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veirr 2. m. es. «veua-rwrgavr. Lripzlger Lagrdlatt. Vounersts-. S. /edrusr 1S14. dom La»d«»g«s»ndhe11»a»t betont wird. Io genügt M Widerlegung diele» Argumente» wohl der Hinweis, dass di« sächsisch« medi-inisch« Fakultät, unbehindert durch ihre Lag« in Leipzig, durchaus, innig« Beziehungen und vielleicht inniger« -um Landesgesundbeitsamt unterhält, al» di« Tierärzt liche Hochschule. Dem Landesgesundheitsamt ge- hören von dem Lehrkörper der Tierärztlichen Hoch schule gegenwärtig überhaupt nur m»ei Professoren an. Der Professor für Veterinärpolizei und Fleisch- -ygiene, gleichzeitig Abteilungsdirettor im Landes gesundheitsamt, würde ohnehin in Dresden verblei ben. da er hauptamtlich Landestierarzt (Ministerial beamter) ist. Zudem ist doch die Tierärztliche Hoch, schul« ein« Lehranstalt, di« der Ausbildung von Studenten zu dienen hat, während dem Landesgesund- boitsamt di« praktischen Aufgaben der Seuchen- bekämpfung obliegen. Di« vornehmste Sorg« sollt« die Weiterent- »icklung der Tierärztlichen Hochschule sein. Fiele di« Entscheidung dahin, dass die Tierärztlich« Hoch schule für sich bestehend in Dresden verbliebe, so dÜiebe st« von einer Entwicklung ausgeschlossen, die ihre Schwestcrhochschulen wohl alle einmal nehmen werden, der Verschmelzung mit Universitäten — und di« Stunde der Entscheidung, die jetzt l>crannaht, könnte für die Dresdner Hochschule eine Lchicksals- stunde werden. Wie man die vorliegende Frage auch noch beleuchten und beraten mag —, ein Zurück sollt« er jetzt darin nicht mehr geben. Die den Ab- geordneten obliegende Entscheidung ist gewitz nicht leicht. Man darf indes zu ihnen das Vertrauen haben, datz sie sich vor allen Dingen von der Frage leiten lassen: Was ist für die Ausbildung und Heran bildung von vielseitig erfahrenen Tierärzten das beste? Denn nur auf das beste ausgebildete Tier ärzte kann das Vaterland, insbesondere di« Land wirtschaft gebrauchen als Hüter der Milliardenwerte, di« in den deutschen Haustierbeständen liegen. politische Ueberliekt IrrefÜhren-e Sezeichnungen bei Nahrungsmitteln. Bei der bevorstehenden Neugestaltung des Nahrungsmittelgesetzes soll auch eine Lücke aus gefüllt werden, die sich im Laufe der Zeit sehr fühlbar gemacht hat. In dem Enttourf des Ge sekes vom Jahre 1879 war unter der verbots widrigen Behandlung von Lebensmitteln auch daS „Berschen mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit" aufgeführt, worunter auch eine irreführende Etikettierung verstanden sein sollte. Da aber in der von den gesetzgebenden Faktoren beschlossenen Fassung des Gesetzes nur noch der Begriff „Verfälschen" schlechthin verblieben ist, hat die Rechtsprechung entschieden, daß darunter nur eine an der Ware selbst vorgenommene Manipulation, nicht aber eine blosse Etikettie rung oder dergleichen zu verstehen fei. Das Feilhalten unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung ist im Gesetz nur für verdorbene, nachgemachte oder verfälschte Lebensmittel unter Strafe gestellt. Wer also beispielsweise Ziegen milch als Kuhmilch oder minderwertige Fische unter dem Namen eines hochwertigen Fisches verkauft, kann zlvar unter Umständen wegen Betruges, wegen unlauteren Wettbewerbs oder in anderen Fällen aus Grund des Gesetzes zum Schutze der Ätzarenbezcichnungen, nicht aber auf Grund des Nahrungsmittelgesetzcs zur Rechen schaft gezogen werden. Durch das Verbot einer irreführenden Bezeichnung der in den Verkehr gebrachten Lebensmittel überhaupt würden nicht nur diese Mängel