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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110513010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-13
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Leipziger Tageblatt. vom Herren- und Abgeordnetenhause nach schweren parlamentarischen Kämpfen für die Gegenwart bewilligt»» Enteignungsgejetzes, die Fortführung der ausschlaggebenden Ansiedelungstatigkeit in mindestens dem gleichen Umfange wie bis her und weiter Vorlegung eines Parzellierungs gesetzes. In der Nichtanwendung der zwar barten, aber infolge der staatsfeindlichen Bestrebungen der Polen durch das Staatswohl gebotenen Ent eignung, selbst schon in einer Verminderung der Ansiedelung deutscher Bauern erblickt die Orts gruppe den Anfang eines durch nichts begründeten neuen Wechsels in der Polenpolitit der Negierung, der erneut das Vertrauen der völkisch gesinnten Kreise schwer erschüttert und große Gefahren jür die Zukunft des Deutschen Reiches und Les deutschen Volkes in sich birgt, zu dessen Wohlfahrt das Reich nach seiner Verfassung errichtet worden ist." * » Wiesbadener Kaisertage. Der Reichskanzler ist Freitagvounittag in Wiesbaden eingelrosse». Ge sandter Freiherr vonIenisch holte ihn vom Bahn hofe ad. — Der Kaiser nahm vormittags gegen ll Uhr vor dem Kurhaus« die Parade über das Füsilier Regiment von Eersdorff (Kur-Hessisches Rr. 80), Las l. Nassauische Infanterie Regiment Nr. 87, die Unterossiziersckmle in Biebrich und die zweite Abteilung des I. Nassauischen Feldartillerie- Regiments Nr. 27 von Oranten ab. Auf dem Wege vom Schloß bis zum Kurhaus bildeten Krieger vereine mit Fahnen Spalier. Der Kaiser, der die Uniform des Eardedulorps trug, ritt vom Schloß zum Paradeplatz Mit ihm waren das Prinzen- paar Friedrich Karl von Hessen und die Generaladjutanten von Plessen, von Scholl und Freiherr von Lyncter. Der Kaiser begrüßte die Kriegervereine mit einem „Guten Morgen, Kame raden!", ritt sofort die Front der Regimenter ab und ließ diese hieraus vorbeimarschieren. Die Parade wurde von Generalmajor v. Riedel kommandiert. Der Parade wohnten der preußische Kriegsminister und der kommandierende General von Eichhorn bei. Die Schwester des Kaisers, Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, sührte Kaiser Wilhelm hierauf ihr Füsilier Regiment vor. Stach der Parade kehrte der Kaiser an der Spitze der Fahnen in das Schlag zurück, unterwegs vom Publikum mit stürmischen Hochrufen begrüß,. Vor dem Schloß erfolgte noch der Vorbei marsch der Fahnenkompanie. Generalmajor von Riedel erhielt den Roten Adlerorden 2. Klasse mit Eichenlaub. Später empfing Kaiser Wilhelm den Reichskanzler. * Keine „Kaisermanöver" in der Schweiz. Von dem „Figaro" wird die Nachricht verbreitet, daß der Deutsche Kaiser dem schweizerischen Bundesrat eine Teilnahme an den diesjährigen Manöver» des schweizerischen Bundcshecres in Aussicht gestellt habe. Wie demgegenüber die Korrespondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite erfährt, entspricht diese Mitteilung nach den bisherigen Dispositionen des Monarchen nicht den Tatsachen. Auch im vorigen Jahre ist von irgendeiner Seite gemeldet worden, daß in der Schweiz Kaisermanöver statt finden werden. Der Kaiser verfolgt die Entwicke lung des schweizerischen Heerwesens mit großem Interesse und hat dies erst bei dem Siege des schweizerischen Obersten Schaek im Gordon-Äennet- Rennen der Lüfte gezeigt. Rian