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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.05.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191105125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110512
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110512
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-12
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Morgen-Ausgabe AezuflS-Preis Anzeigen-Preis UrMMrTagMM Nr. l3I 105. Zsdrgsn- /reUsy. üen 12. Ms! 1911. A» u«n>tl» unv Baron« vurch unfee» Trizer uno Svedtteuk« 2mal tianch >n» Kau» -rdracht >V Pt. monatU, 2.7U Ml. meneliährl. Bet unfern Filialen u. An» nohmejteLen adgrholt : 7» Pt. »»natl„ A» ÄU. »ieneli-ihrr . . fi4«r Cel.-Ilnschl.j 14 «M ll4«94 Handelszeitung Amtsblatt des Nates «nd des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig r«ch vt« Poft: ttrnerhaw Deulichland, und der deulichen ltolonien oierieljährt. 3.«U Ml., monatl. Ml. anoichl Pokideftellneld Ferner «n Belgien, Dänemark, den Donausraaten. Italien. Luzembura. Niederlande. Nor wegen, Oeaerrer« - Ungarn. Nullland. Schweben^Schwert u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« <be!chäst»ftell« de» Blau«» «rbiiltlich Da» Letp,tger Tagedlau «rlchetnr 2 mal täglich. Sonn» n FetrNag» nur morgen» Adonn«m«nt»-Annahmr Iohannisgasie a. Ker unteren Trägern. Frlralen. Spediteuren und Annahmeiteüen. >owi« Pogamtern und Briesträgern. Gl»»«lo«rta»t»pr,t» »Vt Mr Inlerat» au» 8«tp»tg und Umgedun« dt« Uvalttge Batttgetle lS Ps. dre Neklame- t«ile i All.: von au»warls Zü Ps„ Reklamen l.2l> Mt.: Interal« »,n Behörden im amt lichen Teil di« Petiuerl« Lj Pi. G«Ichäft»ant«igen nrit Vlatzvorlchriften u. in der Abendaurgab« im Preii« erhöht Rabatt nach Taris. Beilagegebühr Desamt» austog« i Mk. p Tausend eikl. Postgebühr. Teildeilag« Höger. Fefterietlte Äusträae können ntcht zurick- qerogen werden. Für da» Erscheinen a» bestimmten Tagen und Plagen wird kern« Garantie übernommen. Anjeigen . Annahme: I,hannrigage «. bet sämtlichen Filialen u. allen Lnnonren» Elpeditionen de» In- und Aurlande». Dru« »ad Berka, de» Letpgi,», !«,«» blatte» ». P»lz. Inhaber: Paul Ntirsten. N»datti»n an» Leschält,stell«: Iohannisgass« 8. Haupt < Filiale Dee»»«» Seestrah« i. l lTelephoa «Lil. Die vorliegende Ausgabe umsayt 16 Leiten. Das Wichtiglte. Der Reichstag begann am Donnerstag die Debatte über die Stellung der kranken kassenorgane in der Reichsncrsiche- r u n g s o rd n u n g. sS. Reichstagsber.s Ueber die rcichsländiichc Ver - iajsungsreform finden neue Verhandlungen zwischen der Regierung und den Parteien statt. iS. LertartikelZ * Eine Panier Zeitung gibt den Inhalt eines früheren Geheimabkommens zwischen Frankreich und Spanien über die Marokko rraqe wieder, 12. Ausl.) " Der russische Dolschafter in Washington Baron Rosen rst zeitweilig zum Verweser des Mini sterfums des Aeukern ernannt worden Scherben. Wir befinden uns nun seit acht Tagen mitten in dem Sessionsabschnitt, ln dem Zen trum und Konservative sich vorgenommen hatten, Berge einzureihens aber die Situation ist um keinen Deut besser. Weit eher wurde sie schlechter und undurchsichtiger, und zwar, was die Sache immerhin noch einigermassen kompliziert, nicht eigentlich durch die Schuld der Sozialdemokratie. Man war auf Obstruktion gefaßt gewesen, hatte sie zum mindesten befürchtet. Was aber bisher von sozialdemokratischer Betätigung in den parlamentarischen Verhandlungen zu sehen war, ist keinesfalls als Obstruktion zu bezeich nen. Man soll doch nicht vergessen, daß bei der Reichsversicherungsordnung über Dinge ent schieden wird, die für den Teil unserer Volks genossen, deren ganzes Leben sich im Rahmen