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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140213017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-13
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Nr. 79. Morgen-Nusgabe. Seite 7. Leipziger Cagedtatt )I4. »wMSW Kunst unä wissenseliatt II (Fortsetzung in der Abendausgabe.) >reUag, 12. /evrusr 1914 Mit dem neuesten Roman von Leit Sie, mit dessen Veröffent lichung wir am nächsten Sonntag beginnen, find wir in der Lage, unseren Lesern sine nordisck^e Dichtung von wunder vollen Reizen zu bieten, Seelenkonflikte von tiefster Dramatik, die uns mitreißen und uns erschüttern. Wir erleben das End« einer ersten und die Leere einer zweiten Ehe. Die alten unzerreißbaren Bande üben ihre starke Kraft. Ein wehmütiger Zauber der Resig nation liegt über dem ganzen Werke, wie er nur den nordischen Erzählern in ihrer feinen, schlichten Art gelingt. Der Mann findet das neue Glück in der neuen Ehe nicht, die Stimmen seiner Kinder rufen ihn, er kehrt zurück, geläutert und reif. Dieser Roman, voll ethischer Werte, ist ein Erleb nis, das in fedem Leser noch lange nach klingen wird. Vermischung von Ironie und Gefühl gar nicht emp finden ließ. Kuxen ZyLvit». Schultzc.^ Äeukslc i Jcünrar SO Jahre nach den >d, wurde rges von lschlitten K, daß er lte einen s Berlin ¬ er Bor. Dienstag c Richard hie durch tet und en Raub- bestrafter inte aus uchsdieb- )en war, Flucht zu rung und utomobil eichendach armen in und fest. islungsreiN ÄIMMlsNl, gt Tab« ncn. . Jcbnmr :cht. Ter Parierrc l Parterre der ersten c lustigen er Prater- : Kriegs sämtliche ;ahl Osfi- gold hat ich Riesa zeworsen, tz Köhler >aren ein n Flieger A n sicht;- legramm e Adresse imm war l worden. : Ortsteil »eimfahrt per vom ngen zu, clangt zu 'es Ostens )tvo!l unö rei Musis, idc Musik, r Damen- n Preisen rägerinnen it zu den bsissemcnt. linde n" Iveist «in tcen über- Srte. Der Nüc künst ossen da reu esle Trrss- e prangen tten Licht- nion und tslallpalast- 1. April General tag zum Zlttauer stelle des ur. Meq. iandwerk, Dresdner st eine gezeichnet, n Tredit- won ent- > Die auf; lumeister- >0 die bewilligt ) die »schmiede- r-Jnnung rvein zu »drucke rei- nung mit > die tildhauer- rung mit ' als erste blere mit 9 Es tnd werter n großen lb- Leipzig, 13. Februar. XVI. Gewandhauskonzert. Es war der Vorabend von Wagners Todestag. Immer ehrte das Gewand haus die Meister seiner Kunst — also gedachte man gestern auch an dieser Stelle des Schöpfers des deutschen Musikdramas durch die Aufführung der „Faust"- und „Holländer"-Ouvertüre sowie des „Waldweben" aus „Siegfried". Aber begrüßen wir, des großen Toten eingedenk, die Lebenden. Ein noch sehr jugendlicher Geiger, Sascha Heifetz, Russe von Geburt und Schüler Leo- Sturm« ul." Bon Regn» Derfla. (Nachdruck verboten.) Ein trüber Wintertag. Der Wind fegte durch die Straßen der alten, kleinen Hafenstadt. Der breite Marktplatz war wie ausgestorben, und eng aneinandcrgeschmiegt sahen die Häuser mit ihren spitzen Giebeln auf das holperige Pflaster hernieder. Aus einer der niederen Türen trat eine bärtige Gestalt — Jürgens der Lotse ging zur Arbeit. Breitspurig schritt er über den Platz, sich nochmals umblickend nach seiner Fine, die am Fenster stand und ihm lächelnd nach schaute. Die Mütze tief in die Stirne gebrüht, eilte er dann die Hafengasse