kann darum viel leicht in Zukunft mit einer Teilnahme des Kaisers an den schweizerischen Manövern rechnen. In diesem Jahre ist aber nicht daran zu denken. * Das Privatbcamtenpensionsgesetz wird, wie im Reichstage verlautet, dem Reichstage leider vorläufig nicht zugehen, da die Staatsregierung sich überzeugt hat, daß sich angesichts der Geschäftslage des Reichs tages die erste Lesung des Entwurfes vor der Sommerpause nicht mehr durchführen läßt. Der Ent wurf soll in nächster Zeit vollständig veröffentlicht werden und wird dem Reichstage voraussichtlich im Herbst zugehen, wenn eine Verabschiedung dieses Ent wurfes in der Herbstsession noch möglich erscheint. Es ist nach einer Berliner Korrespondenz auch nicht aus geschlossen, daß der umfangreiche Entwurf dem Reichstage erst nach den Neuwahlen zugehr. * Für di« Ausrtzuag des Reichstagswahltermin» und die Vorlegung eines Etats oder einer Denkschrift wird dem Reichskanzler von der „Dtsch. Tagesztg." folgende Weisung gegeben: „Für uns handelt es sich im wesentlichen nur um zweierlei. Erstens «cheint uns eine Herbsttagung des Reichstage» notwendig und zweckmäßig: ebenso zweckmäßig und notwendig scheint cs uns, dem Reichstage dann, sei es den Etat, sei es eine Etatsübelsicht, sei es eine Denkschrift über die Entwicklung der Reichsfinanzreform zu unterbreiten. Ob die Vorlegung des Etats selbst oder einer Denkschrift besser sei, wird weiterer Er wägung vorbehalten bleiben müssen. Ob die Er ledigung des Etats bis Mitte Februar möglich sei, ist eine spätere Sorge. Zweitens müssen die Reichs tagswahlen — obwohl es möglich wäre, sie erst im Frühjahr vorzunehmen, wenn der Reichstag kurz vor Mitte Februar aufgelöst würde — unbedingt im Winter stattfinden, weil erfahrungs gemäß sowohl der Herbst, und zwar nicht nur der Frühhcrbst, sondern auch der Spätherbst, als auch der Frühling eine recht ungeeignete Wahlzeit sein würde." Der Reichskanzler wird sich natürlich sehr beeilen, die Weisung des agrarischen Organs zu be folgen. * Kostenerhöhung der Eisenbahnvcrwaltung bei Aufwendungen für Dritte. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat im Hinblick aut die in den letzten Jahren durch die Erhöhung der Gehälter und Löhne erheblich gesteigerten persönlichen Ausgaben der Eisenbahnverwaltung ent sprechend einer Anregung der Kgl. Oberrechnungs kammer verfügt, daß in der Regel von jetzt ab von den Aufwendungen für Dritte Verwaltungs kosten in Höhe von 5 v. H. zu erheben sind. Dem Ermessen der Eisenbahndirektionen bleibt es über lassen, diesen Satz in besonderen Füllen, wenn ein Zuschlag von 5 v. H. gegenüber den Leistungen und tatsächlichen Unkosten der Eisenbahnverwaltung zu hoch erscheint, je nach Lage des einzelnen Falles bis auf 2 v. H. zu ermäßigen. Hinsichtlich der von Vcr- waltungskostenzujchlügen sreizulassenden Aufwen dungen für Wohnuugsinhaber, Bahnwirte usw. soll eine Acnderung nicht eintreten. * Zur Aenderung der Zollrevision des Reisegepäcks. Die sich an den Luudesgrenzcn in ihrer heutigen Ge stalt abspielende Zollrevision des Reisegepäcks ist ein Vorgang, der von jedem Auslandsreisenden mehr oder weniger als Belästigung empfunden wird, ins besondere von solchen Reisenden, die nachts womöglich im Schlafwagen die Grenzen passieren und dann zu diesem Zwecke den Wagen verlaßen müssen. Aber auch sonst ist es überaus lästig, das aufacgebene Ge päck nach den Zollvisitationssälen zu schaffen, den Inhalt durchsuchen zu