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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110815010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911081501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911081501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-15
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Dezugs-Preit Moraen-Ausaabe. Traaer »«» 6»«dtt«»u, 2««l ti«lich in, ya»» ««bracht:» Vt. »anatl^ r.?«- Ml. vietteljShrl. V«t a»I«r» kstltat« ». »n» natzmrstelle» adaebou: 78 P>. 2.» «k. »tttteliichrl. »>rch »t« ».»: >«i«rhakb Leutlchland» nnd d«r de»tlche» Kolonie» »tetteljohrl. ».«> Ml.. »»«att. l.roMk. a»»schl Pokbeftellaeld Ke««» in Belgien, ^önemart, de» Dona»ftaa«e«. Aralien. Luremburg, Nievrriand«. ?!-r. iregen, Lenerieich« Ungar» Ruhlanb Schweden. Schwei» a Spanien. In allen adrigen Staaten nur direkt durch dt« S«Ichäst»lt«ile de» Blatte» «rhältltch. Da» Leioiiger Tageblatt erlchernt r»«U iijglich. Sonn- n. Feiettag» >»r morgen». iLbonnem«nt»»Lnnabm» I»ban»i»«aft« S. dei unseren Trägern. Filialen. Svebttenr«« un» AanalMebellea. iomt« Palrämter» »nd vrieftrögern. Nipügl'r TaiMali ,.i.-rnich> Handelszeitung. E-l.-Änschi. Amtsblatt -es Rates und -es Rokizeiamtes -er Lta-t Leipzig. »io klpolng« V««tb»«tü LP1-bi«?ieÜaur»» »eU» i Sll.'»— meem^rt» » Reklamen llL» »w ImteeM» «an BehSrden im am«. >» der Ll>e»da»»s«d« n» Preis« erhöh« Radatt nach larii. Bella,«««düdr Teiamt- anslaa« !> Mk. p. Tausend «rkl. Postgeduhr. leilbeilag« Häher. Zeitertetlt« Lniträa« könne« nicht znrilck. »el»,»n »eeba«. Kür ba» lkrichelnen an »«Nimotten I«,«« «nb Plätze« wirb kein« Garantie übern.mmen. La»ei,rn-Annahme: Iohanni.gals« ä, dei iämtliche« Filialen u. allen Annoncen. Sloeditionen de» In- ano Aurlande». Drmk »»» »««1«, »»» Fischer ch Kürfte» Inhaber: Pani ZtLestr«. Me»«M«» «rd «Leschäst.ftelle: Iohanniegasse b. Filiale Dee,»«,: keeürage < I (Teleph.a U2D. Nr. 225. Viensw«, üen 15. Suguli lSIl. ISS. Zshryang. Die vorliegende Aufgabe umfaßt 16 «eiten. Oss Wichtigste. * Zur ItXijähr'lgen Erinnerungsseier der Leipziger Völkerschlacht 1913 wird in Berlin ein mili tärisches Festspiel aus einer Freilichtbühne von riesenhaften Dimensionen geplant. <S. K. u. W.) * Der Streik in England dehnt sich weiter aus. Aus Liverpool werden schwere Unruhen gemeldet. lE. des. Art.) * Die Maschinisten und Heizer der Rotter damer Schleppdampfer sind in den Ausstand getreten. lS. letzte Dep.) * 2n einem portugiesischen Kavallerie regiment wurde eine royalistische Bewegung aufgedeckt. (E. Ausl.) * Der Präsident von Ecuador ist zurück getreten. lS. Ausl.) * Der Etaatseisenbahnrat in Thile hat den Bau von fünf neuen Eisenbahnlinien be schlossen. die das Bahnnetz der Ackerbaudistrikte er weitern sollen. lE. Ausl.) * Bei einer Zugentgleisung auf der Strecke Chicago-New Port in der Nähe von Fort Wayne in Pennsylv anieu sind vier Personen ge tötet und dreißig verletzt worden, sechs von diesen tödlich. lS. Tageschr.) - 2m Preis von Donaueschingen, der am Montag in Köln gelaufen wurde, siegte Frhrn. n. Oppenheims br. Et. „Royal Flower" unter Rickaby, in einem Felde von 8 Pferden. lS. Sport.) Die Srilis -er österreichisch, ungsrilchen Armee. Jahrzehntelang hat Oesterreich-Ungarn von einer wesentlichen Erhöhung des Mannschafts standes seiner Landarmee Abstand genommen, wie es auch seine Flotte nicht über ihren sehr bescheidenen Rahmen hinaus zu entwickeln be flissen war. Der Dreibundsfreunde sich sicher fühlend, wähnte man vorkommendenfalls die Landgrenzen durch das deutsche Heer hinreichend gedeckt, den kleinen Küstenbezirk am Adria ohnehin keiner Gefährdung durch die Gegner ausgesetzt, mit denen