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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140207015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914020701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914020701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-07
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe 0°zug«pr°is°: »»natliL» I.rs m.. viertryührNch r.7» m. Sei Ser Vr5chüft»n,u«. »ns«, Mal« und ftuagobesteU« adgehoUr meaalUch IM.. vierleUährlich2 M. Durch 0>, p»st, «uaerhald veutschlau»» und »er »rutscheu Koloal« monatUch 1^0 m., vlrrteUührNch ».so m.. au»schU«8Uch poftdeltellgeiS. Va, Leipziger llagablatt erschein» werklag« »mal. Sonn- u. Jeierleg» »mal. Sn Leipzig, Sen Nachbarorten onS den Orte« mit elarnrn -Ulate» wir» Sie fldenüauogad» »och am ftbenü öe» <r sch «tuen» in» -ans -ellefert. Verllner ke»aNtoa:SaSeaA»U»a t7, Zernsprech-Nnichln-r Moadtl Nr.447. Nr. S8. ^mrdelsFeituns /lrrrtsblollt des Kates und des polireüuutes derStudtLeipzrv iteSaktion und »»schüft« stelle- ^ohanalogaff» Nr.«. o Jernsprech-ftaschi»- Nr. 1»»«, 1«»« n»S i«s»». ISS. Jahrgang —»tt». svr Inserat» an, Leipzig UN» Umgeb«», Sie /»tII*kb*npruIf». lspalttg»p»1ttz«tl«rsps.,Si»k«k>am«e«lI»>M., »an auamürta 1» Pf., Neklamrn i.ro M., «lein» Nnzeigeo -iepetitzeil« nnr r»pfch.wi»S«rkol.Nab.,Iaserat« o»n0»l>SrS«a im amtl chenTeil Sie Petit- zett» «Pf. ch»fchSft»anz»ig»n mit ptatzoorschrift im Preis» erhöht. Nadatt nach Laeif. Veilage«: Sesamtaufl.» Ul. Saa Lausen» anaschl. postgedühr. Nnzeigen-flnnahm«: 1»hannlagag«*,d«i s-mtttchen vitalen »«Leipziger Lageblatt«» «ad allen ftnaoacea-LxpeSittoaea S« In- un» stnelunSe». cheschüft,stelle für Vertin u.Sl« pr. vranSendnrg: virektion Walter ZUe-ei. Verll» w. >0, Margarethenstrog« «. -ernsprech-flnschlug: Liihow »071. Sannsvenü, üen 7. /ebrusr. 1914. Vas wichtigste. * Im Reichstag wurde am Freitag über zahlreiche Anträge zum Etat des Reichsamts des Innern abgestimmt und dann die Etat beratung fortgesetzt. (S. Art. und Ber./ * Bei der Beratung des Marineetats in der Budgetkommission des Reichstages er klärte Staatssekretär von Tirpitz, daß die Marineverwaltung niemals einer Firma nah- gelegt habe, einen verabschiedeten Offi zier der Marine als Vertreter anzustellen. (S. Pol. Nebers.) * In Schleswig wurde am Freitag die ?>0. Wiederkehr des Tages der Befreiung von her dänischen Herrschaft festlich begangen. (S. Pol. Nebers.) * In Stockholm veranstalteten am Frei tag .'M 000 schwedische Bauern eine impo sante patriotische Kundgebung, wobei der König eine bemerkenswerte Ansprache hielt. (S. Pol. Nebers.) * In Norwegen droht der General streik ausznbrechen. (S. Ausl.) * Das Zeppelinluftschiff „2. VII" wird heute seine Fernfahrt von Friedrichs hafen nach Potsdam über Leipzig ausführen. (S. Letzte Dep.) Vie deutsche Mslanüshochfchuie. Von Alfred F. Bierkandt, Professor an der Universität Berlin. Der vom Reichstag der Regierung empfoh- tcne Plan zu einer deutschen Auslands hochschule veranlaßt den bekannten Soziologen der Berliner Universität Prof. Bierkandt seine Ansichten über Wert und Zweck einer solchen Anstalt auszusprechen. Wir behalten uns vor, auf die Frage nach der Zweckmäßig keit einer Hochschule dieser Art näher ein zugehen, wenn über die Einzelheiten des Planes Näheres bekannt ist. D. R. Der Reichstag hat, einer Anregung der Abgeord neten Erzberger