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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140212015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021201
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-12
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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der Fall sein sollte, künftig nach Motzgabe der folgenden Grundsätze zu regeln. I. 1. Arbeiter und Angestellte dürfen durch di« Bor« gesetzten nicht in Wahrnehmung der durch Reichs- oder Landesgesetze geschaffenen Ehren ämter und staatsbürgerlichen Pflichten behin dert oder beeinflußt werden, insoweit nicht die Art der Arbeit eine solche Behinderung un vermeidlich macht. LZ 22, 189, 140 RVO. fin den entsprechende Anwendung. 2. Die Mitgliedschaft und Betätigung in Be rufsorganisationen, di« von Arbeitern und Angestellten keine gemeinsame Kündigung und Aroeitsanftellung verlangen, darf nicht ge hindert werden. N. Für di« Arbeiter sind Arbeiterausschüsse, für die Angestellten Angestelltenausschüsse zu errichten. 4. Ein Ausschuß ist für alle Betriebsabteilungen einzurichten, in denen regelmäßig mehr als 50 Personen der betreffenden Art besänftigt werden. 2. Der Ausschuß ist zu hören vor Erlaß oder Aendcrung von Arbeitsordnungen, Lohn bedingungen, Lohnderechirungsvorichristien und Vorschriften über die mit dem Betrieb verbun denen. zur Verbesserung der Lag« der Be teiligten oder ihrer Familien dienenden Ein richtungen (Wohlfahrtseinrichtungen). 8. Den Mitgliedern der Ausschüsse kann vor Ab lauf ihrer Wahlperiode nur aus wichtigen Gründen gekündigt werden. Auch ihre Ver setzung in eine andere Arbeitsstelle darf nur aus wichtigen Gründen ungeordnet werden. 4. Die Wahl hat nach den Grundsätzen der Ver hältniswahl zu erfolgen. 5. Der Ausschuß wählt aus seiner Mitte «inen Obmann und dessen Stellvertreter. Sitzungen sollen nach Bedarf regelmäßig mindestens ein- inal im Monat stattfinden. Die Einberufung ist der vorgesetzten Dienststelle anzuzeigen, ebenso die Tagesordnung. Vertreter der vor gesetzten Dienststelle sind berechtigt, anweseird zu sein und müssen jederzeit gehört werden. Die Sitzungen sollen zu einer mit der vorgesetz ten Dienststelle vereinbarten Zeit und in einem von ihr zur Verfügung gestellten Raume statt finden. 6. Der Ausschuß hat das Recht und die Pflicht, Beschwerden der Arbeiter und Angestellten zur Kenntnis der vorgesetzten Dienststelle zu brin gen. Dies« hat dem Ausschuß ihren Bescheid initzuteilen, und, falls der Ausschuß dies be antragt, der übergeordneten Stelle zur Kennt nis vorzulegen, die nach Anhörung des Aus schusses endgültig entscheidet. rii. 1. Arbeitern und Angestellten, die mindestens .zehn Jahre ununterbrochen beschäftigt waren und in ihrem Arbeitsverhältnis sich nichts Erhebliches haben zuschulden kommen lassen, darf nur von der Leitung der Betriebe und aus wichtigen Gründen gekündigt werden. Nach der Entlassung bleiben solche Arbeiter und Angestellte im Genüsse der Ruhe- und Der- sorgungsaelder, auf die sie durch die Dauer ihrer Beschäftigung nach ihrem Anstellungs vertrag« eine Anwartschaft erworben haben. 