beseitigt, sondern auch gleich zeitig Täuschungen beim Verkauf sogenannter minderwertiger Nahrungsmittel getroffen wer den. Aus diesem Grunde wird das Bedürfnis anzuerkennen sein, bei der Erweiterung und Umgestaltung des bisherigen Nahrungsmittel gesetzes nicht nur das Verkaufen und Feilhalten von Lebensmitteln, die verdorben oder verfälscht oder nachgemacht sind, sondern auch solcher, die irreführend bezeichnet sind, allgemein unter Strafe zu stellen. Vk Lage la Portugal. Dernardiano Machado ist am Mittwoch in Lissa bon eingetroffen und vom Präsidenten der Republik mit der Neubildung des portugiesischen Kabi nett» betraut worden. Machado hat das Anerbieten angenommen und «r aedentt in kürzester Frist dem Präsidenten die neuen Männer vorstellen zu können. Trotzdem ist die Lage in Portugal noch nicht wesent lich gebessert worden, denn nach hier einaetroffenen Meldungen kam es am Mittwochabend in Lissabon im Union-Theater zuTumultszenen. Inmitten der Vorstellung erhob sich plötzlich «in Besucher und er klärte, ein entlassener Eisenbahnarbeiter zu sein. Er sprang auf die Bühne und hielt eine längere Rede, in der er mit Heftigkeit den Ministerpräsidenten Costa und die Eisenbahn-Kompagnien anariff. E» kam ichlietzlich »wischen den Anhängern de» Minister. Präsidenten und der Gefolgschaft des Redner» zu einer a rge » Prüg «l«i, bei der auf beiden Seiten zahlreiche Perionen verletzt wurden. Die Vor stellung mutzte abgebrochen werden. — Auch im Norden des Lande» ist es zu schweren Unruhen gekommen. JnPedregal überschritten die Royalisten die Grenze, wobei sich ein Gefecht mit den Gen- darmen entwickelte, in dessen Verlauf 18 Gendarmen schwer verletzt wurden. Verschiedene Re- gierungsgebäude wurden von den Roqalinen an- gegriffen Erst nach Ankunft bedeutender Ver stärkungen konnten die Unruhestifter aus Pedregal vertrieben werden. Weiter wird hierzu aus Lissabon. 5. Februar ge meldet: Eine vieltausendköpfige Menschen menge veranstaltete am Mittwoch abend einen Fackelzug nach dem Palais des Präsidenten der Republik, wo sie von diesem politische Amnestie und Versammlungsfreiheit erbaten. Der U rästdent liess durch das Oppositionsmitglied Julio Martins seinen Dank übermitteln, woraus sich die Menge un er Hochrufen auf Machado in vollster Ordnung zurückzoz. Dentsehe» Reich. * 2m «Bund für kirchlichen Fortschritt" sprach Dienstag abend Gymnasialoderiehler Dr. Liede aus Freiberg über „Die religiöse Krisis der Gegenwart und ihre Ueberwin- dung" Ueberzeugcnd wies er nach, da» es dem Protestantismus lns heute noch nicht gelungen ist, eine beiriedigende Verbindung mit der durch die Aufklärung entstandenen neuen Weltkultur herzu stellen. Hrnderlich habe vor allem der Pietismus gewirkt, der einen verhängnisvollen Bund mit der Orthodoxie schloss. Die durch die politischen Freiheitsbewegungen entstandene Angst ver ursachte die Reaktion auch auf religiösem Ge biete. So habe es der Pro.estantismus nur zu einer halben Stellung zur modernen Kultur ge bracht' sein Schicksal hänge aber davon ab, dass er zu einer fieudigen Bejahung derselben komme. Er habe auch die wichtige Aufgabe, die Schwächen und Ge fahren der modernen Kultur zu überwinden. — Eine Versöhnung beider Lebensregungen werde dadurch erreicht, dass man sich auf das Wesen sowohl der modernen Kultur als des C hristentums besinne Jene sei rechtverstandene Beherrschung des Stoffes durch den Geist und bewirke Seelenverseinerung. Dadurch stehe sie aber dem Christentume nahe, das eine bestimmte Art zu leben pflege und den Weg wieie, wie man