des Arbeitsvertrages abspielt, von unermeßlicher Be deutung sind. Da wird man es am Ende auch verstehen können, daß die Sozialdemokraten, die zwar durchaus nicht die einzigen Arbeiter vertreter, immerhin schließlich aber doch Arbeitervertreter sind, Bestimmungen, die ihnen und ihren Wählern nicht behagen, nach Kräften zu bessern sich bemühen. Wenn an einem Tage, wo die Innungs- und Be triebskassen zur Beratung stehen, einige neunzig Paragraphen erledigt werden, kann von Bos heitspraktiken wohl keine Rede sein. Dieser Zustand kann sich ändern und wird sich viel- leicht auch ändern, dennoch gebietet die Eerech tigkeit anzuerkennen, daß alles, was bis jetzt die Lage verschärft und zugespitzt hat. ausschließ lich auf die Rechnung des wieder regierenden Zentrums kommt. Das elsaß-lothringische Verfassungs werk ist jetzt abermals auf den toten Strang geraten. Wir müßen leider an nehmen — obschon von neuem zwischen dem Kanzler und den Parteien an dem mehrfach gerissenen Kleide geflickt wird — endgültig. Denn die Position, in die bei der eigentümlich verschlagenen Taktik des Zentrums Regierung und liberale Parteien hineinmanövriert wurden, begann nachgerade arg blamabel zu werden. Wie oft hatte man in den vier Monaten dieses Hin- und Herzerrens versichert, nun seien die Schwierigkeiten endlich behoben, in den Pourparlers sei alles abgesprochen worden: in der nächsten Kommissionssitzung schon würde Brief und Siegel unter die Stipu lationen gesetzt werden. Wenn dann der Morgen dieser nächsten Kommissionssitzung an brach, stellte sich heraus, daß die Zentrums fraktion nicht gewillt war, die Ab machungen ihrer Führer zu realisieren. Immer wieder hatte die Regierung das Füllhorn ihrer Gaben geöffnet, hatte den Widerhaarigen von neuem Gnade gespendet: erst die Bundesrats stimmen, dann die Verstärkung der landwirt schaftlichen Vertreter für die Erste Kammer; selbst bei der Wahlkreiseinteilung wäre sie wohl bereit gewesen, den Nimmersatten noch entgegenzukommen. Es hat alles nichts ge holfen, immer wieder erneute sich das alte Spiel. Ein Teil des Zentrums schien geneigt und wiegte die mit ihm unterhandelnde Re gierung und die Parteien in falscher Sicherheit. Kam's dann zum Schluß, so waren die Intran sigenten von der Schattierung Delsors freilich allemal ausschlaggebend. Ob beim Zentrum von vornherein die Absicht feststand, die Vorlage zu werfen und nur, um das Gesicht zu wahren, eine Komödie mit ver teilten Rollen beliebt ward, ob — wie andere meinen — der Führung, die nach der Er krankung Hertlings an Herrn Peter Spahn ge fallen war, nur die rechte Autorität gegenüber dem stürmischen Drange der Zentrumselsässer und ihrer Popularität beflissenen Alliierten fehlte — wer will es mit apodiktischer Bestimmtheit künden? Unerforschlich sind immer des Zen trums Wege gewesen. Die Hauptsache bleibt: Kaum, daß das Schöpfen beginnen soll, ging das Gefäß in Trümmer, und cs sieht ganz so aus, als ob, ehe noch das liebliche Fest herauf zieht, der in diesen Wochen so oft beschworene Berg voll Scherben deutscher Wirklichkeit sein wird. Es zeigt sich auch hier wieder — und zwar in einem besonders schmerzlichen Fall — die ganze Schwäche des Bethmannschen Regiments. Diese Regierung, die über den Parteien stehen wollte und mit wechselnden Mehrheiten arbeitet, hat überhaupt keine Mehrheit. Von Fall zu Fall muß sie sich auf eine anders gemachte Gruppierung stützen. Bei jeder neuen Aufgabe heißt es, non frischem aufbrechen, sich eine Majorität suchen, wobei dann auf eine gewisse Zusammengehörigkeit ihrer Bestandteile natür lich nicht gesehen werden kann. Dadurch muß auch die Rcgierungsmethode selber etwas Sprunghaftes, Zusammenhangloses