hinunter, vorüber an alten Speichern, deren Holzladen krachend geben die Mauern schlugen. Jetzt tvar er am Winterhafen; dort lagen sonst die stolzen Segler friedlich vor Anker und ruhten sich aus von den weiten Reisen, in stiller Versonnenheit den Sommer erwartend. Doch heute tobte der Auf ¬ neu die Gegend da draußen wohl am besten," wandte er sich dann an Jürßens, der schon den Oelrock übergezogen hatte. Dieser hatte die Aufforderung wohl verstanden, die in dieser Frage lag. Und ob er es kannte, das Branden- Hufener Gehöft, aus dein er vor knapp sechs Monaten seine brave Fine, die schönste von den drei Töchtern des alten Trendelburg, heimge führt hatte. Ein heftiger Schmerz durchwühlte sein Inneres bei dem Gedanken, daß der schöne Hof, der immer der Stolz des Alten war, nun mehr den Fluten zum Opfer fiel. Mit dem Bootsmann, der ihm zur Begleitung beigegebcn war, eilte er zum Fischerhafen, wo der Lotsen kutter seinen Liegeplatz hatte. Der „Mars" lag an einer geschützten Stelle, nnr ab und zu scheuerte er ächzend am Bollwerk. Rasch wurde der Motor angekurbelt, ein kurzes Kommando hallte durch den Wind, und hinaus ging's, dem steifen Nord-Ost entgegen, der die See bis in den Grund hinab auswühlte. Man hatte den Hafen bereits verlassen, und mächtige Sturzseen - sausten jetzt über Deck. „Achterluke dicht, Persennings klar!" komman dierte Jürgens. Und der „Mars" hielt tapfer durch. Nach halbstündiber Fahrt war man mit Brandenhusen auf gleicher Höhe. Es wurde bei gedreht, und außerhalb der abgestcckten Fahr- rinne ging's weiter, direkt auf Brandenhusen zu. Jürgens drückte dem Bootsmann die Lot schnur in die .Hand. „Een Meter föftich, een pold Auers, riß bi« Zuhörer zu begeisterten Kund gebungen hin. Keinem Wunderkind« begegnete man, sondern einem reproduktiven Talent, keinem Vir tuosen, vielmehr dem ernsten Musiker in Jünglings gestalt. Denn, um nur einiges anzuführen, wer Bruchs D-Moll-Konzert so tief erfaßt, in dessen Adagio auf dem Instrument so wundersam zu singen und das Finale so unvergleichlich rhythmisch wieder- zugeben weiß, oder Tschaikowskys Melodie so innig spielt, steht auf sehr hoher künstlerischer Stufe. Weniger verblüfft die immense Technik (das absolut sichere Flageolett, das scharfe Pizzikato, die klangvoll- rauschendcn Akkordfolgen und blinkenden Skalen z. B. in Paganini-Auers variierter Caprice), als vielmehr das in vollkommenster Reinheit sich offen barende Gefühl, die Schönheit des Tons aller Stärke grade und di« einfache, selbstverständliche Noblesse des Vortrags, die in so prächtiger Uebereinstimmung sich befindet mit der feinen Natürlichkeit in Auftreten und Wesen des Künstlers. Oft wirkt auf dem und jenem Gebiet sich offenbarende Frühreife zwar über raschend, aber zugleich auch infolge mancher Begleit erscheinungen weniger erfreulich, wenn nicht gar ab stoßend. Im Falle Helfet; jedoch kann man sie nur staunend und dankend hinnehmen als ein besonderes Geschenk der gütigen Allmutter Natur. Das Publi kum empfand solches und entließ den ausgezeichneten, jungen und doch bereits so großen Künstler erst nach Gewährung einer Zugabe. Die Ouvertüre zu Goldonis „Le Varuffe Chio- zotte" des Piemontesen Leone Sinigaglia eröffnete Len Abend: von früher her bekannt und geschätzt als das Werk eines überaus sein empfindenden, talentier ten Tonsetzers, eine Komposition, darin sich