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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140216015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-16
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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SrUe 2. Nr. 84. Morgen-Nusgave. leipziger Tageblatt. Momag. iS. Fevruar lSll. die europäischen Gegenspieler im ganzen wohl den größten Anteil. Ader für unser Deutsch land hatten die Kokowzow und Ssakonow we nigsten» manche guten Wort« bereit. Wenn dieser Unterschied von Iswolsky, der Stoly pin während seiner ersten vier Jahre zur Seite stand, zu einer freundlicheren Note auszu reichen scheint, mag man sie der jetzt abgeschlosse nen Epoche russischer Gcgenwartsaeschichte ins Albuin schreiben; Goremykins Taten tvvllen wir abwarten, bis kein noch leeres Blatt in dieser Hinsicht au-gefüllt ist. Generalversammlung -es Sundes -er Landwirte. Der Bund der Landwirte tritt am heutigen Montag mit zwei großen Parallelversammlungen im Zirkus Busch und im Zirkus Schumann zu seiner diesjährigen Generalversammlung zusam men. Wie alljährlich, legt auch diesmal der Bundesvorstand der Tagung den Geschnst-dericht vor, der nach einem Rückblick auf die politischen Ereignisse des letzten Jahres eingehende Ncit- teilungen aller Art über die Arbeit des Bun des bringt. Es wird in dem Bericht ansge- sührt: Das Jahr 1913 mit seinen Erinnerungen an die große nationale Erhebung unserer Väter mit seinem Appell an die Opferwilligkeit unseres Volkes, schten wie kein anderes bestimmt, zu einem großen nationalen Aufschwung. Trotzdem endigte das mit den größten nationalen Hoff nungen begonnene Jahr mit einem schrillen Mß- klang. Vielleicht aber hat dies Jahr der ge täuschten Hoffnungen ein Gutes gebracht, die Ueberzeuguug, daß nun aus dem Volke heraus durch einen Zusammenschluß aller auf christ- lick^nronarchischem Boden stehenden Elemente Wandel geschaffen werden muß. An den im Jahre 1913 stattfindenden Er satzwahlen ivar der Bund der Land wirte in fünf Wahlkreisen beteiligt. In zweien dieser Kreise (Ost- und West-Sternberg und Ragnit-Pillkallen) war er siegreich, während der KreiS Salzwedel-Gardelegen an die National liberalen, Waldeck-Pyrnront an den Freisinn und Jüterbog-Luckenwalde an die Sozialdemokratie verloren ging. Der Verlust dieser .Kreise war unederum lediglich die Folge davon, daß iu den Stichwahlen der Liberalismus und die Sozial demokratie fick» gegenseitige Wahlhilfe leisteten. In Preußen, Baden und Neuß fanden im ver gangenen Jahre die Landtaaswahlen statt. Troy des gemeinsamen Vorgehens des Gesamt liberalismus ist es demselben aber nicht geglückt, die Mchte wesentlich zu schwächen. Besonders er freulich war es, daß es dem Bund der Land wirte gelang, sowohl einige der hervorragend sten liberalen Säulen im Osten, wie Sieg und Schwabach, durch rechtsstehende .