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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140213017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-13
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morsen - Ausgabe . Seziig-prelse: wonatltch l.r» M., vtertetiahrUch S.75 M. Set Ser S«NtzaN»st«U», ansero Ztttale« uaü Nu»gad«U»U«n ad»«hott! monotltch IM, vtertellShrltch S M. vurch St, Pos»! tanerhald veutschtoaü» und Ser »eutfchen llolonle« monatlich 1.5» M., »ierteiiShrttch 4.S« M., auoschltehlt» poNdegrUgelü. Lao leipziger Lagedtatt erscheint weeklag» »mal. Sonn. u. Zeiertag» tmal. In Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen Drten mit eigen«» Ztllalen wtrS Sie fldeoSouogad« noch am stdeo» Seo Erscheinen» in» Hau» g«lief«t- Verttaer Neüokttoa: Ja Sen Zelten 17, Zrrnsprech.Nnschlutz: Moabit Nr. 447. Nr. 79. /lrntsblatt desRcrtes urrd desHollzeiLrnbes der Stadt Leipzig NeSaktion ouS SrschSft.stellei 1ohanni»gage Nr.4. » Zernsprech.flnschluS Nr. I4S4L 14S43 unS I4S44. los. Jahrgang . (ttr Inserat» an» Letpzlg UN» Umgebung St» "NAeigenpreise. >spaltisrp»ti»„ii«2Lps.,St»K»kI»a'r,kU,> m., oon au«w<trt»30 Pf., Neklomea > 2» m., Klein» ftnzelgrn Sieprtitzell» nur SSPf.d.wieSerkol.Nab.,Inserat« vonVrKorSen im am»li^>»nLril Sl» Priit- -eile ro Pf. SestbSsloanzeigen mit piabvorsn'ris« >m vrcis« erhobt. Nabstt na» Tarif, veilagen: S«,amtausl.sm.Sa»TousenS ouosGapvslzrbUbr Nnzeigen-Nnnakm«. lohanniogagee, bei samllt<b»n tiiiaien Se» Leipziger Logeblatt«» unS allen sinnoncen-ExprSitlonen S«. In» unS rluslonSe». < S«sch<tft»st,U« für0erlin u.üie pr. Vrontenburg: vireklion Walter ZU«-«', Verlln w. 10, Margaretbensirolir 0. Zernspr«»» fins»Iu-: L itzow «»7t. /reilay, Sen lS. Februar. 1914. Das Wichtigste. * Die Zweite Kammer beschäftigte sich am Donnerstag mit den Anträgen auf Reform der Ersten Kammer. Die Regie rung gab nur eine ganz geringe Geneigtheit zu einer Reform der Ersten Kammer zu er kennen. (S. Art. u. Ber.) * Jin Reichstag wurden am Donnerstag die Erörterungen über den Etat des Reichs-- amts des Innern immer noch fortgesetzt. ;L. Art. u. Ber.). * Infolge der letzten Unglücksfälle auf dem Flugplatz Johannisthal ist dort den Offizieren das Fliegen so lange ver boten worden, bis durch eine neue Platz- und Fliegerordnung der Wiederholung von Unfällen nach Möglichkeit vorgebeugt wird. (S. Dtschs. Reich.) * Bei dem Festessen aus Anlaß des 60. Geburtstages des Reichstagsabg. Gröber wurden von Zentrum sführcrn politisch bedeutsame Reden gehalten. t.S. Pol. Uebers.) * Die Ministerpräsidenten Pasitscb und Benizclos sind in Belgrad eingetroffen. * Zwischen bulgarischen und rumä nischen Grenzsoldaten kam cs zu einem Ge fechte. (S. Ausl.). i * Die albanische Deputation ist mit Es s a d P a s ch a an der Spitze nach Potsdam abge reist. (S. Ausl.). Sozialdemokratie und Parlamentarismus. D Berlin, 12. Februar. Im preußischen Abgeordnetenhaus hat in den beiden letzten Tagen der sozialdemokratische Abgeordnete Hoffmann, der ein geschmack loser Herr bleibt, auch wenn genügsame Ge müter ihn für einen Witzbold halten, den Par lamentarismus schwer geschädigt. Er hat nicht nur eine siebenstündige Rede gehalten, die mit Rücksicht auf die Nerven dec Stenographen in -,wei Fortsetzungen zerlegt werden mußte: da gegen konnte man zur Not sich noch schützen, indem man herausging und Herrn Hof, mann die leeren Stuhlreihen andonnern ließ. Er hat auch eine Orgie von Plattheit und Roheit ge redet und die ist leider nicht so