2. Arbeiter und Angestellte, die ihr« dienstliche Stelle oder Dienstgeschäfte zu einer religiösen oder politischen Betätigung mißbrauchen, hat der Dienststcllenoorstand zu verwarnen. Bei Wiederholung kann Entlassung erfolgen. Die Entlassung bedarf der Genehmigung der vor gesetzten Stelle. Religiöse oder politische Be tätigung außerhalb d«r Arbeitszeit und die Ausübung des Dereinsrechts dürfen, soweit sie nicht gegen die Gesetze verstoßen, nicht gehin dert werden und gelten an sich nicht als Gründe zur Kündigung oder Entlastung. IV. 1. Gehälter, Löhne und Arbeitsbedingungen sollen nicht hinter den in der vergleichbaren Privatindustrie üblichen Zurückbleiben. Sie sollen durch Einrichtungen zur Verbesserung der Lage der Beteiligten und ihrer Familien er gänzt werden. 2. Die Venvaltung dieser Einrichtungen hat unter Mitwirkung der Arbeiter und Angestell ten zu erfolgen, denen für die Tauer dieser Mitwirkung die Rechte der Mitglieder der Arbeiter- oder Angestelltenausschüste zustehcn. V. In den dcnc Landtage zu erstattenden Berichten über die staatlichen Betriebe ist Auskunft über Arbeitsbedingungen sowie über di« Bedingungen zur Teilnahme an der Verwaltung und Genuß der Wohlfahrtscinrichtungcn zu geben. Auch sind alle Fälle aufzuführen, in denen Entlastungen auf Grund der Bestimmungen in III 2 erfolgten, oder in welchen zwischen der Zentralbehörde und einem Arbeiter- oder Angestclltenaussäzuß kein Einver nehmen erzielt morden ist (II 6). B. die hohe erste Kammer zum Beitritt zu diesem Anträge zu ersuchen. Damit verbunden wird: 5. allgemeine Borberatung über den Antrag Tastan (Soz.) u. Gen., betr. Verringerung der Zahl der Lohnilasten der Eisen bahnarbeiter. Der Antrag lautet: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: I. Die Lohnverhältniste der im Eisenbahn betriebe beschäftigten Arbeiter einer Neuordnung in der Weis« zu unterziehen, daß u) die Zahl der vorhandenen Lohngruppen unter möglichster Anlehnung an die Ortsklasteneinteilung bei den Wohnungsgeldzuschüssen der Beamten ver ringert wird, d) der Änsangslohn in der niedrigsten Gruppe 8,50 .K täglich betrage, c) die Lohnsätze der im Woäzenlohn stehenden Ar beiter cntprecbend der Steigerung der Löhne unter b ebenfalls erhöht werden, ä) sämtlichen Arbeitern die llrbcrstundcn bezahlt werden. II. Die Lohnverhältnisse der sonst im Staats dienst beschäftigten Arbeiter den erhöhten Lohnsätzen der Eisenbahnarbeiter anzupasten. Hl. Die tägliche Arbeitszeit der in den Staatswerkstätten besänftigten Arbeiter allgemein auf 8, die der übrigen Staatsarbeiter auf höchstens 9 Stunden fcstzusetzen. Zur Begründung des fortschrittlichen Antrages erhält das Wort Abg. Bär (Fortschr. Vp): Die Bedeutung des Beamten- und Arbeitcrrechts kennzeichne sich am besten durch die jetzt im Gange befindlichen Bestrebun. gen auf seine Neuregelung. Redner führt Zahlen über die in Sachsen beschäftigten Staatsarbciter an. Durch 8 6 der Gewerbeordnung seien die Arbeiter in sämtlichen Betrieben in ihren Rechten sehr be schränkt. Den Eisenbahnarbeitern sei das Koalitions recht vorenthaltcn Der Arbeiter könne höchstens sich weigern, in d«n Staatsbetrieb cinzutrcten. Habe er das aber einmal getan, so sei der Staat in jeder Beziehung sein Herr. Der alt« Liberalismus sei ein Gegner der Verstaatlichung der Betriebe gewesen, und die Entwicklung habe ihm recht gegeben. Der Staat habe ein Jntersste daran, daß seine Arbeiter aufrecht« Menschen seien, deshalb sei eine Regelung des Arbeiterrechts im Sinne des Antrages nötig. Der Grundsatz der Gleichberechtigung dürf« nicht ver letzt weriden. Demgemäß sei es selbstverständlich, daß auf den Arbeitsstätten keine Agitation getrieben werden dürfe. Ebensowenig dürfe aber der Arbeiter in seinen politischen Rechten de« einträchtig^ werden. Seine Freunde könnten sich daher nicht damit einverstanden erklären, daß sich im Jahre 1912 das sächsische Kriegsminifterium dein