^noidaten, als auch den Hnnsabündler Rahardt durch einen büpdlerisch-konscrvativen Kandidaten zu ersetzen. Ganz besonders erfreulich war dünn vor allem aber noch der überlegene Sieg un seres Bundesvorsihenden, Dr. Roesicke, und un seres Bundesdirektors, Dr. Diederich Hahn. Beide Herren Abgeordneten verbesserten sogar noch gegen früher ihre Wahlziffcru. Schließ lich ist noch erwähnenswert, daß von den Mit gliedern des Abgeordnetenl-auses 15V Ntttglieder des Bundes der Landwirte sind. Infolge der ausgedehnten Versammlungs tätigkeit während der Wahlen war «ine ge wisse Wahlmüdiakeit eingetretcn, und so konnten im Jahre 1913 nur «158 Versamm lungen, darunter 991 Wahlversammlungen, ab gehalten werden. Zur Vorbereitung und Durch führung dieser Versammlungen waren 142 Be amte und Redner tätig. Die Mitglicdcrbewcgung nahm den regelmäßigen Verlauf. Die aus den verschie densten Gründen aus dem Bund der Landwirte austretcnden Mitglieder wurden nicht nur durch Ncutvcrbungen ersetzt, sondern die Zunahme der Gesamtzahl folgt dauernd iu gleichem Maße. Durch den Tod sind 1763 Mitglieder ausge schieden. Bezüglich der be,ü>^.s' en Zwci- drittel-Erhöhung des Beitrages spricht der Bericht die bestimmte Erwartung au», daß alle Bunde-mitglieder diesen erhöhten Beitrag freudig als eine Pflicht gegen den eige nen Beruf und gegen das Vaterland bringen werden. Die Verkaufsstelle des Bun de S der Landwirte dehnt den Geschäftskreis ihrer verschiedenen Abteilungen langsam aber sicher stetig weiter aus. Der Gesamtumsatz der Ab- teilungfür Maschinenwesen betrug 1400000 Mark. Die Abteilung zur Vermitt lung von Dünge- und Futtermitteln hat im Jahre 1913 Waren im Werte von 13300 906 Mark vermittelt. Der Umsatz der Genossenschaft lichen Zcntralkasse belief sich ans rund 379 Mill. Mark. Den Versammlungen liegt zur Beschluß fassung eine Resolution vor, die folgenden Wortlaut hat: „Die neuere i u ne r p o l i t i s ch e Ent wicklung in Deutschland muß den Bund der Landwirte als große Vereinigung monarchisch gesinnter nationaler Männer mit schweren Besorgnissen erfüllen. Auf allen Gebieten der Gesetzgebung des Reiches merken wir eine immer lveitergreifcudc Rücksichtnahme auf die Stimmungen, die Wünsche und Interessen der Demokratie, die in militärischen, steuerlichen, sozialpolitischen Fragen auf das deutlichste er kennbar wird. Die Vorgänge in Zaber n und ihre Behandlung, die Versuche, die Kom- mandogcwalt des Kaisers und der Bundesfürsten abzugrenzcn und den Parlamentarismus zu stär ken, das Uebcrgreifen des Neick-es auf die Steuer politik der Einzclstaaten sind die Mcrlzeichen der neuerdings eingetrctencn demokrati schen Entwicklung. Der Bund der Land wirte spricht demgegenüber seine feste Ent schlossenheit aus, dieser für die Monarchie, für das Reich und für das gesamte Volk gleich un heilvollen Entwicklung mrt aller Kraft und Ent schiedenheit zu seinem Teil entgegenzuwirken." polilileke Ueberlickl Kinematographische Han-werkerkurse. Wie der „Inf." mitgcteilt wird, beabsichtigen mehrere Handwerkerkainniern, eine bedeutsame Be reicherung des Unterrichtswesens für Handwerker einzuführen. Es handelt sich um die Einführung der Kinematographie in die Handwerkerkurse. Man trägt sich mit dem Plan, für die Handwerker eine neue Art von Ilnterrichtskursen einzurichten, in denen der Kinematograph die bei den Belehrungen häufig vermißte Anschaulichkeit vermitteln soll. Man beab sichtigt, besondere Films durch geeignete Kräfte dar stellen zu lassen, auf denen durch Beispiele und Gegen beispiele den Hörern der Kurse mit größtmöglicher Anschaulickcheit vorgeführt wird, wie ein guter Hand