leicht aus der Welt zu schaffen. Die meisten Zeitungen — bedauerlicherweise nicht alle — sind verständig genug gewesen, in ihren Parlamentsberichten >_>errn Hoffmann für seine ausschnnnsende Breite mit wenigen Zeilen zu belohnen. Aber die offiziellen stenographischen Berichte müssen all d n Unrat festhalten und da wird er stehen mciben als ein Dokument von unserer Zeiten -chande. Es ist in manchen, sonst durchaus ärgerlichen, fast preziösen Kreisen Sitte ge worden (wenn schon sic in den letzten Jahren erfreulich abblaßte) die sozialdcmolratisclien Herrschaften gewissermaßen von der Seite an-- »blinzeln und sie verstohlen zu bewundern als die eigentlichen Träger derzeitiger deutscher Hochkultur, die kühn, in loderndem Idealismus aussprechen, was wir auch innerlich verfetteten Aourgeoisnaturen uns kaum nach Feierabend u denken getrauten. Aus solcher Ueberschätzung entsprang dann aucb die Unsitte, alles, was .rgendein Namenloser in den „Sozialistischen Monatsheften" drucken läßt, als Ausstrahlung feinsten Geistes mit scheuer Ehrfurcht von Blatt ;u Blatt zu reicki-en. Von derlei Schnurren hei- einen immer wieder Erscl>einungen wie dieser .-sthngebotehoffmann. Eine Partei, die solche Naturen verträgt und auf den Schild erhebt, die einen Mann, der die nicht sehr delikaten Umstände seiner eigenen Geburt vor aller Oef- ientlichkeit zynisch bewitzelt, immer von neuem ms Parlament entsendet, verdient es nicht be wundert noch beneidet zu werden. Auch dort wird mit Wasser gekocht, sind die geistig durch aus Genügsamen in der Mehrheit und selbst wer gewohnt ist über die Fehler der eigenen, der bürgerlichen Gesellschaft mit Strenge zu Ge richt zu sitzen, wird froh bekennen dürfen, daß wir denn docb über einen ganz anderen Fonds von moralischen und sittlichen Kräften verfügen und daß schon darum (sintemalen die doch auch m der historisch-politischen Welt nicht ganz ihren Wert verloren) kein Anlaß ist, die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung von dieser Leite für ernstlich bedroht zu halten. Im Abgeordnetenhaus? ist man über die Leistung des Herrn Hoffmann empört gewesen. Das verstehen wir vollkommen: diese Entrüstung ist auch außerhalb der preußischen zrveiten Kam mer bis weit in die Reihen der Linken geteilt worden. Leider ist zugleich auch der Gedanke aufgetaucht, ähnlichen Ausschreitungen für die Zukunft durch eine erneute Revision der Ge schäftsordnung vorzubeugcn. Zu begreifen ist selbstverständlich auch das. Es ist einfach die Reaktion des natürlichen Gefühls: wer mich an greift oder quält, gegen den suche ich mia; zur Wehr zu setzen. Nur würden wir cs bedauern, wenn dieser ersten Regung des natürlichen Men schen auch die politischen nachgeben wollten. Ganz allgemein haben wir die Empfindung: es ist nachgerade an der Geschäftsordnung des preußischen Abgeordnetenhauses genug gedoktert worden. Es mag ja sein, daß diese Geschäfts ordnung in ihrer noch unrcvidierten Gestalt aus die heutigen Verhältnisse nicht mehr paßte. Die rechnete noch mit Leuten, die in gewissen Grund fragen auf demselben Boden stanken: da man sie schuf, hatte man an die Sozialdemokraten und die Parlamentstcchnik, die sie bisweilen doch entfalten, noch nicht gedacht. Freilich könnte man dazu vielleicht anmerleu, daß mit der Geschäftsordnung am Ende auch die Grund lage, aus der das Preußenhaus steht, veraltete. Aber inzwischen ist der Komment der preußi schen Kammer ja nun zeitgemäß umgeformt worden. Der Polizetleutnant ist in Aktion ge treten; zwei