Humor und Gefühl vereinigen mit starkem Können und aus gesprochenem Klangsinn. Vielleicht ließe sich die und jene geistige Verbindungslinie Herstellen zwischen dem einstigen Schüler DoorLks und dem in Brünn geborenen Deutschöstcrreicher, besten sinfonische Bur leske man gestern gern willkommen hieß. Joseph E. Mraczek ist ein neuer Mann, auf den man wohl in Zukunft ein Auge haben mag. Unverkennbar schwört er zur Gefolgschaft von Richard Strauß und bekundet solches ebensowohl in der Orchesterbehand lung als auch in der Eigenheit, des öfteren sich zwar ungewöhnlich plastisch gearbeiteter, aber relativ kurzer, fast eben nur aphoristisch hingeworfcner Themen zu bedienen. Seine Instrumentation ist glänzend, überraschend charakteristisch und andern- teils auch von wunderholdem Klang, bei aller Reich haltigkeit und Mannigfaltigkeit der Mischung van Tonfarben und losen, gewollt kakophonischen Späßen jederzeit übersichtlich und auch in bedeutendem Zu sammenwirken mehrerer Instrument'.lgruppen immer von durchsichtiger Klarheit. In der Sprache und Wandlungsfähigkeit des musikalischen Ausdrucks er innert Mraczek ab und zu an Strauß, bleibt aber doch stets Erfinder und weit genug entfernt von der völligen Aufgabe des eigenen künstlerischen Selbst. Eins verschwieg (vielleicht aus unschwer zu erraten dem Grunds gestern das Programm: daß diese Bur lesk« nämlich in keinem anderen als dem deutschen Humoristen Moritz Busch sozusagen seinen geistigen und, wenn man will, poetischen Nährvater hat. In einem Pro- und Epilog und fünf dazwischenliegen den, eng sich zujammenschließenden Stücken gibt Mraczek eine musikalische Buschiade, genannt „Max und Moritz", gleichwie sich seinerzeit etwa R. Strauß mit Meister Eulenspiegel auseinandersetzte. Ist schon der Gedanke an sich originell, die Tragikomödie zweier weltberühmt gewordener veritabeln Lausbuben zu einer sinfonischen Dichtung zu verwerten, so ist es die hochkünstlerische Ausführung gewiß noch weit mehr. Ein Griesgram würde einwcnden, daß zu solch einem kleinen Sujet der angewendete große orchestrale Apparat in keinem Verhältnis stände. Geben wir vergnügt recht dem also räsonierenden „Onkel Bolte, der dies auch nicht gerne wollte", aber betonen wir dafür um so bestimmter, daß dieser Apparat dem Komponisten einen ungeheuren Reichtum an Mitteln zur Hand gibt, die denn auch zu Zwecken der musi kalischen Groteske völlig künstlerisch ausgenutzt wer den. Zur Schaffung wünschenswerter Gegensätze sorgte Mraczek klüglich für die und jene lyrisch ge haltene Episode, die einesteils auch einmal dem Ge fühl als Ruheplätzchen dient, andernteils aber in mitten all des tollen, burlesken Treibens «inen ge wissen, leis verschwiegenen Humor offenbart. Die Novität bietet eine Unmenge von technischen Kompli kationen, die aber Meister Arthur Nikischs geniale Auslegung dieser zu geistreicher Musik gewordenen Max- und Moritzstreichc nebst ihrer oft seltsamen Innere Chinas, bis zur alten Hauptstadt Si-ngan-fu, vorgedrungcn. Wir vermögen jetzt nicht wenige, bisher rätselhafte Erscheinungen sicher zu erklären. Wir verstehen jetzt die über Persien vermittelten hellenistischen Formen in der chinesischen Kunst, wir begreifen jetzt, woher chinesische Götter bilder, wie das der Kuan-yin, durchaus vornehmste arische Züge, und zwar den Tnpus der thronenden Madonna mit dem Kinde aufweist. Als