mit dieser Welt fertig wird. Tat sächlich sei auch bei den besten Vertretern sowohl der Kultur als auch des Christentums ein gegen seitiges bewusstes oder unbewusstes Suchen zu be obachten. Die Aufgabe bestehe darin, Brüten zu ein ander zu finden und Bahn frei zu machen. Als die grössten Gegner seien bet diesem Unternehmen auf der einen Seite der Pietismus (Gemeinschaftschristen- tum) und auf der andern Seite die sogenannte De- kadenze zu betrachten. — Dem äusserst anregenden, geistvollen Vortrage folgte eine eingehende Debatte, ,n der der Unterschied zwi chen Christentum und Kultur stärker al» im Vortrage betont wurde. Auch gegen die einseitige Auffassung des Pietismus wurde Protest erhoben. Er hab« vor allem die grosse Be deutung gegen die Sachen-Kultur unserer Zeit ein Gegengewicht darzustellen. — Es war ein ungemein anregender Abend. * Der Verein d«r Fortschrittlichen Bolkspartei in Leipttg und Umgegend veranstaltet Freitag, den 6. Februar, abends '/H Uhr im Rothenburger Erker in Kleinzschocher, Altranstädter Strasse 2, eine öffent liche Versammlung. Kaufmann Richard Pudor wird über „Die politische Lage" sprechen. * * Ballfestlichkeit »« Kaiferhofe. Am Mittwoch abend fand der erste diesjährige grosse Hofball beim Kaiserpaare im Weihen Saale und den anderen Prunkräumen des Berliner Schlosses statt. Don drei Marschällen geleitet, nahte der Hof: der Kaiser führte die Kaiserin. Der Kaiser trug die schwarze Uniform der Leib husaren, die Kaiserin ein« meergrün« Schle""io - mit Silbcrstickerei. Der Kaisex begrüßte zuerst die Gemahlinnen der Botschafter und andere Da««« de» diplomatischen Korp», lodann di« Botschaft«. Di« Kaiserin wandte sich Frau v. Lethmann Hall weg und den Fürstinnen und davanf den Damen und Herren der Diplomatie -u. Bai dem Ball wechselten Rundtän-e mit Lancier» und .alten Tänzen", Menuett 4 1» reine, Gavott« der Kaiserin, alte Franyaise und Prinzengavotte. Di« jüngeren Prinzen beteiligten sich am Tanz. In den ersten Karree» der Lanciers sah man die Kronprin zessin und andere Prinzessinnen und Prinzen: bei der Gavotte der Kaiserin tanzte der Kron- prinz in dem Karree von Leibhusaren mit. * Besuch Kaiser Wilhelm» bei Kaiser Fra« Josef. Wie in Wiener Hoikreisen verlautet, soll Kaiser Wilhelm anlMich seiner Reise nach Korfu, die für den Monat März in Aussicht genommen ist, auch Kaiser Franz Joies in Schönbrunn einen eintägigen Besuch abstatten. * Der Kronprinz und die Kronprinzessin werden sich zum Stapellauf des neuen Linien chiffes „Ersatz Brandenburg" am 21. Februar auf die Germania werft nach Kiel begeben. Der Kronprinz wird die Taufrede halten, worauf die Kronprinzessin den Taufakt vollzieht. Das neue Linienschiff wiro wahr scheinlich den Namen „Kronprinz" erhalten. * Anfra «n im Reichstage. Im Reichstage find von sozialdemokratischer Seite zwei An fragen gestellt worden über Unstimmigkeiten bet der Jnvaiidenversicherungspflicht der in Grenzbezirken wohnenden Arbeiter und über die Versagung der Erteilung von Arbeiterlegitlmationskarten an aus ländische gewerbliche Arbeiter. — Der Abg. Behrens (Wirtsch. Vgg) erkundigt sich nach dem Stande der Vorarbeiten zur gesetzlichen Regelung des Arbeits rechts der in der Gärtnerei Beschäftigten. * Die Reichstagskommisfion für Hausierhandel und Wanderlager beriet die Anregungen betreffend das Verbot des Verkaufs von Mitteln gegen die Konzeption weiter Ein National liberaler erklärte, die neumalthusianftchen Be- strebuncen seien Dekadenzerscheinungen inter nationaler Art Im Interesse der Volkshqgiene fei ein