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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110509013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911050901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911050901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-09
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Nr. 128. 105. IaNrysny. Franken verhalfen und mit ihm Aktien, Briefmarken und Ordensdekrete des Freistaats Counanr Heraus fladen. Brezel wurde selbst hohen Orts empfangen; seine Orden glänzten auf mancher Diplomatenbrust wie seine Briefmarken in der Sammlung manches Philatelisten. In der Affäre Valensi-Clementi endlich, die von der Bremer Staatsanwaltschaft ins Rollen gebracht wurde, ist ein neuer Komparse eingesoerrt worden, der in ebenso frecher wie amüsanter Weise das Ordensgeschäst en gros betrieb: Joseph Re. v e i l l a r d. Kaden sich Balensi und Clcmentr grosse Mühe, um durch weitläufige Verbindungen zu an ständigen Preisen ihre „Palmen" und „Nichan"-Er- nennungen abzusetzen, musste bei ^evcillard die Masse es bringen. Balensi veranstLllele in Lille sogar ein Bankett, bei dem Clementi in der Berklei- düng eines marokkanischen Würdenträgers gefeiert wurde; er liess sich von seinem Onkel, der tatsächlich Generaladjutant des Beys von Tunis ist, echte Nichan-Itikhar-Orden und aus Umwegen von dem Kabinettsdirektor des Untcrrichtsministcrs nicht we niger echle „Palmen der Akademie" verschaffen. In dessen arbeitete Reveillard, der in engen Gcschästs- beziehungen mit Balensi Clementi stand, viel un besorgter. Er liess sich gleich bei einem Graveur 1000 Nichan Diplome drucken und versah sie auch eigenhändig mir Unterschriften und Stempeln, wohl um der Bey von Tunis jede Mühe zu ersparen. Bon dieser ersten Auflage Halle er bereits über 200 Stück zu billigen, aber seilen Preisen abgesctzt. Reveillard, den die Polizei vergeblich gesucht hatte, stellte sich selbst dem Untersuchungsrichter, um ihn sehr vergnügt daraus aufmerksam zu machen, dass er bei seiner Verurteilung den mildernden Umstand der freiwilligen Meldung in Anspruch nehmen werde... Er schilderte im ersten Berhör, wie er die Bekannt schaft Elementis machte, der damals Privatsekretär des reoolutionär-sozialistifchen Deputierten Coutant, des berühmten trunksrcudigen Bürgermeisters von Ivry. war. Clementi zeigte sich sehr liebenswürdig mit Reveillard. der als Versicherungsagent tätig war, und liess ihm ohne weiteres von Contant die Me daille der Liguc humanitaire überreichen. Bon da an interessierte sich Reveillard für Orden und ihren Verkauf. Als er sah, welche Schwierigkeiten Balensi und Elemcnti hatten, um die Unterschrift des Mi nisters für allerlei Ernennungen zu erhalten, ent schloss er sich, nur noch in exotischen und selbstfabri- zicrtcn Orden „zu macken". „Wenn nur Balensi nicht gar so skrupellös vorgegangen wäre, hätte man mich nie entdeck:. Denn wer kümmert sich darum, ob ein tuncsisclxr Orden auch echt ist", meinte Reveillard ko misch entrüstet. Balensi und Clementi batten in der Tat noch einige Skrupeln gehabt, und das war ihr Unheil. In ihrer Affäre spielt eine geheimnisvolle Juliette die Nolle der unvergessenen „lveisscn Dame" der Drey- fus Affäre. Diese ewige Juliette taucht trotz oller Dementis des ehemaligen Ministers des Unterrichts, Doumergue, und seines Kabinettsdirektors, Gervais, immer wieder auf. Die Angeklagten des Skandals Balensi Clementi und auch des Skandals Reveillard behaupten