und v. Nichthofen folgend, den Ausbau des Seminars für orientalische Sprachen zu einer deutschen Auslandshochschule beantragt, und Vie Regierung hat verheißen, eine Denkschrift vorzu legen. Dieser Vorlegung kann demnächst entgegen gesehen werden; und darum dürfte es angebracht sein, auf die Bedeutung dieses Planes kurz hinzuweisen. Es ist eine neue Art von Hochschule, die hier geplant wird, und darin liegt von praktischen Gesichtspunkten aus betrachtet, ein besonderer Vorzug des Unter nehmens. Die Auslandshochschule soll für uns eine Waffe werden bei unserem Wettkampf mit anderen Völkern im Auslande, und eine neue Waffe verheißt uns einen Vorsprung in diesem Kampfe, voraus gesetzt natürlich, daß sie eine taugliche Waffe ist. Darüber aber kann bei näherer Betrachtung kein Zweifel sein. Für unsere höheren Berufsarten im Gebiete der Beamtentätigkeit und der sogenannten liberalen Be rufe hat seit langem der Grundsatz allgemeine An erkennung gefunden, daß die beste Vorbereitung für sie nicht eine unmittelbare, sondern eine mittelbare ist, eine solche also, die nicht den Charakter eines Drills, sondern einer allgemeinen Ausbildung aller einschlägigen Kräfte und Fähigkeiten besitzt. Die neuen Arten von Hochschulen, die sich neben den alten Universitäten entwickelt haben, insbesondere die technischen Hochschulen und Handelshochschulen, sind diesem Grundsatz treu geblieben. Sie wollen nicht blos und nicht in erster Linie Kenntnisse und Fertigkeiten übermitteln, die sich unmittelbar ver werten lassen, sondern wollen für die künftigen Be ruf« eine umfassende wissenschaftliche Bildung ge währen, di« zu einem selbständigen Denken und Han deln befähigt. Die Errichtung einer deutschen Aus landshochschule würde einen weiteren'Schritt in der selben Richtung bedeuten. Denn ihr Wesen soll da rin bestehen, daß sie auf wissenschaftlicher Grundlage ein eindrinaendes Verständnis der Kulturen aller derjenigen Länder übermittelt, mit denen uns hin reichend lebhafte wirtschaftliche und politische Be ziehungen verbinden. Bei der Kunde der Kulturen dieser Länder ist demgemäß nicht nur an die tech nisch-wirtschaftliche, sondern ebenso sehr an die gesell schaftliche und geistig« Seite ihrer Gesittung gedacht, wie sie sich besonders in Sitte und Recht, in Religion und Kunst und auf höherer Stufe auch in Philosophie und Wissenschaft ausprägt. Zunächst soll diese Aus landshochschule den deutschen Technikern, Industri ellen und Kaufleuten dienen, die ins Ausland gehen. Sie soll sie nicht nur unmittelbar für ihre besonderen technischen und wirtschaftlichen Aufgaben vorbereiten, sie soll ihnen vielmehr zugleich zu einem Verständnis der ganzen Eigenart des fremden Landes verhelfen, und sie dadurch vor der Gefahr bewahren, sich aus Unkenntnis über die einheimischen Verhältnisse hin wegzusetzen und insbesondere durch Mißachtung der bestehenden Sitten die berechtigten Gefühle der fremden Bevölkerung zu verletzen. Wo sie es mit Völkern hUerer Gesittung nach Art z. B. der ost asiatischen zu tun haben, soll sie es ihnen ermöglichen, sich den gebildeten Klassen der einheimischen Be völkerung gegenüber al» ebenfalls „gebildete" Män ner zu erweisen und sich dadurch ihre Sympathien zu erwerben. Durch solche Rücksichtnahme und solches Entgegenkommen werden sie Ansehen und Einfluß der Deutschen im Auslande stärken, zugleich aber auch erhöht« Aussicht