damals allein gerechnet würde. Indessen ist der Beweggrund für die lange Zurückhaltung keineswegs jener gemeine Eigennutz gewesen, welcher reiche Freundschaften als eine willkommene Veranlassung betrachtet, seine eigene Geldtasche zu schonen. Das Hin dernis war vielmehr jener drückende Bann, den die Zerfahrenheit und Unlenkbarkeit der Parlamente von Zis und Trans auf Oesterreich- Ungarns innere Entwicklung legten. Galt es doch bei militärischen Neuorganisationen nicht allein mit der in kleineren Dingen schon über lästigen ObstruMonsgefahr fertig zu werden, sondern auch mit guten Worten und noch besseren Zugeständnissen an manchmal recht bedenk liche Fraktionswünsche die Zahl der Gegner soweit herabzumindern, daß die verfassungs gerechte Zweidrittelmehrheit zustande kam. Man hatte immer damit gerechnet, daß die größeren Schwierigkeiten auf ungarischer Seite beständen. Demgemäß wurde die Armee reform erst ernstlich in Angriff genommen, nachdem der große Wahlerfolg der neugegrün deten, eng an das Ministerium Khuen sich an schließenden „Arbeitspartei" die Bahn frei, gemacht zu haben schien. Indessen soll der ver ständige Mann nicht bloß sein Haus gegen voraussehbare Unfälle versichern, sondern auch auf außerordentliche Glücksfälle beizeiten Be dacht nehmen. Als es im Jahre 1910 in Un garn parlamentarisches Gold regnete, standen keine Gefäße bereit, es aufzufangen. Die so lange schon bis zur Notwendigkeit wünschens werte Militärvorlage war in dem ihrer Durch dringung günstigstem Augenblicke von der an ihren Tagespensen klebenden Militärverwaltung einfach ungenügender Vorarbeiten wegen nicht fertigzustellen, und über die Nachholung des Versäumten hat man ein kostbare« Jahr, viel- leicht das kostbarste für Jahrzehnte, verstreichen lasten müssen! Denn inzwischen ist der erste Begeisterungsrausch der jungen Arbeitspartei drüben verflogen, und hüben im Zis hat da ungarische Rezept, die Geister durch Neuwahlen aufzurütteln, längst nicht so durchschlagend ge wirkt, wie an der Stätte seiner ersten An wendung. Die parlamentarischen Schwierigkeiten öster reichischer Militär-Reformen werden durch Er innerungen an die früheren Konflikte mit dem preußischen Landtage und nachher mit dem Reichstage nur sehr ungenügend veranschaulicht. Immerhin mag man, um der österreichischen Regierung nicht unrecht zu tun, auf die Kämpfe zurückweisen, welchen selbst ein Bismarck zu wiederholten Malen sich ausgesetzt sah. Und obwohl Caprivi die uralte Forderung der bis marckfeindlichen Opposition auf Einführung der zweijährigen Dienstzeit erfüllte, konnte er seine Vorlage nicht im ersten Anlaufe durchbringen! Zu den schweren Neubelastungen des Staats budgets, welche unseren Parteien Heeresver- mehrungen so unerfreulich machen, treten nun aber in der Donau-Monarchie, ganz besonders in Ungarn, die nationalen Abneigungen gegen die deutsche Armeesprache. Man hat sie längst für die Honved geopfert; aber die Ultra madjaren sind unversöhnt geblieben und fahren fort, an der Kommandosprachr der Linie zu rütteln. Entschieden aber verweigerten die maßgebenden Kreise der Heeresleitung auf diesem Gebiete jegliches Zugeständnis. Nun hat man dieses Mal, um der Arbeiterpartei, die, wenn sie auch nicht stockmadjarisch denkt, doch auch nicht ganz und gar nichtmadjarisch scheinen darf, ihre Willigkeit zu erleichtern, das Gesetz über die künftige Friedensstärke mit einer Refornr des militärischen Strafprozesses ver koppelt, welche den Gebrauch der Landessprache in den Kriegsgerichten wesentlich erweitert. Diese Zugeständnisse sollen größtenteils den persönlichen Bemühungen des Reichskriegs ministers Freihcrrn v. Schönaich ihren Ursprung verdanken. Wäre