erhalten, der letzte Rest von Stetigkeit ihr verloren gehen. Beim schwedischen Handelsvertrag z. B. würde, wofern er noch .Zustandekommen soll, die Regie rung auf eine Kombination von Liberalen, Sozialdemokraten und einen Teil des Zentrums angewiesen sein. Aber wird er Zustandekommen? Wir fürchten fast: Was jetzt in der elsaß- lothringischen Kommission geschehen, ist der Anfang oom Ende. Man darf eben auch die psychologische Wirkung solcher Vorgänge nicht unterschätzen. Das eine Mißlingen zieht andere nach sich: die Atmosphäre des Pejsimis mus, die notwendigerweise nun aufkeimen wird, ist neuem Schaffen nicht zuträg. lich. Dos endgültige Urteil über die jetzigen Geschehnisse wird man freilich vertagen müssen, bis es entschieden ist, ob die neuen Sanierungsversuche Erfolg haben oder nicht. Das eine darf man schon jetzt sagen: Scheitert das reichsländische Verfassungswerk, dann wird dies in die Psyche der elsaß-lothringischen Bevöl kerung, die schließlich doch nicht nur aus Leuten wie Preiß, Wetter!- und Weber besteht, tiefe, auf lange hinaus nicht zu verwischende Spuren graben. Was sonst noch etwa geschieht, wird abzuwarten sein. Die Drohung mit der Kanzlerkrise, die man hier und da hören kann, möchten wir nicht ernst nehmen. Im merhin ist es wohl möglich, daß Herr Delbrück, wenn die reichsländijche Reform mißlingt, sich nach Hut und Wanderstab des fahrenden Scho laren umzusehen beginnt. * In Ergänzung unserer im gestrigen Abendblattc veröffentlichten Mitteilungen über die gestrige Sitzung der Reichstagskommission für die elsaß-lothringische Verfassungsreform sei noch folgendes erwähnt: DieReichstagskoinmissionfürdieelsaß lothringischen Derfassungsgesetze beriet am Donnerstag in ihrer vierten Lesung zunächst über den 8 6, Zusammen setzung der Ersten Kammer. Es lagen ein An trag der Rationalliberalen und ein Antrag des Zen trums vor. Nach dem ersteren sollen den Handels kammern vier und den Handwerkskammern zwei, nach dem Zentrumsantrag dem Landwirtschaftsrat sechs Sitze anstatt drei gewährt werden. Staatssekretär Del brück erklärte die Zustimmung der verbündeten Regierungen. Die Anträge wurden angenommen und ebenso der ganze Paragraph mit 16 Stimmen angenommen. Sodann wurde der Antrag der Reichspartei betreffend die religiöse Freiheit lParagraph 24a) angenommen. Der von der Reichspartci beantragte Sprachenparagraph 2-G wurde mit einer Stimmengleichheit von 11 gegen 11 Stimmen ab gelehnt. In der Gesamt abstimmung wurde dann das ganze Verfassungs gesetz mit 13 gegen 12 Stimmen abgelehnt. Hierauf richteten mehrere Mitglieder der Linken und der Reichspartei an den Vorsitzenden Prinzen zu Schönaich-Carolath lnatl.) den Antrag, für Frei tag eine Sitzung anzuberaumen. damit das Wahl gesetz noch einmal beraten werde. Dem Ansuchen wird jedoch seitens des Vorsitzenden kaum entsprochen werden, da andere Mitglieder der Kommission dies für unzweckmäßig erklärten. Es soll vielmehr nur noch der Bericht festgestellt werden, und die Vor lagen sollen alsdann an das Plenum gelangen. Eine offiziöse Stimme läßt sich „zur Erläuterung der Abstimmung", wie folgt vernehmen: Der für die Rcichsregicrung entscheidende 8 6 der Vorlage über die Bildung der Ersten Kammer ist in einer den Wünschen der ver bündeten Regierungen durchaus entsprechenden Form mit 16 Stimmen angenommen worden. Der von freikonscrvativer Seite beantragte Religion« Paragraph sand gleichfalls eine Mehrheit. Rur der Sprachenporagroph. der die gesetzliche Festlegung des gegenwärtigen Rechtszustandes enthalt und der von freikonscrvatier Seite beantragt war, ist mit Stimmengleichheit bei einigen Stimmenthaltungen gefallen. Zn der vom Vorützenden