werker in der Werkstatt und im Laden tätig ist, vor allen Dingen auch, wie er bei der Bedienung seiner Knnden oorgehen soll. Bet der Aufnahme der Films bestehen zwar gewiße Schwierigkeiten, da die Szenen der Wirklichkeit möglichst getreu nachgcbildct werden sollen, wobei natürlich jede unnötige Schauspielerei vermieden werden muß. Man hofft jedoch, daß es gelingen wird, brauchbares Material für kinemato- graphische Kurse zu gewinnen. Vas Kesseltreiben gegen Professor Koch- Tübingen. Gegen don Tübinger katholischen Dogma tiker Professor Wilhelm Koch schwebt ein Verfahren wegen Lohrabweichungen. Wie gegen ihn gearbeitet wirt», läßt ein Prozeß vor der Ulmer Strafkammer gegen den päpstlichen Hausprä- laten und früheren Vorstand des Rottenbuvger Prie sterseminars, Benedikt Rieg, erkennen, der im Juni 1912 „Vertraulich« Mitteilungen über den Fall Wilhelm Koch" veröffentlicht hatte und deshalb wegen Vergehens gegen das Urheberrecht verklagt worden war. Er ist zu 50 Geldstrafe und di« Druckerei zur Vernichtung der Druckbogen und der Platten verurteilt worden, da er vorsätzlich und ohne Berechtigung Auszüge aus der als Manuskript ge druckten DogmatT Kochs und aus den seinem Zu hörern von 1905—1912 gegebenen Diktaten über Dog matik gedruckt hatte, obwohl Koch selbst ihn durch sei nen Rechtsbeistand auf das Unrechtmäßige seiner Handlungsweise hatte aufmerksam machen lassen. Die Diktate aus Kochs Vorlesungen hatte man nur da durch erlangt, daß der Bischof Kochs Studenten auf dem Wege des kanonischen Gehorsams die betreffenden Manuskripte aboerlangte. Die Bro. schüre sollt« allen Geistlichen der Diözese zugehen, da mit st«, wie Nieg ausführte, schon im Interesse der Seelsorge, wüßten, was Koch in Tübingen oortrage. Auf Kochs Einsprache will sich Riog mit der Versen dung der Streitschrift an die amtlichen Stellen be gnügt haben. Er konnte aber nur über den Verbleib von 20 Exemplaren Auskunft geben, über die übrigen verweigerte er die Aussage. Jnt«ressant ist d«r Wider spruch zwischen der Aussage Riogs, der sein« Schrift I im Auftrage des Rottenburg« r Bis of» ge schrieben haben will, um für ein« amtliche Aktton des Bischofs gegen Koch Beweismaterial zu schaffen, und dem, was Koch selber auf Grund einer Unter redung mit dem Bischof über dessen Haltung mitteilte. Danach hat der Bischof ihm gesagt, d«r Fall lasse sich glatt erledigen, wenn nicht ein geistlicher Herr da wäre, der in Aussicht gestellt hab«, das Mate rial nach Rom zu senden, sobald der Fall nicht so er ledigt werde, wie er ihn erledigt haben wolle. Man kann gespannt sein, welchen Ausgang die ganze Sache nehmen wird. Heer un- Zlotte. Ein strategischer Riesentunnel durch den Kaukasus? Nicht nur in Frankreich und in England, wie wir kürzlich berichteten, sondern auch in Ruß land werden große T u n n e l b a u p lä n e er wogen. Die russische Regierung hat vor einiger Zeit unter dein Vorsitz des Generals Petrow eine Kommission von Eiscnbahnsachverstündigen, Ge nerälen und Ingenieuren — darunter der Er bauer des Lötschberg-Tunnels — zusammen berufen, um das gewaltigste strategische Bauwerk, das bisher in die Wege geleitet wurde, auf seine VLöglichkeiten hin zu prüfen. Ein strategi scher Tunnel von der ungeheuren Länge von 24V- Kilometer