die Jesuiten Huc und Gäbet um 1830 nach Lhassa kamen und den Kultus der tibetischen Kirche kennen lernten, glaubten sie fast ein „Blendwerk des Teufels" zu sehen, so völlig überraschte sie die Achn- lichkeit des tibetisch-buddhistischen Kults mit dem römisch-katholischen, Die Uebereinstimmung ist aus einer gegenseitigen Beeinflussung beider Religionen in Mittelasien herosrgegangen. Vielleicht sind hier auch vom Christentum manche Symbole dem indischen Kultus entnommen. Rich. Pischel hat z. B. — kaum mit Recht —das altchristliche Fischsymbol aus Indien herleiten wollen . Wohl aber scheinen die Glocken als Kultusgeräte aus den buddhistischen Klöstern Turkestans zu stammen. Völlig neue, unsere bisherig« Anschauung teil weise beseitigende Erkenntnis haben uns die Funde in Turkestan auch für die Geschichte des Buddhismus gegeben. Wir nahmen bisher an, daß das „Pali" die „heilige Sprache" des Buddhismus sei und daß der in Pali vorliegende Kanon der „südlichen" Kirche (Ceylon, Siam) die reinere Gestalt der Lehre Buddhas gebe. Nun sind Teile dieses Kanons in Sanskrit gerade in Turkestan gefunden, wo zweifel los der sog. „nördlich« Buddhismus", die Form, in der allein der Buddhismus Weltreligion ge- rvorden ist, herrschte. Die nördlichen Buddhisten be saßen einen in Sanskrit geschriebenen Kanon, der in haltlich mit dem südlichen übereinstimmt. Beide aber werden auf eine Fassung der buddhistischen Ueber- lieferung zurückgehen, die mutmaßlich in der Mutter sprache des Buddha, in Magadhi, niedergelegt war. So erschließt uns Turkestan nach allen Seiten hin neue Ausblicke. Seine Dokumente beleuchten die Expansion des Christentums und Manichäismus nach Osten und gewähren uns «ine ganz neue Ausfassung von der Entwicklung des Buddhismus zur Welt religion. Die Beziehungen türkischer und indo germanischer Völker zu China sind jetzt in den Bil dern aus Chotscho greifbar. Handelsgeschichtc, Kunst geschichte, Sprachwissenschaft, Kultur- und Religions geschichte erhalten aus Turkestan durch die großen Fund« der letzten Zeit die nachhaltigste, wirksamste Förderung. Bisher konnte niemand vermuten, daß dieses Wüstcngebiet überhaupt eine Kultur bedeckte, heute lernen wir ihre vielseitige Gestaltung und ihre weitreichend« internationale Bedeutung verstehen. Vieles, was uns heute vorliegt, bedarf der Er klärung und Einordnung in seinen geschichtlichen Zu sammenhang. Aber sicher stehen wir erst am Anfang, wir dürfen von einer weiter ausgedehnten Durch forschung des Landes vielleicht noch Größeres hoffen. Die Zahl der bis jetzt verlorenen Quellen, von denen wir wissen, ist nicht gering. So ist Jnnerasien, das bis vor kurzem der ge schichtlichen Betrachtung noch sehr fern lag, plötzlich ein Mittelpunkt sprachlicher, kultur- und religions geschichtlicher Forschungen geworden, von dem aus ein ganz neues Licht auf die führenden Kulturländer des alten Orients, auf Syrien und Persien, auf Indien und China, fällt. Aus den Kunstdenkmälern und literarischen Urkunden ein Bild der zentral asiatischen Mischkultur zu gewinnen, wird in diesem Jahre auf der „Bugra" auch weiteren Kreisen mög lich sein, wo eine umfaßende Sammlung von Funden aus Ostturkestan, von Dokumenten der Uiguren und Osttürken, der Hsia oder Tanguten, der Mongolen und Mandschu durch Dr. R. Stübe, der seit Jahren auf diesem Gebiete historisch gearbeitet