nun eine glatte Erledigung des Re krutengesetzes gelungen, so hätten sich die grund sätzlichen Gegner sprachlicher Zugeständnisse schließlich mit dieser Nachgiebigkeit abgefunden. Nun aber hat eben der Widerstand der Unab hängigkeitspartei in der einjährigen Wartezeit frische Kräfte gewonnen, und die Obstruktion mit ihrer alten Zähigkeit wieder ihr Haupt er hoben. Da ist es denn kein Wunder, wenn die strammen Anhänger des Restes der deutschen Sprache jetzt das ungarischerseits nicht erwiderte Entgegenkommen bereuen und sich an seinen unglücklichen Befürworter, den Kriegsminister, halten. Es ist ja kein Geheimnis, daß die armeedeutsche Partei ihr Haupt in dem Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdi nand erblickt. Dieser soll nun seinem Miß vergnügen mit solch scharfer persönlicher Zu spitzung Ausdruck gegeben haben, daß der gesell schaftliche Verkehr zwischen ihm und dem Minister völlig unterbrochen ist. Dadurch ist eine schwere Krisis in der gesamten Armeeleitung zum Aus bruche gebracht. Herr v. Schönaich soll sein Entlastungsgesuch eingereicht haben. Die Wahr scheinlichkeit spricht für seine Genehmigung, da sein brüskes Vermeiden des künftigen Kaisers bei verschiedenen Gelegenheiten ihn persönlich unmöglich gemacht hat. Anderseits kann ohne Einbuße des kaiserlichen Ansehens nicht mehr von einer zu Gesetzesvorlagen verdichteten Politik zurückgetreten werden. Diese Rücksicht soll zur Entfernung des Thronfolgers von der diesjährigen Manöverleitung und seinem Ersatz durch den Erzherzog Franz Salvator führen. Gleichzeitig dürfte der General stab schef v. Hötzendorf zusammen mit seinem grund sätzlichen Gegner, dem Reichskriegsminister, das Feld räumen müssen, um die Stetigkeit der nun einmal durch die kaiserliche Willensentscheidung bestimmten Armeepolitik zu verbürgen. Ohne diese miteinander verknüpfte Ausschaltung beider „Spitzen" könnte ja auch der Fall des Kriegsministers die parlamentarischen Aussichten seines Reformwerkes leicht noch weiter ver schlechtern. Man kann nicht behaupten, daß Herr v. Schönaich es vermieden habe, seinen Entwurf mit unnötigen Schwierigkeiten zu belasten, daß ihm eine technisch tadellose Ausgestaltung seiner Vorlage gelungen sei. Sie schränkt nämlich die zweijährige Dienstzeit durch die Klausel ein, daß ausgediente Mannschaften in solcher Zahl ein drittes Jahr bei der Fahne zurück gehalten werden dürfen, bis die Deckung des llnteroffizierbedarfes gewährleistet ist. So dringend erforderlich ja auch in Oesterreich eine Vermehrung der Unteroffiziere ist: dieses Mittel muß als ein völlig untaugliches be zeichnet werden. Nur durch Erweckung von Lust und Liebe für den Militärstand kann auf eine Vermehrung der Kapitulationen hin gewirkt werden, freiwillige Einstimmung muß für jede Berufung in die Thargen unumgäng- liche Bedingung bleiben. Es werden doch gewiß nur die Tüchtigsten für den Unteroffizier dienst des dritten Jahres ausgewählt werden dürfen. Manche an sich für den Soldatenberuf geeignete Elemente aber werden gerade kraft ihrer persönlichen Vorzüge sich nach Ablauf von zwei Jahren nach ihrem bürgerlichen Lebcnsberufe, dem ihre größere Liebe gehört, zurücksehnen. Das Damoklesschwert des dritten Dienstjahres könnte sie verleiten, ihre militärische Eignung in den ersten beiden zu verstecken. Unerbetene Gälte. Das deutsche Vaterland wird in steigendem Maße non unerbetenen Gästen ausgesucht. Erst waren es Trench und Brandon, dann Schulz, dann Stewart. Zudem erweckten die Verbandlungen des Reichs gerichts. aus denen man erfuhr, welche Streiche die beiden Erstgenannten hatten vollführen können, ehe sie gciaßt wurden, den Glauben, daß mancher Spion