Vor gehen de» Herrn v. Heeringen angeschlossen habe. Disziplin muss« aufrechterhalten werden, soweit dies zur Erhaltung des Betriebes notwendig sei. Seine Freunde seien durchaus Freunde der Tarif verträge. Sie ließen es daher dahingestellt, ob dieser Weg augenblicklich für ein Staatsarbetterrcchi gangbar sei. Zurzeit fehle es vielfach am rechten Vertrauen zwischen Fabrikherren und Arbeitern. Des halb müßten Arbeiterausschüsse errichtet wer den, wozu die Wahlen nach dem System der Ver hältniswahlen erfolgen sollten. Ein« Kün digung der Ausschußmitglieder vor A b - lauf ihrer Wahlperiode sollte nur in Ausnahmefällen zulässig sein. Wenn die Ar- beiterauoschiiste bisher wenig Erfolg gehabt hätten, so liege das daran, daß ihr Arbeitsfeld nicht bestimmt genug abgegrenzt sei. Deshalb müsse dies« Ab grenzung gesetzlich vorgenommen werden. Lohn erhöhungen seien notwendig und bei der jetzigen Finanzlage auch durchführbar. Anzu«rlenn«n sei, daß bereits Lohnerhöhungen voraenommen worden seien; sie genügten aber nicht im Verhältnis zu der Steige rung der Kosten der Lebenshaltung. Mit dem Ak kordsystem könnten seine Freunde sich nicht be freund«»; sein« völlige Abschaffung könne im Augen blick nicht erwartet werden, wohl aber müsse es ein geschränkt werden uno unerläßlich sei die Mitwirkung der Arbeiterausjchüste bei der Festsetzung der Akkord sätze. Die Staatsbetriebe müßten ergänzt werden durch ausgiebige sanitäre Vorschriften. Ein Er holungsurlaub gelte heute in allen großen Be trieben für selbstverständlich. Er müsse also auch den Staatsarbeitern gewährt werden. Sehr rückständig sei noch das Beschwerderecht. Hier müßten die Arbeiterausschüsse helfend einpreifen können. Das gesamte Arbeiterrecht müsse im sozialen Geiste ausgeführt und seine Durchführung der Kontrolle des Landtags unterstellt werden. Ein Vor wärtsschreiten des Volkes sei nur möglich, wenn unsere sozial« Entwicklung den bisher gegebenen An regungen folge. Auf ein Zustandekommen eines Ar- beitskammergesetzcs sei nicht mehr zu rechnen. Um so mehr sei es möglich, die Verhältnisse der Arbeiter gesetzlich zu regeln. Er bitt«, den Antrag an die Be schwerde- und Petitionsd«putation zu verweien. (Bei falls Finanzminister o. Seydewitz: Die Regierung sei mit den Antragstellern darin einig, die Lage der Arbeiter möglich st günstig zu gestalten. Vielfach decke sich derjenige Zu st and bereits mit den von den Antragstellern gegebenen Anregun gen, unrichtig sei die Behauptung des Vorredners, daß der Staat seine Arbeiter ganz außerhalb des Rechts stelle. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen herrsche gutes Vertrauen zwischen den Arbeitern und den Betriebsleitern. Der Redner geht dann die verschiedenen Punkte des Antrages im einzelnen durch. Die Regierung müsse sich vorbehalten, aus dienstlichen Gründen ein Verbot der Zu gehörigkeit zu der einen oder anderen Organisation auszusprcchen. Das solle aber nur ausnahmsweise geschehen und nur aus dienstlichen Gründen. Vorausetzung sei allerdings, daß die Organisationen keine ordnungs feindliche Tendenz Hütten. Eine allgemeine Verpflichtung der Arbeiterausschüste, vor Erlaß der Arbeitsordnungen die Lohnbedingungen usw. zu hören, könne die Verwaltung nicht anerkennen. Einzelheiten behalte er sich für die Deputation vor. Die volle Freiheit der Zugehörigkeit zu reli giösen und politischen Organisationen könne die Regierung nicht gewähren. Auf alle Fälle ver lange sie, daß die Arbeiter auch außerhalb des Dien stes nicht sozialdemokratischen Tendenzen