hat, mit Er läuterungen und Uebersetzungen versehen, ausgestellt werden wird. Lia Neuland -er Kulturgeschichte. Das große Gebiet zwischen dein Kucn-lün und dem Thien-schan, das nach Osten in die mongolisck>e Steppe übergeht, ist heute von den ungeheuren Ver witterungsmassen der zentralasiatischcn Gebirge überschüttet. Dadurch hat sich hier — etwa im Ver laufe des letzten Jahrtausends — eine Wüste ge bildet, die jedes Leben zu vernichten scheint. Nur an ihrem Nordrande strömt heute noch der Tarim; aber kein Zufluß erreicht ihn mehr vom Süden her; sie alle verschlingt die Wüste nach kurzem Laufe. Die Versandung dieses Gebietes, das wir etwas will kürlich Ostturkestan nennen, ist völlig durchgedrungen. Und doch war dieses Land einst eine Stätte blühen den, vielseitigen Kulturlebens. Berichte chinesischer Reisender, die vom 5. bis 7. Jahrhundert n. Chr. mehrmals die Straßen Turkestans zogen, berichten von großen buddhistischen Klöstern und zahlreichen Städten. Am Rande des Gebietes wurden ver einzelte archäologische Funde gemacht, die Kultur einwirkungen aus dem griechisch-syrischen Westen be kundeten. Endlich war bekannt, daß die sog. „Skiden- straße", die bereits den Griechen des 6. vorchristlichen Jahrhunderts bekannte Verbindung zwischen dem Westen und China, noch zur Mongolenzeit von den Kaufleuten viel benutzt wurde. Auf ihr ist z. V. Marco Polo 1265 nach China gezogen. Diesen wenig beachteten Spuren haben erst die Entdeckungen Sven Hedins ihre überraschende Be deutung verliehen. In der Wüste Takla Makan fand er in den Ruinen zweier Städte Malereien und Werke der Kleinplastik, die einen starken Einfluß des Buddhismus in diesem Gebiet zweifellos machten. Indische Religion und Kunst waren hierher getragen worden. Sven Hedin regte neue archäologische Expeditionen an, unter denen die von der indischen Regierung unter Marc Aurel Steins Leitung ver anstalteten das Gebiet am Kaschgar mit größtem Er folg untersuchten. Eine ganz überraschende Fülle von indischen und chinesischen Handschriften, Münzen und Kunstwerken ist dem Sarü>e entrissen. Es schloffen sich dann die preußischen Expeditionen unter Füh rung Albert von Lecoqs an. Die vierte preu ßische Expedition ist jetzt auf dem Weg« in ihr Arbeitsgebiet, das im Osten Turkestans, am Turfan liegt. Nur ein Teil der Funde der drei ersten Expeditionen (1902, 1904, 1907) ist in mehreren Sälen des Museums für Völkerkunde zu Berlin ausgestellt. Aber so großartig und überraschend diese Ausstellung ist, so bietet sie doch nur eine Auslese und gewährt bei weitem kein vollständiges Bild von der Bedeu tung der bisher gewonnenen Funde. In weit reiche rem Umfange stellt die Einzelheiten der Kultur verhältnisse Alb. von Lecoqs grandioses Werk „Chotscho" dar. (Berlin 19 . ., Dietr. Reimer, E. Vohsen.) Chotscho war die Stätte bei Turfan, an der zumal die letzte preußische Expedition mit glän zendem Erfolge arbeitete. Aus diesem Werk erst gewinnen die Angaben der chinesischen Geschicht schreiber und Reisenden ihr volles Leben. Diese Wüsten waren noch vor 1500 Jahren ein Gebiet weit reichender geschichtlicher Beziehungen und regen geistigen und künstlerischen Wirkens. Völker der verschiedensten Raffen trafen hier aus Osten und Westen zusammen, und in ihnen berührten sich ganze Kulturgebietc, woraus sich für Ctaatsleben, Literatur, Kunst und Wißen eine