auf geschäftlichen Erfolg be sonders da gewinnen, wo ihre Tätigkeit ihnen Spiel raum für «in selbständiges Verhalten und das Ein schlagen neuer Bahnen läßt. Die geplante Auslandshochschule soll ferner Ver treter geistiger Berufe vorbilden, die in fremde Län der gehen, insbesondere Missionare, Lehrer, Aerzle, Hochschullehrer und Journalisten. Wie lehr die be rufliche Tätigkeit aller dieser Klassen durch eine ein gehende Kenntnis der fremden Zustände gefördert wird, bedarf keiner besonderen Ausführungen. Je mehr und je persönlicher hier das Verhältnis, je tie'er die Wirkungen sind und sein sollen, desto verhängnis voller werden alle Arten von Mißgriffen, wie sie sich aus dem Mangel der einschlägigen Kenntnisse so leicht ergeben. Zugleich besitzt die Tätigkeit aller dieser Männer für unsere Nation und unseren Staat die größte Bedeutung: sie bedeutet in besonders hohem Grade eine werbende Tätigkeit für das Deutschtum, weil bei der intensiven Art der persön, lichen Beziehungen der Spielraum für die seelische Beeinflussung hier viel gröger ist, als bei der auf das Aeußere gerichteten Tätigkeit des Kausmannes. Jeder Missionar, jeder Lehrer und Hochschullehrer streut einen Samen aus, der hundertfache Früchte tragen kann. Es sei hier beiläufig bemerkt, daß bis jetzt z. B. in Ostasien Lehrer und Missionare aus England, Amerika und Frankreich in viel größerer Meng« ver breitet sind als aus Deutschland, und daß alle diese Länder sich der praktischen Wichtigkeit dieser Pionier tätigkeit sehr wohl bewußt sind und sie eben des wegen eifrig fördern. Ein« deutsche Auslandshcch- schule würde auch für die Ausbildung solcher Personen einen Mittelpunkt abgeben und zugleich dazu an getan sein, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit derartiger Bestrebungen zu lenken und sie so zu fördern. Die dritte Hauptgruppe von Personen, für welche eine AuslandshoLjchule berechnet wäre, siltt) unsere Dolmetscher, Kowularbeamte und Diplomaten, zu denen noch die Verwaltungsbeamten und richterlichen Beamten in unseren Kolonien kommen würden. Für die meisten von ihnen würde eine Ausbildung auf der Auslandshochschule freilich einen Bruch mit der bisherigen Art der Vorbildung bedeuten. Denn bis her haben von ihnen nur die Dolmetscher die hier gemeinte Art von höherer Bildung empfangen, so weit bis jetzt das Seminar für orientalische Sprachen eine solche zu geben vermag. Für die Beamten in unseren Kolonien zunächst ist der Wert einer der artigen Ausbildung ganz besonders einleuchtend. Die Anschauungen, die bis jetzt ihre Ausbildung beherrsch, ton, und die Anforderungen, die dabei an sie gestellt werden, sind viel zu flach. Es ist geradezu ein Frevel, jemandem eine Machtstellung in e>nem fremden Volke zu geben, der nicht vorher nachgewicsen hat, daß er dieses Volk gründlich kennt. Wie viel Blutvergießen, wie viele Aufstände und Strafexpedittonen wären vermieden worden, wenn diese Forderung von An fang an hätte erfüllt werden können. Das Entsprechende gilt für den auswärtigen Dienst. Fachmänner in dem hier gemeinten Sinne sind bis jetzt, wie schon erwähnt, nur die Dolmetscher, und auch sie nur zum Teil, soweit nämlich bisher das orientalische Seminar ihnen dazu verhelfen konnte. Die Reform der Ausbildung aber darf sich nicht dar auf beschränken, daß diese Dolmetscher überall auf die voll« Höhe der Vertrautheit mit der gesamten frem den