gleicherweise, Juliette habe ihnen ihre Palmen Dekrete verschafft. Schon ist von Billctdoux dieser Dame die Rede, in denen cs l>eisst: „Seien Cie ohne Sorge: die letzte Ernennung wird alsbald im „Journal Osficiel" erscheinen." Herr Gervais demen tiert mit äusserster Energie, einen der Ordcnsschacherer oder ihre Freunde gekannt zu haben. Wer ist Ju liette? fragt sich Paris. Man wird es wohl in den nächsten Tagen erfahren. Der Echmutztopf ist um geworfen, aber noch ist der ganze Schlamm nicht ausgelaufen . . . Deutsches Kelch. Leipzig, 9. Mai. * Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin. Der Reichskanzler hat sich am Montag von Strassburg über Frankfurt a. M. nach Berlin zurückbegeben. * Das Grossherzogspaar von Hessen wird sich zu den Krönungsfcierlich leiten auch nach London begeben und voraussichtlich am 17. Juni von Darmstadt adreisen. * Ordensauszeichnungen. Der Kaiser hat in An erkennung des tapferen Verhaltens der Besatzun- Lelpzlger gen der bei der Unterdrückung des Eingeborenen ausstandes uus Ponape beteiligten Schiffe eine grosse Anzahl von Ordensauszeichnungen verliehen, u. a. die Schwerter zum Roten Adlerorden dritter Klasse mit Schleife Fregattenkapitän Voller thun, Kommandant des Kreuzers „Emden"; und den Kronenorden dritter Klasse mit Schwertern dem Fregattenkapitän von Tacgert, Kommandant des Kreuzers „Nürnberg", sowie dem Korvettenkapi tän Werner Siemens, bisher Kommandant des Kreuzers „Lormoran". f * Bundesratsbeschluss. Der Bundesrat hat neue Bestimmungen über die Sammlung von Saaten stands-, Anbau- und Erntenachrichtcn getroffen. Sie treten mit dem 1. Juni 1911 in Kraft. * Die Präsidenten des Reichstags und des preussi schen Landtags haben anlässlich des Geburtstags des Kronprinzen an den Kronprinzen telegra phische C> l ü ck w ii n s ch e übermittelt. * Die Wohlprüsunflstommission des Reichstags hat die Prüfung der Wahl des nationalliberalen Abg. Koch an lAllenstcin !t> ausgesetzt und den Reichskanzler um Beweiserhebungen gebeten über zahlreiche Protestpunkte, die von der gegnerischen Seite erhoben worden sind. Kochan ist mit 2500 Stimmen Mehrheit gewählt worden. * Die Handelsvertragsvcrhandlungen mit Ka nada. Auswärtige Blätter und andere in der Preise ausgctauchtc Meldungen wollen wissen, dass zwischen der deutschen Negierung und Kanada Vorvcr Handlungen oder Verhandlungen zwecks Hcrbcifüh rung eines handelspolitischen Abkommens zwischen Deutschland und Kanada eingclcitct worden seien. Wie der „Inf." auf eine Anfrage mitgeteilt wird, sind diese Meldungen durchweg irrtümlich. Es sind weder Vorverhandlungen noch Ver handlungen dieser Art zwischen beiden Negie rungen im Gange. An dem handelspolitischen Ver hältnis hat sich bisher nichts geändert. * Neichstagswahlvorbereitungen. Die Ber- trauensmännervcrsammlung der Fortschrittlichen Bolkspartei im Rcichstagswahlkreise Rothen burg-Hoyerswerda stellte statt des Guts besitzers Schcumann, der die Kandidatur niedergelegt hat. den Vorsitzenden des Verbandes der Hirsch- Dunckerschcn Gewerkschaften, Goldschmidt lBer lins, als Reichstagskandidaten auf. Die Führer der Nationalliberalen Partei des Reichstags haben sich, ohne ihre Partei zu binden, günstig über die llvohl der Persönlichkeit ausgesprochen. — Die neuerdings wieder angeknüpstcn Verhandlungen zwischen den Nationalliberalen und den Fortschrittlern über die Wahlkreise des Grossherzogtums Hessen sind er gebnislos verlaufen. Einstweilen werden die Parteien getrennt Vorgehen. * Die Arbeiten am preussischen Wasjergesetzent- wurf. In der Presse sind widersprechende Nach richten über die Beratungen des Wassergesetzentwuris verbreitet. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, hat der Entwurf dem preussischen Staatsministerium bereits Vorgelegen, und dieses hat eine Kommission, die sich aus Vertretern der beteiligten Ministerien zusammen setzt, mit der nochmaligen Durchberatung des Ent wurfs betraut. Diese Kommission hat ihre erste Lesung bereits beendigt: die zweite Lesung soll am 15. Mai beginnen. Bekanntlich war im Landtag angeregt worden, dass der Entwurf, der noch vor Schluss dieser Session möglichst cingcbracht wer den sollte, sofort einer Kommission zu überweisen ist. so bass die parlamentarische Arbeit an der Vorlage noch in dieser Session cinsetzen könnte. Es ist aber zu bezweifeln, dass die zweite Lesung der Mi-, nisterialkommission so frühzeitig wird be endet werden können, dass der Entwurf nach noch maliger Vorlegung beim Staatsministerium dem Landtage noch vor Schluss seiner Beratungen zugehen kann, da man annimmt, dass das Parlament nicht länger als bis Ende Juni tagen wird. * Zu den Demonstrationen gegen das Kassen beamtenrecht in der Reichsversicherungsordnung. Am 30. April d. I. hat in Berlin eine Protcstversamm- lung von „Angestellten" stattgesundcn, die sich gegen die Bestimmungen der Reichsversickicrunqsordnung und deren Einsührungsgesetz in bezug auf die Rege lung des Angcstelltcnrechts richtete. Die hierüber unter Verschweigung der Tendenz dieser Versamm- Tsyedlstt. lunfl in die Presse gebrachten Berichte bedürfen aber der Berichtigung, weil sie zur Irreführung der Öffentlichkeit geeignet sind. Es ist festzustellen: 1) dass die in Frage kommende, am 30. April d. I. in Berlin abgehalten« Protestversammlung nicht von einem „Verbände der Krankenkassenbeamten", sondern von dem im Schlepptau der Sozial, demokratie befindlichen Verbände der Bureau- ange st eilten lVorsitzender: der frühere Ar- beitersekretär Giebel) einberusen worden ist; 2) dass der Bund deutscher Krankenkassenbeamten (Sitz Mannheim) mit diesem Verbände nichts gemein hat, und 3) dass die Kundgebung der erwähnten Protest versammlung nicht die Willcnsmeinung der deut schen Krankcnkassenbeamtcn zum Ausdruck bringen kann. Es muss vielmehr als eine Vermessenheit be zeichnet werden, die Versammlung des in der Haupt sache aus Nichtkrankcnkassenbecmten zusammenge setzten Verbandes der Vurcauangestcllten als Deut schen Krankenkassenbeamtcntag zu bezeichnen. Dan Beteiligung des Bundes deutscher Krantcnkassenbe- amten an der genannten sozialdemokratischen Ver anstaltung am 30. April d. I. in Berlin wurde Ab stand genommen, weil der demonstrative parteiische Charakter dieser Versammlung vorauszusrhen war und die nationale Veamtenschcnt nicht gewillt ist. der Sozialdemokratie dnrch ihre Teilnahme Vorspann dienste zu leisten. * llebcr Ruhezeiten der Bahnunterhaltungs arbciter hat der preussische Minister der öffentlichen Arbeiten an die Königlichen Eisenbahndirektionen folgenden Erlass gerichtet: Es ist bei mir zur Sprache gebracht worden, dass die Bahnunterhaltungsarbeiter nach vollendetem — spät abends oder nachts enden dem — Ablöserdicnst im Betriebe oder der Bahnbc- wachung zuweilen nur eine ungenügende Ruhe er halten, da sie am andern Morgen bereits wieder zur üblichen Zeit zur Nottcnarbeit antreten. Die Dienst- dauervorschristen bestimmen zwar nicht ausdrücklich, ivclck>c Ruhezeit in Füllen dieser Art zu gewähren