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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140219012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-19
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Scttr 2. Nr. SO. Morgen»Nusysbe. Leipziger Tagedlott. vonnerstsg, lS. /edruar 1Sl4. Beamte sich später eines neuen die Dienstentlas sung bedingenden Verhaltens schuldig gemacht hat. Vie öesol-ungsnovelle in Preußen. Wie mir bereits gestern abend kurz mitteitten, ist dein preußischen Abgeordnetenhaus«: ein Gesetz- entnnirf zur Abänderung der Besol dung s o r d n >l n g zugegangen. Der Entwurf bewilligt die Anpassung der (Behälter der preußischen E i f e n b a h n a s s i st e n t c n und der ihnen gleichgehendcn Beaniten der >llasse l:> an die der e i M s p v st a s s i ft e n t e n. Sonnit dadurch Ueberhalungen von Beamten der »lassen 11 bis 1<» erfolgen oder die erforder lichen Gehaltsabstände verschoben wurden, ist auch eine entsprechende Unigestaltung in den letz- leren »lassen vorgesehen, wobei jedoch an dem Höchstgehalt von 3600 Marl festgehalten wird. Wo darüber htnansgegangen werden musste, geschieht es durch Gewährung pcnsionsfähiger Zulagen. Entsprechend der Ausbesserung der Unterbeamten der Oberpostdirektionen müssen ferner die Gehälter der Unterbeamten der pren- ßischen GehallSklassc 4 eine Aufbesserung er fahren Die Vorlage geht indes weiter und sicht bei sämtlichen vier ersten Unter- d e a in t c n k l a s s c n ebenso bei den mit Ein- zclgehültcrn unter 1700 Mark nusgestatteten Unterbeamten eine Gehaltserhöhung uni je 100 Mk. vor. Ferner ist eine Aufbesserung der Klasse 5 auf 1300 bis 1800 Mark in Aussicht genommen. Bon Klasse 6 ab ist grundsätzlich von einer Ausbesserung abgesehen. Die Mehr ausgaben für das kommende Etatjahr sind auf insgesamt 15,5 M i l l i o n e n bei der E scn bahnverwaltung und 3,8 Millionen bei den übrigen Verwaltungen ermittelt. Die Mehr ausgaben an Pensionen und Hinterbliebenen- bezögen werden im Beharrungszustand auf 4,3 Mllioncn geschäht. Die in dem Gesetzentwurf noch vorgesehene Neuregelung der Gehälter der gesandtschastlichcn Beamten bedeutet keine Bc soldungSvcrbesscrung. Das Gesetz soll mit dem 1. Tage des auf die Verkündung folgenden Kalen dcrviertcljahrs in »rast treten. Der ^egenßhlag -er -Serliner". o Berlin, 18. Februar. AlS ein bewußtes Gegenstück zu der Tagung von Essen wird man die Kundgebung aufzufasscn haben, die gestern die Verbände mit dem Sitz Berlin hier veranstaltet haben. (LS handelt sich nm die Konferenz, die alljährlich die Bezirks- p r ä j i d i e n d c S t a 1 h o l i j ch e n A r b c i t c r- vcrbandes und des Arbeiterinnen- Verbandes Deutschland einzuberufcn pflegen. Diesmal hatte die Konferenz eine be sonders aktuelle Spitze in der Erklärung, die, bevor man noch in die Erörterung trat, der Ver sammlung vorgelegt wurde. Aus ihr wollen wir nach der „Germania" den am meisten cha rakteristischen Absatz hervorhcben. Es heißt da folgendermaßen: „Unsere Autorität, unsere berufe nen Führer sind unser Heiliger Va ter, der Papst, und die vereinigten hochwürdigen Herren Bischöfe. Un sere Arbeiten, unsere Kämpfe, unsere Opfer, unsere Leiden stehen restlos und unbedingt im Dienste der Erfüllung der unzweideutigen und klaren kirchlichen Weisungen von der großen Enzyklika rorum novrn-um angesangen bis zur