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Menö - Ausgabe »»kL»» kür Letpztg «a» Vororte üurch unser« Trüarr VLAU ASPr »1^» » IUI» Sp«»u««r» LmaNügU» los you» gebracht: moaatUch 1.23 M., »terteyahrttch 3.73 M. Sri »er ch«1ch»N»Nell», unfern Ztltolen un» NuogobeNeUea adgebvU: m»uatUch1M..vt«rt«ll»brllch3M. Durch »t« Post: tnuerhold deutschlan». un» »er »rutschen «o Ionien «»nalllch 1^4 M., vtrrteliührUch 4.3« M., ausschUeAUch postdrsteUgel». Va» leipziger ssa-edlatt erscheint werktags »mal. Sonn-u.Zr>ertag»1mat. In Leipzig, üe» Nachbarorten un» Sen tprtrn mit eigenen ZNIalrn wir» »le stbenSouogab« noch am sidenü Seo erscheinen» in» hau» geliefert. SerUnrr Neüokttoa: Jo Sen Jetten »7, Jernsprech-stnschluft: Moabit Nr. 447. Amtsblatt des Rote» urrd des polireramtes der Stcrdt Leipzig NeSaktion und Seschaftsstellr: Johanni,goss, Nr.«. 4 Zernsprech-Mnfchluz Nr. 14»42, >4»43 und 14444. ISS. Jahrgang »»»re--. sitr Inserat» au» Leipzig uuü Umgebung Sie /»UISIAkltprLIsL » »spaltigepettreeilersps., Sie N«klam«,eilel M., v»a ou»««trt» 34 Pf., Nekiamen 1.24 M., Klein« flnzelgen »iepetitzril« nur 2»pf.d.wi»ü«rh»l.Nab.,Inserat« von VehbrSen im amtlichen Leit Sie Petit» zell« 34 Pf. SefchSftaanzeigea mit plahvorschrif« >m Preise erhöht. Nodatt nach Larif. Seilageu: Srlomtaufl.3M.»o»eausrnS au»schl.pos»,edlihr. N»zrtg«n»Nunadme: Johanalogasse«, bet sämtlichen filiolen »»»Leipziger kogedlatt«, un» allen stnnoncen-SxprSittonen ür» In» un» ssuelanSe». S«schast»st«U» für verlin u.»le pr.Scan»ndurg: direktionWalterZliegel, Verltn w. 14, Morgarethenstrah« «. Zrrnfprech» Anschluß: Lüyow «471. Sannsvenü. üen 14. /edrusr. Nr. 82 1914. Das Wichtigste. * In Zittau ist ein Soldat des Inf.-RegtZ. Nr. 102 an Genickstarre gestorben. (S. Sachs.) * In Köln findet eine Bischofskonfe- rcnz statt, die sich mit der Gewerkschafts frage befassen wird. («- Dtsch. R.) Ueber den Gesundheitszustand in der französischen Armee liegen neue schlechte Nachrickten vor. ss. Ausl.) Innerpreussisches. o Berlin, 13. Februar. Zn dem p r c. u ß i s ch c n A b g e o r d n e t e n - Hause hat inan soeben eine gar seltsame Etat- dcbattc erlebt. Zur Verhandlung stand das Mi- nisterium des Innern, und da, wie Herr v. Kardorff ganz richtig bemerkte (in" seiner mild dahiiistürn'.cndcn Kainpsrcde floh sonst lei- der nicht allzuviel Richtiges mit unter), das Ministerium des Innern in Preußen das füh- rendc Ressort ist, wäre es an sich wohl zu ver stehen gewesen, wenn man nicht allzu ängstlich sich an den Titel Gehalt des Ministers hielt, sondern den ganzen Bereich innerpreußischer Politik mit in die Erörterung zog. Sv ganz uneingeschränkt führend ist das Ministerium, das zurzeit Herr v. Dallwitz verwaltet, freilich nicht immer gewesen. Da noch Johannes v. Miquel am Kastaniemväldchen gebot und nach ihm der Freiherr v. Rheiubaben, gebührte die Führung unstreitig dem Fiuanzrcssort. Aber Herr Lcntzc scheint von solchem Ehrgeiz weit entfernt zu sein, und also trifst es schon zu: das Mnisterium des Innern, in dem die Fäden der ganzen Staats verwaltung znsammenlaufen, ist zurzeit das wichtigste Ressort, und weil jede Aktion, die malt im Reiche plant, jeder Entwurf, den man dem Reichstage vorzulegen wünscht, vorher von den preußischen Zentralbehörden begutachtet wird, i^ cs weit über die Grenzen des preußischen Staates eine der bedeutsamsten Fragen inner deutscher Politik (und zuweilen auch eine unserer ernsthaftesten Sorgen), in welchem Geist dies gewichtige Amt von seinem dermaligen Inhaber versehen wird. Wer die mitunter dramatisch be wegten, stellenweise pathetischen