huldigen. Die Lohnverhältniste der Staatsarbeiter ständen denen in der Privatindustrie nicht nach. Dazu kämen di« Wohltaten der Pensionskass«. Den Wunsch nach Berichterstattung im Landtag« könne di« Regierung nicht in vollem Umfange erfüllen, da es sich vielfach um Verwaltungsmaßregeln handele. Aus joden Fall sei die Regierung gern bereit, in der Deputation weitere Aufschlüsse zu geben. (Beifall.) Abg. Castaa (Soz.): Sein« Freunde gingen noch über den Antrag der Fortschrittler hin aus und verlangten volle Gleichberechti gung der Arbeiter in jeder Beziehung. Jetzt gebe es V4 verschiedene Lohnklasten, 48 verschieden« Erunb- löhne und eine Fülle von Akkordsätzen, so daß sich etwa tausend verschiedene Entlohnungsmöglichkeiten ergäben. Es komme also auf drei Dutzend Arbeiter etwa der gleiche Lohn. Ein Vergleich mit den Privatbetrieben ergebe, daß die Staatsbahn mit ihrer Lohnpolitik keinen Staat machen könne. Der Redn«r erörterte weiter die Lohn verhältnisse im einzelnen und vergleicht in längeren Ausführungen die vom Staate gezahlten Löhne mit den Löhnen in den Privatbetrieoen. Sachsen zahle demnach von allen Bundesstaaten die niedrigsten Löhne. Der Redner geht dann auf die Frag« der Arbeitszeit ein und befürwortet den Acht oder Neunstundentag. Eine Verkürzung der Arbeitszeit könne nur von wirtschaftlichem Vor teil« sein. Er bitte, seinen Antrag an die Finanz deputation K zu überweisen. Finanzminister v. Seydewitz: Die Regelung der Löhne und der Arbeitszeit in dem Sinne, wie sie der Antrag fordere, sei nicht möglich. Der Minister schildert alsdann di« Arbeiter und Lohnverhält nisse in Sachsen in Vergleich zu denen der an deren Bundesstaaten unter Anführung eines großen Zahlenmaterials. Danach zahle Sachsen keineswegs schlechter als andere deutsche Staaten. Wollte man die Löhne auf 3,50 täglich erhöhen, wie es der Antrag fordert, so erfordert das einen Mehraufwand von 8'/, Millionen Auch eine Verkürzung der Arbeitszeit sei nicht möglich. Wolle man eine solche vornehmen, so müßten entweder mehr Arbeiter angestellt werden, oder neue Werk stätten gebaut werden, was aus finanziellen Gründen nicht möglich sei. Es hätten in den letzten Jahren wiederholt Lohnerhöhungen stattgesunden, so zuletzt noch 1913. Danach stimmten die vom Abg. Castan gezogenen Vergleiche nicht. Ucber- dies hätten die Arbeiter Aussicht, in das Beamten verhältnis einzutreten, was in der Finanz periode 1S14 15 bei 912 Arbeitern der Fall sein würde Bei Kündigungen und Entlastungen, wenn solche notwendig würden, laste die Regierung volle Unparteilichkeit walten Aus eiaenem Antriebe wende die Negierung erhebliche Summen zur Verbesserung der Lane derArdeiter auf, was auch von den Arbeitern anerkannt werde. Eine unmittelbare Vergleichung der Lohnverhältnisse der Eisenbahnarbeiter mit denen der übrigen Staatsarbeiter sei wegen der Verschiedenheit der Verhältnisse sehr schwer. Wünsch« beständen bei den Arbeitern noch immer und würden gern in Erwägung gezogen. Die Regierung sei überall bestrebt, das Wohl der Arbeiter zu fördern und sie wirtschaftlich zu heben. (Beifall.) Abg. Hofmann (Kons.). Wohl kaum ein Stand erfreue sich solchen Wohlwollens, wie der Arbeiter stand Zu den Stellen der Staatsarbeiter herrsche großer Andrang. Auch seine Fraktion sei für Ar beiterausschüsse, die ungehindert die Inter essen der Arbeiter vertreten müssen. In den staatlichen Betrieben gebe es aber doch beretts fast überall solche Ausschüsse und auch Arbeitsordnungen, die sich allerdings nicht schablonisieien