sei; cs liegt aber in ihrer Absicht, dass den Arbeitern auch beim Rücktritt aus dem Ablöserdienst in die Rotte stets eine auskömmliche Ruhe gewährt werde, die im richtigen Verhältnis zur Dauer und Schwere der voranaegangencn und folgenden Dienstverrich- tnnaen stehen muss. Eine Lobncinbusse darf für die Ablöser hierdurch nicht entstehen. * Gründung eines Vereins zur Bekämpfung des Destcchungsunwescns. Im Sitzungssaale der Berliner Handelskammer konstituierte sich am Sonnabend unter dem Vorsitz des Geh. Kommerzienrats Dr. von B r u n ü Ludwigshafen der Verein zur Be kämpfung des B c st e ch u n g s u n w c s c n s. Der Verein zählt bis jetzt an Mitgliedern 35 Vereine und Verbände, 11 Handelskammern, 1 Behörde (Olden- burgische Eisenbahnvcrwaltung) und 191 Einzclmit- glieder. " „Ein Feld für Rechtsanwälte". Zu dem unter dieser Uel>crjchrist in der Sonnabcndnummer ver öffentlichten Artikel sendet uns ein „Anwalt vom Lande", wie er selbst schreibt, folgende Zeilen: „Richtig ist, dass es einem jungen Anwalt leichter er möglicht wird, auf dem Lande eine Praxis zu begrün den. Trotz der Erhöhung der Zuständigkeit der Amts gerichte wird er aber an einem ländlichen Amts gerichte niemals sein volles Auskommen haben. Er muss vielmehr bestrebt sein, die Praxis durch gute Organisation aus verschiedene Amtsgerichte auszu dehnen. So übe ich als Anwalt im dritten Jahre der Praxis meine Tätigkeit ständig an zwei Gerichten eines thüringischen Staates und gleichzeitig zwei preussischen Gerichten aus. Eine derartige ländliche Praxis bat aber zur unbedingten Voraussetzung, dass der ausübende Anwalt auch aus dem Gebiete des öffentlichen Rechtes versiert ist. Lukrativ ist die öffentlich rechtliche Praxis keinesfalls. Dies dürfte für die städtischen Kollegen wohl der Hauptgrund sein, weshalb sic ihr geringe Beachtung schenken. Auf dem Gebiete der Arbcitcrvcrsichcrung und der Streitig keiten zwischen Ortsarmcnvcrbänden verursacht die Bearbeitung einen erheblichen Zeitaufwand, der zu dem Honorar in einem auffälligen Missverhältnisse steht l so ist cs Praxis der Schiedsgerichte für Arbeiter versicherung. den Anwälten die geringste Gebühr von 3 .tf zuzubilliqen, obgleich sie nach dem Gesetz den Be trag von 3 bis 30 -tt zubilligcn können!). Würde landesrcckstlich eine auskömmliche Taxe für die öffent Wilhelm von Preußen unü Elise Rsüzimill. lieber die Beziehungen des Prinzen Wilhelm von Preussen, des späteren Kaisers Wilhelm I., zur Prin zessin Elija Radziwill, der seine Jugendliebe, ja man kann wohl sagen: die einzige Liebe seines Lebens gehört hat, sind in den letzten 20 Jahren wertvolle Mitteilungen bekanntgeworden. Immer noch spär lich war bisher jedoch in diesem Ouellenmatcrial der Prinz selbst mit Aensserungcn und Brie sen vertreten gewesen, und gerade diese empfindliche Lücke füllt nun im Maihefte der „Deutschen Rund schau" Paul Baillcu in willkommenster Weise aus, indem er aus einer rcick-en Petersburger Bries sammlung «in« ganze Anzahl höchst interessanter Be kenntnisse und Acusserungcn des Prin. z« n Wilhelm aus den Jahren 1818 bis 1826 zur Mitteilung bringt. Ls beginnen diese Mitteilungen mit jener schlesi schen Reise des Prinzen im September 1818, wo er in Breslau die ihm bereits bekannt« Familie Radziwill traf. Bei den Bällen in Breslau konnte er wieder mit Elisa tanzen, cs folgte eine Reise durch Schlesien, von deren Tagen der Prinz rühmte: „Einer war immer köstlicln'r wie der andere." Gegen Ende desselben Jahres kamen die