neuesten Enzyklika killgulsri Einen jeden, der es versucht, uns hierin hin dernd in den Weg zu treten, weisen wir in c n t s chi e d en stc r We i s c znrück. Für die Kirche und den Heiligen Vater treten wir auch in unserem sozialen Leben nnd Arbeiten ein, solange nur ein Atem in der Brust uns lebt." Es entspricht dieser Resolution, daß der Papst und der Fürstbischof Kopp leb haft a n t e l e g r ap h i e r t wurden. Dem Fürst bischof Kopp gelobten die Versammelten, die Weisungen der Enzyklika kinxulari nach ihrem klaren Wortlaut zu verwirklichen, wie dies der grösste Wunsch des Kardinals sei. Das Wunderliche ist nur, daß diese Kundgebung fried lich und ohne weiteren Kommentar in derselben „Germania" abgedruckl wird, die vor ein paar Tagen ihre Genugtuung über die Essener Be schlüsse ausgesprochen hat. Eine neue Spionageangelegenheit in Genf. AuS Genf wird die Nachricht verbreitet, daß dort eine S p r o n a a g c n t n r entdeckt wor den sei, an deren Spitze ein ehemaliger deutscher Offizier Emanuel v v n E ck und ein österreichischer Reserveoffizier Alois Glaser gestanden hätten. Wie das W. T. B. erfährt, ist E ck niemals deutscher Offizier gewesen; er ist über haupt lein Deutscher, sondern Rufs e. Eben so tv c n i g i st G l n s c r ö st e r r e i ch i s ch c r Re st r v c o f f i z i e r. Wenn der Eindruck erweckt werden soll, als ob Deutschland nnd Oesterreich- Ungarn etwas mit den Spionen zu tun hätten, so handelt es sich dabei offenbar um den Versuch, eine Art Gegenstück zu der jüngst ent deckten französischen Spivnagenge n- tur Larguicr in Gens zu schaffen. In Wirk lichkeit dürften die genannten Personen — Eck ist inzwischen aus der Schweiz ausgewiesen wor den — eben mit dieser Agentur in Verbindung gestanden haben. Neber die Spionageangelegcnheit erjährt die Schweizerische Depeschenagentur weiter: Der Bundesanwatt führte die Untersuchung, Oberü Egli, Sektionschef der Generalstabs abteilung, prüfte die beschlagnahmten Dokumente, und der Bundesrat beschloß aus Antrag des Bundesanwalts die A uswecsung des Rus sen Emanuel Ehl (alias von Eckt und des Of s i z i e r s c l ev e n der österrcjchiscben Re serve Aloys Glaser. Die Untersuchung er gab keine gegen die Schweiz gerichtete Spionage. Die Angelegenheit scheint n i cb t v v n so großer Bedeutung zu sein. Ehk weilte ost in Lausanne. Die Bnndesbehörden setzten die Nachforschungen fort. Sic sind entschlossen, gegen die Spionage auf schweizerischem Gebiet energisch vorzugehen. Elst nnd Glaser hatten sich nach Wien begeben, wurden dort erkannt und verhaftet. Elst wird noch fcstgebalten. Glaser ist srcigelassen; er lehrte daraus nach Genf zu rück, verließ aber die Stadt vor einigen Tagen wieder. Die bayrische Negierung und -ie Sozial demokratie. Wie jüngst in Karlsruhe der badische Mi nister des Innern, so hat am Mittwoch auch der bayrische Minister Freiherr von Soden die Stellung der Regierung zur Sozialdemokratie gekennzeichnet. Wir erhalten darüber folgende Meldung: München, 18. Februar. In der heutigen Sitzung der bäurischen Kammer der Abgeordne ten kam der Minister des Innern Freiherr v. Soden bei Beratung des Etats auf die Hal- tung der Rlv g i er« » u ü-b c r d er Sozialdemokratie zu sprechen und er klärte wegen der Nichtbestütcgung sozialdemo kratischer Bürgermeister und Beigeordneter, er habe schon in seiner letzten