soll durch den Kaukasus hindurchgeführt werden, um dadurch die Beherrschung Nordpersiens durch Rußland zu erleichtern. Der Tunnel wird zwischen Wladi kawkas und Tiflis eine direkte Verbindung Her stellen, die auf dem bisherigen Wege ungefähr 1500 Kilometer lang ist. Durch den Tunnel würde diese Verbindung, die bis jetzt an der Kaspischen Küste erfolgen muß, nur kaum den achten Teil so groß sein, als bisher. Es würde dadurch die Möglichkeit der Truppenkonzentrie- rnng natürlich bedeutend erleichtert werden. Die russische Regierung hat darum den Entschluß gefaßt, den Bach des Tunnels unverzüglich in Verbindung mit dem Ausbau des Eisenbahn netzes der Wladikawkas-Bahn in die Wege zu leiten. Die Kommission unter dem Vorsitz des Generals Petrow hat bereits ihr Gutachten aus gearbeitet, das über die Möglichkeit der Bau ausführung die näheren Mitteilungen machen ollte. Ueber dieses Gutachten, das nach Prü- ung des Ergebnisses der neueren geologischen Intersuchungeu zur Erkundung der Baumöglrch- kcit festgestellt wurde, werden folgende Einzel heiten bekannt: 1. Nach der geologischen Be- sckMffcnheit des Gebirges, das sich an den so genannten Archotskischen Kegel anlehnt, bestehen irgendwelche ernste Bedenken oder unüberwind liche Hindernisse für den Ban eines Tunnels, der 23 Werst (gleich 24,54 Kilometer) lang wer den müsse, nicht. 2. Erschwerende Hindernisse, wie sie in der Schweiz beim Bau des Simplon- tunnels vorkamen, sind während der Durchstich arbeiten hier nicht zu erwarten und auch nicht nröglich. 3. Die Jnnentemperatur des Tunnels kann bei den zur Anwendung kommenden neu zeitlichen technischen Mitteln von 32—39 auf 25 Grad ermäßigt werden. 4. Wasscrzuflüsse und größere Wassereinbrllchc und Anschwemmun gen sind in der für den Tunnel in Aussicht gc- nmnmencn Oertlichkeit, mit 1300 bis 1400 Meter- Höhenlage über dem Meeresspiegel nicht möglich. 5. Vom geologischen Standpunkt aus liegt kein Grund vor, die Sohle des Tunnels höher oder tiefer, als geplant, zu legen, da die gewählte Tunnellaae die günstigste ist. Eine Senkung oder Hebung könnte leicht ungünstige Verhältnisse für den Betrieb mit suh bringen. 6. Da» Durch treiben des Tunnels würde einen Zeitraum von höchstens 10 Jahren (nach neuesten Mitteilungen nur 7—8) in Anspruch nehmen. Darüber, von welcher Stelle aus mit dem Vortrciben des Tunnels vorgegangen werden soll, hat man sich in der Konferenz nicht schlüssig gemacht. Deutscher Reich. * Der srüher« »ationalliberale LendtoDsab-«- ordnete Händel in Trimmitschau ist am Freitag ge storben. Händel gehörte bis 1909 der Zweiten Stände kammer als Vertreter des städtischen Wahlkreises Erimntttschau-Werdau an und hat sich an den Ar beiten des Landtages mit Eifer und Erfolg beteiligt. * Die sozialdemokratischen Abg«. Deichmann »nd Geyer haben im Reichstage angefragt, ob der Bundesrat entsprechend den Wünschen der Tabak arbeiter Fachausschüsse nach 8 18 des Haus arbeitsgesetzes, für die Tabakindustrie errichten wird. Die Tabakarbeiter legten auf die Errichtung dieser Fachausschüsse namentlich für Bezirke mit starker Tabattndusttt« großen Wert. In der Anfrage wird darauf hingewiesen, daß bereits im Januar des Vorjahres eine dementsprechende Vorlage in Aussicht gestellt worden