und zwischen durch schlechthin unwürdigen Vorgänge dieser Tage noch einmal an sich vorüberziehen läßt, wird der Wahrheit gemäß scstzustcllen haben, daß dergleichen Fragen überhaupt nicht gestellt Reisebriefe von Zraneois Loppee aus Deutschland. Briese von Fran? vis Eoppöe, die Jean Monval zum erstenmal veröffentlichen wird, enthalten nicht uninteressante Aufzeich nungen über eine Reise durch Deutschland, die der ipätkw so chauvinistische Poet in vorurteils freierer Stimmung 1873, also bloß zwei Jahre nach dem Kriege, zurücklegtc. An Bord des „President" kam er nach stürmischer Mecrfahrt mit Seekrankheit im August in Hamburg an. Wir entnehmen seiner Skizze folgende Stel len: „Hamburg. Kleine Dienstmädchen mit nackten Armen, weiße Hauben im Haar. Alster: Pseudosee von Genf. Langweilig Zoologischer Garten. Der Schimpanse. Sein Gesicht erinnert mich an jene Kassierer großer Bankhäuser, die Goldbrillen, schwarze Pollbärte und dicke Uhr ketten tragen. Das war ausfallend. Streits Hotel. Dekoration des Spciscsaals. Wir be ginnen auf deutsche Art zu leben: morgens Tee, eine einzige große Mahlzeit tagsüber, in der Tunke Konfitüren, abends leichtes Mahl. Die Deutschen tragen ostentativ Brillen. Der Brauch, die Betten einzuschlagen, ist hier unbekannt. Man soll nicht reisen. Alte, schreckliche Landauer. Triumphale Büsten Kaiser Wilhelms und der andern Sieger von 1870. Schmerzlicher Ein druck. Privatdenkmal für Wilhelm, gesetzt von einem Hamburger Eigentümer. In Summa, eine Ration, die heranwächst. Bahn von Altona nach Plauen. Pantomime mit einem Engländer. Hol stein. Eine Normandie mit Seen. Schöne Bäume, Wälder. ES regnet. Rußiger, echt skandinavischer Himmel. (?) Graf Baudissin. Prachtvoller Alter. 85 Jahre. Hat Goethe, Chateaubriand, 9Rme. de Stael usw. gesehen. Er hat nichts Deutsches: die lokale Physiognomie verwischt sich bei einem sehr betagten Manne; er ist der Mann eines Jahrhunderts viel mehr, als der Mann eines Landes. Rantzau. Prächtiger Park; feuch ter, fetter Boden; Kastanien, Tannen, riesige Eichen. DaS Schloß; alte sehr häßliche Por träts. Französische Bibliothek eines deutschen Edelmanns vom Iahrhundertende; obszöne Bücher verbrannt. Meierei, Butterfabrik, alles rot bemalt, äußerst rein. Eindruck wie Nürn berger Spielzeug; häßliche Mädchen mit un geheuren Mahagoniarmen. Deutsches Essen; Kon fitüren zum Fleisch. Die ersten Störche gesehen. worden sind. Man hat ein wenig an der Peri pherie herumgebastelt, sich, was im Grunde un beträchtlicher Kleinkram ist, über die Wortkarg heit des Ministers in Sachen Jagow geärgert, die Kölner Polizciskandale gestreift, wohl auch die stiefmütterliche Behandlung der Stadt Ber lin und die gelegentlich recht schikanöse unserer jüdischen Mitbürger beklagt, aber das Zentrum — die politische Stellung und Haltung des Mini sters — hat man gar nicht berannt. Von dem sozialdemokratischen Redner natürlich abgesehen, dessen Ausführungen in Maßlosigkeit und Roheit versanken. Vielleicht tat man auch recht daran; kann sein, daß es keinen Sinn hat, nun, da Herrn v. Dallwitz' Amtsführung sich ins fünfte Jahr dehnt und wir allgemach wissen, was wir von ihm zu erwarten haben, noch ausdrücklich seine politische Psyche erforschen zu wollen. Der Herr Minister befand sich denn auch in der an genehmen Lage, in der Hinicrhand bleiben zu dürfen. Er spendete zu den Einzclfragen ein paar Auskünfte; ün übrigen hielt er sich zurück und sah gemächlich zu, wie zu seinen Füßen die Landboten nicht gerade einander die Kopfe, aber wie sie die Haare spalteten. Herr v. Kardorff, der neuerdings — ähnlich, wie