von den gröbsten Sündern sind vor Gericht gezogen worden; einer kehrte — allerdings aus freilich anderen Ursachen — überhaupt nicht wieder. Damit, scheint uns, sollte mau cs genug sein lassen. Vor allem füllte man sich yütcn, durch eine Gesetzgebung ab ii-Lto Märtyrer zu schaffen und einer Be wegung, die man zu schädigen sucht und zu schädigen auch alle Ursache hat, nachträglich noch zu nützen. Heute steht es doch so, daß die sozialdemo kratische Frattion durch die von Herrn Hoff mann verübte Vergewaltigung der Mehrheit das demokratische Majoritätsprinzip, auf dem sie sel ber fußt, verleugnet Hal. Ein hochnotpeinliches Verfahren könnrc diese Tatsache leicht verdun keln und ihre Wirkung auslöschen. Dabei ist natürlich grundsätzlich nichts dagegen zu sagen, daß Man Dauerreden von ungewöhnlicher Länge beschnitte: Reden von sieben Stunden Umfang sind ein grober Unfug, sind keine geistige Lei stungen mehr, nur noch körperliche. Avcr so bald man den an sich verständigen Grundsatz aus der Theorie in die Praris überzufüyreu versuchte, wurden sich alsbald erhebliche Schivic- rigteileu cinftellcu. Wie wir denn überhaupt meinen, daß wir allgemach ein wenig zu nervös wurden. Wir kommen da und dort sogar schon dahin, das Parlament mit der MännschaftS- stubc zu verwechseln, ui der zufällig Instruk- tionsstunde gehauen wird. Ohne Frage: der Parlamentarismus befindet sich — nevenbci nicht nur in Deutschland, vielmehr allerorten — in einem Zustand der Krise. Man glaubt uicht mehr daran, daß die Reprüscntativverfassung ein Heilmittel für alle Gebreste im Staaisleben sein könnte; auch wer mit Recht die Mitwirkung des Volkes für schlechthin unerläßlich hält, be ginnt zu zweifeln, ob die in früheren Jahr hunderten in England und Frankreich gefun denen Formen uns für alle Zeiten zu genügen vermöchten. Diesen Prozeß taugsamer Umbil dung und neuen Werdens sollte man in Ruhe abwarten. Wir in Deutschland haben zu sol cher Ruhe um so inch: Vcran assung. cus Uotz der Lievknecht und Hosimann, was die äußere und wohl auch die innere Gesittung angeht, die deutschen Parlamente es getrost mit allen anderen Parlamenten in der Welt aufnchinen tonnen. - * * Ist Berlin, 12. Februar. Der „Lokalanzeiger" be hauptet, daß im Abgeordnetenhaus bereits zwischen den bürgerlichen Parteien Verhandlungen im Dange seien, um die bisherige unbeschränkte Rede freiheit zu begrenzen. Zentrum und Natio nalliberale wären geneigt, die Dauer der Redezeit auf zwei Stunden festzulegon, während die Konser vativen den Rednern nur eine Stunde bewilligen und dann das Haus befragt wissen wollen, ob es geneigt sei, den Redner weiter anzuhören. Vie Zweite Kammer über -ie Reform -er Ersten Kammer. rg. Dresden, 12. Februar. Der Kampf um die Reform der Ersten Kammer scheint in eine neue Phase gerückt zu sein. Bekanntlich scheiterte der Versuch der Re- gieruna vom Jahre 1905, Industrie, Handel und Gewerbe in der Ersten Kammer einige Ver treter zu gewähren, vollständig. Die Konser vativen mußten damals von ihren Freunden in der Ersten Kammer bittere Worte anhören, darüber, daß sie einer Reform nicht grund sätzlich abgeneigt waren. „Das sei nicht konservativ gedacht von ihnen, daß sie an der konservativen Einrichtung unseres Staates zu rütteln sich bereit gezeigt hätten," sagte z. B. Herr Sahrer von Sahr auf Ehrenberg, und dasselbe Mitglied der Ersten Kammer konnte es noch weniger verstehen, daß sich die Regierung zur Eindringung der Vor lage hatte entschließen können, die er für so inopportun