Rede darauf hingc- wicscn, daß seine Stellungnahme in dieser Hin sicht sich nicht geändert habe. Die Verhältnisse seien rechtlich ganz einfach. Nach der Gemeinde ordnung bedürfe die Wahl der Bürgermeister, Beigeordneten usw. der staatlichen Bestätigung, nnd die Staatüregie r u n a sei durchaus b c- rechtigt, einem gewühlten Bürgermeister, den sie nach ihrem freien Ermessen nicht für ge eignet halte, die Bestätigung zu ver sagen. Was das Verhältnis der Regierung zur Sozialdemokratie betreffe, so habe ihn die prinzipielle Auffassung der Sozialdemokratie über den Staat in seiner Meinung bestärkt, daß hier mindestens eine gewisse Vorsicht gegenüber der Sozialdemokratie am Platze sei. (Zuruf von den Soz.: Das beruht auf Gegenseitigkeit. Große Heiterkeit.) Mit Be zug auf diese prinzipielle Stellung der Sozial demokratie gegenüber schließe er sich dem an, was kürzlich der badische Minister des Innern von Bodmann in dieser Frage in der badischen Kam mer geäußert habe, aus der Presse der Sozial- demotralie und aus den Resolutionen gehe klar hervor, daß die Sozialdemokratie eine grund sätzliche Gegnerin der monarchischen Staatsverfassung und des Gottes gnaden tu ms sei. Man sei sich auf beiden Seiten über diese Auffassung klar und er habe die Verpflichtung als Minister, die Stellung ausrcchtzueryalten, die er nut seinen Minister kollegen gegen die Sozialdemokratie eingenom men habe. Der Minister erklärte zum Schluß, daß er dagegen auch der Meinung sei, daß alles Gute, das überhaupt zu finden sei, auch wenn es von feiten der Sozialdemokratie tüme, seitens der Regierung aller Berücksichtigung wert sei, und er habe die Empfindung gehabt, als ob dieRcgierung und die Sozi aldcmo- kratic trotz aller Gegnerschaft doch recht gut sich miteinander vertragen Hütten. (Große Heiterkeit.) Deutsches Reich. * Der Nationalliberale Verein für Leipzig und Umgebung hielt am Diens.ag, den 17. Februar, im Restaurant „Metropol" eine stark besuchte Ver trau e n s m ä n n e r s i tz u ng ab, die vom Rechts anwalt Dr. Seyferth eröffnet und später vom Direktor Herrich geleitet wurde. Zunächst wurden interne Vereinsangelcgenheiten beraten. Sodann sprach Redakteur Dr. Günther über die Reichs- tagsersatzwahl in Borna-Pegau. Zum Schluß forderte er die Parteifreunde in Leimig zu reger agitato» rischer und organisatorischer Mitarbeit am. An den Vortrag inüpite sich eine lebhafte Debatte, an der sich auch ein nationalliberaler Anhänger aus dem Wahlkreise selbst, Vikar Schmidt, beteiligte, und in der außerdem Kaufmann Wecckert, Buch händler Bielefeld, Lehrer Claus und Direktor Vie len sprachen. Schließlich referierte Rechtsanwalt Dr. Seyferth über das Thema: „Die Kamelen der Neichsbeamten im Disziplinarverfahren nach dem Recchsbeamtengesetze", um an einzelnen Punkten die Reformbcdürftigkert dieses Gesetzes nachzuweisen. Dr. Seyferth sand, wic vorher Dr Günther, mit seinem Vortrage lebhaften Beifall. Auch an dielen zweiten Vortrag knüpfte sich eine eingehende De batte, aic der sich Postinspektor Hakenbeck. Oberpost assistent a. D. Otto, Lehrer Bräunig und Oberpost schaffner a. D. Biedermann beteiligten. — Kurz vor 12 Ühr wurde die Sitzung geschloffen. D * Der Kronprinz wird wegen seiner Erkrankung an dem Stapellauf des „Ersatz Brandenburg" in Kiel am 21. Februar nicht teilnehmen. Die Tauf rede wird Prinz Heinrich halten. Ueber die Vollziehung der Taute durch die Kron prinzessin sind anderweitige Anordnungen nicht ge troffen worden. * Für die Stichwahl in Jerichow, die am Freitag stattfindet, haben die Fortschrittler die Parole aus gegeben: „Keine Stimme dem rechtsstehenden Kandi daten!" Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" be merkt dazu: „Die Parole kommt auf eine Förde rung der sozialdemokratischen Kandidatur hinaus. Wie reimt sich damit die Versicherung fortschritt licher Parlamentarier und Schriftsteller, die Forl- jchrsstWhe Voltspartci sei eine entschiedene Gegnerin Die Behauptung, daß es darauf ankommc, die Linksmehrheit zu erhalten, kann nur »als.ein Vorwand bezeichnet werden. Diese LinksmcMhcit besteht, wic sich aus der ver- schiedenen Stellung der liberalen Parteien zu der Stichwahl in Jerichow zeigt, aus Elementen von grundsätzlich so verschiedenen Anschauungen, daß für sie der Charakter einer positiven Mehrheit nicht beansprucht werden kann." * Keine Massrnerkrankungen. Durch die Zeitungen liefen Nachrichten über angebliche Massenerkrankungen beim Eifenbahnregiment Nr. 3 in Hanau. — Wir erfahren hierzu von zuständiger Seite: Beim ersten und zweiten Bataillon des Eisenbabnregiments Nr. 3 in Hanau sind Erkältungskrankheiten in größerer Zahl aufgetreten. Der Verlauf der Er tränkungen ist bis jetzt durchaus gutartig. Die meisten Erkrankten sind bereits wieder dienpsähig Die bakteriologischen Untersuchungen aus Typhus bazillen sind negativ ausgefallen. * Der Bund Deutscher Bodenresormer veranstaltet zum vierten Male in Berlin in der Osterwoche, vom 14. bis 19. April, einen Fericnkursus über Volkswirtschaft usw. Bisher haben über 1300 Personen aus mehr als 300 Orten unseres Ltaterlandcs an den Kursen teilgenommen. Näheres ergeben die Prospekt«, die vom Bund Deutscher Bodenreformer, Berlin, Lessingstraße 11, kostenfrei versandt werden. preußisches Mbgeoröneterchaus. Sitzungsbericht. (Fortsetzung aus der gestrigen Abendnummer.) Abg. v. Woqna (Freikons.): Die Freikonjervativen sind gegen den Antrag. Bei dem jetzigen Zustande können viele junge Leute auf dem Lande von unten herauf sich für die Beamtenlaufbahn ausbilden. Das würde aufhören, wenn die Bureaus der Larrd^ ratsämter verstaatlicht würden. Minister des Innern o. Dallwitz: Der Antrag würde eine Vermehrung der Beamten stellen zur Folge haben. Die Kreisassistenten werben schon jetzt in reichlichem Mähe staatlich an gestellt. Die Regierung beabsichtigt nicht, die Bureaus der Landratsämter zu verstaatlichen. Abg. Wenke (Fortschr. Vpi): Wir werden für den Antrag stimmen. Es ist bedauerlich, daß die Landrätc, namentlich in den östlichen Pro vinzen, sich in den Dienst der Konservativen Partei stellen. Abg. v. Trampczynski (Pole): Die Landräte sollten sich vom Ostmarkenverein fernhalten. Das Vercinsgcsetz wird von den Landräten viel fach mißbräuchlich angewandt. Abg. Leinert (Soz.): Wir stimmen für den Antrag Lampe, insbesondere deshalb, weil die Be amten bei dem jetzigen Zustande vielfach zu gering bezahlt werden. Man kann von einer bös willigen Absicht des Landrats sprechen, das Vereinsgesetz so anzuwenden, daß von einem Recht des Volkes überhaupt nicht mehr die Rede sein kann. Besonderen Verfolgungen ist der Lanbarbeiterverband ausgesetzt, der keineswegs politische Ziele verfolgt. Wir werden von der Staats, und Polizeivcrwoltung