das ehedem im Reichstage Herbert Bismarck zu tun pflegte — mit Aussprüchen seines verstorbenen Vaters zu prunken liebt (wobei hinzuzusügen sein wird, daß der Landrat v. Kardorff immer noch nicht Bismarcks Aeltestcr ist und der verewigte Wil helm v. Kardorff uns nicht das Deutsche Reich gründete), sang das allmählich etwas müde ge hetzte Preislich auf Preußens Herrlichkeit und kündigte in seligen Visionen den Massenstreik, bei dem das starke Preußen uns noch alle und den zuchtlosen Süden dazu zu retten haben würde. Später aber rief er, nach sehr unpolierten An griffen aus die Abgeordneten Bassermann und «chiffcr, zum Kampfe gegen die Sozialdemo kratie. Und obschon ihm diese Angriffe sehr nachdrücklich und sehr würdig sowohl von Herrn Lohmann wie auch von Herrn Fuhrmann ver wiesen wurden: plötzlich war man doch mitten in einer Antiumsturzdcbatte nnd erwog mit vielem Eifer die Möglichkeiten und Aussichten der soge nannten Sammlung. Wir wissen es: die Auf fassung ist heute weit verbreitet, daß „die So zialdemokratie von Tag zu Tag drohender ihr Haupt erhebt." Das ist eine Sache des Glau bens, für die schwerlich ein zwingender Beweis zu erbringen sein wird, für die er auch im Ab- gevrdnctenhause nicht erbracht worden ist. Sol len wir um deswillen alles stehen und liegen lassen nnd nur dieser einen Aufgabe nachjagen? Und ist das überhaupt eine, die in so ernster Zeit, wo Deutschlands Stellung zwischen den Völkern an Behagen kaum gewann, uns aus zufüllen vermöchte? Manche werden geneigt sein, das nachdrücklich zu bezweifeln und wer den auf den Rcick>sverband verweisen, dessen ab steigender Lebenslauf doch wohl dartue, daß der Kampf gegen die Sozialdemokratie als einziger oder vornehmster Daseinszweck ein Unding sei und von vornherein mit Unfruchtbarkeit geschla gen. Wir können uns einmal nicht helfen: wir werden die Empfindung nicht los, daß es sich bei diesem sogenannten Kampf gegen die Sozialdemokratie um ein Spiel mit Worten handelt, das durch die ewigen Wiederholungen nicht eben an Gcdankeninhalt gewann. Äir wüßten keinen im ganzen Bereich der bürger lichen Gesellschaft, der, wenn es hart auf hart läme und unsere staatliche Existenz durch die Sozialdemokratie ernstlich bedroht schiene, sich der nationalen Gcineinbürgerschaft versagte. Einstweilen aber sind wir denn doch noch nicht so weit, und wir wollen hoffen, daß wir so weit auch nie kommen. Einstweilen gibt es vielmehr sonst noch mancherlei in unserem öffentlichen Leben zu schaffen, zu wirken und zu bessern, und wir vermögen nicht zu finden, daß die Sammlung da uns irgendwelchen Nutzen ver hieße. Möglich, daß in der Frage des Arbcits- willigenschutzcs, unter dem Herr Fuhrmann doch wohl etwas anderes zu verstehen scheint, als die Reichstagsfraktion, ein Zusammengehen zwi schen den Konservativen und den National liberalen Preußens zustandezubringen wäre: in anderen, wie uns bedünkcn will, unendlich wich tigeren Fragen gehen doch auch sie auseinander. Herr Lohmann erklärte im Namen seiner Frak tion: sie sei von der Notwendigkeit, das preu ßische Wahlrecht zu reformieren, absolut über zeugt; diese Reform bliebe eine der dringend sten Aufgaben unserer Staatsverwaltung' und Gesetzgebung. Herr v. Kardorff aber hatte zu vor in dem herrischen Tone, in dem man sonst nur Herrn v Heyoebrand reden zu hören ge wohnt war, geboten: eine Wah Ire form kommt nicht, eher kommt der Massenstreik. Wie soll man Elemente, die so verschiedene Wege wandeln, sammeln? Und wenn man sie nicht sammeln kann, welchen Sinn hat cs, darüber vier Tage zu reden? Volksverficherung. lD Der Reichstag hat — wie in diesem Blatte schon an anderer Stelle berichtet wurde - gestern einen ' vollen Nachmittag der Lebensversicherung gewidmet. 