Radziwills nach Berlin, wo sich der Umgang fortsetzte. Als der Prinz am 10. Juni 1819 Berlin verliess, um zu längerem Aufenthalte an den Rhein zu gehen, verabschiedete er sich am Abend vor seiner Abreise im Hause Radziwill. „Beim Abschied", so schreibt er darüber, „bewies mir die Tante, wie auch alle anderen, so viel Freundschaft und Herzlichkeit, dass ich wirklich recht gerührt schied, und das auf 6 Monate. Wir haben gar zu frohe Tage bei ihnen in den letzten 6 Monaten verlebt, als dass man ohne Dankbarkeit scheiden könne. Ich muss aber alle Nebengedanken wegen E. bei diesen Zeilen verbitten. Dass sic auch zur Annehmlichkeit des Hauses beiträgt, wird kein Mensch leugnen — aber auch weiter nichts." Weiter nichts? So war damals seine Neigung zu Elisa noch nicht erwacht, oder er war sich ihrer noch nicht bewusst geworden. Auch 1820, im Januar, als er Elisa wiedersah, war er noch keineswegs ihr blinder Bewunderer. Sie gefiel ihm als Undine gekleidet „sehr gut"; er fand „ihre Figur sehr schön und graziös", und „ihre Konversation zuweilen recht liebenswürdig", sie selbst „von Herzen unendlich gut und sehr fromm". Nur mit ihrer Gesichtsfarbe war er auch jetzt noch nicht zufrieden, und ebenso missfielen ihm in ihrem WZen gewisse „Zerstreuungsmomcnte", in denen sie „nickst recht geistreich" erschien. Allein schon der Frühling dieses Jahres brachte die knospende Neigung des Prinzen zur Prinzessin Elisa zur Blüte. Noch schwie gen di« Leiden Liebenden, aber andere sprachen um so lauter, und hte nicht auablribenben Andeutungen machten den Prinzen schliesslich ärgerlich. Wozu „quälce" man ihn überhaupt? „Weil ich dort viel im Hause bin, wo ich seit langer Zeit mit Freund schaft und Herzlichkeit gesehen werd« und mich viel mit Elija unterhalte, die oft recht liebenswürdig sein kann und dabei ein so angenehmes LUesen hat. . . Doch dies alles finde ich so natürlich, vorzüglich bei einer Cousine, dass ich darin nichts Böses sehe, und würde mein Betragen ja gegen jede so nahe Ver wandte dasselbe jein, sobald sie mir gefiele!" So meinte der Prinz damals, aber cs währte nicht mehr lange, da wurde er sich seiner Liel'e lwwusst — frei lich nur, um sogleich auch der Unmöglichkeit ihrer Verwirklichung inne zu werden. Er nahm sich denn auch tapfer vor, leine Hoffnungen zu erregen, die un erfüllt bleiben müssen, und die Ueberzeugung oder die Hoffnung, dass ihr reines, unschuldiges Herz bei ihr solch« Gedanken noch nicht hab« aufsteigen lassen, beruhigte ihn einigermassen. Aber die schwersten Tage seiner Liebe standen ihm doch noch bevor, jene Tage, da seine Gefühle und Entschlüsse in l-estigcn Widerstreit miteinander gerieten. Es äusscrtc sich dieser Widerstreit seiner Empfin dungen deutlich genug, als er im August 1820 wieder in Schlesien mit Radziwills znsaminenkam. In jein« damalige Gemütsverfassung eröffnet uns der folgende Brief des Prinzen Einsicht: „So habe ich also den Entschluss nun gefasst, E. ganz zu entsagen! Ein Entschluss, der mir in der Entfernung von ihr erleichtert wurde, zu fassen, aber welch« Gefühle mich ergriffen, als ich sic in Fürstenstein wiedersah, kann ich nicht beschreiben. Ich bin gewiss nicht blind in Beurteilung ihrer und erkenne so manches Mangel hafte an ihrer ganzen Haltung bei vielen Vorzügen und einem herrlich reinen Herzen! Solch unschuldig kindisckics (so!) Gemüt!! Wo solche Eigenschaften vorhanden sind, da finden alle Ermahnungen, die zum Besten dienen sollen, freien Eingang, und es würde ein leichtes