überall gesetzwidrig behandelt. Abg. o. Eoßler (Kons.): Wir haben wieder in Form emer Dauerrede die üblichen unkontrollier baren Angriffe gegen dieLandrätc gehört. Die,c Angriffe, die sich in der Hauptsache darauf be ziehen, dag tue Landräte das Vcreinsgesetz ungesetzlich handhaben und bei den Wahlen ihr Amt mißbrauchen, entbehren jeder Begründung. Die Amtsführung der Landrätc ist durchaus einwandfrei. Die Linke ver langt immer, bah die Beamten sich politisch nicht bc lätigen. Was würde sie für ein Gesicht machen, wenn sich ein Minister als konservativ detcunen würde, wie neulich der Minister o. Lodmann in Baden sich zur nationalliberalen Partei bekannt hat! Ze mehr sich die Grenzen zwischen bürgerlicher und revolutionärer Demokratie verwischen, desto mehr treten wir für die Aufrechterhaltung der Stellung der Landrätc ein, nicht im Interesse der konservativen Partei, sondern des prcußcschen Staates. Aba. Hegemeister (Natl.): Wir wünschen freiere Ausgestaltung der Landgemcindeordnung, besonders im Interesse der großen Gemeinoen. Der Antrag Lampe wird der BuLgetkommission überwiesen. Beim Kapitel „Polizeiverwaltung von Berlin und Umgebung" begründet Abg. Frhr. Schenk zu Schweinsbcrg (Kons.) einen Antrag, in dem die Regierung ersucht wird, auf die Bekämpfung der Unsittlichkett haupt sächlich in den Großstädten Bedacht zu nehmen. In dem Antrag wird das Vorgehen gegen die Animzer- kneiven, Bars, Kabaretts und Rummelplätze gefor dert und ferner Vorlegung eines Kinematographen gesetzes und schärferes Vorgehen gegen die Nachrlotale durch Verkürzung der Polizeistunde verlangt. Redner führt aus: Der Vertrieb von Antikonzeptionsmitteln ist ein Fluch für die Menschheit geworden. Berlin bei Nacht ist einer der dunkelsten Punkte im Deutschen Reiche. Unsere Jugend muß körperlich und seelisch gesund erhalten bleiben. Abg. Borster (Freckons.): Zn keiner Stadt der Welt ist das Nachtleben so ausgedehnt und nimmt so erschreckende Formen an wie in Berlin. Der Polizei kann der Vorwurf zu großer Milde nicht erspart bleiben. Ich bitte dringend um einstimmige Annahme des Antrages. Abg. Schroeder Kassel (Natl.): Das Kinemato- graphentheater kann für die Jugend sehr lehrreich »Mm Uslil günrtig dseWimen »°n Khrrtwlwssiks weil sie sich durch ihren Gehalt an edlem Myrrholin mit seinen antiseptischen, heilenden und neubildenden Eigenschaften seit fast 20 Jahren als einzigartige Gesundheitsseife dafür bewährte. cksos« ^lesppten.*) Reiseeindrücke. Non Hugo Eberwein. I. Der Name „Aegypten" ist ein Wort von überaus starker Rciztrakt. Welch eine Fülle von Erinnerungen, von Bilocrn, voir Stimmungen, von Vermutungen und Fragen löst das eine Wort in unserer Seele ans! Und ich soll mir auf all die Fragen Antwort holen dürfen im großen Naturbuchc dieses Märchenlandes selbst, soll eins der ältesten Kulturzentren der Welt mit all den Zeugen einer vicltausendjährigen Geschichte kennen lernen, das Land mit seiner Fülle natürlicher Schönheiten, mit seinem bun ten Gemisch fremdartiger Völker und mit seiner mehr und mehr sich steigernden weltwirtschaft lichen Bedeutung. Ein fernes, schönes Ziel! — — Ein „Sing, sang, kling, klang, cs zog ein Bursch hinaus" markierte auf dem Leipziger Hauplbahuhos den letzten Abschied von Freunden und Bekannten, und der Nord-Siid-Expreßzng-setzte sich in Be wegung. Die Fahrt böt eine