2n erster Linie handelte es sich dabei um den Gegensatz zwischen den privaten Gesell chasten, E die von Reichs wegen der Kontrolle des Auisichts- amtes für Privatversicherung unterstehen, und der sogenannten öffentlich-rechtlichen Versicherung. Für letztere wird, eben ihres öffentlich-rechtlichen Charakters wegen in Anspruch genommen, dass nicht das genannie Reichsamt, sondern die jeweils vor gesetzte politische Behörde, also in Preußen letzten Endes der Minister des Innern, zuständig sei. Dies kann nach dem bestehenden Gesetze auch kaum bestritten werden. Berechtigt dürfte aber der An trag sein, der wohl auch die Mehrheit des Reichs- tags finden wird, daß die öffentlichen Versicherungs anstalten wenigstens dann, wenn sie ihren Gc.chäftsbctrieb über die einzelne Provinz oder gar auf einen anderen Bundesstaat ausdehnen, den pri vaten Gesellichaiten gleichgestellt und inwweir dem Amsichtsamt unterstellt werden. Denn alsdann hat man es mit einem wirklichen Konkurrenzkämpfe zu tun. bei dem, wie zutreffend gesagt wurde, die Waffen gut und gleich fein mühen. Keinesfalls darf cs doch zuläffig sein, daß in dein jo vielseitig gestalteten wirtschaftlichen Leben dem privaten Unternehmer, nachdem er erst der Pionier gewesen ist, dadurch sozusagen das Wasser abgegraben wird, daß im Wettbewerb mit ihm andere austreten, die die Autorität oder ^ar — ganz läl.chlich — die grössere Sicherheit des Staates für sich in Anspruch nehmen. Auf jeden Fall wäre dies eine wenig vornehme Vorbereitung einer etwaigen Verstaatlichung, die gerade für das Ge biet der Lebensversicherung an dieser Stelle gewiß nicht empfohlen werden soll. Mrt Recht haben fast alle deutschen Handelskammern, auch die Leipziger, darauf hingewiejen, dass die Konkurrenz der öffent lichen gegenüber der privaten Lebensversicherung, auf deren Entwickelung in Deutschland wir mit Recht stolz sein tönnen, grundsätzlich bedenklich und ge fährlich ist, insbesondere zu einer Zeit, wo Reich und Staat so sehr auf die Opfersreudigkeit und Opfer s ä h i g k e i t oller ihrer Angehörigen ange wiesen sind. Erfreulich an der Auseinandersetzung im Reichs tage war das allseitig unverkennbare Be streben, die leider vorhandenen Gegensätze nicht noch zu verschärfen. Es soll darum auch nicht an dieser Stelle untersucht werden, wer die Schuld daran trägt, daß der Kamps draußen viel hitziger war. Er hatte vielfach Formen angenommen, die zur Berufung auf das Wettbewerbs gesetz zwangen. Bemertenswerterweise — und soviel wir wissen im Gegensätze zur preußischen Regie» rung — bekannte sich der stets vorurteilsfreie Staatssekretär des Reichsamts des Innern zu der Auffassung, daß auch gegen öffentlich-recht liche Versicherungsanstalten oder ihre Beamten das Wettbewerbsgesetz grundsätzlich anwendbar sei. Diese Ansicht, der sich hoffentlich die ordentlichen Gerichte anschließen werden, wird eine abkühlende Wirkung auszuüben nicht verfehlen. Ob den preußischen Provinzen, die bereits öffent liche Versicherungsanstalten gründeten, andere oder alle nachiolgen werden, — in welchem Falle eine Beschränkung je auf die Provinz unbedingt gefordert werden müßte — steht dahin. Auch in Sachsen wird bekanntlich über Gründung einer derartigen An- Der Diener Alexander ist erstaunlich; altes Re pertoire. Die Dresdener Galerie. Die „I uugf r a u" von Holbein ist ein Meisterwerk ursprüng lichster Schönheit. Das ganze Museum ist voll wunderbarer Bilder. Die „Madonna" Raf faels