sein, die kleinen Mängel zu beseitigen, vorzüglich märe sic für «inen höheren Rang be stimmt. . . Der eine Tag im herrlichen Fürstenstein war für mich ein Gemisch von Freude und Beklom menheit, das mich in einsamen Augenblicken über wältigte! Niemand ahnt«, was in mir vorgegangen war, Mutter und Tochter behandelten mich mit der selben freundschaftlichen Liebe und Unbefangenheit als sonst, und ich, konnte ich wohl unbefangen sein! Täuschen musste ich di« geliebten Gegenständ«! Na türlich mit grossem Bedacht und allmählich darf ich nur in mein neues Benehme,, übergehen." . . . Trotz aller guten Vorsätze wuchs und wuchs seine Neigung, und die Entsagung schien ihm über seine Kräfte zu gehen. Im kcrbste 1821 schrieb er in dem Gefühle der Einsamkeit und des Kummers, die ihn nach der Abreise seiner Schwester und seines Schwagers dop pelt bedrückten: „Welch «ine harte schwere Prüfung legt mir der Himmel auf!" Und zwei Monate später klagt «r: „Täglich predige ich mir vor, mich nicht von meinen Gefühlen überwältigen zu lassen. Ich arbeite viel und unausgesetzt. . . Aber mitte,, in der Beschäftigung, in den einsamen Stunden, steht Ewig (das war der Prinzessin Kosename) mir vor Augen. . . . Und diese Stunden sind mir doch am teuersten, die Erinnerung so manches schönen ver gangenen Tages knüpft sich an solche Betrachtungen, und ich schwelge in der schönen Vergangenheit, da die Gegenwart mir traurig, öde und leer ist." lstK'nn nun sein« Brief« des weiteren erkennen lassen, dass er damals doch einen Funken Hoffnung in sich nährte, so musste er im nächsten Jahr« von seinem Vater sich auf das strenge Gesetz aufmerksam mack)«n lassen, unter dem die Fürsten alle ständen. Das war ein fürchterlicher Schlag für ihn. Am Abend der Unterhaltung mit seinem Vater war Hof fest. Elisa selbst tanzte dort, der Prinz aber war ausserstande, teilzunehmcn und schrieb in verzweifel tem Schmerze: „Es ist aus. Das teure, liebe, engels gut« Wesen ist für mich verloren! Dies auszusprechen, ist unendlich schwer — es mir aber wirklich lebhaft vorzustellen —, scheint mir noch immer unmöglich. . . Es ist eine schreckliche Prüfung! . . . Fünf Jahre sind es gerade, dass ich zuerst mich gefangen sah!! Wie rasch sind sie verflogen, diese fünf Jahre, welche mir das schönste auf Erden, die erste Liebe kennen lehrten, und zwar zu einem Wesen, dem alle Gemüter zugetan sind! Was muss ich also nicht empfinden, ich, dessen l)«iligstc und reinste Gefühle denen jenes We sens begegneten und ihm nun entsagen muh! . . . Vor wenig Tagen träumte ich mir noch ein Glück, das nun gänzlich zerstört daniedcrliegt. — Ich suche Trost und Stärke da. wo beide nur vollkommen zu finden sind — und der Himmel wird mich nicht un erhört lassen!" . . . Doch war noch nicht alles aus. Wie der Prinz Elisas Liebe zu ihn, immer sicherer wurde, so hielt er ooch auch die Frage der Möglichkeit einer Ehe schliessung noch nicht für endgültig im negativen Sinne entschieden. Er hoffte noch, und indes trat er der Prinzessin immer näher. Im Juni 1822 konnte er in Berlin wieder mit ihr verkehren. Neber den Abschied, den er damals von der Geliebten nahm, hat er sich in einem dieser Briefe geäusscrt: Am Abschiedstagc selbst hatte ich noch eine lange Unter redung mit E. — und welch «in« Unterredung! Sie gewährt mir so gross« und hohe Freude im Augenblick selbst und wahre Beruhigung für die Zukunft! — Da ich etwas heiterer aussah als gewöhnlich, Folge der neuen Hoffnungen, und sie es bemerkte, so erriet