wie nur möglich hielt. Diese deut liche Sprache schien nicht ohne Einfluß auf die konservative Fraktion der Zweiten Kammer wie auch auf die Regierung geblieben zu sein. Denn im Jahre 1911 verzichtete die konserva tive Fraktion darauf, abermals einen Antrag auf Reform der Ersten Kammer einzubringen nnd stellte sich einer nationalliberalen Inter pellation zu dieser Frage wahrlich nicht beson ders freundlich gegenüber. Die Negierung end lich schien durch ihren Mißerfolg im Jahre 19W den Mut verloren zu haben, der Frage in absehbarer Zeit näher zu treten. Anders die liberalen Parteien. Als sie diese Frage ausgerollt hatten, ließen sie auch nicht ab, sie weiter zu verfolgen. Es ist ja wohl hinreichend bekannt, daß hinsichtlich des Maßes die Forderungen der beiden Parteien auseinandergehen. Aber die Frage mit Zähig keit weiter verfolgt zu haben, dieses Verdienst kommt ihnen gleichmäßig zu. Kein Wunder, wenn bei den Erfahrungen, die sie machen mußten, ihre Hoffnung auf einen unmittelbaren Erfolg nicht allzu hoch gespannt waren. « Am 12. Februar beschäftigte sich nun die Zweite Kammer abermals mit den liberalen Anträgen zur N eform der Ersten Kammer. Es war durchaus verständlich, wenn der national liberale Abg. Nitzschke-Leutzsch und der Fort schrittler Eüntherbei der Begründung ihrer An träge auf ihre Erfahrungen Bezug nahmen und die Konservativen zu größerem Wohlwollen gegen über der Materie, die Regierung aber zu größerer Festigkeit gegenüber den Wider ständen und namentlich zu kräftiger Ini tiative ermunterten. Die Rede Nitzschkes hatte den Vorzug der Kürze und ruhiger Bestimmt heit. Er vermied es, auf Einzelheiten einzu gehen und hatte darum auch das Ohr des Hauses vom ersten bis zum letzten Wort. Mit dem Ernste, den die Wichtigkeit der Sache erfordert, wies er die Negierung darauf hin. daß sie bei Fortsetzung ihrer passiven Haltung einer gefährlichen Radikalisierung des Reformgedankens Vorschub leistete. Der Fort schrittler Günther leidet daran, daß er sich nicht von seinen Erinnerungen an die Sturm zeit von 1848'49 befreien kann. Wäre ihm das möglich, so würde seine Begründung des fort schrittlichen Antrags viel gewonnen haben. Wie recht der Abg. Nitzjchke hatte, als er von einer Radikalisierung des Nesormgedankens sprach, zeigte die Haltung der Sozialdemo kratie. Sie wünscht natürlich völlige Be seitigung der Ersten Kammer, in der sie den Hemmschuh aller wirtschaftlichen und kulturellen Entwickelung erblickt. Es wäre müßig sich mit diesen Gedankengüngen auseinander setzen wollen. Aber sie wird mit ihnen in dem Grade Schule machen, in dem die Er füllung des Reformgedankens auf sich warten läßt. Den sozialdemokratischen Antrag begrün dete Abg. M ü l l e r aus Zwickau. Er zeigte sich von einer neuen Seite. Ihm scheint der Ruhm seines Parteigenossen Adolf Hoffmann in Ber lin erstrebenswert zu sein. Wenigstens verfiel er heute ganz in den Ton dieses Volkstribunen. Daß seine Behandlung Anlaß zu stürmischen Lachsalven bot, wird man um der ernsten Sache willen bedauern. Und nun zeigte sich, daß sich die Situation etwas zu grinsten der Reform verschoben hat. Man durfte gespannt sein, wie die Konserva tiven, die ja neuerdings so industriefreundlich geworden sind, sich diesmal mit den Anträgen abfinden würden. Dr. Böhme mühte sich zwar in verschiedenen Zwischenrufen ab, glaubhaft zu machen, daß seine Freunde vor zwei Jahren genau so zu der Sache gestanden hätten, aber es ist gar nicht zu verkennen, daß die yeutigc Rede des Abg. Opitz