lassen, es neu packen und wie der zurück nach dem Gepäckwagen schaffen zu müssen. Ja sogar des Handgepäcks wegen wird der Reisende oft genug genötigt, das Bahnabteil zu verlassen und längere Zeit hindurch auf zugigen Korridoren herum zustehen. Der Handelsvertragsverein hat deshalb in wiederholten Eingaben an das Reichs eisenbahnamt darum gebeten, eine Verein fachung und Erleichterung dieser Kepäckrevi- s i o n in die Wege zu leiten, und zwar in dem Sinne, daß das große Gepäck aus durchgehende Gepäckscheine bis zu den größeren Eisenbahnknotenpunkten des an deren Landes aufgegcben und erst dann die lsiepück- revision vorgenommen wird, wo meist ohnehin Aufenthalt, Ilmstcigen oder Zugwechsel eintritt, das Handgepäck aber grundsätzlich in den Bahnabteilen selbst revidieren zu lassen. Zwischen den Vertretern Deutschlands und Oesterreich-Ungarns haben bereits Erörterungen hierüber staltgefunden, und es ist zu hoffen, daß bei den am 12. Mai in Bern beginnenden Verhandlungen über Las inter nationale Uebereinkommen im Eisenbahnfrachtver kehr diese wünschenswerten Erleichterungen zur Er örterung und vielleicht schon zur Durchführung «n diesem Sommer gelangen. * Das preußische Wassergesetz wird, wie wir hören, dem Landtage in dieser Session auf keinen Fair mehr zugehen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß dieses Gesetz dem Landtage im Herbst zugeht, falls für den Landtag eine Herbstsession in Frage kommen Nr. lä2 lOS. Iülzrgans. vorausgesehen. Wir werden den Wahlkamps durchaus enlschieden, aber wie immer in einer Form fuhren, baß üie Anhänger de» Gegenkandidaten von der Rechten daraus keinen Anlaß nehmen können, Dr. Heinze in der Stichwahl ihre Stimmen zu versagen. Die liberalen Parteien werden in Dresden-Altstadt und in Dresden-Neustadt voraussichtlich gemeinsam voraehen." * Aus dem Reichstagswahlkreise Freiberg Der Kandidat der nationalliberalen Partei für den Reichstagswahlkreis Freiberg, Oberbürgermeister Dr. Külz, sprach in den letzten Tagen in Oedcran und Brand vor gut besuchten Versammlungen über sein Progra m m. In Ocderan wurde sein glänzender Vortrag besonders beifällig ausge nommen. Auch die Ansprachen der Herren A. Jung- Freiberg und Generalsekretär Dr. Westenberger- Leipzig fanden die lebhafteste Zustimmung. — Unter dem Vorsitz des Herrn Stadtverordneten Braun- Freiberg wurde am gleichen Abend eine weitere Versammlung abgehalten, in der die Neugrnndung eines nationalliberalen Vereins für Oederan und Umgegend beschlossen wurde, dem sofort 2b Herren beitraten. ' Die Zwickauer Thesen bildeten am Donnerstag den Gegenßand einer Verhandlung vor dem Amtsgerichte Dresden und zwar hatten die Lehrer Paul Lättler, Paul Hentschel und Oskar Glcisberg als Vorstandsmitglieder des Sächsischen Lehrervereins gegen den verantwortlichen Redakteur der „Sächsischen Kirchen und Schulzcitung", Pfarrer Richter in Oberbernsdorf, Beleidigungsklage er hoben. Das genannte Blatt hatte sich im Dezember NUN iounc im Februar >911 in einigen Artikeln mit den Zwickauer Thesen beschäftigt. In den Artikeln waren Wendungen enthalten, durch die sich die drei Lehrer beleidigt fühlten. Der Vorsitzende, Amts richter Dr. Höfer, erzielte jedoch eine Einigung der Parteien die sich gleichfalls hierzu geneigt zeigten. Pfarrer Richter erklärte, unbeschadet seiner iachlichcn Ueberzeugung, die in den erwähnten Artikeln ent haltenen beleidigenden Aeußerungcn unter dem Ausdrucke des Bedauerns zurückzu