Gesittung gehoben werden. Das Zeitalter de: Kabinettspolitik liegt hinter uns. Neben oen rein diplomatischen stehen auch Aufgaben von mindestens gleicher Wichtigkeit. Unsere Politik soll dem deut schen Kaufmann bei der Erschließung neuer Bahnen im Ausland« beratend, anregend und helfend zur Seite stehen, und sie soll die geistige Macht unserer Nation im Auslande mehren helfen. Bedarf also schon der Kaufmann selbst einer höheren und um fassenderen Vorbildung, so ist eine solche „Auslands- bildung", wie wir sie nennen können, erst recht un entbehrlich für alle die Männer, die mit politischen und geistigen Waffen für unseren Staat und unser Volk draußen kämpfen sollen. Damit sic diese Auf gabe erfüllen können ist freilich nötig, daß die Be amten von in der Hauptsache einheitlicher Sprache und Kultur spezialisiert werden. Es muß — von dringenden Ausnahmen abgesehen — gebrochen wer den mit dem System, daß ein Konsul oder Diplomat ein Jahr in Aegypten, das nächste in Chile und das übernächst« in China tätig sein kann; es muß erst recht gebrochen werden mit dem System, daß nur der Reichtum und insbesondere die Verbindung von Reichtum und Adel die diplomatische Laufbahn er möglicht. Wenn wir Milliarden für die Erhaltung und Stärke unserer Heereskräfte ausg«ben können, so wird unser Etat auch diejenigen Millionen erübrigen können, die nötig sind, um d«n auswärtigen Dienst auch den Unbemittelten zugänglich zu machen. Und wenn Staat und Nation vor keiner Anstrengung zurückscheuen, um im Inland« ihre Wehrkraft auf die volle Höhe zu erheben, so darf keine Maßregel unter lassen werden, um auch unsere politt'ch« Arbeit in den fremden Ländern zu dem höchsten Grade der Leistungsfähigkeit »u steigern. Die geplante Auslandshochschule würde endlich auch in rein wissenschaftlicher Hinsicht voraussichtlich eine schöpferische Leistung bedeuten. Sie würde in der Lage sein, eine neue wichtige Disziplin oder eine ganze Gruppe von solchen zu pflegen und ihrer Ent wickelung dadurch den größten und wirksamsten Vor schub zu leisten. Für ihren Unterricht liegt der Schwerpunkt ja in dem gegenwärtigen und nicht in einem vergangenen Zustand der fremden Kulturen: in erster Linie hat sie es nicht mit der Geschichte der Literatur, Kunst und Philosophie dieser Kulturen zu tun, soweit von einer solchen Geschichte überhaupt die Rede sein kann, sondern mit der gesamten gegen wärtigen Kultur, diese als eine Einheit aufgefaßt. Darin aber liegt, soweit es sich um sogenannte ge schichtliche Völker handelt, eine völlige Neuheit in der Problemstellung. Bisher hat man bei solchen Völkern wohl die Geschichte einzelner Kulturgüter und zum Teil auch der gesamten Kultur zum Gegen stand der wissenschaftlichen Forschung und Lehre ge macht. Nur bei den sogenannten Naturvölkern hat die Ethnographie seit langem die Erforschung ihrer gegenwärtigen Kultur sich zum Ziel gesetzt. Für die Völker höherer Kulturen entsteht hier also der Be griff einer besonderen neuen Disziplin. Der bekannte holländische Soziologe und Ethnologe Steinmetz hat diese künftige Disziplin als „Soziographie bezeichnet. Er hat in einem längeren Aufsatz im „Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie" sBd. t>. S. -192, flg. April 1913) die Aufgaben, lie Grundlage und Methoden einer solchen Disziplin, die geeignete Vorbildung für ihre Pflege und die gegen wärtigen Ansätze zu einer