st» auch, dass wohl etwas Erfreuliches geschehen wäre, nur ganz von weitem liess ich ihr blicken, was mich bewegte. Da sah ich erst ein, dass sie nie die Hoffnung auiacacbcn hat und mit voller Zuversicht auf eine günstige Acndcrung unseres Geschicks noch rechnet«! Nur auf den Himmel konnte ich ihr und mein Ver trauen Hinweisen, der gewiss nach seinem Willen all«» zum Besten lenken würde; — mehr durfte ich ihr ja nicht sagen! so gern ich auch gemocht hätte! Dann Dienstag» 9. Mal 19N. lich-rechtliche Tätigkeit der Anwälte festgesetzt, dann würden sie sich auch mehr diesem Geoiete zuwenden. Aber die Verwaltungsbehörden haben gar kein Inter esse an der Anwaltsvcrtretung. Das zeigt folgender Fall. Es handelte sich um die Auslegung einer Be stimmung in einer Gemeindeordnung, die die Frage der Wiederwahl eines Bürgermeisters behandelt. Der Bürgermeister hatte vertraglich entgegen dem Gesetze, das eine Wiederwahl auf 12 Jahre als zwingend vor schreibt, sich mit einer Wiederwahl auf 6 Jahre ein verstanden erklärt, vor Ablauf der Wahlperiode jedoch das Abkommen für ungültig erklärt und die Ent scheidung der Behörde durch einen Anwalt eingcholt. Obgleich die fragliche Gemeindeordnung die Anwalts vertretung nicht ausschliesst, wurde der Anwalt wohl zu den Verhandlungen der Behörde zugelassen, aber nicht zum Worte verstattet: dem Bürgermeister wurde aber noch der Vorwurf gemacht, dass er nicht sich selbst vertrat, sondern einen Anwalt beauftragt hatte. Unter solchen Verhältnissen werden wenige Anwälte Lust verspüren, auf diesem Gebiete sich zu betätigen, und die es tun. werden im Interesse ihrer Zivilpraris dazu veranlasst. Denn die Klienten in den Ber- waltungsstreitsachcn werden auch in Zivilsachen dem Ann'-alt. der sie uneigennützig vertreten hat. ihr Ver trauen schenken." Äuslsnü. Frankreich. * Die Winzer beruhigen sich. Di« roten Fahnen, die seit dem 19. April auf der Mairie und den Markthallen in Bar-sur-Aube an gebracht waren, wurden am Montag ohne Zwischenfall entfernt; ebenso auch die be leidigenden Inschriften. Schwei;. * Bei den Neuwahlen wurden als Rcgierungsräte gewählt: «in Freisinniger, zwei Liberale und zwei Sozialdemokraten. Zwei Stichwahlen müssen noch slattfinden. In den Grossen Rat wurden gewählt 36 Freisinnige, 23 Liberale. 17 Sozialdemokraten, 6 Fortschrittliche Bürgerparteilcr und 17 Katholiken. Spanien. * Das Vercinsgcsetz. Aus Madrid wird ge meldet : Der Entwurf des Dereinsgesetzes. der am Mittwoch der Kammer unterbreitet wird, ist, wie bereits gemeldet, in der Fassungendgültig fest gelegt worden. Türkei. * Die Ministerkrisis. „Tanin" behauptet, dass di« Minister des Aeussern, des Unterrichts und des Acker baues heute demissionieren, woraus die Demission des gesamten Kabinetts wahrscheinlich sei. An dere Blätter verzeichnen das Gerücht von einer be vorstehenden Ernennung des Ministers des Aeussern zum Botschafter in Paris. Ein Pressbureau dementiert die Meldungen eines Ueber- grcifens des Aufstandes auf Süd Albanicn. China. * Russisch - chinesischer Zwischenfall. Aus Kirin wird gemeldet: Ein Dampfer der Ostchinesischen Bahn wurde auf dem Sungarifluss« 30 tllZerst unter halb Kirin beschossen. Die Dampferwache er widerte das Feuer. Der russisch« Konsul forderte von dem Gouverneur Ermittelung und Be strafung der Schuldigen. Wrxikv. * Zur Amtsniederlegung des Präsidenten Diaz. Aus New Bork wird dem „B. T." über di« Kund gebung des Präsidenten Diaz noch folgendes ge meldet: Der mexikanische Ministerrat