striktes Verbot der Abtreibungsmittel und schärfste Einschränkung der öffentlichen Reklame, die als öffentlicher Skandal zu bezeichnen sei, erwünscht. Notwendig seidieTrennung der Bestimmungen überdie Mittel gegen Empfängnis und gegen Ansteckung. Ein Regierungsvcrtreier betont, dass die verbündeten Regierungen bindende Erttärungen noch nicht ab geben könnten. Ein Mitglied der Wirtschaft lichen Vereinigung bestreitet gegenüber der Sozialdemokratie, dass die Wirtschaftspolitik die Lebensmittel verteuere und den Geburtenrückgang verschuldet habe. Er fordert Unterstützung der Nauen politik durch zwangsweise Herbeiführung derStertliiät Minderwertiger. Ein Sozialdemokrat wandte sich gegen die Heiratspolitik, die gegen die Offiziere, gegen Beamtinnen und Lehrerinnen geübt werde. Nach weiterer Debatte wurde die Beratung abge brochen. * Da» Befinden der verunglückten Reichstags abgeordneten. Der Zustand der beiden verunglückten Zentrumsabgeordneten'H e b e l und Pütz bat sich, wie aus Berlin gemeldet wird, verhältnismässig rasch gebessert. Der schwerverletzte Pfarrer Hebel ist nunmehr äusser Lebensgefahr. * Englische Pressstimmen zu den Regierungserklä rungen in der Budgetkommission de» Reichstage». „Daily Chronicle" schreckt: „Die Erklärungen, die gestern in der Vudgetkommission des Deutschen Reichstag» von dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Jagow und von Grossadmiral v. Tirpitz abgegeben wurden, bestätigen den Eindruck einer stetigen Besserung in den englisch-deutschen Beziehungen. Ihre Worte zeugen von dem grossen Fortschritt gegenüber der Spannung, die vor dem Abschluss der Marokkokrise herrschte. Diese Besserung ist um so weniger gebrechlich, als sie allmählich ent standen ist und sich mehr auf wirtschaftliche als auf gefühlsmässige Grundlagen stützt, und wir glauben, dass sie. wenn nichts dazukommt und kein vorzeitiger Versuch gemacht wird, sie zu übertreiben, automa tisch fortdauern und sich erweitern wird zum Vorteil beider Nationen." — »Daily News" schreiben: „Diese Besserung in den deutsch-englischen Beziehungen ist sehr willkommen, und es ist kein Grund vorhanden, dass sie sich nicht vertiefen und von Dauer werden sollte." * Der «eue Kommandeur der 9Ser. Wie aus Strassburg berichtet wird, ist zum Kommandeur des Infanterieregiments Nr. 99 an Stelle des nach Frankfurt a. O. versetzten Obersten v. Reuter ter Kommandeur der Danziger Kriegsschule Oberst leutnant o. Gündell ernannt worden. Sein Nachfolger in Danzig ist Major Müller vom 18. Infanterieregiment in Minden. * Z«»««er RachkUm«. Di« Militärbehörd« in Strahvurg hat di« Beleidigungrklagen gegen ver- schirdene Zeitungen, die behauptet hab««, dass Leut- nant Freiherr v. Forstner di« französisch« Fahne be- leidigt hab«, Blattermeldungen zufolge »»rück- gezogen, da 22 Soldaten erklären, datz der Leut nant beleidigende Aeutzerungen über di« Fahne getan hab« und nur 4 Soldaten nicht» gehört haben wollen. * Ueber einen Zwischenfall bei der Beerdigung eine» Veteranen berichtet der „Hannoversche Courier aus Verden: Am 2. Februar sollte in dem benachbarten Dorfe Walle der Veteran Johann Hinrich Oelker», Mitkämpfer von 18«j, mit militä rischen Ehren beerdigt werden. Dem Trauerzug sollte einKranz. den derHer - og vonCum- tz e r l a n d gestiftet hatte, vorausgetragen werden. Daraufhin verweigerte sowohl die Kapelle des Verdener Artillerieregiment» ihre Mitwirkung, als auch der Kriegerveretn da» offizielle Trauergefolge. Oelkers, der Mitglied des Krieaervereins war, mutzte ohne die üblichen kriegerischen