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Das Grüne Suta. Roman von August Weißt. Zgj (Nachdruck verboten.) Der Gelehrte schob einen Sessel zum großen Labo- vatoriumstisch und forderte Doktor Martens auf, es sich bequem zu machen. „Ich komme", begann der Kommissar, „in einer wichtigen Angelegenheit zu Ihnen, Herr Professor, in einer Sache, die auch Sie berührt." „Sie machen mich neugierig, Herr Kommissar. Legen Sic los." „Ditte, verzeihen Sie und halten Sie mich nicht für indiskret, es handelt sich nämlich um Ihre Frau Gemahlin." Der Professor sah gar nicht überrascht aus, wie es doch eigentlich zu erwarten war, sondern eher miß mutig. „Wegen des Armbandes, nicht wahr, Herr Doktor?" bemerkte er ärgerlich. „Natürlich — ich hab's mir ja gleich gedacht. Aber die Frauen wollen keine Vernunft annehmen, wenn sie einmal in eine Idee verrannt sind. Ich warnte ia meine Frau. Ich sagte ihr: Du wirst sehen, da gibt's dann nichts als Scherereien, Laufereien und Umständlichkeiten!" „Nun, nun, so arg ist es ja nicht", meinte der Kommissar begütigend, „Unannehmlichkeiten dürften weder Ihnen noch Ihrer Frau Gemahlin daraus er wachsen, um so weniger, als ich sehe, daß Sie über die Sache orientiert sind und Sie mir voraussichtlich mit einigen Aufklärungen dienen können." „Gewiß kann ich das!" „Dann, bitte, sagen Sie mir vorerst, gehört das Armband Ihrer Frau?" „Nein! Deswegen ärgere ich mich ja. Sie hat gar nichts damit zu schaffen. Aus purer Gefälligkeit halst sie sich da Unannehmlichkeiten auf." „Entschuldigen Sie, Herr Professor, aber wie kommt dann Ihre Frau dazu, ein Armband, das nicht ihr gehört, bei der Polizei zu beheben?" „Eine Freundin bat sie händeringend darum." „Sie meinen die Gräfin Li Campodello." „Wenn Sie den Namen ohnedies kennen — ja, die war es. Verraten Sie aber ja nicht meiner Frau, daß ich es Ihnen bestätigt habe!" „Herr Professor, Sie werden ja jedenfalls über die näheren Umstände orientiert sein. Was be stimmte Ihre Frau, für die Gräfin zur Polizei zu gehen?" „Das ist nicht so erstaunlich, als es aussieht", meinte der Professor, „Sie müssen nämlich wissen: die Gräfin und meine Frau kennen sich seit ihrer Kind heit. Sie sind in derselben Straße ausgewachsen, waren sozusagen Nachbarskinder und haben, wie das in Italien, wo sich Las ganze Leben auf der Gasse abspielt —" „In Italien?" unterbrach Doktor Martens den Professor, „Ihre Frau ist also eine Italienerin?" „Jawohl, aus Neapel —" „Pardon, Laß ich abermals unterbreche, aber etwas stimmt da nicht. Die Gräfin di Campobello ist doch Amerikanerin. Soviel ich weiß, heißt sie mit ihrem Mädchennamen Eidson, und ihr Vater soll ein ver mögender Minenbesitzer in Chicago sein." „Ach, warum nicht gar? keine Rede davon! Sie rst in Neapel geboren, wurde später von Eibson adop tiert, daher die Amerikalegende. Meine Frau, die aus sehr bescheidenen Verhältnissen stammt, ist mit ihr in Neapel auf der Straße umhergelaufen, als sie beide noch kleine Mädchen waren. Daher auch diese I Freundschaft. Sie haben trotz der Verschiedenheit ihrer Veranlagung bisher immer treu zueinander ge halten. Offengestanden, paßt mir der Verkehr für mein« Frau nicht. Eine reickze Weltdame und eine einfache Professorsfrau sollten eigentlich nicht