Summe Schnee land > ch a f ts b i l de r ausgeprägter Feinheit: die weiße, weite Fläche des sächsischen Tief landes bestrahlt von blendender Nachmittags sonne, das Vogtland mit seinen Bergen nnd Tälern in mildem Dämmerlicht, und die an- mntiae bayrische Landschaft mit ihren schnee bedeckten Waldungen, die im Glanz der als Glutball untergehenden Sonne wic rot lasiert erscheinen. — *1 Herr Kommerzienrat Sußmann, Leipzig unternimmt mit Herrn Oberlehrer Hugo Eber- wein eine Reise nach Aegypten, um sich mit archäologijchcn Studien zu befassen und an den deutschen Ausgrabungen unter Leitung des Professor Borchardt teilzunehmen. Herr Huao Eberwein wird uns von dieser Reise regelmäßige Briefe senden, deren ersten wir hent« veröffentlichen. Wic ruhig fährt der Wagen; er ist mit einem Kostenaufwand!: von 130000 Mark in Deutz bei Köln gebaut, hat ein Gewicht von 57 To. gleich 1140 Ztr., ein Musterbau deutscher Ciscnbahn- waacn-Fabrikation, jedes Abteil ein vornehmer Salon un kleinen. Nach ca. V/rstündigcr Fahrt treffen wir genau fahrplanmäßig in München ein. Und nun die Fahrt durch Tirol über den Brenner! Winlcrlnldcr unübertrefflicher Schön heit: die in Schnceschmuck zum Himmel auf- rageudcu Berge bei Kufstein, die weiten weißen, von Vollmondschein überfluteten Bcrazüge um Innsbruck, das märchenhaft gelegene Madrci mit seinen fast völlig eiugcschueiten Sennhütten, auf die jetzt des Himmels goldene Sterne nieder blinken — ich werde diese Bilder erhabener und erhebender Schönheit nicht vergessen. Am näch sten Morgen rollt der Zug bereits durcb die dichtbeschneite Po-Tiefebene; sic bietet ein in sich geschlossenes, fesselndes Bild. In langen Reihen — wie Infanterie in geöffneter Gc- fcctztsordnung — stehen die Maulbeerbäume da, fast bis au die Stumpfästc cingcschueit, und zwischen hinein ziehen sich die langen Grena- dierfrontcn der hochanfragendcn Pappeln. Da, wo die Maulbeerbäume Straßen säumen, sind die über den Weg einander zuragcnden Acstc mit einer leichtslockigcn, 20 Zentimeter dicken Schnceschicht bedeckt, Laubengänge seltsamster Art bildend. Sie führen hin zu den Einzel gehöften, die mit ihrem roten Anstrich und ihren grünen Fenster- und Türjalousien das Kolorit der Landschaft wirkungsvoll beleben. Ein male- riscl-es Einzelbild bietet der verschneite Fried hof von Bologna, mit dessen Anblick wir von der weiten Ebene Abschied nehmen. Schon übt der Nordapennin seine An ziehungskraft auf uns ans. Wir fahren an den smaragdgrünen fluten des Rheno piecolo aus wärts und nehmen die reizvollen Bilder des beschneiten Kalkgebirges in uns auf. Voller Be wunderung blickt man aus zu deu iu Schnee und Eis gebauten Felscnburgen, an deren Ab hängen sich trefflich gebaute Straßen — der In der weithin ausgedehnten Tiberebene wird unsere Aufmerksamkeit auf weidende Tier massen gerichtet: große Herden schwarzwol liger Schafe, brauner Pferde mittlerer Gröchc und Herden aschgrauer Büffel mit ihren laugen, dünnen, spitzen, sanftgeschwungenen Hörnern be leben die Landschaft. Reste alter Wassertürme und Aquädukte, zuweilen mit zwei und drei Bogengängen übereinander, stimmen wieder zu historischem Nachsinnen. — Pünktlich fahren wir im Bahnhof der heiligen Stadt Rom ein; 1071 Kilometer haben wir von Leipzig aus zu- rückgclcgt. Nach kurzem Aufenthalt — der Ex preßzug aus Paris muß erst noch einlaufen — beginnt