Ehrenbezeigungen deigesetzt werden. Da der Fall voraussichtlich die Oeffentlichkeit be schäftigen wird, geben auch wir die Meldung wieder. Ob sie sich in allen Punkten bestätigen wird, bleibt abzuwarten. * Nochmal» Bebel» Nachlass. Zu der Feststellung der Erben Bebeis, dass secn Nachlass nur 305OOO X betragen habe, schreibt die „Ostpreugttche Zeitung": „Weshalb versteuerte Bebel im Jahre 1908 in Berlin 684 000 ./t? War etwa Bebel unter der Maske eines Revolutionärs ein so grosser Pa triot, dass er diesem „Racker von Staat" frei willig mehr Steuern zahlte, al» er musste? Wenn nicht, so lässt sich dieser Zwiespalt zwischen den 305000 und den 684 000 doch nur ko ertlären: entweder hat Bebel in den Jahren 1908 bis 1913 unglücklich spekuliert, was wir nach der ganzen Charakteranlage für ausgeschlossen halten, oder er hat die Diffecenz zwischen den beiden genannten Summen und das in den Jahren 1908-1913 noch hinzuerworvene Kapital schon zu Lebzeiten feiner Tochter oder seinem Schwiegersohn übergeben. Anders können wir uns den Sachverhalt nicht erklären. Unsere Behauptung, Bebel hätte bereits 1908 Steuern für ein Vermögen von über 600000 bezahlt, wird mit keinem Wort erwähnt, viel weniger berichtigt, man konnte sie eben nicht berichtigen!" * Sozialdemokratischer Ruf nach Polizeihilfe im Wahlkampfe. Wie die „Freis. Ztg " berichtet, erlebte der sozialdemokratische Reichstagskandidat für Jerichow, Haupt, kürzlich in Leitzkau eine böse Enttäuschung, indem ein freisinniger Redner ihm durch eine patriotische Rede das Konzept verdarb. Als der freisinnige Redner noch zu einem Kaiserhoch aufforderte, schrie ihm „Genosse" Haupt zu, das dürfe er nicht, da er das Wort nicht mehr habe, und suchte dann Hilfe bei der Polizei mit der Auf forderung: „Herr Wachtmeister, walten Sie Ihres Amtes!" Ausland. Oesterreich. * Spionagefall. Aus Fiume wird gemeldet: Die Susaker Polizei verhaftete den serbischen Offi zier Zorka Bogojewitsch und den serbischen Soldaten Stefan Militlsch. Sie werden beschuldigt, in Tantrida, wo zahlreich Serben wohnen, sowie in Fiume und Susak Spionage getrieben zu haben. Beide haben am Balkankriege teilgenommen. Zn ihrem Besitz wurden zwei goldene Siegelringe ge funden mit dem Porträt des Königs Peter, die sie, wie sie behaupten, vom König für ihre Tapferkeit erhalten Laben. Zorko Bogojewitsch wurde als ein Beamter in dem serbischen Ministerium für öffent liche Arbeiten und Stefan Militisch als ein aus Serbien stammender Metzger identifiziert. Ausser dem wurden in Susak unter demselben Verdacht der Kellner Milan Miljutinowitsch und die Kassiererin Lubica Radicsitscs, die in einem Fiumer Kaffee hause beschäftigt war, verhaftet. Zrankreich. * Zum Dreijahresgesetz erhebt, wie ein Tele gramm aus Paris meldet, der ehemalige Minister präsident und Obmann der demokratischen Linken des Senats, Combes, im „Radikal" Einspruch gegen die Behauptung mehrerer Blätter, datz er das Dreijahresaesetz als eine unabweisliche Notwendig keit bezeichnet habe. Combes erklärt, das Drei jahresgesetz müsse wie alle Gesetze respektiert werden, aber er sei noch heute überzeugt, datz der dreissig monatige Militärdienst, für den er seinerzeit ge stimmt habe, für die Zwecke der nationalen Ver teidigung völlig ausreichend sei. Er wünsche auch Vas slerbencke Dors. 39s Roman von Ewald Gerhard Seeliger. (Nachdruck verboten.) „Also ihr Mädels, wenn ihr et^er Fräulein in den Ferien besuchen wollt, sie wohnt in der Obersörsterei im Stadtwald. Es soll mich freuen, cvenn ihr alle kommt und noch einen Haufen