wirkungsreiche gegenseitige Befruchtung ergab. Und die Ergebnisse waren nicht nur überraschend, sondern eröffneten überwältigende Ausblicke. Jetzt sehen wir, daß die Berichte der Chinesen über blondhaarige und blauäugige Völker in Mittelasien durchaus den Tatsachen entsprechen; wir sehen diesen Typus auf zahlreichen Wandgemälden am Chotscho. Und wir vernehmen aus Handschriften des 6. bis 8. Jahrhunderts n. Chr. die Sprache dieses Volkes, das sogenannte Tocharische, in -em uns eine neue indogermanische Sprache mit stark europäischen Charakterzügen entgegentrat. Wir sehen ferner, daß mit dem persischen Handel schon in den letzten Jahrhunderten v. Chr. hellenistische Einflüße bis an die Nordgrenze Chinas vorgedrungen waren. Für gänzlich verloren galt die Literatur der persischen Manichäer: heute liegen uns Stücke aus Manis Schriften selbst (3. Iahrh. n. Chr.) vor, neben denen sich Dokumente des syrischen Nestorianis mus und der persischen Reichsreligion unter den Sassaniden (7. und 8. Iahrh. n. Chr.) finden. Das lyrische Christentum wie der persische Mazdais mus sind auf diesen Bahnen bis tief ins licher drangen die lautgezvgenen Töne an sein Ohr. Jetzt hatte man den Schwedenhügel ge sichtet; als kleines Eiland ragte er aus der Flut. Vorsichtig näherte man sich. Immer deut licher wurden die Einzelheiten erkennbar, im mer vollständiger wurde das grausige Bild Herz ,zerreißenden Jammers. Wie entgeistert starrte Jürgens auf den Hügel. An der alten knorrigen Weide, unter der er im Sommer so oft mit seiner Fine gestanden, hatte man drei Kühe an- gekoppelt, die brüllend ihre von Frost zittern den Flanken aneinanderrieben. Ein paar Schritte abseits standen die beiden Alten, aneinanderge lehnt, gebrochen auf ihre zerstörte Habe her- nicderschaucnd. Am Abhang liefen die beiden Töchter hin und her; das Haar vom Sturm zerzaust, winkten sie in rasender Verzweiflung den Kommenden entgegen; in ihre jammernden Hilferufe mischte sich das Winseln des großen Hofhundes, der vor jeder aurollenden Woge laut aufjaulend zurückwich. Und über dieser Szene unsagbaren Elends wölbte sich das bange Grau in Grau der Wetterwolken, die in rasen der Flucht am Firmament dahinjagten. Jürgens hatte abgcstoppt und nachdem der Anker aus geworfen war, spranb er bel>erzt ins Wasser. Die yroße Dogge, die ihn srülser immer so feindlich anknurrte, wenn er zu seiner Fine kam, sprang ihm winselnd entbegen und leckte an seinen hohen Wasserstiefeln. Laut schluchzend fielen ihm die beiden Mädchen in die Arme. In seiner stillen wortkargen Art drückte er ihnen voll Mitleid die Hände, schob sie dann sanft beiseite, um zu den Alten hinanzusteigen. Mit dem Ausdruck höchster Verzweiflung sah ihm der Alte entgegen. Ein vielsagender Hände druck und dann ocgann Jürgens sein Rettungs- werk. Schweigend vollzog sich die Bergung. Nach geraumer Zeit waren alle vier in der kleinen Kajüte des „Mars" untergebracht. Das Boot war schon stark überlastet, und man be schloß neben den Kühen auch die Dogge vorläu fig ihrem Schicksal zu überlassen. rühr unter ihnen. Ungeduldig zerrten sie an ihren Ketten, in trotzigem Unmut schlingerten sie hin und her. Tatendrang war in ihnen wie der lebendig geworden, sie wollten den Kampf aufnehmen mit der übermütigen See, die ihnen herausfordernd die Planken peitschte. Jürgens zog die Mütze fester ins Gesicht, und rüstig