hat am 7. Mai eine Proklamation des Präsidenten Diaz an das Volk ausgefertigt, die am 8. Mai, mittags 12 Uhr im ganzen Lande durch Plakate veröffentlicht wurde. In der Proklamation wurde Diaz' Rücktritt ver sprochen, sobald der Frieden im Lande wieder her gestellt ist, und die energische Bekämpfung der Revo lution angekündigt. Madero hat, nachdem er die Mitteilung von der Proklamation erhalten, di« Ein stellung Les bereits begonnenen Vormarsches der hielt ich es aber auch für Pflicht, sie auf unsere Zu kunft aufmerksam zu machen, wenn der Allmächtig.' keine Aenderung unseres Schicksals beschlossen hoi. Dies war ein schwer zu berührender Punkt, aber mir war wohl, als ich es zwar stotternd und abgebrochen gesagt hatte. Was mich betreffe, sagt« ich, so würde ich in meinen Berufsgeschäften und Erfüllung mei ner Pflichten, sowie in der Ueber.zeugung, stets recht zu handeln, — einst Beruhigung und Zufriedenheit wiederfinden, und die Rückerinnerung an die sck-ön sten (siefühlc würde auch eine trübe Zukunft erleich tern! Dagegen könnt« ihre Stellung in der :--Vtl nicht die jetzige bleiben, sie wäre nicht bestimmt, allein zu stehen, und es würde sich wohl — ein anderer fin den, — der sic dereinst ln'gliicien würde, da mir nicht vergönnt worden sei. — Nu: Tränen waren Anlwort, di« ich verstand! . . ." Drei schwere Jahre der Trennung folgten. Als sich die Liebenden dann in Posen wiedersahen, glaub ten sie sich am Ziele ihrer Wünsche, und Kaiser W.l Helm hat diesen Aufenthalt in Posen immer als die glücklichsten Tage seiner Lieb« angesehen; cs kam hinzu, dass ein Unfall, bei dem er sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen hatte, ihm eine Verlänge rung seines Aufenthaltes gestaltete. — „So unerwar. tct noch so schön« Stunden des Zusammenseins zu c .- leben", und „von liebender Hand gepflegt zu wer den", schien ihm geradezu „romanhaft'. „Keine Feder vermag das zu schildern", was ich in den dr i Tagen in Posen empfand! Dies« vertraulichen Unter haltungen mit einem Wesen, das man so lange still, aber innig und von ganzer Seele geliebt In-:, vo dem man drei Jahre lang schmerzlich und kummer voll getrennt war, während welcher Zeit man sich nur durch Briefe ferner kennen lernte, um mit einem Male so vereint und am Ziele sich zu sehen, wo Ver trauen und Zutrauen mit jeder Stund« wuchs, und man sich von neuem kennen lernte; diese Augenblicke muss man erlebt haben, um sie zu verstehen uno zu be greifen!" . . . Und e'was später fügt er hinzu: „W ' mi' n-b Elise bangt, kann ich gar nicht sagen; ohne ihr ist mir alles einerlei jetzt, da, wenn ich ausgehen mutz, ist es mir ordentlich leid, weil es meine Träumereien stört, die nur ihr gebären, und da kommt es mir vor, als störte man eine Unterredung mit ihr!" . . . Aber nun stand das Zerrinnen seines Liebestraumes nahe bevor. Im Juni 1826, als der Prinz selbst am we nigsten darauf gefasst war, fiel die Entscheidung: sie fiel im negativen Sinne. Der Prinz fügte sich zwar gehorsam den Befehlen seines Vaters, aber er war zerschmettert, und der Brief, den er der langjährigen Vertrauten seiner Herzcnsnöte. der Schwester Char lotte. schrieb eig! die iürchlcrlick;« Verwüstung seines Herzens. „Lese und freudenleer erscheint mir zum zweiten Male die Zukunft; ach! nie, nie hätte ich es für möglich gehalten, dass Gott, nachdem Er einmal so schwer schon prüfte, noch ein zweite» Mal solch schr«ckl-ichcn Ausgang bereiten würde!"
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