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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140219012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-19
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe lNr «e»p»«a ua» vor»«, durch uns«, »rSa« OLAU ASPk»<^ L. und Sprüitrur« ImaltSgltch tu» Hau» grbrachtr monatlich 1.2S M.. »l,««l>ahrUch 1.7Z M. vrl 0« ch«tt>üft»st»U«, uns«« ZlNal« und ftu»>ad«lt«ll,u adg«h»lt> Monatlich I w.. vtr«,ltadrllch r M. vurch dl, postr »«««halb drutschlanü» und ü« d«itsch«o K»l»nl«> monatlich I.LS M., »t««,lj<lhrllch 4.-S M.. au»schll,Allch p»std,st,Ug«0. va» Lrlpzlg«lsog«dlott «sch,lnt wrrklag» »mal, Son«. u.Z«l«tog»Imal. 2« Lrlpzlg, 0« Nachbar»«,« und ücn D«,n mit ,ig,nrn Zlltat«» wird di« Hd««dau»gad, noch am ftd,nü d«» <rsch«inen» ja» Hau» grlUfrrt. Vrrliu« N«dartt»n: Zn S«nZ«lren >7. Zernsprrch-slnschluH: Moadit Nr. 447. /krrrtsblcrtt desRutes und despoliseuurrtes der Stadt Lerpzür NrdakNou «ad S«schlist«st,ll,r ?»haonl»gaff, vr*. » Z«uspr«ch-bnschluS Nr. 1444L, 14d»r und 74044. ISS. Jahrgang sllr »nsrrat« au» r«l»z»a und Umg,du«s di, . ispaltisrprtltrrl:,2Sps..dl«N,rlomr«,ll,1 M , vou au»m<t«» Z» ps., N«klam«n l.roM., Hlrln, Hnz«g,n dl,p,tl»z«l« nur 20pf.d.wl^«rh»l.Nad.,Ias«at, vou Srhördru lm omtlichraLrll dl, pett«- zell« S0 Pf. S,schast»anz«-«n mit plahoorschrist lm prrls» rrhdht. Nadatt nach Lartf. »«lag,« r »«samtausl. s M. da» daus««ü au,schl- postgrdlil»,. Maz«g«r.Kaoakm,: )»hau«l»gals«0, d« sdmtllch,n Zllial,» ö,» krlpzig« «agedlotte» uuü altrn flnaoacen-Expeditiontn d«> 2a» «ad sluilondr». ch,schdft»g,ll« sllrSrrUn u.Slr pr.vranSendurg: virrktionwaltrrZlleg«!. Vrrlta w. 10, MargarrtdrnNraH, ». Zrcnspr,ch»-1n>chluH: Lüdom »471. lSl4 M. SV vonnersmg den lS. /ebrusr. Vas wichtigste. * Die Zweite K «Z m w e r nahm am Mitt woch die allgemeine Vorberatung des Gesetz entwurfs über die Abänderung der staatlichen Schlachtviehversicherung vor nnd erörterte dann sehr eingehend wasserwirtschaftliche Fragen. (2. Art. u. Ber.) * Der Reichstag setzte am Mittwoch die Beratung des Iustizetats fort. (S. Art. u. Ber.) * Die katholischen Arbeiterver eine, die die sog. „Berliner" Richtnng des Zentrums darstellen, haben eine Kundgebung gegen die „Kölner" veranstaltet. (2. Pol. Hebers.) > * AuS Genf sind ein Russe und ein Oester reicher, die der S p i o n a g e verdächtig sind, ausgcwiescn worden. Der Russe wurde in Wien verhaftet. (2. Pol. Ucbecs.) * Der Prinz zu Wied stattete in Lon don anr Mittwoch verschiedenen Bot schaftern seinen Besuch ab nnd hatte nach mittags eine Unterredung mit Staatssekre tär Grey. (2. Ausl.) * In Frankreich sind Tcileinbern- fungen des 19. und 20. Armeekorps zu mili tärischen Uebnngen ergangen. (S. Ausl.) Vie mexikanische Frage. Pom Lcgationsrat Frhrn. o. Richthofen, M. d. R. Die Antwort, die das Auswärtige Amt am letzten Freitag im Reichstage auf die von dem Reichstags abgeordneten Basscrmonn und mir gestellte Anfrage über die Lage in Mcxito gegeben hat, ist natürlich nicht geeignet, die an den dortigen Verhältnissen in teressierten Deutschen irgendwie zusriet-enzustellen. Die Schuld hierfür trifft aber nicht die Reichsregie- rnng. Diese hat durchaus überzeugend nachgewicsen — und das ist ja auch bisher von keiner Seite be zweifelt worden—, das; sic alles, was in ihren Kräf ten geht, getan Hal, um mit »Hilfe des energischen dor tigen lhchandten lür den Schutz der deutschen Reichs angehörigen in Mexiko zu sorgen. Anders liegt es aber mit der ganzen Entwicklung, die die Verhält nisse in Mexiko im Laufe der letzten Jahre, vor allem infolge des Verhaltens der Regierung der Vereinig ten Staaten, genommen haben. Als im Frühjahr 1k>11 Porfirio Diaz über raschend schnell darauf Verzicht' leistete, der erst einige Monate vorher im Norden