vorgeschlagenen Gesamtabniminung wurde alsdann dos Versassungs gejetz mit 13 gegen 12 Stimmen im ganzen abgelelmi, da nunmehr die Freikonjervativen wegen der Ab lehnung des Sprachenparagraphen gegen das Gesetz stimmten, und aus dem gleichen Grunde die national liberalen Mitglieder, die an sich Freunde der Vorlage sind, sich der Abstimmung enthielten. Auf Vorschlag des Vorsitzenden wurde alsdann, ohne daß es hierüber zu einer Aussprache kam. die in der zweiten Lesung noch nicht beratene Wahlgcsetzoorlage von der Tages ordnung abgesetzt Wie sich hieraus ergibt, kann der Abstimmung nom Donnerstag eine für das Zustande kommen des Gesetzes ausschlaggebende Bedeutung nicht veigemessen werden. Daraus scheint hervorzugehen, daß die Regierung auf den Sprachenparagraphcu in der von der Reichspartei vorgeschlagenen Fassung kein ent scheidendes Gewicht legt. Der Kampf um üie Ksiierwrgsne. ^Stimmungsbild aus dem Reichstage > -> Berlin, 11. Mai lPriv. Lei.» Ern herrlicher Biumenstrauß ziert den Platz des greisen badischen Zentrumsadgcordneten Dr. Lender, der auf eine tOjäbrige Zugehörigkeit zum Reichstag zurückblicken kann. Der Parlamentsveteran ist zugegen und sieht auf das Gewimmel um ihn. wie ein Ueberbleioses aus ferner Vorzeit. Was wir heute zunächst erlebten, war äußerlich nicht erfreulich, die Beratung der heiß umstrittenen Frage der Kassen organc 33!» u. flg. und dazu Graf Westarp lKous.) als Redner das ist Konfliktstoff genug. Als er der Sozialdemokratie vorwirft, in der Krönten kassenoerwaltung habe sic sich in zynischer Weise im Gegensatz zu Recht und Gesetz gestellt, bricht der Sturm los. Der Beifall der Rechten steigert den Lärm der Sozialdemokraten Ledebonr und M etzger tun sich in unqualifiziecburcn Zurusen hervor. Sie er halten ihren Ordnungsruf. Gras Westarp fährt fort und schließt endlich unter brausendem Beifall aus der Rechten und Zischen auf der äußersten Linken. Aber was ist das 4>n Grunde? Neues sagt weder der Beifall noch der Widerspruch Die ganze Szene hat etwas Künstliches. Gewolltes. Wenn Herr Ledebour seinen Zurus: „Sie bellen wie ein Hund" infolge des Ein greifens des Präsidenten noch dahin zu korrigieren vermag: ..Wie ein Polizeihund" swas in seinem Munde ein Witz ist. da er oen Polizeihund als bürgerliches Honnettwesen einsührcn will!. >o kann man an der spontanen Aufwallung der sozialdemo- tratifchen Seele dieses Abgeordneten zweifeln. Auch dem Redner der Konservativen tut man nicht unrcckit. wenn man annimmt, daß ihm die Hervorstcllung eines besonders scharfen Gegensatzes gut in den politischen Kram paßt. Für ruhige Urteile genügt der Grund, um beides nicht tragisch zu nehmen. Abg. Eichhorn lSozZ gibt die Antwort der Sozialdemokratie. „Die Partei der Kali Schmier gelder, des Wortbruchs, der 12 000 <l Bestechungs gelder spricht hier von Reinlichkeit" ist einer »einer ersten Sätze. Zn dem Ton geht cs weiter, und der Präsident stört ihn nicht, seinem Herzen Luft zu maclfcn. Nach seiner Darstellung sind die Kassen Verwaltungen engelsrein. Erst die Mitglieder seiner Partei haben die Lotterwirtschaft in den Kassen bc festigt. Sie sind die Dernburgs gewesen, die Ordnung schafften! Als der Präsident nach Schluß der Rede einen besonders scharfen Ausdruck aufs Korn nimmt und Herrn Eichhorn die übliche Tür ins Freie öffnet, indem er sagt, er habe wohl nichi den Grafen Westarp treffen wollen, rufen nicht nur Eichhorn, sondern ein ganzer Haufen Genossen: „Jawohl!" Doch das kenn zeichnet so recht die Stimmung. Man drängt sich zum Martyrium des Ordnungsrufes. Es soll möglichst scharf zugehcn. die Schärfe ist aber von eigener Art. Mehr als sonst ist das Pathos, das heute ausgewendei