ganz durchschlüpft und wir nie seinen Namen erfahren. Die deutsche Gutmütigkeit und Arglosigkeit scheint eben unausrottbar. Bis zu gewissem Grade ist ja auch die Strafjustiz am Gehen- und Geschehenlassen interessiert; man will keine Verhaftung vornehmen, die sich später aus Mangel an Beweisen nicht aus- rcchterhalten läßt; man wünscht, möglichst viel Material Zusammenkommen zu lasten; dadurch erhält gleichzeitig die Landesverteidigung tieferen Einblick in die Wege der Spionage, Kenntnis von den Agenten usw., kurz dem ganzen Spionagenetz. Es ist richtig: auch ein Deutscher ist nach eng lischem Rechte des unerlaubten Nachforschens nach Sichernngsanlagen schuldig gesprochen worden; aber wer wird die Kinderei des Leutnants Helm, der eine alte Befestigung zeichnete, mit den neueren Leistungen der englischen Spionage auf gleiche Stufe stellen! Wir nxhmen an, daß die beteiligten eng lischen Herren viel zu selbstbewußt sind, um diesen Vergleich zmulassen. Sie streben nach realen Werten. Der Gedanke, daß die deutsche Flotte die englischen befestigten Kricgshäfen anzuareifen bereit sei. kann als dcis Hirngespinst eines Wahnsinnigen bezeichnet werden; das Gleiche gilt nicht von einem englischen Angriffe auf unsere Seebefestigungen. Von englischer amtlicher Seite ist ausgesprochen worden, die Kriegs erklärung werde erfolgen, wenn der erste Streich bereits gefallen sei. Die Ucberrumpelung ist also zum taktischen Prinzip gemacht. Grund genug zu Vorsicht! Dazu kommt, daß eine Reihe von deutschen Sicherungen an der Nordsee im Werden begriffen ist; ihr Wert würde natürlich durch die Auskund schaftung erheblich verringert. Ten englischen Offizieren Trench und Brandon ist man auf deutscher Seite mit untadeliger Ritterlich tert begegnet. Die Art ihrer Behandlung vor dein Reichsgericht kann als musterhaft bezeichnet werden. Man hat sie als Tontlemenspione geachtet. Sie haben ihre eigene Haut zu Markte getragen; einen persön-' lichen Vorteil niedriger Art haben sie. so viel man weiß, nicht erstrebt. Anders steht es mit dem an der Wasserkante verhafteten Engländer Schulz, dessen Fall nun wohl vor dem Reichsgericht in Leipzig zu nächst verhandelt werden wird. Wie er selbst als bezahlter Agent anzulehen ist, so hat ec Geldauf wendungen gemacht um Deutsche zu den schimpf lichsten Taten zu verführen, die nur mit entehrender Zuchthausstrafe gesühnt werden können. Ehe Liese Sache, durch die ein weitverbreitetes Spionayesystem aufgedeür wurde, zur Aburteilung gelangen konnte, wurde der Londoner Rechrsanwalt und Angehörige des englischen Heereskörpcrs Stewart auf verbotenen Pfaden ertappt. Man lasse sich doch nicht das Mär chen aufbinden, daß dieser auf eigene Faust vor gegangen sei. Er hat ganz bestimmte Aufträge ge baut, ähnlich wie Trench und Brandon, nur von noch aktuellerer Art. Die Unverfrorenheit, mit der die zuletzt Gefaßten auf dem Boden des deutschen Vaterlandes Spionage zu treiben wagten, muß Staunen erregen und zum Staunen muß die Erbitterung hinzutreten. Hirn verbrannte Leute jenseits der Nordsee setzen die alberne Geschichte rn die Welt, der deutsche See offizier trinke täglich auf den Tag der Abrechnung nnt England; sie bringen trotz der absolut einwand freien Erwiderung des Prinzen Heinrich diese Ge schichte täglich von neuem vor; indessen bereitet man selbst nach Kräften den Angriffskrieg gegen Deutsch land vor! Es wird Zeit, den Helfern dieser Pläne, den Spähern, das Handwerk zu verleiden. Selbst verständlich identifizieren wir nicht die Kundschafter mit dem englischen Volk. So friedliebend wie das deutsche Volk ist das englische schwerlich, aber wir wissen genau zu unterscheiden zwischen dem ruhig und