mit einander geizen, denn die Verschiedenheit der An sprüche, Gewohnheiten und des Milieus tragen Dis harmonie in die Familien. Und dann auch: Violetta hat eine wilde, abenteuerliche Jugend hinter sich, was mir ihre Gesellschaft für meine Frau auch nicht sehr wünschenswert macht. Aber schließlich, ich lebe drei Viertel meines Lebens im Laboratorium, meine Frau ist soviel allein, und wenn sie einen Verkehr hat, bei dem sie sich wohl fühlt und der ihr behagt. so darf ich wohl schon aus Rechtsgefühl nichts dagegen einwcnden." Der Professor machte eine Pause. Doktor Martens erinnerte ihn: „Sie wollten wegen des Armbandes —" „Ja, ich bin ganz abgekommen. Also, vor drei oder vier Tagen fragt mich meine Frau beim Nacht mahl: „Du, was muß man tun, um einen verlorenen Gegenstand von der Polizei wiederzubekomncn?" „Hast du denn was verloren?" frage ich. „Nein, aber Violetta. Ich habe ihr versprochen, den Gegenstand für sie zu beheben." Und nun erzählte mir meine Frau, daß die Gräfin vor zwei Stunden furchtbar auf geregt gekommen sei und sie beschworen habe, einen Freundschaftsdienst für sie zu tun. Sie habe sie ge beten, das Armband, das sie genau beschrieben, für sie aus dem Fundbureau zu holen, und hinzwresügt: „Du ahnst nicht, welche Sorge du mir vom Herzen nimmst, wenn du es tust." Meine Frau hatte natür lich eingewilligt und bestand darauf, ihr Wort zu halten, trotzdem ich sie darauf aufmerksam machte, daß dieses Vorgehen eigentlich inkorrekt sei und ihr daraus große Unannehmlichkeiten erwachsen könnten. Sie lief richtig dreimal ins Fundbureau, bis sie end lich das verdammte Armband ganz stolz nach Hause brachte." „Könnten Sie mir sagen, Herr Professor", fragte der Kommissar, „wo sich Las Armband jetzt befindet? Ihre Frau sagte, daß sie es zu einem Juwelier ge geben habe." „Na ja, da hat man's. In Lügen verstrickt sie sich auch noch wegen der dummen Geschichte. Das ist nämlich alles nicht wahr. Ist natürlich nur eins Aus rede, um ihre Freundin nicht zu verraten. Ich selbst mußte der Gräfin telephonieren, daß das Armband bereitliege. Bevor ich ins Laboratorium hinunter ging. kam Violetta, und meine Frau übergab ihr den Schmuck." „Haben Sie Ihre Frau nicht gefragt, weshalb die Gräfin nicht selbst zur Polizei ging?" „Natürlich habe ich sie gefragt." „Und welchen Grund gab Ihre Frau Gemahlin dafür an?" fragte der Kommissar. „Echte Weibergeschichten", brummte der Professor verdrießlich. „Alte Liebesgeschichten. Den Weibern ist ja nicht wohl, wenn sie nicht kleine Geheimnisse haben. Die Gräfin will wegen ihres Mannes nicht, daß ihr Name mit dem Armband in Verbindung ge bracht werde. Im Medaillon befindet sich nämlich das Bild ihres früheren Bräutigams, eines jungen italienischen Offiziers, von dessen Existenz der Graf angeblich keine Ahnung hat." „Also, Herr Professor", fragte Doktor Martens und stand auf, um sich zu verabschieden, „Sie können mir als Mann dafür garantieren, daß das Armband seiner rechtmäßigen Besitzerin zugesührt wurde?" „Das kann ich, Herr Kommissar. Ich selbst war Zeuge, wie meine Frau das Armband ihrer Freundin einhändigte!" „Das nur zu konstatieren, war meine Pflicht." Der Professor geleitete den Kommissar artig bis zur Tür. Beim Abschied bat er noch: „Nicht wahr, Herr