der mexikanischen Republik entstandenen Revolution mit Waffengewalt zu begegnen und die Regierung seines Vaterlandes, das er während einer fast UOjährigcn Herrschaft zu glanzender Höhe geführt hatte, niederlcgtc, da war man in eingeweihtcn Kreisen davon überzeugt, dos; es ganz besonders schwerwiegende Motive sein müh ten. die diesen selten energischen Mann zu einem solchen Entschluß gedrängt hatten. Denn Porfirio Diaz kannte sein Land und wusste, wie es zu regie ren war. Rur die Ucberzcugung, das; es auch ihm nicht gelingen könnte, der revolutionären Umtriebe Herr zu werden, hat ihn von seinem Platze gedrängt. Und b-iese Ucbcrzcngung hat sich bei ihm in dem Augenblick eingestellt, als er cinsehen mutzte, datz diese Rcnolution, die damals den inzwischen ermorde ten späteren Präsidenten Madcro zum Haupte hatte, amerikanischerscits gestützt und finanziert wurde. Die Rordgrenzc Mexikos hat eine Länge, die etwa der Entfernung von Basel bis Memel gleicht. Rur drei Schienenstränge durchlaufen dort das ziemlich öde, gebirgige und wasserlose Hochland. Es liegt aus der Hand, datz man von hier aus, wenn das erford'rliche Geld und die notwendigen Waffen jenseits der Grenze kercitgchaltcn werden, immer neue Revolution!) truppen gegen eine auch noch jo gefestigte Regierung ins Feld führen kann. Die Folge hiervon ist, datz. solange ein solcher Zustand andauert. Mexiko in einen beständigen Rcoolutionsherd umgcwandelt wird, der, wie alles Feuer, erst dann erlischt, wenn eben nichts mehr zu verbrennen übrig bleibt. Das hat sich Porfirio Diaz gesagt, und es mit Recht unter seiner Würde gehalten, seine ruhmvolle Laufbahn in einer Reihe von beständigen und aussichtslosen Kämpfen gegen einen maskierten Feind zu be endigen. Anfangs hat man zu bestreiten versucht, datz cs eine große amerikanische Petroleumgesellschaft — man spricht hierbei ausschlietzlich von der Standard Öil Comp. — gewesen ist, die die Revolution Fran cisco Maderos aus dem Grunde unterstützt hat, weil sie befürchten mutzte, datz ihr unter der Herr schaft des Präsidenten Porfirio Diaz eine Monopol stellung für die Ausbeutung der in ganz außerordent lichem Matze zunehmenden mexikanischen Oelquellcn nicht eingcräumt werden würde. Vor einigen Mo naten hat aber der frühere amerikanische Botschafter in Mexiko, Herr Henry Lane Wilson, der infolge des Präsidentenwechjels in Aiafhingtan sowie aus anderen Gründen seinen Platz räumen mutzte, in einer Versammlung in New Park öffentlich wörtlich erklärt: „Ls existiert in dem Auswärtigen Amte in Washington ein vollständiger authentischer Geheim bericht, der auf das schlüssigste nochweist, datz die Re volution, deren nominelles Haupt Herr Francisco Madero gewesen ist, von einer grotzen Petroleum gesellschaft in New Bork finanziert worden ist." Ein besserer Kronzeuge als der frühere langjährige amerikanische Botschafter in Mexiko, zu dessen Amts zeit sich der Rücktritt des Porfirio Diaz und der Sieg des Francisco Madero vollzogen, ist unter den Leben den aber wohl kaum zu finden. Man sollte daher eigentlich annehmen, datz die Regierung der Ver einigten Staaten gerade als Vertreterin einer Na tion. die so gern das moralische Gewissen der ganzen Welt sein möchte, ihrerseits alles tun würde, um nicht den Anschein zu erwecken, als ob sie direkt oder indirekt den revolutionären Zustand in Mexiko zu gunsten privater amerikanischer Trusts unterstütze. Solange die Vereinigten Staaten die Waffen ausfuhr nach Mexiko verboten hotten, war das Ee sichr nach autzenhin zwar noch cinigermatzen gewahrt, obwohl die Landeskundigen genau wussten, datz dieses Verbot mehr auf dem Papier staird. Jetzt haben aber die Vereinigten Staaten das Waffen ausfuhrverbot aufgehoben und dadurch ihre Politik jeder Maske entkleidet. Nach den Erklärungen der