ausschreitcnd erreichte er in »venigcn Minuten das Lotsenhaus. „Dat 'ne Bris' hüt abend," schrie er seinem Kameraden zu, der, in dem niederen Raume vor einem eisernen Ofen kniend, Kienholz in die Glut legte. Jürgens hatte kaum ausgesprochen, da rasselte das Tele phon. Rasch nahm er den Hörer ab. „Hier Lotscnstation 6" — ein Surren und Knattern war die Antwort. Er wiederholte; da tönte es ihm ganz schwach, fast wie aus einer ande ren Welt entgegen: „Hier Vorwerk Stcgort ... Die See überspült schon den neuen Deich, wir fürchten, daß er nicht standhält. Vergessen Sic uns hier draußen nicht, doch treffen Sie erst dort ihre Vorkehrungen. Benachrichtigen Sie die beiden Dörfer Grambow und Grothusen. Wir tverden . . ." Ein klirrendes Schlittern im Apparat, und nichts mehr war zu hören. Knar rend drehte sich die Windfahne auf hem Dache. Dumpf rollten die Wogen gegen die Kaimauer, und prasselnd flog das Spritzwasser an die Fensterscheiben. Jurgens sah prüfend durchs Fenster. Drüben am großen Kornspeicher ver handelte eben der Hafenmeister mit einer Gruppe von Fischern. Er sprach eindringlich auf die Leute ein und nahm dann in sichtlicher Auf regung seinen Weg zum Lotsenhaus. Mit un gewohnter Schnelligkeit schob er sich zur Türe herein. „Brandenhusen ist abgesoffen," kam es hastig von seinen Lippen. „Der alte Trendelburg, der das Kritzower Leuchtfeuer bedient, hat sich und die Seinen mit knapper Müh' und Not auf den Schwedenyügel retten können." Jürgens zuckte zusammen, als er die Kunde vernahm. „Es Hilst nichts, wir müssen die Leute sofort in Sicher heit bringen," fuhr der Hafenmeister fort, „denn von der Landseite ist, wie der Bote erzählt, nicht mehr beizukommen. Ich glaube. Sie ken- * Aus den Städtischen Theatern. Als nächste Novität gelangt im Alten Theater das vieraktige Schauspiel „Die Augen der Liebe von Jod an Bojeram Sonnabend, den 21. Februar, zur ll r a u f f ü h r u n g. * Agnes Sorina im Schauspielhaus. Da» ange kündigte Gastspiel Agnes Sormas beginnt am Sonn- abend, den 21. d. M., in der Erstaufführung des Lustspiels „Marys großes Her;" von Korfiz Holm. Gelegentlich dieses Gastspiels kreiert Agnes Sorma die Rolle der Mary, die sie e rst späterhin im Deutschen Theater in Berlin geben wird Das Lustspiel wird am Sonntag, den 22. d. M„ mit Agnes Sorma zum ersten Male wiederholt. Das weitere Repertoire des Gastspiels wird dieser Tage bekannt gegeben. * Der rühmlichst bekannte Verein der Kunst- freunde zu Leipzig tritt gegenwärtig in lein 64. Vereinsjahr ein. Um möglichst vielen Künstlern Gelegenheit zum Verkauf ihrer Werke zu geben, kauft er Gemälde an und veranstaltet je 4 mal im Jahre Verlosungen. Daß diese Bestrebungen aller seits sehr anerkannt werden, zeigt die fortwährend steigende Mitgliederzahl. Den Vorstand des Vereins bilden zurzeit die Herren: Kammerrat Fritz Mayer, Vorsitzender, Hofrat Dr. Alfred Acker mann, Generalkonsul I. Derham, Oberbürger meister Dr. Dittrich, Geh. Hofrat Justizrat Dr. C. H. Lohse, Baurat Stadtrat Max Pommer, Dr. Freiherr von Tauchnitz, Kom merzienrat Paul Thore r. Gewinnanteilscheine, die zu den vier Verlosungen im Jahre berechtigen, kosten 8 ./L und sind, sowie auch die Statuten vom Vereine direkt oder von der Kasse der Hofkunst- Handlung Pietro del Vecchio zu beziehen. * Die Erstaufführung des „Parsifal" im Königs. Opernhause in Dresden ist nunmehr