Kommissar, die Sache ist damit erledigt? Meiner Frau und mir erwachsen doch keine Unannehmlichkeiten?" „Gewiß nicht, Herr Professor. Meine Mission ist in dem Augenblicke zu Ende, da Sie dasür einstehcn, daß das Armband sich im Besitze seiner wirtlichen Eigentümerin, der Gräfin dr Campobello, befindet." Neunzehntes Kapitel. Seit die Baronin Sternberg ihre Schwester zu Gast hatte, fand sich Baron Sphor fast täglich mit irgendeiner Ausreoe im Hause ein. Seine schönsten Stunden waren es, wenn er mit dem reizenden Mädchen ungestört plaudern konnte, plaudern von einer Zukunft, wie sie eben nur Glückliche in ihren Träumen ersinnen. Sphor war schon so intim im Hause geworden, daß er unausgefordert zu den Mahlzeiten bleiben konnte. Die Abende verbrachte er fast ausschließlich in der an ziehenden Gesellschaft der beiden Schwestern. Der junge Baron hatte für das schöne, ^ein gebildete Mädchen eine riese Neigung gefußt, «ein heißester Wunsch war, sie zu seinem Weibe zu machen. Er träumte von einer Zukunft an ihrer Seite, die ihm alles geben konnte, was ihm Las Leben wünschenswert machte. Leider waren cs vorläufig nur Träume, und gering die Aussichten, sie zu verwirklichen. Was hatte er ihr zu bieten, der verwöhnten Tochter des Patrizicres, die in fürstlichem Hause aufgewachsen? Auch war es keineswegs sicher, ob der nicht sehr österreichfreund- liche Senator seine Werbung besonders begünstigen würde. Aber er war glücklich, unsagbar glücklich, in dieser Zeit des Hoffens und Harrens, denn sein Herz jagte ihm. daß er Maria nicht gleichgültig sei. Ihre großen, dunklen Augen flammten ihm ent gegen, so ost er kam, und bei seinem Händedruck zog ein leichtes Erröten über ihr liebliches bleiches Ge sicht. Wenn es auch nicht ausgesprochen wurde, der Händedruck, mit dem sie sich grüßten, der Blick, mit dem sic sich begegneten, sagte allen, die nicht blind waren, daß diese beiden jungen Menschen einander herzlich zugetan waren. Meta war dies nicht entgangen, wenn sie auch ihre eigenen Herzensangelegenheiten zu sehr beschäftigten, um dem Paare besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie hatte Sphor liebgewonnen wie einen Bruder. Seine offene, herzliche Art, sein ungeschminktes Wesen boten ihr die Garantie, daß ihre Schwester an ihm einen liebevollen, zärtlichen, aufmerksamen Gatten finden würde. Und da sie wußte, wie es um das 5>erz Marias stand, erhob sie nicht nur keinen Einwand, sondern förderte die Angelegenheit, wie sie nur konnte. Auf ihren Wunsch und nur auf ihr Bitten beim Vater hatte dieser Maria nach Wien kommen lassen. Fast jeder zweite Tag brachte Sphor eine Ver abredung. wobei er immer zum Kavalier des Mäd- ckzens ausersehen wurde. Der Vierte war natürlich stets Hauptmann Fernkorn, der Bräutigam Melas, der ja den Baron noch von der Schulbank her kannte und ungemein schätzte. So verbrachten diese vier Menschen wunderschön« Abende. Alle vier intelligent und feingebildet, paßten sie zusammen, wie nur Menschen zusammen passen können, die dem gleichen Boden entstammen und Welt und Dinge mit den gleichen Augen sehen. Und nach Len Plauderstunden kamen Augenblicke, wo sie einander voll zarter Rücksichten nicht störten. Jedes der Paare war ja glücklich, wenn es eine Zeit