Reichsrcgierung haben sie von diesem ihrem Schritt in Berlin und somit wohl auch bei den übrigen in teressierten Negierungen amtlich Mitteilung gemacht. Sic haben dabei erklärt, datz ihrer Uebcrzeugung nach niemand autzerhalb Mexikos imstande sei, die Angelegenheit des Landes zu ordnen, und sich damit selbst cm seltenes Armutszeugnis ausgestellt. Auch liegt in dieser Erklärung der Verzicht auf die Monroedoktrin, die ja nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten zur Folge hat. Erklären sich die Ver einigten Staaten ihrerseits ausserstande, für die Aufrechterhaltung der Ruhe in einer mittelamerika nischen Republik zu sorgen, so können sie auch nicht beanspruchen, datz nur sie allein für die Wahrung der Interessen der Fremden in Amerika cinzutreten berechtigt seien. Im übrigen kann sich ja auch diese Erklärung physischen Unvermögens nur auf die Re aicrung der Vereinigten Staaten selbst beziehen. 2Las andere Staaten eventuell durchzusetzen in oer Lage wären, das wird man in Washington schon den europäischen Kabinetten zu beurteilen überlassen müssen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat dann weiterhin erklärt, datz sie dos Waffenausfuhr verbot im Interesse der Unparteilichkeit aufge hoben habe. Damit stellt sie die von notorischen Banditen geführten revolutionären Horden der von sämtlichen europäischen Staaten anerkannten Regie rung in Mexiko aleich und g'bt damit allen rooo- lutionslüsternen Elementen auf dem amerikanischen Kontinent ein ermutigendes Beispiel. Ein eigen tümliches Seitenstück zu der von Washington aus gehenden internationalen Schiedsgerichts-Propa ganda. Endlich sagt die Washingtoner Regierung in ihrer Note, datz sie durch diese neue Matzregel ihre Staats angehörigen in die gleiche Lage wie die Angehörigen anderer Länder habe versetzen wollen, denen es von Anfang an frei gestanden habe, nach Mexiko zu ver kaufen, was ihnen beliebe. Sie übersieht hierbei aber absichtlich, datz den europäisck>en Staaten und Japan nur der Seeweg nach Mexiko offen steht, und datz bisher die wichtigen Häsen im Besitze der Re gierung geblieben sind, so datz der Zugang zu den Revolutionären auf die mexikanisch-amerikanische Grenze beschränkt ist. Es lässt sich nicht verkennen, datz die Erklärung des Auswärtigen Amts im Reichs tag durch die anscheinend wörtliche Wiedergabe des Inhalts der amerikanischen Note zur Klärung des Sachverhalts ganz autzerordcntlich beigetragcn hat. Man wird sich nun in Landon und Paris, ebenso wie in Deutschland darüber klar sein, datz die Absicht der Vereinigten Staaten darin besteht, das an Natur schätzen so autzerordcntlich reiche Mexiko, dessen glän zenden Aufschwung zu den Zeiten des Porfirio Diaz der grotze nördliche Nachbar wohl stets mit scheelen Augen gesehen hat. erst einmal gänzlich zu ver nichten. um dasselbe dann ohne grotze Anstrengungen unter amerikanische Aegide zu bringen und im ausschlietzlich amerikanischen Privatinteresse wieder aufzubancn. Inzwischen gehen natürlich alle in Mexiko, namentlich durch curopäisck« Arbeit und europäisches Kapital geschaffenen Werte verloren. Ich habe bereits in einem früheren Aufsatz auf die grotzen Interessen, die gerade wir Deutschen in Mexiko haben, hingewiescn. Um Hunderte von Mil lionen deutschen Kapitals und die Arbeit vieler Tau sende von Landsleuten handelt es sich. Aber so traurig es ist, ein vereinzelter europäischer Sstat vermag eine Wandlung nicht herbeizuführen. Um so mehr sollte daher versucht werden, eine Verstän digung über Mexiko seitens der vor allem in tcrcssicrten drei europäischen Staaten, Deutsch land, Frank.rcich und England, hcrzustellen. Die Nachrichten, die aus den Vereinigten Staaten herüberdringen, beweisen, datz es auch dort grotze und einflntzrciche kreise gibt, die die Haltung