rechtlich denkenden englischen Lolksteile und den Kriegshetzern und Kriegshelfern. Diesen Kriegs helfern gebührt natürlich in den Farmen der strengsten Gesetzlichkeit und der vollkommensten internationalen Höflichkeit ein ganz energischer Denkzettel. Ole Entwickelung üer oolkswlrtlckslt- lichen proüuktwn Oeuttchlsnüs. Die große Bilanz der Volkswirtschaft zu ziehen, zehört zu den offenbar nächstliegenden, aber doch chwierigsten Aufgaben, die sich ein Volkswirt stellen änn. lieber den Wert unserer gesamten Volkswirt- cbaftsproduktion lasten sich Berechnungen eben so chwer anstellen wie über das gesamte Bolksvermögen und Volkseinkommen. Man weiß ja, wie sehr in bezug auf letztere die Schätzungen auseinandergehen. Die Handhaben der amtlichen Statistik find auch bezüglich der volkswirtschaftlichen Gesamtproduktion dürftig und unLvverlässig. Eine landwirtschaftliche Produktionrstatiftik scheint allerdings vorhanden zu sein in den regelmäßigen Erhebungen über die Er trägnisse der Ernte, die von Zeit zu Zeit ergänzt werden durch die Biehzählungen. Lediglich diese letzteren aber dürsten den Wert exakter Statistik beanspruchen. Bezüglich der industriellen Produktion ist nur ein mal der Versuch einer Produktionsstatistik unter nommen worden, und zwar im Jahre 1897 gelegent lich der Vorbereitungen für den jetzt geltenden Zolltarif. Aber so sehr das Reichsamt des Innern sich damals auch mit Ernst und Eifer gemüht hat, einen klaren lleberblick über Bedeutung und Umfang der verschiedenen Produktionszweige zu erlangen, so voll waren sich doch gerade diejenigen, die «>n diesem Werke mitarbeitelen, bewußt, daß die Erhebungen nur ein ungefähres, aber durchaus kein die Wirk lichkeit naturgetreu widerspiegelndes Bild ergeben konnten. Seither sind 14 Jahre vergangen — 2ahre, in denen die industrielle Produktion Deutschlands sich ganz gewaltig vermehrt hat; und es ist unmöglich, beute mit einiger Sicherheit angeben zu wollen, wie hoch sich die Werte unserer industriellen Produktion zurzeit beziffern. Als vor einiger Zeit Eteinmann-Bucher das deutsche Voltsvermögen auf 350 Milliarden bezifferte, herrschte zunächst Staunen und Kopfschütteln; aber je näher die Statistiker seine Angaben untersuchten, um so geringer wurden die Abstriche, die sie vorzu nehmen vermochten. Und heute ist es in der volks wirtschaftlichen Literatur des In- und Auslandes gang und gäbe, das deutsche Volksvermögen doch mindestens auf 309 Milliarden zu veranschlagen. Für das jährliche Volkseinkommen sind dreißig Milliarden die unterste Grenze, die sich auf der Basis der Einkommensteuerstatistik ziehen lägt; es ist aber mit großer Bestimmtheit anzunehmen, daß diese unterste Grenze in der Tat ganz erheblich über schritten wird. Wie anders wäre es wohl denkbar, daß das deutsche Volk nach zuverlässiger Schätzung läbrlich allein mehr als 3 Milliarden Mark für den Alkoholkonsum aufwendet?! Es kann doch wirklich nicht gut angenommen werden, daß mehr als 10 v. H. des gesamten Volkseinkommens allein nach dieser Seite hin ihren Abfluß finden. Das somit auf beträchtlich über 30 Milliarden zu veranschlagende Volkseinkommen stellt zum weitaus größten Teil Arbeitseinkommen aus Industrie und Landwirtschaft dar — Arbeitseinkommen im weitesten Sinne, einschließlich der Unternehmergewinne. Müßte man. um die Gesamtheit de: volkswirtschaftlichen Produktionswerte zu ermitteln, auf der einen Seite von dem gesamten Volkseinkommen die Handels gewinne, die Beamtengehälter und die Rentner einkünfte obstreichen, fo müßte man auf der anderen Seite die Verzinsung des in Industrie und Land wirtschaft investierten Volksver mögens zuschlagen. Bei einer solchen Berechnung würde es nicht über raschen, wenn man aus Gesamtproduktions-Werte von Industrie und Landwirtschaft in Höhe von etwa 50 Milliarden Mark stößt. 