nehmen und ist außerdem bereit, eine Buße von 125 -um Besten der Dresdner Ferienkolonien zu zahlen, sowie die Kosten des Verfahrens zu über nehmen. Den drei Leorcrn wurde die Befugnis zu gesprochen, den Vergleich zu publizieren, worauf sie ihre Privutklage und den Strafantrag zurückzozen. Infolgedessen wuroc das Verfahren eingesiellt. * Ein wichtiges Bekenntnis. In einer Polemik gegen den nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Liz. Everling verwahrt sich das orthodoxe „Sächs. Kirchen und Echulblatt" dagegen, daß von dessen Seite der Kampf gegen die Konservativen prokla miert werde. In deutlicher Anspielung auf den sächsischen cchultampf schreibt das genannte Organ dabei folgendes: „Die Zeit, in welcher die Wahlparole „Gegen das Zentrum" aus konservative Kreise Eindruck machte, ist vorüber. Diese wissen jetzt ganz genau, wo ihre Todfeinde stehen. Darüber hat ihnen der Schulkampf mit allen in demselben gemachten Erfahrungen die Augen gründlich geöffnet." Dieses Bekenntnis eines sächsischen orthodoxen Blattes ist außerordentlich wichtig und wird für den Rcichstagswahlkampf wertvolle Dienste leisten. * Zur Polcnsrage. Die Ortsgruppe Plauen des Alldeutschen Verbandes hat in ihrer Monatsver- sammlung vom ll. Mar l'.lll nach dem Berichte ihres ersten Vorsitzenden, des Rechtsanwalts Dr. Pezoldt, und nach lebhafter Aussprache einstimmig, folgende Entschließung gefaßt, die beschluflgemäß dem preußischenLandwirtschastsminister^chorlemer-Lieser dem Ostmartenvereine und dem Alldeutschen Ver bände übermittelt werdet» w>rd: „Die über-tOO Mit glieder zählende Ortsgruppe Plauen des Alldeutschen Verbandes, die seit einem Jahrzehnt körperschaft liches Mitglied des Ostmartenvereins ist, erklärt ihre unumwundene Zustimmung zu der Tätigkeit des Ostmartenvereins, insbesondere des Vorstandes und des geschäftsführenden Ausschusses. Sie verlangt mit ihm die Anwendung des nicht als „ulnnur riuio" einer fernen Zeit, sondern als äußerster Notbehelf der Gegenwart von der Regierung geforderten, Leipziger Schsulpielhsus. Eilt Mischied. In Hermann Bahrs Komödie „Kinder" ver abschiede.e sich gestern abeno Frl. Lore Busch vom Leipziger Publikum. Nachdem oie Künstlerin drei Jahre in Leipzig tätig gewesen ist, folgt sie dem lockenden Ruf Berlins, um dort am Lessingiheatcr ihre Laujbahn fortzusetzen. Von hier sieht man sie mit aufrichtigem Bedauern jck-eiden. Denn sie hat sich hier einen festen Platz in der Gunst des Publikums errungen durch eine Fülle künstlerischer Leistungen. Frl. Busch ist eine Schauspielerin von großer Viel jeitigieil, und wie sie leichtfertige Pariser Dämchen darzustellen weiß, so gelingen ihr auch ebenso die lungen Madä-en der Gesellschaft und des bürgerlichen Hauses. Sie überrascht durch ein poesievolles Rauienoelein und rrermag von diesem holden clfen- haflen Waldgcist unbedenklich den Weg zu finden zu Atedekinds Erdgeist — der harten, grausamen, ani malischen Lulu. Das Woche um Woche wechselnde Repertoire des Schauspielhauses bot ihr Gelegenheit, sich an zahlreichen, immer wechselnden Aufgaben zu versuchen. Ihr Streben geht vor allem nach unbe dingter 'N a 1 ü r I i ch l e i t , und sic vermeidet streng das Pathos und jedeUnnatur. Diese einfache, natürliche '.'biedelgäbe des Lebens, wie es Lore Busch auffaßl und wie sie es in kiinstlerisck>er Nachbildung wicder- zugeben sucht, mag Otto Prahm vor allem an ihr angezogen und geschätzt Haden. Es ist der Stil, den