ließen. Mit der Deputationsberatung der Anträge seien seine Freunde einverstanden. Ueber die sozialdemokratische Anerkennung der guten Lohnzahlung durch die Privatindustrie quittiere er dankend. Ein allgemeines Vorschreiben der Arbeitszeit sei unmöglich. Abg. Anders (Natl.): Seine Freunde seien damit einverstanden, daß der Antrag an die Beschwerde- und Petitionsdeputation gehe, weil diese Deputation auch die Petitionen bezüglich des Beamtenrechts hätte. Der Antrag laufe hinaus auf Schaffung eines Staatsarbeiterrechts. Redner macht weiter aufmerksam auf eine Denkschrift über das Staatsarbeiterrecht, die im Reichstag Staatssekretär Delbrück zugesagt hat. Er verkenne nicht die außerordent lichen Schwierigkeiten, die der Regelung dieser Frage entgegenstünden. Es handle sich darum, in der Deputation klar zu werden darüber, ob die Regelung des Arbeiterrechts durch ein Gesetz not wendig sei. Die Besoldungsordnung hätte eine große Starrheit in das System gebracht, die sich nicht wiederholen dürfe. Es fehle an einer inniaenFühlung-wischenden oberstenKreisen der Verwaltung und den unteren Schichten. Der per sönliche Verlehr in dieser Richtung müsse weiter ausgebaut werden Soviel er wisse, liege den Ar beitern weniger an einer Lohnerhöhung, als daran, daß sie schneller Beamte werden könnten. Es dürfe nicht vortommen, daß ein Beamtenanwärter 16 bis 17 Jahre auf seine Ernennung zum Beamten warten müsse. Früher sei die Wartezeit viel kürzer gewesen. Abg. Richter (Soz.) verlangt eine Erweiterung der Rechte der Arbeitsausschüsse. Den Staats arbeitern müsse der Gedanke deigebracht werden, daß sie freie Männer seien, die ihre Arbeits kräfte in den Dienst des Staates stellten. Dazu könne es aber nicht stimmen, daß die Eisenbahnoer- waltuna die Abhaltung von Versammlungen ver biete. infolgedessen hatten Arbeiterausschüsse seit vielen wahren keine einzige Sitzung abgehalten. Finanzminister v. Seydewitz: Die Regierung müsse bei Schäftung neuer Stellen Rücksicht nehmen auf Vas Staatsganze, auch auf den Landtag, der immer eineVerminderungderBeamtengewünfchthabe. Den Gedanken eines Streiks der Eisenbahnarbeitcr müsse die Regierung von der Hand weisen. Die Negie rung könne von ihrer bisherigen Haltung hinsichtlich des Koalitionsrechts der Elsenbahnarbeiter nicht abgehen. Es könnten sr-nst Verhältnisse eintreten, wie man sie in England und Frankreich gesehen hätte. Ebenso könne die Regierung nicht auf das ihr gesetzlich zustehende Recht verzichten, vorbeugend zu wirken und einen Streik zu verhindern. Nach Schlußausführungen der Abga. Koch (Fortschr.) und Wirth (Soi.i geht der Antrag Bär an die Be schwerde- und Petttionsdeputatton, der Antrag Castan an die Finanzoeputation /Z. Nächste Sitzung: Morgen 2 Uhr. — Tages ordnung: Rechenschastsjachen, Etatskapitel und An träge betr. Reform der Er st en Kammer. preußisches /lbgeorünetenhaus. (Fortsetzung aus der gestrigen Abendnummer.) Sitzungsbericht. Abg. Adolf Hosfmann (Soz.) fortfahrend: Scharfmacher wie Abg. v. Kardorss weisen die Negierung und den König auf einen Weg, auf dem Kröne und Szepter Gefahr laufen. Der Abg. von Heydebrand hat uns einmal zugerusen; „M achen Sie doch Revolution!" Wir wer, den ihm diesen Gefallen aber nicht tun. Wir wünschen eine friedlich« Entwicklung, aber Sie unterdrücken das Volk bis zur Verzweiflung. Sie wollen die Revolution von oben. Wer das hcrbeisührt, ist ein Hochverräter. Einem Mi nister, der so zweifelhafte Elemente in feinem Ressort beschäftigt, wie ich sie gestern geschildert habe, sollte