1897 waren in der Industrie 3 Millonen Per sonen weniger erwerbstätig als heute; 1897 produ zierte die Industrie allein für den Export um reich lich 20, Milliarden weniger als heute; 1897 ver arbeitete eine der wichtigsten Industrie nur sür 23l Millionen Mark Rohbaumwolle; 1909 aber führte sie für 532 Millionen Maik Rohbaumwolle ein. Die Gegenüberstellung dieser beiden Ziffern allein erhellt blitzgleich die gewaltige Äorwärtscntwickelung unserer industriellen Produktion seit 1897. Der deutsche Außenhandel betrug im Jahre 1898 rund 9'/« Milliarden — cur Jahre 19d9 hat er 15 Milliarden Gesamtwert überschritten. Der Ende 1899 vorgelegte Reichshaushaltsplan für 1900 war der erste, der in Einnahmen und Aus gaben die zweite Milliarde überschritt. 2m Jahre 1909 war bereits die dritte Milliarde überschritten. 1899 wurde ein Gesamtumsatz der Neichsüank von 150 Milliarden festgestellt — 1909 waren es ihrer mehr als 330. Das Volksvarmögen schätzte ich um die Jahrhundertwende auf rund 200 Milliarden — heute ist eine Schätzung auf mehr als 300 Milliarden ziemlich allgemein anerkannt. Das damals auf 26 Milliarden benfferte Volkseinkommen wird gegen wärtig auf 35—10 Milliarden und darüber beziffert. Der Wert der in Deutschland gewonnenen Stein kohlen hatte 1899 dreiviertel Milliarden erreicht — bei einer Produktionssteigerung um 50 Prozent war 1909 eine Verdoppelung des Wertes eingetreten. Ebenso ist die Rohciienaewinnung um mehr als 50 Prozent gestiegen, im Werte fast verdoppelt. In den deutschen Eisenbahnen waren gegen die Jahr hundertwende 12 Milliarden Mark Kapital ange letzt — jetzt arbeiten darin über 16 Milliarden. Dle Betriebseinnahmen stiegen von 1'/» auf über 2'/, Milliarden. In den deutschen Lebensversiche rungsgesellschaften arbeiteten damals 2, heute ar'oeircn darin fast 4 Milliarden. Schließen wir einige Ziffern aus der Produktions- und Verkehrsstatist!t an, so müssen wir dabei — mit Rücksicht auf die einzelnen Zählungsabschnitte — zum Teil etwas andere Jahreszahlen als in dem bisherigen Ver gleiche wählen, die aber im großen und ganzen einen brauchbaren Maßstab für die Produttionssteigcrung innerhalb des letzten Jahrzehnts geben. Was zunächst die landwirtschaftliche Produktion anbetrifft, so seien folgende Angaben aus den Vieh zählungen von 1897 und 1907 angeführt: Pferde Rindvieh Schweine 1897 4,0 18,5 14.3 Millionen Stück 1907 4,35 20,6 22,15 Die Zahl der gewerblich tätigen Personen stiea von 10,3 Millionen nach der Berufszählung von 1895 auf 14,4 Millionen nach der Zählung von 1907. In den gewerblichen Betrieben wurden 1895 3,4 Millionen Pferdekräfte in Gestalt von Motoren benutzt, 1907 8F Millionen Pferdekräfte — ein außerordentlich sprechender Beweis für die Intensivierung der Wirt schaft, zumal, wenn man bedenkt, daß die in jo sehr aesteigerter Zahl angewandten elektrischen Maschinen hier nicht mitaezählt sind. Ihre Leistung bezifferte sich nach der letzten Ermittelung auf 1,5 Millionen Kilowatt. Die Produktionsstatistik der Bergwerke gibt uns folgeckbe hervorstechende Anhaltspunkte für die wirt schaftliche Entwickelung: 1899 IS» Braunkohle 78 181 Mill. Mart Produktionswett Lteinkohle 3,8 6,0 - - - Mlisalz 32 71 . . Summe aller Bergwerks ¬ erzeugnisse 1062 1970 . . Der Rohbaumwolloerbrauch stieg von einem Jahresdurchschnitt von 302 000 Tonnen in der Ze>it von 18«; bis 1900 auf 447 600 im Jahre 1909. Aus der Verkehrsstatistik sei erwähnt, daß die Kilometer-Einnahme der preußisch-hessischen Eisen-
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