die Polizeikommissare sind gleichzeitig Untergebene der Iustitzbchörden (Staatsanwaltschaft und Gerichte). In seiner Gemeinde übt der Bürgermeister die Polizeigewalt aus; dabei ist er dem Kreisdirektor und in kleinen Gemeinden dem Polizeikommissar unterstellt. In den Mittelstädten (z. B. Colmar) ist iungekehrt dem Bürgermeister ein Polizeikommissar unterstellt. In Straßburg und Mülhausen ist die Exekurivpolizei dem Bürgermeister adgenmnmen und einem Polizeidirektor (bzw. Polizeipräydenten) über, tragen; trotzdem ist auch dort der Bürgermeister Polizeibeamter. Die Rechtsverhältnisse sind nicht ganz einfach, wie man aus dem Umstand ersieht, daß in Mülhausen der Kreisdirektor gleichzeitig Polizeipräsident ist. Ausgeführt werden die Polizelverfügungcn in letzter Linie von der Schutzmannschaft. Hier ist nun streng zu unterscheiden zwischen den eigent lichen Schutzleuten und den Polizeidienern, die durch Verfügung des Kreisdirektors die Uniform eines Schutzmanns zu tragen haben. Die eigentliche Schutzmannschaft, wie sie in den größeren Städten besteht, ist ein wohl organisierter Beamtenkörper, der sich aus Militär anwärtern -ufammenfetzt. Wenn in der Schutzmann schaft auch vieles bester sein könnte, so besteht sie doch aus zuverlässigen, mit ihrer Dienstvorschrift wohl vertrauten (Ausnahmen gibt es hier wie überall!) und besonders ausgebildeten Beamten. Die Bevölkerung sieht den Schutzmann gern, wenn irgendwo Schutz nötig ist, und er rechtzeitig zur Stelle kommt, weniger gern, wenn er das Aus schütteln von Staubtüchern aus den Fenstern ver bietet oder wegen nächtlichen Radfahrens ohne Laterne „protokolliert"! Also alles wie in anderen Gegenden Deutschlands. Eine ganz andere Sorte von Menschen sind die Poli^cidiener in den kleinen Städten, die auch die Schutzmannsuniform tragen, weil es der Herr Kreisdirektor so besohlen hat. aber dadurch keine brauchbaren Polizcibeamten geworden sind. Sie werden meistens von den Bürgermeistern der umliegenden Landgemeinden zu diesen Stellungen „empfohlen", oft, weil sie froh sind, diese Leute au», ihrer Gemeinde weg zu lfaben. Die Bevölkerung be handelt sie dementsprechend; es gibt ganz bestimmte, hier nicht wiederzugebende Schimpfworts für diese Erckutivbeamten, die mit Vorliebe von älreren Matronen gegen die Polizeidiener geschleudert wer den und zu zahllosen Prozessen wegen Beamten beleidigung führen. Bei Volksaufläufen die Polizei diener mobil zu machen, wäre eine ganz verfehlte Idee; schon bei größeren Raufhändeln pflegen sie schlecht abzuschneiden, wenn sie sich überhaupt ein mischen, was sie — nach Ansicht der Bevölkerung — lieber vermeiden. Hier wäre viel zu verbessern; aber um bessere Leute für die kleinstädtische Polizej zu bekommen, müßte man eben mehr Geld ausgeben! Das geht eben nicht anders. Hat die Zivilverwaltting die Ansicht bekommen, daß die verfügbaren Kräfte der Polizei und Gendarmerie nicbl ausreichen, um die öffentliche Ord nung aufrcchtzuerhalten, so kann sie Militär requi rieren. Das Militär muß diesem Ersuchen ent sprechen; vom Augenblick an. in dem das Militär dann eingreift, geht die Polizeigewalt auf deu Truppensuhrer über. Deshalb vermeidet die Zivil verwaltung diesen schritt, wenn irgend möglich, und dem Militär sind derartige Nebenbejckjäftigunaen auch nicht besonders sympathisch. Es kommt aber solch ein Eingreifen doch zuweilen vor, auch bei ganz un politischen Vorgängen. Eine solche Geschichte möchte ich den Lesern des Leipziger Tageblattes noch er zählen, sie wirft auch ein Schlaglicht auf Len Volks charakter im Unter-Elsaß. Südlich von Straßburg, dicht am Rande der äußersten Fortifikationslinie der großen Festung, liegt ein DorfGeispolsheim, heute schon ziemlich industriali siert, damals — vor etwa 10 Jahren — ein richtiges Bauerndorf. Zwischen dem guten Ackerland liegen zerstreut größere Reste des alten Rheinwaldcs, der einst die ganze Ebene erfüllte; darum wimmelt auch die Gemarkung von Hasen, Fasanen und Rebhühnern, und die Bauernburschcn verstehen sich aufs Wildern noch bester als aufs Trinken. Das ärgerte natürlich die Jäger, die ihre Jagd für teures Geld von der Gemeinde ersteigert hatten, und noch mehr den Jagd hüter, der lieber gemütlich seinen Kaffee getrunken hätte, statt Tag und Nacht den Wilderern nachzu spüren. So geschah es denn eines Tages, daß der Iagdhütcr zwei wildernde Bauernburschen crjcheß, und zwar gleich zwei von den reichsten. D!e Bauern wollten ihn nun lynchen, und erst recht den. Bann wart (Flurhüter), der die Wilderer dem Iagdhütcr verrate« hatte. Das verhinderte aber der Amts richter, der den Iagdhütcr verhaftete, und auch -en Bannwart in Schutzhaft nahm. Von Straßburg kamen Untersuchungsrichter und Staatsanwalt; die Geis polsheimer rotteten sich aber vor dem Amtsgcbäude zusammen und belagerten es; sie verlangten die Aus lieferung von Iagdhüter und Bannwart, um ihnen den Kragen hernmzudrehcn; sie hätten aber auch ganz gerne den Gerichtspcrsoncn das Fell verklopft, gewissermaßen als Abschlagszahlung. Die'e Gerikbts- personen wollten das aber lieber vermeiden. Güt liches Zureden nützte nichts; die Menge johlte und nahm eine immer mehr drohende Haltung an. Da telephonierten nun die „Belagerten" nach Straßburg um Schutz; denn den Televhondrabt abzuschneiden, daran hatten die „Rebellen" noch nicht gedacht. So kam denn ein Leutnant mit einem Zug Infanteristen herbeimarschiert, ließ Seitengewehr auspflanzen und laden. Verlesung der Aufruhrakte, erster Trommel wirbel — zweiter . dritter „Legt an!" — Erschrecken Sie nicht! Gut is gangen nix is ge scheh»! Es war schon lang kein Geispolsheimer mehr auf der Straße! Das Gericht zog ab und nahm die Gefangenen mit. So hat damals das Schwert des Soldaten die Justitia beschirmt; in Zabern ist die Sache etwas anders gewesen. poliMetie Uebeilietit Zum Sefuch -es Zürsten von Neuß j. L. in Dresden. Wie wir bereits in der gestrigen Abendnummer berichteten, besichtigte am Freitagmiltag der König mit dem Fürsten Neuß das 2. Jägerbataillon Nr. 13, zu dessen Chef der Fürst gestern ernannt worden ist. Bei der Besichtigung hielt der König folgende Ansprache: Bei Eurer Durchlaucht Besuch in Dresden habe ich gestern Gelegenheit genommen. Eure Durch laucht zu bitten, die Stelle als Ehef des 2. I ä g e r b a t a i l l 0 n s Nr 13 zu übernehmen. Indem ich Eurer Durchlaucht hiermit das Ba taillon übergebe, hoffe ich, daß es Ihnen mit derselben Treue und Anhänglichkeit wie einst Ihrem hoch seligen Herrn Vater zugetan sein wird. Ich bin gewiß, daß das Bataillon der alten Tradition getreu sich dieser Auszeichnung würdig erweisen wird und freudig mit mir einstimmt in den Rui: Der regierende Fürst Heinrich XXVII. von Neuß. Ehef des 2. JägerbataiUons Nr. 13, Hurra! Der Für st von Reuß erwiderte: Eure Majestät wollen meinen tiefgefühlten herzlichsten Dank entgegennehmen für die große Gnade, mich zum Chef des schönen Bataillons zu ernennen und ganz besonders dafür, daß Eure Majestät mir das Bataillon Allerhöchstjelbst über geben haben. Das wird für mich für alle Zeiten eine große herrliche Erinnerung sein. Es ist mir eine große Ehre. Chef von diesem in Krieg und Frieden treubewährten Bataillon zu sein, das bisher stets die Zufriedenheit seines Königlichen Herrn gefunden hat und dem mein verewigter Vater als Chef lange Jahre aufrichtig nahe stand. Ich faste unsere Gefühle der Treue und Ergeben heit rür unseren allgeliebtcn König zusammen in die 'Worte: Seine Majestät der König Hurra!
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