wird, geeignet, den Glauben zu stärken, daß die So zialdemokrcrtie keine Obstruktion treiben will. Reden mit „knalligen" Ausdrücken will man halten, Ordnungsrufe will man cinstreichen: dann aber setzt man sich und läßt die Verbandlungen rnhig weiter gehen. Wichtiger als des Grafen Westarps Rede, da es nach der Stellung und dem Auftreten dieses Ab geordneten nicht beschieden sein konnte, versöhnend zu wirken, war üie Meinungsäußerung des Re gierungsvertrcters Staatssekretärs Delbrück. Dan dessen Art aufreizend wirkt, kann sein schlimmster Gegner nicht behaupten. Er bemüht sich denn auch heute, sich von Einseitigkeit frcizuhalten, suchte sicb bei Schilderung der Mißstände in den Kassen wor falscher Allgemeinerung zu wahren, blieb aber dabei, wo Rauch sei, sei auch Feuer, und betonte, daß die neuen Bestimmungen über die Wahl des Vor sitzenden usw. eine Entrechtung der Arbeiter nicht be deuteten. Machte er sich zu eigen, was für die Wahlen an Kautelen durch die Kommission neu geschaffen ist. so gab er über die von derselben Kommission qe troffene Regelung der Beiträge keine bindende Er klärung ab. Er erklärte ausdrücklich, daß die Re gierung die Halbierung vorgeschlagcn habe, stellte je doch in Aussicht, daß, wenn auch das Plenum zur Teilung nach zwei Drittel und ein Drittel zurück kehren würde, er bei den verbündeten Regierungen einen solchen Beschluß befürworten würde. Vo^den Mehrheitsparteien sprach nur noch der Abg. Becker Arnsberg lZtr.f. während Manz die fortschrittlichen Anträge empfahl. Die Nationallideralen werden erfi morgen zu Worte kommen Voraussichtlich wird für sie Abg. Heinze sprechen So lief der stürmisch be gonnene Tag ruhig aus. Es war - leider! — der erste Tag ohne Abstimmung Man ist nm keinen Paragraphen weilergekommen Wünsche üerZnksitterieaklftiere. „Wer keine Aussicht Hal, mit dem fünfzigsten Lebenssahr die Stellung des Regimcntskomman deurs zu erreichen, müßte im Interesse der Schlag sertigkeit der Armee den aktiven Heeresdienst oer lassen. Bei dem heutigen Aller unserer Offiziere müßten weit über tausend Hauptleute und Majore pensioniert werden, um der angegebenen Bedingung gerecht zu werden." Diese markanten Sätze finden sich in einem Aufsatze der „Grenzboten". Der offenbar sachkundige Verfasser des militä rischen Aufsatzes spricht von einem „müßte": ohne weiteres, bei den gegenwärtigen Verhältnissen, erhebt er die Forderung nicht Er denkt an ..das Elend, in dem Tausende ehemaliger Offiziere schon jetzt leben", und wagt es nicht, einen Vorschlag zu vertreten, durch den dieses Elend noch vergrößert wurde. Die Heeresverwaltung, so sagt unser Ge währsmann weiter, sucht den an sie gestellten tcch nischen Anforderungen gerecht zu werden durch Vorpatentierung solcher Offiziere, die nach jeder Richtung eine Gewähr dafür bieten, mit Erfolg als höhere Führer, mindestens aber als Regiments kommandeure verwendet werden zu können. Die Vorpatentierungcn beschränken sich deshalb nicht mehr aus die Generalstadsofjizierc und Adju tonten, sondern dehnen sich auch auf tüchtgc Front ossizierc aus. In dieser Ausdehnung der Vor Patentierung wag eine gewisse Gewähr für die Ver lüngung der höheren Offiziere liegen. Aber die Gewähr ist beeinträchtigt durch die Gefahr, daß mit den Vorpatentierungen Nepotismus und Cliquen wirtschaft Eingang in die Armee finden, und daß tatsächlich die Auslese nicht nach der Tüchtigkeit, sondern nach Fainilienbeziehunacn erfolgt. Wenn auch die Klagen im Reichstag über Bevorzugung des Adels in der Armee etwas nachgelassen Haden, so muß doch der Wahrheit gemäß festgestellt werden, daß Aeußerungen im Munde von Offizieren häufiger gehört werden, die in der Behauptung gipfeln: „Der und der ist vorpatentiert, weil er mit dem und dem verwandt ist." Es lassen sich auch hier und da schon Beiipielc feststellen, wo es außerordentlich schwer fällt, einen sachlichen Grund für die Vorpatcnticrung zu finden. Die Vorpatentierung erscheint danach nicht als einwandfreies Mittel, doch muß man sich vergegen wartigen, daß jede Bevorzugung — und vermutlich will auch der Verfasser des Grenzbotenartikels die Bevorzugung der Tüchtigen — der nachträglichen Kritik und der Gefahr des Irrtums unterliegt. Die wirtschaftlichen Wünsche der Infanterieoffizicre wer den folgendermaßen formuliert: 1) Auch der In fanterist soll die Stellung als Regimentskommandeur grundsätzlich bereits als Oberstleutnant erreichen, wie es bei den andern Waffen der Fall ist. 2» Ledes Iahr sollen weitere Bezirkskommandcurstellcn in solche mit dem Rang und Gehalt von Regiments kommandeuren umgewandelt werden. 3j Solange bei der Infanterie noch schlechtere Beförderungsverhältnisse bestehen als bei den anderen Waffen, sollen die außerhalb der Front vorhandenen Stabsoffizier stellungen, die aus dienstlichen Gründen nicht not wendigerweisc einem Nichtinfanteristen übertragen werden müssen, der Infanterie vorbehalten bleiben. 1) Das Gehalt als Major, Oberst und Generalmajor soll jedem Infanteristen von oem Augenblick an zu gebilligt werden, wo es von einem gleichaltrigen Frontoffizier anderer Waffen bezogen wird. — Also die Gleichstellung ist es, was das „Fußvolk" ersehnt. Es kämpft heute mithin nicht nur das Bürgertum gegenüber dem Adel um die Gleichberechtigung in der deutschen Armee! Gs gellt such snüers. Denjenigen deutschen Priestern, die neuerdings um des Gewissens willen gegen das Zwangszöli b a t ausgetreten sind, ist cs übel ergangen. Peson ders Bischof Keppler von Nottenburg war recht wenig wählerisch in der Art, wie er diese Reformdewcgun'q im Keim zu ersticken suchte. Unv dabei hat niemand an deres als Papst Leo Xl.1I. Dispens von dein Zölibat erteilt. Gerade zur richtigen Zeit unterbreitet der bekannte exkommunizierte italienische Priester unv Politiker Romolo Murri in feiner „Liberia" die fol gende päpstliche Urkunde, datiert vom 10. Juli 1>s»k, ter Oeffcntlichkeit: „1. In Anbetracht, daß der kirchliche Zoll bat nicht göttliches Recht, sondern cinge richtet uno vorgeschrieoen ist von der Weisheit der Konzilien oer ersten Jahrhunderte und von unje rcn Vorgängern im Pontifikat, eine durch die Zeil umstände geforderte Maßregel, da Unzählige oen Priesterberuf ergriffen; 2. in Anbetracht, daß heute und besonders in Amerika von Tag zu Tag die Priester an Zahl ob nehmen, so daß ungeheuer viele Pfarreien ver waist find: 3. in Anbetracbt der Tatsache, daß sich die Iu gend. . . hauptsächlich gerade wegen oes kirchlichen Zölibats vom Priesterberuf fernhält . . . In Kraft aller dieser gewichtigen Gründe . . . erklären wir: daß wir den Priestern dieser Gegend und nur wegen der unvermeidlichen Zwangslage, in der sie sich in diesen Nationen und nntcr diesen Völkern oefinden, die Freiheit gewähren, eine Ehe einzugehen, so je doch, daß üe »ich durchaus der in dieser Beziehung für alle Gläuoigen aufgestellten Ordnung zu unter werfen haben . . . Dies tritt mit dem 1. Januar 1900 in Kraft." Man sieht hier wieder einmal: Rom kann auch anders. Wenn es nur will. Aber dieser Wille fehlt freilich, wo es sich um Deutschland handelt. Der ps-sgogilche verluch ,st auf dem Marsche: aus verschiedenen Gegenden Deutschlands liegen Meldungen darüber vor In Leipzig sind mit Beginn de» neuen Schuljahre« on 21 Schulen besondere Bersuchselementor klassen eingerichtet worden, und für Chemnitz
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