solchen, endlich auch ihre theoretische und praktisch« Bedeutung eingehend er örtert. Hier sei nur auf den letzten Punkt wegen des erfreulichen Zusammentreffens der Gedanken hingewiesen. Steinmetz, dem der hier vertretene Plan völlig fern lag, sagt über tic Bedeutung der von ihm geforderten Disziplin: „Aber auch direkt be friedigt die Soziographie ein intellektuelles Bedürf nis. So gut wie die physische wollen wir und müssen wir die menschliche, sowie die soziale und kulturelle Umwelt kennen lernen. Aber auch praktisch sind wir hierzu genötigt, weil wir, im Zeitalter der Welt- wirtscha't und der Weltpolitik, fortwährend mit ihr in Berührung kommen Jede kommerzielle, finanzielle und politische Unternehmung, die über das eigene Land hinausgreift, fußt auf ihr. Warum sollte der Politiker sich allein durch ihr intuitives Surrogat bei seinen Zwecksetzungen und Mittelberech nungen leiten lassen? Die Kolonialpolitik, die nicht sehr genau Rechnung hält mit ihren Resultaten, wird zu den größten Verlusten ustd den heftigsten Kollisionen führen. Jeder Diplomat, jeder Minister des Auswärtigen, aber auch jeder großzügige Unter nehmer muß über ausgedehnte und parate Kenntnisse in der Soziographie verfügen." Vor einem Jahre haben wir die Gründung der Berliner Universität gefeiert. Es ist oft gerühmt worden, wie in jenen Tagen der nationalen Not Volk und Regierung einig waren in dem Gedanken, daß geistige Kräfte eine unentbehrliche Grundlage uno Ergänzung der äußeren Wehrkräfte bedeuten. Wollen wir jetzt, wo die Nation reich und mächtig geworden ist, diese Lehre vergessen? Müssen wir nicht heute übenso bestrebt sein, für die neuen Aus gaben. die uns Kolonialwesen und Weltwirtschaft und Weltvolitik gestellt haben, uns wiederum ein neues geistiges Rüstzeug zu schaffen? Vie patriotische Kundgebung -er schwedischen Sauer«. Aus Stockholm wird berichtet: Ungefähr dreißigtausend schwedische Bauern vom höchsten Norken bis zur Provinz Schonen trafen in einer Art patriotischer Wallfahrt in Stockholm ein, um dem König und dem Ministerpräsidenten ihre Geneigtheit zur Uebernahme der RüstunysverMehrung auszudrücken und die sofortige Einleitung der entsprechenden Maßnahmen zu erbitten. In einer Riefenprozession, der die Banner der 2-1 Provinzen Schwedens vorangetragen wurden, begaben sich die Bauern, nachdem sie den in den verschiedenen Kirchen veranstalteten Gottesdiensten beigewohnt hatten, zum Königlichen Schloß, in dessen geräumigen Hof sie vom König empfangen wurden. Hier hielt der Führer des Zuges eine Ansprache an den König, in der er der Bedeutung dieser einzigartigen Kundgebuna. der Vaterlandsliebe und Loyalität gegen ihren König Worte verlieh. Nachdem d«r König den Bauern seinen Dank ausgesprochen hatte, daß sie sich bei ihm eingefunden hätten und nachdem er einen historischen Rückblick auf die Beziehungen zwischen den schwe dischen Königen und ihren Untertanen geworfen hatte, fuhr er folgendermaßen fort: „Es ist die Sorge um di« Sicherheit des Vater landes, die euch veranlaßt hat, an diesem Winter tage euer ruhiges Heim zu oerlassen. Es ist das Verlangen nach einer festen Grundlage für d'e Zu kunft des Reiches, die in diesem Augenblick eure ehrengekrönten Provinzfahnen vereinigt unter dem schwedischen Königsbanner, das über uns allen weht. Ihr habt mir eure bestimmten Wünsche aus gedrückt. daß die vornehmste aller Fragen des