war. * Eine Schandtat an einem deutschen Denkmal in Nord-Schleswig. Aus Flensburg wird der „Voss. Ztg." gedrahtet: In den deutschen Kreisen Nord- Schleswigs herrscht über eine, wie es scheint, von dänischen Nationalisten verübte Schändung an einem deutschen Denkmal große Erregung. Ein deutsch österreichisches Denkmal ist bekanntlich bet Oevcrsec vor einigen Tagen gelegentlich der Schlacht bei Oeoersee enthüllt worden. Von den Kränzen, die an dem Denkmal niodergclegt waren, sind sämtlich« Schleifen gewaltsam ab rissen worden. An dem benachbarten dänischen Denkmal hat man dagegen diese Kränze vollkommen unberührt gelassen. Ausland. Zrankreich. * Die Epidemien in der französischen Armee. Aus Paris, 11. Fcbr., wird gemeldet: Unter den Soldaten des 101. Infanterieregiments in Saint - Tloud ist eine Scharlachepidemie ausgebrochcn. Einige der in das Militärlazarett von Versailles cingelieferten Kranken sind bereits gestorben. Sulgarien. * Aus dem bulgarischen Ministerrat. Aus Sofia, 15. Februar, wird gemeldet: Der Mi- nisterrat hat beschlossen, die Landwirt schaftsbank zu ermächtigen, den neu er worbenen Gebieten, deren Bevölkerung im kommen den Frühjahr wegen der Anschaffung von Feld geräten und Bestellung der Felder großen Geldbedarf haben wird, Anleihen im Gesamtbeträge von fünf Millionen zu gewähren. Mit der Krebitvcrteilung, an die Ackerbauern werden besondere Beamke betraut. Türkei. * Die türkische Jnsekfrage. Aus Konstanti nopel, 15. Februar, wird drahtlich gemeldet: Die Antwortnote der Pforte bezüglich der Inseln erinnert an die wiederholten Erklärungen der Pforte über bie Notwendigkeit, die Inseln, die sich in der Nähe der Dardanellen befinden und einen integralen Bestandteil von Anatolien bilden, in ihrem Be sitze zu behalten. Die Pforte stellt in ihrer Note mit großem Bedauern fest, daß die Lebens bedürfnisse der Türkei nicht genügend berück sichtigt würden und daß die Frage nicht so gelöst sei, daß jode Art ernstere Differenzen beseitigt wären. Die Pforte nimmt Kenntnis von der Entscheidung der Mackste, ihr die Inseln Jmbros, Tencdos und Caste- terezo wiederzugeben, und erklärt, daß sic sich bemühen werde, die Verwirklichung ihrer Forderun gen sicherzustellen. Viele Aerzte verordnen mit Erfolg bei Husten, Heiserkeit, Katarrh Wybert-Tabletten. Preis der Originalschachtel 1 Vas neue VMttr. 2s Roman von Erik Lie. Autorisierte Uebersetzung von Mathilde Mann. Ihnen folgte der Rechtsanwalt mit seiner Fran und ihren beiden Kindern, Harald und Erla. Der Rechtsanwalt war von weniger schwerfälliger Natur als fein älterer Bruder und hatte am meisten Aehulichkeit mit dem Vater. Mit seinen vornehmen Ansichten und seinem Hellen Kopf tvar er in allen Kreisen beliebt, und seine Ehe mit der schönen Ernestine, die alle möglichen Interessen hatte, galt als die glück lichste von der Welt. Was jedoch nicht ver hinderte, daß sich in der letzten Zeit leise und vorsichtige Gerüchte zu regen begannen über ein Verhältnis, das er mit einer der gefeiertesten Schönheiten der Stadt haben sollte. Dann kam der jüngste Sohn, der Agent Karsten, mit seiner Frau Inger, geborene Fn- rumo. Wie der mittlere Sohn, der Rechts anwalt, der Liebling des Vaters war, so war Karsten der Mutter Augapfel. Er war lang und