er auf seiner Bühne pflegt und mit dem er dem Lessingthealer eine einzigartige Stellung im deutschen Kunstleben geschaffen und gesick>ert hat. Dort harren der Künstlerin neue große Aufgaben, denen sie sich, wie wir hoffen und glauben, gewachsen zeigen wird. In jenem berühmten Ensemble wird sie einen neuen Pfad der Entwicklung beschreiten, der sie unserer Meinung nach nur auswärts führen wird. Erst in jüngster Zeit hat sic uns durch verschiedene interessante Leistungen erfreut. Ihre Reginc in Ibsens „Ge spenstern", die sic im Nahmen der Sonderausführungen spielte, war mit scharfer Charakteristik entworfen und enthüllte die Lebenslust und den Leichtsinn dieser Person ebenso sicher, wie ihre innere Kälte und den Zug zum Bösen. Im Gegensatz hierzu gab sie in dem rasch rierjchwundenen Lustspiel „Die Wespe" eine junge Frau von solcher Holdseligkeit, von so zärtlicher Lieoessehnsucht, daß ihre Leistung, di« doch nur «iner Nebengestalt galt, ükese in ein« höhere Sphäre hob, als sic wohl vom Versager beabsichtigt war. Gerade dies« Rolle führt« uns eine Eigentümlichkeit des Frl. Busch deutlich vor Augen: daß sie nämlich oftmals ihre Fraucngestalten eine Zeitlang sich bewegen und plaudern läßt, daß sie lacht und scherzt und neckt und schmollt, ohne durch besondere Wefenszüge aufzu fallen - und auf einmal findet sie einen Ton von solcher Innigkeit, ein Lächeln von solcher Verklärtheit, einen Seelenschmerz so tief, daß man erkennen muß, dort auf den Brettern steht «in« Künstlerin ersten Ranges, uird den Funken des Genies haben wir plötzlich aufleuchtcn gesehen. Auch die Tochter des Hosrats Scharizer, die sic gestern als Abschiedsgabe uns bescherte, zeigt ihre Begabung in Hellem Licht. Ihre Leistung ist ja in Leipzig schon hinreichend ge würdigt worden. Sie weiß zuerst einen anmutigen Plauderton anzuschlagen, der mit Leichtigkeit den stark pointierten Dialog Hermann Bahrs bewältigt, dann aber dringt sie tiefer in das Seelenleben dieses Mädchens ein, das in schwere Gefühlsverwirrung ge stürzt wird. Eine Gestalt voll Lebenskraft und jung fräulicher Herbheit, der doch auch die Liebenswürdig keit und ein fröhlicher Optimismus nicht mangeln. So wird uns diese Abschiedsvorstellung, an der die Kollegen der Künstlerin mit Laune und Temperament wirkungsvoll beteiligt waren, und die ihr Blumen spenden und Beweise herzlicher Gesinnung des Publikums in reick)em Maße brachte, in freundlichem Gedenken bleiben. Mit dem Baycrlein des Stückes möchten wir Frl. Lore Busch ein zuversichtliches „Glückauf" zurufen, und entsprechen sicherlich den Wünschen des Leipziger Publikums, wenn wir diesem Zuruf noch ein hoffnungsvolles „Auf Wiedersehen" anschließen. vr. I-. 8b. Kauenkragen sul üer vresüneröygjene-kusltellung. lVon unserer nach Dresden entsandten Mitarbeiterin.) Deutschlands Säuglingsfürsorge, Schulhygiene und Jugendfürsorge. Aus der Erkenntnis heraus, daß in der Jugend Gesundheit des Volkes Kraft wurzelt, hat man in un serem, dem Jahrhundert des Kindes, nach jeder Richtung hin dem Ziele zugestrebt, einer Heran wachsenden Generation auf dem Gebiete der Säug lingspflege, Schulhygiene oder Jugendfürsorge das Beste zu bieten. Auf der Dresdner Hygiene-Ausstellung nun gewähren Wissenschaft und Pädagogik in dieser Beziehung eine derartige reichhaltige Mannigfaltig keit von Reiz und Bedeutung, daß es schwer ist. nur das Wichtigste zu würdigen. In erster Linie sind es die neuesten Hilfsmittel auf dem