man das Gehalt verweigern. Hätten wir ein Ministerverantwortlichksitsge,etz, würden wir ihn in Len Anklagczustand versetzen und seine Amtsentjetzung fordern. Der Minister hat einmal die Beamten, die sozialdemokratisch wählen, als Eidbrecher, Lügner und Heuchler bezeichnet. Wenn irgendwo Heuchler und Lügner sitzen, dann sitzen sie (mit einer Handbewegung nach dem Mi- nrstertisch) hier. (Stürmische Protest rufe. — Vizepräsident Dr. von Krause ruft den Redner zur Ordnung.) Unterstaatssekretär Holtz: Ich lege scharfe Ver wahrung ein gegen die gestrigen Ausführungen des Abg. Hoffmann gegen den Minister des Innern. Wenn ich davon absehe, die Auslastung als das zu bezeichnen, was sie ist, und sie zu brandmarken, so tue ich es mit Rücksicht aus die Würde des Hauses, und aus die Schranken, die mir parla mentarisch ge.zogen sind. Welchen Eindruck der Abg. Hoffmann mit seiner Bemerkung erweckt bat, darüber besteht kein Zweifel. Das Wort Pfui" ist der Aus druck des Ekels und der Verachtung. (Abg. Hoff, mann (Soz.): „Den habe ich auch!,,) In wie weiten Kreisen des Volkes das Vorgehen des Abg. Hoffmann verurteilt wird, zeigt ein Artikel der „Berliner Volks zeitung". Darin heißt es: Wir sind die Letzten, die die parlamentarische Redefreiheit beschränken wollen, aber d«r Anstand muß unter allen Umständen gewahrt werden." Mit dieser ver nichtenden Kritik kann ich den Abg. Hoffmann in diesem Punkt verlassen. (Stürmischer anhaltender Beifall.) Di« übrigen Angriffe des Abg. Hoffmann gegen die Zensur, die Landräte und die Polizeibeamten entbehren voll ständig jeder Begründung. Wenn damit der Eindruck erweckt werden soll, der große Volksmann Hoffmann habe die Beamten vernichtet, so überlaste ich di« Würdigung derartiger Anschuldigungen dem Urteil des Hauses. (Stürmischer Beifall.) Abg. Graf von der Gröben (Kons): Wir sind be reit, an einer Aenderungder Geschäftsord nung mitzuwirken, daß nach einer gewissen Rede zeit das Haus zu befragen ist, ob «in Redner weiter sprechen darf. Wir treten für den Schutz der Ar beitswilligen ein. Die Freisinnigen, die Wahlabkommen mit den Sozialdemokraten ab schließen, können nicht ernstlich behaupten, daß sie,die Sozialdemokratie bekämpfen. Wir wollen nicht, daß sich das Reich auf Kosten der Einzel staaten ausdehnt. Wir widerkedcn uns auch ent schieden dem Bestrebe« der Linken, die die parla mentarische Macht erweitern und di« Stellung des Königs schwächen will. Bei den Wahlen muß der Mittelstand maßgebend bleiben. Minister des Innern ». Dallwitz: Bei der An gelegenheit des Ankaufs der Herrschaft Lanke Lurch die Stadt Berlin handelt es sich um haltlose Anklagen Berlins gegen die Staatsbehörden, die die Umsatzsteuer in Niederbarnim genehmigt haben. Eine solche Kampfesweise, bei der die öffentliche Meinung gegen die Staatsregierung aufgepeitscht wird, kann als objektiv nicht anerkannt werden. Abg. Fuhrmann (Skat!.): Der Mißbrauch der Redefreiheit durch den Abg. Hofsmann war ein un verantwortliches Spielen der Sozialdemokratie mit dem Ansehen des Hauses. Wir protestieren gegen den Versuch des Vertreters einer kleinen Mi norität, die Mehrheit des Hauses zu verhöh nen. Die Debatte hat wenigstens gezeigt, daß zwischen der Sozialdemokratie und dem Bürgertum eine Kluft besteht, die sich niemals überbrücken läßt. Ich möchte davor warnen, ab irato die Ge schäftsordnung zu ändern. Es ist bedauer lich, daß die Regierung bei Arbeitsstreitigkeiten nicht immer mit der nötigen Energie für die Aufrecht erhaltung der öffentlichen Ordnung eingetreten