wesentlich r e f o r m f r e u üb licher klang, als die vor zwei Jahren. Sollte das eine Folge des konservativen Industriebei rats sein? Sei dem, wie ihm wolle, erfreulich ist jedenfalls, daß der Stimmungswechsel bei den Konservativen die Möglichkeit der Reform nähcrrückt. Auch die Negierung, für die Minister Graf Vitzthum von Eckftädt sprach, war einer Reform gegenüber heute weniger zurückhaltend, als vor zwei Jahren. Er beschwerte sich ge radezu, daß der Abg. Nitzschke ihn zu größerer Festigkeit und zu mehr Initiative angespornt habe. Er versicherte, daß die Regierung dem Gedanken der Reform der Ersten Kammer durch aus sympathisch gegcnüberstehe. Bei deni Wi derstreben der Ersten Kammer werde es sich darum handeln, ob sich in der Zweiten Kammer eine Zweidrittelmehrheit für den Ge danken finden werde. Diese Möglichkeit ist na türlich nicht ausgeschlossen. Vielmehr ist zu hof fen, daß sich in der Deputation Fortschrittler und Konservative dem Standpunkt der National liberalen nähern werden. Mit großem Ernst nnd sehr wirkungsvoll wies Abg. Hcttner noch die Regierung auf die Bedeutung der An gelegenheit bin nnd auf die schweren Folgen, die die Verzögerung ocr Reform haben würde. — Möge die Gcseygebungsdcputation, der die Anträge zur Bearbeitung überwiesen wurden, zu einem praktischen Resultate gelangen. Deutscher Lan-wirtschaftsrat. 8. L ll. Be lin, 12. Februar. (Dritter Tag.) Den Vorsitz in der heutigen dritten Sitzung der 42. PlenaiVersammlung des DeuNchen Landwirt- schaftsrates führt der stellvertretende Präsident Frei herr v. Cetto (Reichertshausen), der dem ersten Referenten Geh. Oekonomierat Andrae (Brauns dorf) sofort das Wort erteilte zu seinem Referat über: Einführung von No stand-tarifen. Der Referent hatte leine Gedanken rn Leitsätze zu sammengefaßt, die nach sehr anregender Debatte milden vom Landesökonomierat Stcinmeyer Danzig) vorgclegten Abänderungsanträgcn in folgender Fassung angenommen wurden: 1. Dio Einführung der Notstands- tarife nach schädigenden Ereignissen zu dem Zweck, im Interesse der Allgemeinheit die Leistungsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft auf dem Gebiete der Fleischproduktion möglichst zu erhalten, ist unter be stimmten Voraussetzungen zu empfehlen. 2, Wenn Notstandstarise von der Regierung, er wogen werden, sind vom Staatssekretär des Innern die landwirtschaftlichen Interessenvertre tungen und die großen Bezugsvereinigungcn zu hören. 8. Es ist anzustreben, daß stets der Em pfänger und nicht der Veriender den Vorteil der Frachtermäßigung erhält. Am einfachsten und besten geschieht dies dann, wenn der Empfänger seine Bedarfsartikel grundiätzlich stets ab Versand station (nicht franko Empfangsstation) kauf». Er kann sich den Frachtsatz angeben lassen, dann fließt die Frachtermäßigung bei jeder An von Geschäften ohne weiteres in feine Tasche. In allen Fällen, in denen Abschlüsse auf Futtermittel für spätere Ter mine und franko Empfangsstation gemacht werten, ist in den Lchluyscheinen außer der unter Umständen angefügten Forcemajeure-Klausel noch die Bedingung auszunehmen, daß — sofern Notstandstarife zur Zeit der Lieferung bestehen sollten — dem Empfänger sämtliche Vorteile der dadurch entstehenden Fracht ermäßigung zugute kommen. 