Gebiete der Säuglingspflege, die d«n Besucher fesseln. Dieser Teil, unter dem Vorsitz von Herrn Professor Dr. Heubner, Direktor der Universi täts-Kinderklinik in Berlin stehend, bietet ins besondere interessante Statistiken. Erwähnt seien nur hier die Kurven über Kindersterblichkeit und Ge wichtszunahme: bei der Einführung von fließendem Wasser, Vermehrung der Ammen und des Pflege personal» sowie durchaeführtcr Asepsis war eine Gc- wichtzunahme von 30 Proz. auf 00 Proz. und Kinder- sterblichkeitsabnahm« von 70 Proz. auf 10 Proz. in ter Berliner Universitäts-Kinderklinik zu vermerken. Neben den neuesten Ausrüstungen und Hilfsmitteln für die Kinderkrankcnstube und Säuglingspflege er regen zwei moderne Couveujen, die mit Elektrizität geheizt werden, besonderes Interesse. Da lleber- ernäbrung der Kinder gleich der Unterernährung schlechte Folgen zeitigt, so ist dem Beschauer das nor male tägliche Milchguantum neben dem unnormalen vor Augen geführt, mit dem Vermerken, daß Las Kind in viersiüntiger Pause fünf Mahlzeiten p.o Tag ge. nießen müsse. Die Entwicklung gesunder Kinder im Verhältnis zu kranken, anämischen ujw., Ausschläge und Ekzeme vor, während und nach der Be handlung, Kennzeichen bei Verdauungsstörungen oder Krankheitsfällen sowie die Krankheits ursachen an präparierten Organen sind ersichtlich. In schmalen Röhren übersichtlich gekennzeichnet ist üer Eiweiß-, Fett-, Zucker- und Salzgehalt in der Kuh-, Eiweiß- und Muttermilch, und wiederum muß kon statiert werden, daß die mit Muttermilch genährten Kinder sich bei weitem besser entwickeln. Auf Tafeln und in Röhren wird der in der Kuhmilch vor kommende Milchschmutz und dessen Ursachen ver anschaulicht. In dieser Abteilung ist übrigens unsere Leip« ziger Universitäts-Kinderklinik sowie das Kinderkrankenhaus beteiligt, letzteres mit der Aufnahme eines Diphtherie-Dampfzimmers, Milchoerbrauchskurven, Darstellung von der Ergiebig keit der Muttermilch u. a. Photographische Auf nahmen und Modelle von Kinderkrippen, Hebammen- Lehranstaltcn, Wöchnerinnenasylen, Säuglipgs- heimen, Stillstuben, Baderäumen verschiedener Stätte lenken das Augenmerk auf sich — und immer wieder wird der Beschauer mit frohem Stolz erfüllt auf die Hygiene unserer Kindersürsorge, auf die Fortschritte unserer ärztlichen Wissenschaft, die neben den tausenderlei Dingen z. B. auch dazu mit bcigetragen hat, daß das gefürchtete schwere Zahnen der Kinder von 1t Proz. auf 2 Proz. gesunken ist. Neben einschlägiger Literatur, Statistiken des Ge sundheitsamtes über Deutschlands Eesundheitsver- hältnisse und Krankheitsursachen sind die verschieden sten Krankheitserreger veranschaulicht, unter ihnen auch mikrophotographische Lumiere - Aufnahmen nebst Dreifarbendruckreproduktion der Leipziger Kunstanstalt Dr. Trentler «K. Co., von denen die Aus nahme der Tuberkulosebazillen nach Präparaten un seres Leipziger Professors Kockel besondere Beachtung verdienen. Die Hygiene der Schule, die in früheren Jahren weniger Beachtung fand, ist heute eine unserer wichtigsten Fragen gewortxn, deren glänzende Lösung die Darstellungen innerhalb der Ausstellung veran schaulichen. Ausliegendc Bücher und Zeitschriften aeben Aufschluß über die Hygiene des Schulhauses, kennzeichnen Unterschiede zwischen dem gesunden und kranken Schulkind, und so manches bekannten Päda gogen klangvoller Name begegnet uns dabei. Das Leipziger Kgl. Lehrerseminar be teiligte sich bei diesem Teil der