flink, los nnd ledig, und immer in bester Laune. Er war leichten Sinnes und alles andere als ein treuer Ehemann. Aber seine Gefühle gingen nicht tief. Er gehörte zu denen, die nie ganz erwachsen zu werden scheinen — ein leichtlebiger, unartiger Junge, der ohne Wi derstand oder Gewissensbisse seinen Stimmun gen und Lannen folgte. Auch Inger stand ganz für sich in der Fa milie. Sic war klein nnd zart, mit einem schmalen, bleichen Gesicht und großen, cingc- schüchterten Augen, als seien sic immer auf ihrer Hut. Der Kopf war klein und saß schön auf dem ein wenig langen Halse. Und das reiche, dunkle Haar, das sie immer in den aller phantastischsten Frisuren anssteckte, tvar so dick, daß cS fast aussah, als scc cs zu schwer für *>en kleinen Kopf. „Du siebst aus wie ein Reh oder wie eine Gazelle," pflegte der Schwieger vater zu sagen, indem er ihr über die Wangen Inger paßte im Grunde zu niemand aus der Familie. Sic waren so redselig und wußten immer, was sie glaubten und fanden. Und dann trieben sic alle einen Kultus mit der alten Fran Veibvm — fast zu sehr, fand sie. Hatte Fran Veibom irgendetwas gesagt, so war cs so, nnd cs fiel niemand ein, eine andere Ansicht zu haben. Außer den Söhnen mit ihren Frauen und Kindern war da auch noch eine unverheiratete Tochter, Bolette, ein kleines, rotgesprenkeltes, stilles Wesen, das an ein in der Mitte stark ein geschnürtes Federbett erinnern konnte. Sie war Lehrerin an einer Gewerbeschule und hielt sich im übrigen „abwechselnd" in der Familie auf. An diesem Wintertage tvar cs früh dunkel geworden. Drinnen in der länglichen, großen Eßstube waren die Vorhänge vorgezogcn, und alle Lampen waren angezllndet. Der Eßtisch strahlte festlich in Weiß und Silber, und die kleinen roten Papierschirmc über den Lichtern in den dreiarmigen Leuchtern — Fräulein Bo- lettes Meisterwerk — warfen einen warmen Schimmer über Kristall und Glas. Die Stimmen, nnd nicht zum wenigsten die Kinderstimmen, die während der ganzen Zeit die Zimmer erfüllt hatten, tlangcn wie ein ver schiedenartiges, steigendes und fallendes Sum men um den Eßtisch, während die Grünkohl- suppe hernmgereicht wurde. Kaum daß man hören lonnte, wie der alte Veibom die Kinder bei Tische willkommen hieß; die Unterhaltung ward einen Augenblick ein wenig gedämpfter, während man die Gläser erhob, aber dann er tranken die einzelnen Stimmen wieder in dein Lärm. Jetzt richtete sich plötzlich aller Aufmerk samkeit auf das eine Tischende, an dem Groß händler Alfred und seine Frau präsidierten. Frau Augusta, um deren dicken HalS eine ge- tvichtigc Goldkette alänzte, hatte sich gerade ihrer Schwägerin Ernestine gegenüber in Redens arten über ihre vorzüglicl)en Kinder ergangen, über ihren Schulunterricht und ihre verschieden artigen Anlagen. (Fortsetzung kn der Abeadausgabe.) „Regelmäßigkeit ist da, was Kinder nötig haben. Sie müssen bestimmte Glockenschläge haben, nach denen sie sich richten können. Das Ganze muß gehen wie ein Uhrwerk. Und sie sollen gehorchen. Es ist vielleicht altmodisch, aber sie müssen beizeiten das Gefühl haben, daß sie ihren Willen und ihre Lüste beugen müssen, falls sie vorwärts kommen wollen." „Ja, so etwas liegt nun einmal nicht für meine Natur," erwiderte Ernestine. „In unse rem Hause