ist das hehrste Bild, das ich je im Leben gesehen habe. Lange davor gestanden, vor Bewunderung wie vernichtet. Unser herr licher Louvre, Vas muß man gestehen, besitzt keinen ähnlichen Schatz. Ich kann sagen, daß ich bis dahin Raffael nicht kannte, und daß ihn mir die Dresdener Madonna erst enthüllte. Er ist ganz einfach der erste Maler der Welt. Nie ist Schöneres in der Malerei oder sonstiger Kunst geschaffen worden. Ich möchte hier diesen rohen Eourbet vor mir haben, um ihm sagen zu können, daß er nur ein Tölpel ist. Mi» einem Worte, was die Gottheit und die Schönheit an Idealstem im menschlichen Denken entstehen lassen können, das habe ich gesehen, mit meinen Angen gesehen, ans diesem Prachtgemälde, in diesem vollkommenen, vollständigen, ewigen Werke verwirklicht. Man könnte ein bedeutendes Buch aus all den Büchern zusammenstellen, die die Deutschen über die Madonna geschrieben haben. Frankreich stirbt an allzuvielen Advo katen. Deutschland wird an seinen allzuviclen Kritikern sterben. Selbst der Thcaterdirektor ist ein Doktor. Das Land von Stralsund nach Ber lin. Pommern und Brandenburg. Schrecklich häßlich. Unfruchtbares Gelände, Sumpfe, arm seliges Tanncngehölz. Tannen steif und gerade wie preußische Soldaten bei der Parade. Berlin. Sicherlich eine große Haupistadt mit ihrem Luxus, ihre» Vergnügungen, ihren Hilfsquellen. Gewisse Viertel stammen aus der Zeit Friedrichs des Großen. Monumentaler Charakter. Paläste und Statuen im Rokokostil, den ich sehr liebe. All das ist weder imposant noch grandios, macht den Eindruck der Nachahmung, der Dutzendware. Unbedeutende Gebäude. Alle aus Backsteinen, mit Gips übcrkleistcrt, damit die Steine nicht zu sehen sind. Aber die Zeit und Wetterunbilden haben den Gips zerstückelt; die Backsteine blicken überall hindurch, geben den Mauern den Anblick von Leprakranken. Geschäftige Menge. Die Ber liner, gebräunt und recht lebhaft. Die Frauen, ebenfalls gebräunt, meist mit recht niedlichen Lümpchengesichtern. In den Läden Schlachten gravüren. Der alte, kleine Kopf Moltkes, ge runzelter, als das Meer", sagt Banville. Ta tarenbrauen und Bart des großen Kanzlers Bis marck. Das behelmte Haupt des alten Kaisers mit erloschenen Augen und breitem Lächeln zwi schen dem Backenbart. — Kiel. Der große Biergarten. Bäume, erleuchtet, Konzert in der Mitte; ringsherum promeniert die ganze Stadt, Bürgersamilicn mit riesigem Kindcranhang, ver liebte Paare, die den Schatten der Lauben suchen. Alles kommt, geht, sitzt, trinkt Bier und besucht mehrere im Garten aufgeschlagenc Hallen, wo man ißt, Kegel spielt, oder mit der Büchse schießt. Am Ende ein Feuerwerk. Welches Ge misch der Klassen und Leute; der betreßte Major stößt sich mit dem Rekruten, die Dirne mit der Familienmutter. Die Matrosen prächtige Män ner in eleganter, gutsitzender Uniform. Die Offi ziere schwerfällig, burcaukratisch, mit Brillen. Prächtiger Blick auf die Reede mit dem preußi schen Geschwader; schon einige schöne Schiffe, aber ungeheure Werften. Man wird eines Tages sehr überrascht sein, wenn man hört, daß Deutsch land eine große Seemacht geworden ist. Deutsch land fürchtet einen Krieg mit Rußland, und bereitet sich darauf vor. Die Offiziere erlernen die sehr schwere russische Sprache. In der Tat wäre ein Bund zwischen dem Zaren und irgend welchem König von Frankreich recht erschreckend für die Berliner Politik. Aber das ist nur ein Traum." Kunst UN- Wissenschaft. * Julius Magnusten: „Seine einzige Frau". Erst aufführung der Münchner Kammerspiele. Julius Magnussen gehört der jüngsten Generation in Däne mark an, der es ichon