Ausstellung, während die Mappe der Stadt Leipzig durch ihr« Re- gistrande für den Schularzt, Dienstordnung für Schul- ärzte, Berichte aus dem Leipziger Stadtoezirk sowie eine Statistik über die Schulhygiene im Jahre 1907 Sonnsbenü, l3. Mal 19N. sollte. Die Frage der Abhaltung «iner Herbstseßion des Landtages sieht im engsten Zusammenhang mit den Arbeiten de» Reichstages. * Betriedskrankenkaßensersammlu»-. Die dies jährige ordentliche Hauptversammlung des Ver bandes zur Wahrung der Interessen der deutschen Betriebskrankenkassen findet am 14. Juni -u Dresden statt. * Au» der Tobakinoustrie. Der Breslauer Handels kammer wird von ihrem Mitglied Arthur Deler ein ausführlicher Bericht über diese Industrie imIahre 1910 oorgelegt. Der Berichlerstatter ist der Ansicht, daß das abgelaufene Jahr infolge der eingeführten Wertsteuer der Tabakindustrie eine neue erhebliche Belastung und einen größeren Konsumrückgang ge bracht hat, als die Mehrbelastung des Wertsteuer- gesetzes ausmachl. Er konstatiert die Tatsache, daß infolge der W e r t st e u e r 30 000 bis 40 000 Zigarre narbeiter im Jahr« 1910 brotlos gewesen sind und daß diese Industrie auf Jahre in ihrer Entwicklung zurückgeworfen worden ist, große pekuniäre Verluste erlitten hat und ihre auf den Weltmärkten von Hamburg, Bremen, Amsterdam und Rotterdam aus eigener Kraft, durch eigenen Fleiß und rastlose Energie erworbene Machtstellung auf Jahre hinaus erschüttert sieht. . * Ein nrrrnorus oI»ULU8 für Rechtsanwälte? Unter der Rechtsanwaltschaft sind Bemühungen im Gange, für die Ersetzung der freien Advokatur durch «inen numorus cl»u.-jus Propaganda zu machen. Eine Um frage der in Mainz erscheinenden „Deutschen Rechts- anwalis-Zeitung" hat, wie das Blatt mitteilt, bis jetzt das Ergebnis gehabt, daß di« Anhänger des numorug olunsus um 900 bis 1000 Stimmen vor den Gegnern im Vorsprung sind. Die „Deutsche Rechtsanwalts - Zeitung" weist indessen darauf hin, daß dies nicht maßgebend sein könne; eine Entscheidung über die Stellung der Antwaltschast zu der Frage könne erst nach kontradiktorischer Ver handlung auf dem Anwaltslage zu Würzburg erfolgen. * Eine bedeutende Steuerhinterziehung wird aus der Bayrischen Pfalz gemeldet. Der „Tägl. R." wird darüber telegraphiert: „Der verstorbene Reichsrats abgeordnete Dr. v. Klemm, der ein Vermögen von 20 Millionen Mark besaß, hatte, wie sich jetzt herausgestellt haben soll, nur vier Mil lionen versteuert. Die Steuernachholung be trägt die runde Summe von 2 Millionen Mark. Es ist bereits seitens des Finanzdirektors in Speyer eine Untersuchung eingcleitet." Nach Ser nationalliberalen „Pfälz. Rundsch." soll der verstorbene Reichsrat Ritter Dr. August v. Klemm sogar ein Vermögen von 40 Millionen Mark hinterlassen haben. Die cingeleitete Untersuchung wird wohl bald Klarheit in dieser Sache schaffen. Kuslanü. Frankreich. * Kein französisch-spanisches Geheimabkommen. Eine Note der „Agence Havas" besagt: Eine Zeitung veröffentliche am Donnerstag früh den Text eines angeblichen französisch-spanischen Marokko- Abkommens vom 10. November 1902. Wir sind zu der Erkläxung ermächtigt, daß dieses angebliche Dokument apokryph ist. * Die neuen Dreadnoughts. Das Marine Ministerium verkündet halbamtlich mit großer und berechtigter Genugtuung, daß zum ersten Riale seit langen Jahren die Bauzeit für aufs Kiel gelegte Kriegsschiffe nicht nur nicht überschritten, sondern nicht einmal erschöpft worden ist. Von den