Lan des und Volkes sobald als möglich ihre Lösung findet. Ihr habt euch bereiterklärt, die Bürden zu übernehmen und die Opfer zu bringen, die damit verbunden sind. Nichts kann einem König teurer lein, als aus dem Munde seines Volkes seinen Willen zu vernehmen, und bei der Ausübung seiner oft schweren königlichen Pflicht ihm treu« Unterstützung gewähren zu wollen. Kein König, der vor mir di« schwedische Königskrone getragen hat, hat in so hohem Maße wie ich Eeleg«nheit ge habt. an diesem Platz mit den breiteren Volks schichten von Angesicht zu Angesicht zu stehen und ihre Stimmen zu hören. Das Bewußtsein eures Vertrauens zu eurem König macht meine könig lich« Gewalt wahrlich doppelt verantwortungsvoll, aber gleichzeitig leichrrr ausführbar. Und ich versprech« euch, daß ich euch nicht im Stich lassen werde. Ihr könnt dessen sicher sein, daß ich niemals von dieser Ueberzeugung abweichen werde hinsichtlich dessen, was ich mrt Bezug auf die Wehrmacht und die Selbständigkeit des Landes für das Richtige und Notwendige an sehe. Es fehlt wahrlich nicht an Männern in unserm Lande, die der Meinung find, daß die Frage über die Uebungszeit der Infanterie nicht jetzt gelöst werden dürfe. Ich teile keineswegs diese Auffassung und bin im Gegenteil d«r Mei nung, die ihr soeben mir gegenüber ausgesprochen habt, daß die Derteidiqungsfrage jetzt entschieden werden müsse, ohne Verzögerung und im Zu sammenhang mit den Forderungen für die Schlag, fertigkeit und die Kriegsbereitschaft der Feldarmee, die unerschütterlich von den Sachverständigen meiner Armee ausgestellt werden. Auch in bezug auf die Notwendigkeit der Weiterausbildung meiner Armee muß die Dienstzeit der Wehrpflich tigen erweitert werden, um ihre große Aufgabe lösen zu können; ferner muß meine Marine nicht allein stark erhalten, sondern auch in be deutendem Maße verstärkt werden. Laßt uns in Gemeinschaft für die Wehrmacht des Reiches ar beiten, bann wird es auch gelingen, die für das Reich so wichtigen und entscheidenden Fragen zu einem glücklichen Resultat zu führen. In Ueber- einstimmung mit meiner Pflicht als König will ich versuchen, euch den Weg zu zeigen, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen, hoffend, daß ihr auch zukünftig mir folget und mich stützet. Inner halb derjenigen, die gegangen sind und die kom men werben, müssen wir Gott für unsere Hand lungen Rechenschaft ablegen. Der Höchste, der bis her seine Hand über Schweden gehalten hat, be wahre unser Land und unser Volk jetzt und in kommenden Zeiten. Gott segne euch alle! Es lebe unser geliebtes Vaterland! Es lebe Schweden! In Erwiderung auf die Rede des Königs wurde die Nationalhymne gesungen und stürmische Hurraruf« ausgebracht. Dann zogen alleBauern insSchloß ein, wo sie in den Prunkgemächern vor den Majestäten, di« von den Prinzen und Prin zessinnen des Königlichen Hauses umgeben waren, vorüberzogen. Die Bauerndeputation begab sich dann zum Ministerpräsidenten, um ihm von dem Besuch bei dem König und den dabei ausgesprochenen Wünschen Kenntnis zu geben. Für Freitagabend sind zahlreiche Feste in Aussicht genommen. Die Bevölkerung der Haupt stadt bereitet den ländlichen Gästen den herzlichsten Empfang. Indessen haben die sozialdemo kratische Partei sowie eine Anzahl radikaler Ver einigungen Gegen Versammlungen in Stock holm und anderen Städten angekündigt, um gegen die Vermehrung der