wieder nicht ganz recht ist, daß die scharfen Problemstellungen ihrer Väter zu einer Umprägung der Empfindungen, zur ationa- lisierung geführt haben. Stark intellektualistisch be einflußt, sind diese Kinder der Rationalisten klug genug, um zu sehen, daß Klugheit nicht genügt, dieses Leben auszugestalten und zu erklären. Sie schweben in einer liebenswürdigen Objektivität umher, erkennen ieder Richtung ihre Berechtigung zu. kokettieren erheblich mit dem Altherpebrachten und legen jeder Angelegenheit so viel Gefühlsanker, daß sie nicht gerade auf blauen Wellen der Gleich gültigkeit von dannen schwimmt. Magnussen? „einzige Frau" stammt aus dieser Gefühlsgegend und — aus Kopenhagen, der Stadt, deren Grazie man meist nur aus Porzellanen kennt. Die „einzige Frau" ist gleich den Porzellanen eine rei'volle Mischung aus französischer Grazie und lieber, deutscher Empfindsamkeit. Inhalt: Ein paar herzens gute Menschen sind aus allerlei Theorie, Phrase und Angst vor Gefühlen etwas auseinandergekommen und werden nun wieder zusammengebracht. Magnussen vermeidet es, die scheinbare Banalität dieser Dinge mit Pathos zu behandeln, er hat dafür eine Art „hüpfende" Wehmut, eine anziehende und auf deckende Abwehr, er hat die Selbstironie des klugen Mannes, der anderen Dingen nicht mehr Wichtigkeit beimißt als sich selbst, und der dennoch schmunzelnd sein Herz auf den fetten Wiesen der Sentimentalität weiden lässt — und er hat einen anmutigen Witz, der uns näher steht als französischer es;»ir. Das Publikum nahm das Stück als unverhofften Sonnen strahl aus trübem Theaterhimmel und rief den Autor nach allen Akten aufs herzlichste. IV alter vou llvbanäsr. * Agnes Sorma im Schauspielhause. Das Gast spiel Agnes Sorma. das am Sonnabend, den 21. d., mit der Erstaufführung des Lustspiels „Marys großes Herz" von Korfiz Holm beginnt, gestaltet sich weiter wie folgt: Sonntag erste Wiederholung „Marys großes Herz". Dienstag, 21., Sudermanns „Glück im Winkel", Donnerstag, 26., letztes Auf treten der Künstlerin: „Marys großes Herz." * Aus der Theaterchronik. „St. Brun vo n Querfur t", ein fünfaktigcs Drama von Richard Iaeckel, fand bei der Uraufführung in Quer» furt starken Erfolg. Das Stück behandelt nach alten Chroniken die Geschichte dieser Stadt in den Jahren 1003 und 1009; es ist auch künstlerisch nicht un» interessant. — „Das Hinderni s", ein dreiaktiges Lustspiel von Wenzel Goldbaum, wurde vom Stadttheater in Eisenach zur Aufführung er worben und wird dort am 15. d. M. in Szene gehen. — Uraufführung der dreiaktigen Komödie „F a - milie Groß glück" von Schalom Asch auf der Neuen Wiener Bühne sand eine sehr freundliche Aufnahme, die Schulbaur, Richard Großmann, Frau Foerster, Fräulein Angel und Fräulein Freitag in den Hauptrollen hauptsächlich zu verdanken war. — Hans Sturms Schwank hatte bei seiner Erstauf führung im Dresdner Alberttheater einen L a ch e r f o l g. * Uraufführung in Dresden. Wie uns aus Dresden gemeldet wird, hatte die Pantomime „Das lockende Licht" von Felix Sa Her mit der Musik des Moskauer Komponisten Wladimir Metzl bei ihrer Uraustührung in der Kgl. Hofoper von Anfang an einen unbestrittenen Ersola. obwohl — oder weil? — das Werk einen deutlichen Kino beigeschmack aufweist. Beide Verfasser konnten wieder holt erscheinen. Die Inszenierung war glänzend. * Gedenktafel für Heribert Rau. Dem Dichter und Vorkämpfer des freireligiösen Gedankens, Heribert Rau. ist an dem Haus« Gärtnerweg 57 in Frank furt a. M., das er von 1662 bis M seinem Tode 1876 bewohnt hat, eine von der Stadt gestiftete Bronze-Gedenktafel enthüllt worden.