die Fahrt nach Neapel. Wir halten nur in Palestrina; durch den stillen Abend er klingen aus fonoren Kehlen feinrhythmische Me lodien, und matt beleuchtet lacht uns als erster ein fruchtbeladcncr Orangenbaum seine südlän dischen Grüße zu. Reifende, die zum ersten Male diese Strecke fahren, werden in ständiger Spannung erhalten durch den Gedanken an das Auftauchcn des Vesuvs, und mancher Berg, so bald er nur Kegelform zeigt, wird fälschlicher weise als Vesuv angesprochen. Der Kenner weiß, daß man erst von Easerta aus mit der Mög lichkeit rechnen darf, den Fcucrspeier zu sehen. Und welch ein Glück: eine Lichtscheibe durch dringt das Gewölk, der Vollmond gießt lein mildes Licht auf das Gefilde nieder: unsere erstaunten Blicke laben sich am Anblick der dich ten, vollen Baumkronen, die Zeugnis davon ab- legcn, daß wir uns im Gebiet der immergrünen Bäume befinden. Da — kurz vor Cancello — erscheint hinter hochaufragenden Pinien der Vesuv; er ist in einen weißen Schnecmantel eingehüllt, über ihm schwebt eine fast unbe wegliche Rauchwolke, und um seine Basis zieht stch ein deutlich erkennbarer Nebelring. Vom Fnßgclände des Vesuvs blinken die Lichter ein zelner Wohnungen durch die Nacht, während weiter westlich die Lichtfülle Neapels zum Him mel aufstrahlt, die aus dem Spiegel des Golfes überraschende Lichtcffekte hervorruft. Svluto, dell» X»pollk Stolz der Italiener — Hinsehen und die bunt farbigen Bergortschaften miteinander verbinden. Auf der Höhe des Nordabhangcs zeigt das Thermometer —5- Grad Celsius. Wir passieren einen großen Tunnel und befinden uns auf der Südseite des Apennin. Die dunkle Bläue des Himmels steht in effektvollem Kontrast zum blendenden Weiß der Schneegipfel. In die Täler herab erstrecken sich Oclbaumbestände, deren zartes Olivgrün unter dem leuchtenden Schnecbelag intensiver als sonst hervvrtritt. Das Grün des Efeus nnd der Zypresse dunkelt ab bis zur Stufe eines schwarzbtauen Farbein druckes. In Eorbossa gibt es schon keine zusammen hängende Schneedecke mehr; glänzend aber ist der Blick über die archncUurscyöne Villa Amilv Puccini ostwärts zum Apenninenzng, wo die von Heller Mittagssonne beschienenen Schnee» feldcr auflcuchten. Der Anblick von Florenz, meiner Lieblingsstadt in Italien, weckt frohe Erinnerungen an früheren Aufenthalt: ich durch- ivandlc im Geiste den Dom, dessen Kuppet hcr- übergrützt, und steige im Geiste hinauf zu deu Höhen des unvergleichlich schön gelegenen an mutigen Fiesole. Florenz liegt im Garten Europas; allerorts pulsiert paradiesische Freude. Im viclgewun- denen, fruchtbaren Tale des Arno sehen wir die Florentiner bei ihrer Frühjahrsarbeit: hier wird eifrig gepflügt, dort werden Maulbeer bäume gestützt, die Reben werden beschnitten und die kräftigen Triebe von Baum zu Baum gezogen. In Ricuano full' Aruo, das wir 12 Uhr durchfahren, zeigt das Thermometer 15 Grad Celsius. Charakteristisch für das Land schaftsbild sind die auf Bergeshohc thronenden Kastelle, meist umgeben von kleinen Ortschaften. Diese „hochgebautcn" Städtchen wirken jetzt durch ihre schucebcdccktcn Türme und Dächer besonders malerisch. Die alten Kastellmanern künden an, daß wir einen wichtigen Schauplatz historischer Ereignisse vor uns haben, sie wecken Erinnerungen an Gestalten und Völker, an ihr Kämpfen und Ringen. —
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