Rüstungsausgaben, die sie als ebenso unnütz bezeichnen, wie die Verlängerung des Heeresdienstes, Protest cinzulegen. Im Königlichen Schloß findet Freitagabend ein Festmahl statt, wozu 2300 von den Empfangskomitees ausgewählte Teilnehmer des großen Zuges geladen werden. Der Bauernzug machte einen großartigen unver geßlichen Eindruck. Die Rede des Königs wurde vom Kronprinzen und den Prinzen auch außerhalb des Schlosses den Bauern vor gelesen, die im innern Hof keinen Platz ge funden hatten. Alle in Stockholm und seiner Um gebung stehenden Regimenter gewähren den Bauern in ihren Kasernen Quartier. Die Offizieraspiranten der Kriegsschule von Karlsberg haben den Bauern ihre Schlasräume zur Verfügung gestellt und kam pieren selbst in Zelten. Im ganzen haben sich 31300 Bauern am Zuge beteiligt. Ueber 40 000 Bauern, die nicht teilnehmen konnten, haben ihre Zustimmung ge geben. Als wichtigste Stelle in der an den König und den Ministerpräsidenten gerichteten Rede wird die Erklärung betrachtet, daß die Bauern bereit seien, die erforderlichen Opfer zu bringen, aber auch for derten, daß die ganze wichtig« Verteidig»ngsfrage schon in diesem Jahre gelöst werde. politische UeberlieM Zum Reichstagswahlkampf in Sorna- Pegau wird uns geichrieben: Am 5. Februar hielt der nationalliberale Verein für Eolditz und Umgegend «eine Hauptversammlung ab, in der der Kassen- und Jahresbericht abgestattet wurde und in der man Stellung nahm zur Reichs tagsersatzwahl. Die Kassenverhältnisse sind sehr günstig. Aus dem Jahresberichte ging hervor, daß im letzten Jahre eifrig zur die liberale Sache gearbeitet und geworben worden ist, sodaß der Verein um eine stattliche Anzahl Mitglieder gewachsen ist. Besonders erfreulich ist, vaß die Zahl der Landwirte im Verein ständig im Wachsen begriffen ist. Dem Ausgang der Wahl sieht man mit großer Zuversicht ent gegen, ist doch die Organisatien im Benke des Ver- eins und im ganzen Wahlkreise bedeutend gefördert worden. Ein eigenartiges Licht auf die Kampfes- weise der Konseroatcven in Colditz wirft die Tal- jache, daß der konservative Verein den Versuch ge- macht halte, sämtliche zur Verfügung stehenden Säle am Tas e vor der Wahl zu belegen, um eine liberale Versammlung unmöglich machen. Im Gasthof zu den „Drei Rosen" in Bad Laujick sanden sich Mittwoch, den 4. d. M. eine stattliche Anzahl von nationalliberal gesinnten Herren aus Lausick und der Umgegend zusammen, um zu der bevorstehenden Reichstagswahl Stellung zu nehmen. Das Ergebnis der Beratungen war sehr günstig zu nennen. Nach mehreren Ansprachen, die auf die Notwendigkeit einer lokalen Organi sation mG Nachdruck hinwtesen, schritt man zur Gründung eines Nationalliberalen Vereins, dem sofort über dreißig Herren als Mitglieder beitraten. Der Marlaeetat in -er SuögrtkommWoa. Die Budgetkommission des Reichstages setzte am Freitag die Beratung d«s Marineetats fort. Der im vorigen Jahre abgelehnt« Posten eines Marineattaches in Buenos Aires befindet sich wiederum im Etat. Der Berichterstatter beantragt Streichung. Der Staatssekretär weist auf die dringenden Wünsche der Ausländsdeutschen und der Industrie hin. Der Posten wird vorläufig abgesetzt. Es soll ein Vertreter des Auswärtigen Amte» befragt werden. Bei Kapitel „Jndiensthaltung der Flott« und der Werften" wird vom Berichter st alter erneut dar-
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