fügen und richten wir uns bald nach dem einen, bald nach dem andern." „Ich versichere dir, Ernestine — nicht daß ich mich selbst loben will. Aber es handelt sich nur darum, zu wollen. Denke dir, noch ist es nicht ein einziges DLal in unserer Ehe vorge kommen, daß Alfred zu Tisch« auf sich hat war ten lassen!" „Ich wollte, du wärest eben solch ein Tugendhcld!" rief Ernestine lachend ihrem Mann, dem Rechtsanwalt, zu. „Meine Geschäfte sind so mannigfaltiger Art — liegen so zerstreut," entgegnete dieser ausweichend, und versuchte, seine Unterhaltung mit seiner Nachbarin, Bolette, fortzusctzen. Aber es tvar ersichtlich, daß er mit dem einen Ohr das Geplauder unten am Ende des Tisches ver folgte, wo seine Fran sich darüber beklagte, daß sie so viel mit den Kindern allein sitzen müsse. „Das ist jo häufig geworden in der letzten Zeit," plauderte sic. ^Da ist kaum ein Tag, ir>o Gustav nicht von Konferenzen lind Versamm lungen nnd lvic es alles heißen mag, in An spruch genommen ist. Früher tvar das nicht so. Ehe man sich'S versieht, klingelt das Telephon, und dann heißt eS, er könnte heute nicht nach Hanse kommen. Und da ist es wirklich nicht so leicht, ein Haus wie ein Uhrwerk einzurichten, wie du es nennst." Wie auf Verabredung entstand eine pein liche Stille, während neue Teller herumgesetzt wurden. Jeder darbte das Seine. Schnelle, ver ständnisvolle Blicke wurden gewechselt. Alle kannten ein gewisses Fräulein Moritz, oder hatten doch davon gehört, daß Gustav so ver liebt in sic sein sollte. Ernestine ahnte also nichts! Sic war ja blind in ihrer Liebe — naiv und blind! Und da saß er, der Verdächtigte, und tat ganz unschuldig. Oder »var da vielleicht nichts an dem Gerücht? Es war so schwierig, etwas nach der Richtung hin von dem sonst so ruhigen Schwager zu glauben. „Karsten meldet nicht einmal telephonisch, daß er nicht kommen kann!" rief Inger in das plötzlich entstandene Schweigen hinein. „Der bleibt ganz einfach weg." „Wichtige Geschäfte, Inger!" lachte Karsten. „Allemal wichtige Geschäfte —" „Du möchtest doch nur absagen," erwiderte Inger, „weiter will ich ja auch gar nichts." „Du mußt ihn so nehmen, wie er ist, Inger," ertönte Frau Veiboms Stimme oben vom an deren Tischende her. „Karsten hat so viele Dinge, die ihn in Anspruch nehmen, und so viele Freunde. Seine Sportsinteressen kann er doch auch nicht ganz beiseite legen. Es ist gefährlich, zu strenge in der Ehe zu sein." Inger erwiderte nichts und beugte sich über ihren Teller. Es kochte förmlich in ihr vor Wut. Sie konnte im Grunde ihre Schwieger mutter nicht ausstehen. Es kam wohl daher, daß sic sich ein wenig übersehen und beiseite gesetzt sülchte. Sic und Karsten hatten ja keine Kinder, die gewonnen werden mußten. Als das Mittagessen sich seinem Ende näherte, und Kakes nnd Käse hernmgereicht und >er Madeira eingeschenkt wurde, war ikarsten o recht in seinem Element. Er redete und chwatzte und lachte nnd erzählte. Und die alte Frau Veibom saß da nnd freute sich über ihreu Lieblingssohn. „Erzähle doch einmal von deiner Segel fahrt im Sommer," sagte sie, „ich kann Tränen lachen, wenn ich nur daran denke, wie ihr direkt in das Damcnbad im Flekkefjord hincingescgclt seid."
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