ist. Das „Berliner Tageblatt" trägt unter der Maske eines bürgerlichen Blattes den Radikalismus in wette Volksschichten. Wir verbitten uns das Hineinreden des Abg. v. Kardorffin unsere Parieiverhältnisse. Die Äeuße- rungen auf dem Preußentage haben anti preußische Tendenzen hervorgerufen. Der Bülowblock stand auf schwachen Füßen, aber sein Grundgedanke war durchaus richtig. Minister des Innern o. Dallwitz: Der Vorwurf, daß die Staatsbehörden bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bei Unruhen nicht immer mit der nötigen Energie eingeschritten seien, trifft nicht zu. Durch Polizeiverordnungen und ent sprechende Anweisungen an Exekutivbeamte ist das Erforderliche veranlaßt. Auch die Arbeit geber müssen anderAufrechterhaltung der Ordnung mitwirken. Abg. Herold (Ztr.): Wenn der Bülowblock die Sammlung der bürgerlichen Parteien gegen die Sozialdemokratie gewollt hätte, wäre das eine ver ständige Politik gewesen. Der Block war aber gegen das Zentrum gerichtet. Die Be hauptung ist unrichtig, daß in der Zentrumspartei der demokratische Flügel herrscht. An der Ge schlossenheit des Zentrums sollten sich a n - dere Parteien ein Muster nehmen. Wir lehnen den größeren Schutz der Arbeitswilligen ab. Wir wollen gleiches Recht für Arbeiter und Arbeit geber. In der Ostmarkenpolittk scheint es sich um eine Art Nebenregierung zu handeln. Es ist ein« schreiende Ungerechtigkeit, daß das Jesuitengesetz immer noch nicht aufgehoben ist. Hierauf wird die Weiterberatung auf Donners, tag 12 Uhr vertagt. Schluß 5 Uhr. 6. WochennachlveiS der Bevölkerilngsvorställge in der Stadt Leipzig Leipzig, den ll. Februar 1914. PevöllerungSvorgänge Nl-tierpztg' (Stander amt >) leu-drlpztt I (Standes- ämter n-vm, I Gesamt- Leipzig I i^imvobnerzabt nach dem Ergebnis der DoltSzählung vom t. Dezember WU): 192178 397 672 589 85« Auf den 1. Juli 1914 deuchncl .... 194642 431M 625 84c ^e.orrnr in der Lr'oau vom 25. Ja- nuar 1914 ms mit 31. Januar 1914. 2coeno^oorene, miinuua,-. . . . 37 192 139 » weivncve ..... 38 98 136 » zusammen 75 299 275 Tarunter eheiim geboren« .... 46 177 223 - unehrlich - .... 29 23 52 Totgeboren«, muniutche ..... 6 3 9 » rvewuaie 2 4 6 » zusammen 8 7 15 Tarunter ehelich geborene .... 0 7 12 - uneheltcv - .... 3 3 Leslvrvene (auslcvt. rorgeborene, in der Lgoctir vom 1.Februar 1914 bid mit 7. Februar 1.N4 axsloroen. üdrrbaupi. mNnntrche . , 36 57 87 . - werdUch«. . . 33 1-2 85 - - zusammen . . 63 199 172 Tarunter unter 1 Jahr au« ninvcr 19 28 38 - ehelich geboren» .... 7 19 26 - unehelich - .... 3 9 12 rodesursochen. (Zahl der Fälle): 1. Utndvettfteorr 1 1 2 2. Ecuariach — 1 1 3. Malern unv Röteln ...... E- 4. Ltphlhrrte unv »rupp 1 2 3 o. treucvhusien 1 1 Typhus » 1 — 1 «. Tuberkulose . d. krantheilen der AtmnngSorgane . 9 3 15 17 24 29 Tarunter Influenza — -— t>, Magen- und Darnilalarrh.einschlteki. um «reclidurmiall. . . . 3 9 12 Tarunter Kinder unter 1 Jahr. r 8 tt 10. Wewausainer 4.or> n. Selbstmord s r r d. Moro uno Totschlag, sowie Htnrrclimng c. verungiuclung oder aaderc aewaMam« Sinwtrtunc 1 1 2 Alle übrigen ToveSurla t'«n . . . 39 69 99 Statistisches Amt der Stadt Leipzig. >) Alt-Leipzig ist da, Stadtgebiet ohne di« Dorart«, di« nach dem 31. Dlzcinber 188? einvrrleibt worden sind. y Neu-Leipzig ist das Gebiet der seit dem I. Januar 1889 ein verleibten Dororte, «inlchlietzltch Dölitz, Dösen, Möckern, Probfd heida. Stötteritz und Stünz, di« am 1. Januar 1910 «tnperleibt worden find. o4»o,
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