endgültig auf Dienstag, den 24. März, festgesetzt worden. * Hans Kyser arbeitet jetzt an einem Drama „Charlotte Stieglitz", dessen Heldin die durch ihren Selbstmord berühmt gewordene Gattin des Schriftstellers Stieglitz ist. Charlotte Stieglitz hatte bekanntlich ihrem Leben ein Ende gemacht, um durch diese Tat das ermattende Talent ihres Mannes zu einer großen Tat zu entflammen. * Zu neuen Mitgliedern der Academie Fran- eaise wurden, wie uns aus Paris telegraphisch gemeldet wird, der Dram a tiker Alfred Lapus, der Historiker Pierre de laGorce und der Philosoph Bergson gewählt. * Heinrich Stessens — kein Norweger. Der Bres lauer Professor Heinrich Steffens, gleich gut bekannt als Führer der vaterländischen Bewegung im Besreiungsjahre 1813, als Physiker, als Philosoph und als Freund der Romantiker, vor allem aber als Verfasser seiner zehnbändigen Lebenserinnerungen, gilt in der Geschichte der Literatur allgemein als Norweger. Steffens ist zwar in Norwegen geboren, doch h.tt jüngst ein Zufall den Breslauer Professor R. Stur m zu der Entdeckung geführt, daß Steffens tatsächlich väterlicherseits ein Deutscher und mütterlicherseits Däne ist. Von einem Groß neffen von Steffens, dem Professor der Mathematik an der Universität Kopenhagen und Sekretär der Ge sellschaft der Wipenschaften H. G. Zeuthen, er hielt nämlich Professor Sturm nach einer Mitteilung der „Grenzboten" folgende Angaben: „Der Vater von Steffens war Holsteiner, also ein Deutscher, kam zu jener Zeit des friedlichen Verkehrs zwischen beiden Nationen innerhalb des Gesamtstaates nach Kopen- l>agen und wurde von der dänischen Regierung auf kurze Zeit nach Norwegen, das damals zu Dänemark gehörte, als Regierungsarzt geschickt. In dieser Zeit ist Heinrich dort geboren. Seine Mutter war eine Dänin aus alter, angesehener Familie. Die Familie Steffens kehrte nach Dänemark zurück, der Sohn be suchte die dänische Schule, dann die Universität Kopen hagen, an der er später vor seiner Uebersiedlung nach Deutschland Vorträge gehalten hat, die in Dänemark zu außerordentlicher Bedeutung gelangten und Däne marks Jugend, darunter bedeutenden Männern der späteren Zeit, starke Anregungen gaben. Deshalb rechnet ihn Dänemark zu seinen besten Söhnen. Von meinem Vater wurde er me als norwegischer Onkel bezeichnet, wohl aber sind ein« Schwester und ein Bruder von ihm Norweger geworden, und diese gelten unserer Familie als unsere norwegischen Ver wandten. Er hat von Deutschland aus nochmals den Norden besucht, sowohl seine norwegische Schwester, als auch seine zahlreichen Verwandten in Dänemark, bei welcher Gelegenheit er dort sehr gefeiert wurde." Meter söstich," las dieser ab, das Blei abwech- elnd nach Steuerbord und Backbord auswer- end. Jetzt kam Brandenhusen in Sicht. Back- wrd voraus ragten ein Ziegeldach und das steile Strohdach einer Scheune gespenstisch aus dem Wasser. Eine Gartenbank trieb auf den Wellen vorbei; in nächster Nähe des Gehöfts tanzte ein Chaos von Brettern, Balken und Hausgeräten auf den gischtcnden Wellen. Jür gens war von dem Anblick tief ergriffen. „Een Meier uvintich!" rief der Bootsmann warnend. Nttt halber Kraft ging's weiter. Das ängst liche Brüllen von Rindern drang durch das Heu len des Strandes. Jürgens, mit der Hand die Augen beschattend, hielt Ausschau; immer deut-
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