mit bringt." Die Einladung wurde mit lautem Jubel ausgenommen. Dann ratterte das Wägelchen um die Ecke und die Mädchen steckten sofort die Köpfe zusammen, um über den Tag zu beraten, an dem sie das Fräulein besuchen wollten. In weitem Bogen fuhr der Oberförster um den Ring herum, kehrte aber im „Russischen Kaiser" ein, um sich zu stärken und seiner Nichte Zeit zu geben, noch einige nötige Einkäufe zu machen. So war es schon gegen Abend, als sie in der Oberförster« eintrafen. Die Tante umarmte ihre Nichte und hieß sie herzlich willkommen, und Waldmann stand regungslos dabei und machte eine eifersüchtige Miene. Als sie sich zu ihm niederbcngte, war er so gnädig, mit der Rute zu wedeln. Nach dem Mendessen nahm sie der Förster ins Gebet wegen der geplanten Gebirgsreise. „Gefällt dir's mcht bei unS?" fragte er arg wöhnisch. „Ö gewiß, Onkel!" versicherte sic ehrlich. „Ich wollte euch nur nicht zur Last fallen." „Da- ist ja beinahe eine Beleidigung!" rief der Oberförster und langte, da sich die Tante in- Mittel legte, die letzte Nummer des „Land boten" vom Nagel. We immer studierte er zu erst die Anzeigen. „Nanu!" rief er, aufs höchste überrascht, und rückte, um besser sehen zu können, ans Licht. „Karl Peukert hat sich verlobt mit Paula Griebsch aus Pogerau. Da steht'S groß und breit, man sollte es kaum glauben." Dabet warf er einen kurzen Seitenblick auf seine Nichte, die von der Nachricht wohl ein wenig blaß wurde, aber ihre Selbstbeherrschung nicht verlor. „Was ist denn daran so unglaublich?" fragte die Tante erstaunt. „Was sagst denn du dazu?" wandte er sich an seine Nichte. . „Was soll ich dazu sagen!" wich sie ihm ans und nahm ihre ganze Kraft zusammen, nm nicht die Augen Niederschlagen zu müssen. „Ich kenne ihn doch kaum." „Daß der sich so ein gewöhnliches Bauern mädel nimmt!" rief der Förster. „Das hätte ich von dem nicht errvartet!" „Er ist eben ein Bauer!" entschied die Ober» försterin. „Und ein Baner braucht eine Bäue rin." „Ach waS, Bauer!" wies er ihren Einwurf zurück. „Wie lange »vird's denn wohl mit seiner Bauernherrlichkeit noch dauern? Uebers Jahr, wenn alles gut geht, hat der Bürgermeister seinen Kopf durchgesetzt und das ganze Dorf Gramkau einaesackt." „Mag er!" warf die Oberförsterin ein. „2Vas ändert das? Die Gramkauer werden doch Land wirte bleiben." Quarkspitzen!" lachte er und faltete das Blatt zusammen. „Mit der Landwirtschaft hat's dann geschnappt. Spekulieren werden sie, Häu ser bauen werden sie, richtige Städter werden sie werden. In die Stadt werden sie ziehen, eine Villa werden sie sich kaufen und Renners werden sie werden. Das ist der Lauf der Welt!" „Was du dir da alles zusammenphanta sierst!" erwiderte die Försterin und ging mit ihrer Nichte in die Küche. Jetzt, wo Karl Peu- kert verlobt war, hatte eS doch keinen Zweck mehr, darüber zu reden. Seitdem hatte Margarete Dobisch Ruhe, war viel mit ihren Gedanken allein, und der Frie den de- Waldes, der sie umrauschte, schläferte ihr müdes Herz ein. Inzwischen hatte es der Bürgermeister Bie- lau vurchaesetzt, daß die Eingemeindungsfrage auf der Gramkauer Gemeindeversammlung kurz vor der Ernte noch einmal zur Sprache kam. Diesmal hatte Julius Klamt den Antrag gestellt, dessen Mietskaserne mit den Kompanie kasernen um die Wette in die Höhe wuchs. Um ß möglichst hohe Verzinsung zu erzielen, machte er die Wände dünn und die Stuben so niedrig und so eng lvie möglich. Schweineställe! dachte Max Hanschke, dessen Interesse am Dorf mit seiner Hoffnung aus Life wuchs. Der geborene Bodenwucherer! Julius