stimmungsvollen Alleinseins durchleben durfte. Wieder hatte man in einem Hotel der inneren Stadt gemeinsam soupiert. Die beiden Herren be gleiteten die Damen nach Hause und traten dann ge meinsam den Heimweg an. „Hast Lu noch etwas vor?" fragte der Hauptmann seinen Freund. Sphor nickte. „Ich habe Doktor Martens versprochen, ins Caf« „Burgstall" zu kommen." „Noch immer Polizeidienst?" „Mehr denn je." „Gibt es was Neues in der Affäre?" „Das eben will ich erfahren. Doktor Martens hat eine wichtige Aktion unternommen, die vielleicht alles aufklärt." „Na — Zeit wär's!" brummte der Hauptmann. „Ja — es wäre wirklich an der Zeit", seufzte Baron Sphor und dachte dabei an Maria, der er Las Versprechen gegeben, nicht zu rasten, bis die Mörderin Georgs gefunden sei. ,,-chade, daß du zu tun hast. Ich habe eine Loge für den Ronacher. Wenn du nichts zu tun gehabt hättest —" „Läßt sich machen!" fiel Sphor dem Freunde ins Wort. „Wenn du erlaubst, lade ich Len Kommissar ein." „Bitte. Dann hörst Lu auch gleich, was Neues los ist." Sphor ries aus der Portierloge Les Ronacher Doktor Martens an und teilte ihm mit, daß er in der Loge Nr. 17 sich befinde, er möge in das Etablissement kommen, wenn er nichts Besseres vorhabe. Eine halbe Stunde später erschien der Komm'ss" in Begleitung eines Agenten, dem er einige Warte zuflüsterte, ehe er in die Loge trat. „Wissen Sie, lieber Baron, daß ich Sie aufsordern wollte, heute zum Ronacher mitzukommen?" „Na, dann hat sich's ja gut getroffen. Aber warum denn eigentlich?" „Die Dame mit dem Armband befindet sich im Hause. Ich habe Sie bitten wollen, mir sie zu zeigen, respektive, wenn sich eine unauffällige Gelegenheit er gibt, mich ihr vorzustellen." „Verzeihen Sie, ich verstehe Sie nicht ganz. Wen meinen Sie eigentlich?" „Ja, richtig, Sie wissen ja noch nichts. Ich meine die Gräfin di Campobello." Dem Hauptmann und Sphor gab es einen Ruck. „Hier im Hause soll sie sein?" fragte der Baron. „So meldet unser Agent." Sphor nahm den Operngucker und musterte die Logen. In der zweiten Loge von der Bühne erblickte er dann auch die rotblonde schön« Gräfin an der Seite ihres Mannes. „Dort sitzt sie wirklich." Doktor Martens griff nach dem Glase. „Eine pikante Frau. Werden Sie mich ihr vor« stellen?" „Gewiß." „Und wann?" „In der Pause." (Fortsetzung in der Abendausgabe.^ ^LdemMttlieiÄ-frkbekel V LarämtzQ Llll Avu kettlellekNlÄlilWg lüottvQtötuox MelMemlik.-liMvt Lunslstopkersl A leppIeßkMWg X D. k. L Ib8280. Leine llancknpp^rate V . - UZ« Au.' Miciieliilzcli.Ieiililelii'eilisgllilB > IvpplokkLrbsrsI > L-ü ZI -L --- «IS» lo klserken von 10 »o ilnn verlange eu jecker klaacke 2 :: Laaolio «o Lsrteken cker blariav- ovck Loloaial-Seriv. :: :: Vertrat»: Delepko» 8258. vr. llrrens Xerrentroplen Fl. 1 HF ärztlich begutachtet und empfohlen bet Zchlailosigkeit, «ervüen M Magenbeschwrrden, geistiger und körperlicher Ueberanstrengung ufw. Grimmatsche Straß« l7, «so»« AM «ad arm» ^e>I»r, Hainsirage. LlMkanilt -- bsstk MElM ssl'SMkolllelllllsi'Ilkll Uskert 2U billiZÄtsu DuxöD Loklsnvsrein VspIrtL i. Lökwen. ckosi,8 L k. 8MeI »M., öervät, irr ö Co, k. Otto Mer, Mriizer LrUMMt, 8prio«er»tr.Z3, ItoaneomUblx., Lari-lleinestr.M, rornrnk 468b. 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