4. Für die Anwendung de» Notstandstarifes ge nügt es, wenn der Empfänger auf Pflicht und Ge wissen versichert, daß die versandten Futtermittel im Inland verbraucht werden; er muß aber der Eisenbahnvorwaltunz auf Verlangen den nötigen Nachweis erbringen; Aus dem Frachtbrief ist zu be merken: „Zum Verbrauch als Futternsittel, im In land". — Die Bestimmungen des Ausnahmctarrfs vom 15 Dezember 1911 über Geltungsbereich, An wendungsbedingungen, Frachtberechnung rc. trogen den berechtigten Wünschen Rechnung. 5. Wenn überhaupt Notstandstarife eingeführt werden, so hat das ohne Karenzzeit und in allen Bundesstaaten gleichzeitig zu geschehen. 6. Die Förderung der Leistungsfähigkeit der deutschen Binnenschiffahrt auch in trockenen Perioden kann im Interesse der Allgemeinheit nicht genug empfohlen werden. Das geschieht durch die Einrichtung von Talsperren und Herstellung von ge nügend Tiefen, leistungsfähigen Fahrrinnen". Als nächster Pu ikt sollte folgen ein Bericht von, Dr. Burr- Kiel über di« Ergebnisse der vom Reich-- amt des Innern unterstützten Versuche betreffend sie R a h m l i e s e r u n g an Molkereien. Als der Referent aber die ersten Lätze seiner Rece gesprochen halte, wurde er plötzlich unpäßlich und mußte a b breche n. Dieser Gegenstand wurde dnher am morgen vertagt. Der Redner wurde sofort in ärztliche Be handlung genommen. Ueber die Beschränkung der Haftung des persönlichen Schuldners für den Hppothekcnnnssait sprach sodann Regierungspräsident Graf v. B r ü h l Sigmaringen: Das Bedürfnis zu einer Blenderung der jetzt gellenden Vorschriften ist nach seiner An sicht noch nicht genügend klargciteüt. Nach den Berichten einzelner Landwirtschaftsvernelungen sinü allerdings einige Härten beobachtet worden. Es hat aber den Anschein, als ob diese Härten weniger oft bei landwirtschaftlich benutzten Grund stücken, als bei ganz- oder baibstädtischen Grund stücken vorgekommen sind. Es scheint, dass das Fehlen von gemeinnützigen Kreditanstalten oder doch das Undetanntsein solcher Einrichtungen für manche Besitzer solcher Grundstücke verhängnisvoll wurde. Der Redner stellt schließlich folgenden Antrag: „Ter ständige Ausschuß des Deutschen Landwiit- schaftsrats wird ersucht, diese Frage im Auge zu behalten und zu gegebener Zeit über die En'- wickelung Gelegenheit zu wiederholter Erörterung zu geben." Geh. Regierungsrat v. Klitzing (Nieder-Zauchc» behandelte sodann das Thema: Reichogesetzliche R gelung des Handels mit Futter mitteln, Düngemitteln und Sämereien. Er schlug schließlich folgenden Antrag vor: „Der Deutsche Landwirtscbaftsrat erkennt es dank bar an, daß der Herr Minister sür Landwirtschaft, Domänen und Fo.sien eine endliche reichsge.etzliche Regelung des Verkehrs mit Futtermitteln, Dünge mitteln und Sämereien befürwortet Hot und bittet einen einschlägigen Gesetzentwurf dem Deutschen Landroirtnhaftsrat baldmöglichst zur Vorberatung zustellen zu wellen." In der Diskussion ergriff Domänenrat Rettich (Rostock) das Wort. Er erklärte sich mit dem Vorschlag einer rerchsgesetzlichen Rege lung durchaus nicht einverstanden, da eine solche nur Nachteile sür die Landwirte dringen könne. Außerdem liegt die Gefahr nahe. Laß die Handels chemiker die Funktionen der landwirtschaftlichen Versuchsstationen einschränke i. Geh. Oekonomierat Andrae (Braunsdorf) betont demgegenüber, baß die landwirtschaftlichen Versuchs stationen sich gegen solche Einschränkungen selbst schützen müßten Auf alle Fälle müsse jetzt ein Gesetz geschaffen werden, ber Schwindel nehme zu sehr übei- hand und alle Versuche, ihn zu beseitigen, seien fehl, geschlagen. Geh. Regierungs-Rat Dr. Orth (Berlin) er- ' klärt, daß der Antrag sich überhaupt nicht gegen die
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