Klamts Antrag wurde mit großer Majorität abgelehnt. Aber es war ihm doch gelungen, einige kleine Leute zu sich herüber zuziehen. „Da warten wir eben noch ein bißchen!" schrie er siegesgewiß. „Uebers Jahr haben wir die Majorität. Da stimmen die Arbeiter mit." Und das war nicht von der Hand zu weisen. Nach einem Jahre bekamen die Neuzugezogenen, die auf dem Stadtgut und aus der neuen Korb fabrik wohnten, Sitz und Stimme in der Ge- miendeversammlung. Doch das alles ging dem Ersten Bürger meister viel zu langsam. Seiner Art gemäß wollte er semen Willen sofort durchdrücken. Bor allem war es das Pcukertsche Gut, das seinem Streben wie ein Klotz im Wege lag, und woran vornehmlich das Eingemeindungsprojekt zerschellte. Deshalb schickte er schon am folgen den Morgen den Zweiten Bürgermeister als Un terhändler an Karl Peukert und ließ ihm einen Tausch anbieten, um von der Stadtgrenze bis zum Kasernenkomplex wenigstens eine schmale Brücke schlagen zu können. Karl Peukert war nickt abgeneigt, stellte aber dem Magistrat die Bedingung, entweder die Kosten für den Schul neubau zu übernehmen oder die Arbeiterfami lien, die auf dem Stadtgut wohnten, zum Ab zug zu veranlassen. Der Vorschlag wurde ab gelehnt, weitere Verhandlungen wurden nicht gepflogen. Sie wären auch zwecklos gewesen, da sich die Kampfstellung der beiden Rachbar gemeinden schon zu weit entwickelt hatte. ES ging jetzt aus Biegen oder Brechen. Die Ernte begann. Max Hanschke schlief fick noch einmal ordentlich aus, denn morgen sollte der erste Roggen fallen. Mit Sonnen- aufgana brachen sie auf: Karl Peukert mit Life, Max Hanschke, Paul Mützel und die beiden Mägde. Bald standen sie an dem weiten Roggenfeld, das dem Bürgermeister den Zugang zu den neuen Kasernen versperrte. Bis Mttag sollte der erste Streifen, der von der Chaussee bis zum Bahndamm gut siebenhundert Meter weit lief, gemäht sein. Karl Peukert tat den ersten Schnitt, und Life trat hinter ihn, um das gemähte Getreide abzuraffen. Paul Mützel mit der Großmaad nahm die zweite Linie in Angriff, und Max Hanschke kam mit der Kleinmagd ins Hintertreffen. Er mußte weit ausholen und durfte weder rechts noch links sehen, um mit den Abstand zu halten. Um sieben Uhr stach die Sonne schon mit ver sengender Glut vom wolkenlosen Himmel. Max Hanschke hatte keinen trockenen Faden mehr am Aber er ließ nicht locker. Da, als er sich einmal verschnaufte, um sich den Schweiß von der Stirne zu wischen, sah er über die schweren, goldgelben Aehren Lises spöttische Augen, alS wollte sie sagen: Du wirst im Leben kein Land wirt, gib dir nur keine Mühe! Da säbelte er drauf los, daß die Halme nur so niederrauschten, und er der Großmagd hart auf die nackten Fersen kam. Um neun Uhr wurde Frühstückspause ge macht. Karl Peukert und Life setzten sich auf den Rain, der Knecht und die beiden Mägde in den Chausseegraben, während Max Hanschke sich den Grenzstein als Sitzgelegenheit wählte, der von Frost und Regen rundgearbeitet freundlich aus dem grünen Grase sah. Karl Peukert trank klares Wasser, Paul Mützel, der Großknecht, klaren Schnaps, und Max Hanschke kalten Kaff«. Im übrigen sorgte er für die Unterhaltung und redete daher wie ein Landwirt mit Über reifen Erfahrungen, die er sich aus verschiede nen Büchern angelesen hatte. Er nahm den Mund wirklich ein wenig zu voll, und es war durchaus verständlich, daß Life die Geduld riß. „Sie haben wohl die Weisheit mit Löffeln gegessen?" spottete sie. „Das haben Sie wohl alles auf dem MagistratSbureau gelernt." > lsortsetznng in der MorgenanpgadeZ