sechs französischen Dreadnoughts des Danton-Typus, die der erste Flottenplan vorsieht und die am 1. Juni 1912 vollendet sein sollten, werden fünf schon sechs Monate vor dieser Frist fertig sein und rn Dienst gestellt werden können, und bereits im Juli 1912 wird Avmiral de Laperere den Befehl über den „Danton". „Condorcet", „Dideret", „Voltaire" und einen Einblick in die reickic Tätigkeit des Schularztes gewährt. Gilt es, des Kindes körperliche Gesund heit zu fördern, so stehen neueste Mcßapparate sowie Untersuchungsinstrumente für Zahn, Auge und Ohr dem Arzt zur Verfügung: aber auch an allen den Hilfsmitteln fehlt es nicht, die die geistige Beschaffen heit und Veranlagung des Kindes erkennen lassen. Neben Bückierdesinfektionsschränken, Präparaten von Schädeln schwachsinniger, von der Irrenanstalt Fricdrichsberg bei Hamburg zusammengestellt, finden wir statistische Ermittlungen über Reinlichkeits fürsorge für zahnkranke, blinde, kranke und schwach sinnige Schulkinder. Die U n t er r i ch t s h i l f s m i t t e l für di« letz teren sind besonders sehenswert, veranschaulichen sie doch, in welcher eingehenden Weise diese Hilssschul- kinder Berücksichtigung finden und ihrer Individua lität entsprechenden Unterricht genießen. Apparate zur Erlernung der Atmungs- und Sprachtechnik für Stammler fehlen ebensowenig wie Darstellungen rns Seh- und Hörunterrichts für Schwerhörige. Hand arbeiten schwachsinniger Knaben und Mädchen, Hilfs mittel für den ersten Anschauungsunterricht in den Hilfsschulen sowie Ferntastapparate — neueste Wun der der wissenschaftlichen Technik, sind vorhanden. Dec Leipziger Taubstummenlehrer Rudolf Lindner ver anschaulicht unter vielem andern die typische Ent wicklung des Menschen- und Phantasicbildes bei taub stummen Knaben, auf diese Weise die geistige Enr Wicklung Taubstummer unter dem Einflüsse des Schulunterrichts vor Augen führend. Die Leip ziger Universität gliedert sich der Ausstellung mit Modellen und Zeichnungen über Stimmbildung nach neuesten und besten Methoden an. Die ausgelegten Handarbeiten epileptischer Mäd chen, die llnterrichtsgegenständ« jeder Art für Blinde und Taubstumme — alles dieses ergibt eine Reich haltigkeit und Vollendung, zeigt ein Hand-in-Hand- Gehen von Arzt und Pädagoge, daß wir das Bewußt seins sicher sind, daß alles getan wird, um den Stiel kindern der Natur eine Ausbildung angedeihen zu laßen, die sie den gesunden Normalmenschen nahe bringt. Die Schutzgemeinschaft für verlaßene Kinder und Waisen, die Jugendfürsorge bietet Abbildungen und Modelle vorbildlicher Erziehungsheim«, Volksküchen. Nähstuben. Jugendheime, Kinderarbeitsstätten und Musterschulzimmer, gesunde Kleidung, wie sie dir Berliner Waisenfürsorge für ihre Zöglinge liefert, Statistiken über Grund des Aufenthaltes in Fürsorge und deren Erfolge, Waisenkinderstatistiken u. a. Die Stadt Leipzig ist mit einer bildlichen Dar stellung der Berufsvormuirdschaften im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, einer Ueberstchtskarte über die Mitte 1910 beaufsichtigten Ziehkinder — es sind über achttausend — vom Oktober 1SM bis September 1910 vertreten. Der Deutsche Verein für Knabenhandarbeit zu Leipzig, der Leipziger Knabenhort sowie der Bolkskindergarten Leipzig-Vorstadt haben Handfertigkeiten ihrer Zog linge aualiegen, ferner Schnitzereien und Flechtereien. Zeichnungen. Kleb<arb«it«n u. a. Orets Ulling.
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