des gegen wärtigen Präsidenten und seines ersten Ratgebers, des Mr. Bryan, in der mexikanischen Frage auf das schärfste mitzbill'gen. Es ist daher durchaus nicht ausgeschlossen, datz es bei einer Einmütigkeit der europäischen Mächte gelingen könnte, mit Erfolg an das moralische ttzewissen der amerikanischen Nation und ihrer Regierung zu appellieren und dieselben wieder auf die Bahnen würdiger internationaler Politik mrückzukühren, die der frühere Präsident Roosevelt sicherlich nicht zum Schaden seines Vater landes stets eingehalten hat. Unsere Aufgabe aber im Interesse des deutschen Welthandels und des deutschen überseeischen Kapitals mutz es sein, immer von neuem vor aller Oeffentlich- keit das Augenmerk der zivilisierten Welt auf die Unhaltbarkeit dieser Zustände zu richten und dadurch die nicht leichte Stellung unserer Regierung nach drücklichjt zu stützen. Hierzu wird es ja bei der demnächstigen Beratung des Etats des Auswärtigen Amts im Reichstag an Gelegenheit nicht fehlen. Glossen zum Dresdner Universitätsplan. Ein Leser schreibt uns aus Dresden: Wer die Dresdener Verhältnisse kennt, wcitz, datz man den vielbesprochenen Plan zur Errichtung einer zweiten Landesuniversität kaum richtig zu beurteilen vermag, wenn man nicht die Persönlichkeiten ins Auge fasst, die ihn jo zähe und ausdauernd und mit dem Einflutz ihrer Stellung betreiben. Wollte man hierüber schreiben, jo gäbe cs mancherlei zu sagen, man lätzt es aber besser, weil doch sofort der Vor wurf der Unsachlichkeit erhoben würde. Da nun von den Befürwortern jo gern auf das materielle und geistige Bedürfnis der Stadt Dresden verwiesen wird, sei einmal mit ein paar Bemerkungen auf diese Seite der Sache eingegangcn. Wie steht cs also damit? Bekanntlich ist Dresden durch die verschwenderische Freigebigkeit früherer Fürsten mit mannigfachen Kunstschätzen so reich bedacht worden, datz die damit verknüpften Institute. Sammlungen und Galerien Weltruf geniesten. Dies und die vorteilhafte Lage der Stadt, ihre herrliche nähere und weitere Um gebung und das milde Klima des Elbkcnes machen Dresden zu einer der schönsten und angenehmsten Städte, nicht blost Deutschlands, sondern ganz Mitteleuropas. Es ist darum nicht bloß eine der vielbesuchtesten Großstädte, cs ist auch der bevor zugte Ruhesitz woyll>adender und rcichgewordcncr Gewerbetreibender, Fabrikanten und Industrieller sowie Tausender von Pensionären, die im Durch schnitt in auskömmlichen Verhältnissen leben, und daß sich dieser Zuzug steuerkräftiger Elemente nach Dresden meist aus kosten der Provinz vollzieht, wollen wir nicht als Vorwurf, sondern als wichtige Tatsache hervorheben. Auch stammen diese, ruhiges Behagen liebenden Elemente nicht bloß aus Sachsen, sondern wohl zur Hälfte aus den angrenzenden Landen. Sie sind in Dresden und seiner unmittel baren Nachbarschaft so zahlreich, daß sie dem Dresdner Leben ein eigenes Gepräge geben, so, daß sich hier, trotz aller Anstiftungen und Spekulationen, ein sogenanntes Nachtleben nach Art anderer Groß städte nicht zu entwickeln vermochte. Dresden ist al» Haupt und Residenzstadt auch der Sitz der höchsten Landesbchörden und der damit verbundenen Verkehrsanstalten usw., die mit ihren nach Tausenden zählenden Beamtenstäben den Mittelstand der Residenz bedeutend verstärken. Dresden ist außerdem die größte sächsische Garnison stadt und Militarzentralstellc, in deren Arsenalen mehrere tausend Männer und Frauen auskömmlichen Verdienst finden. Dresden empfängt also durch all das materielle Vorteile, die aus sich selbst heraus immer weitere Steigerungen erfahren und in ihrer Fülle nicht blost Leipzig und Chemnitz, sondern wohl den meisten deutschen Großstädten versagt bleiben. Die Vorteile und Vorzüge, die Dresden auf dem nicht materiellen Gebiete erwachsen, sind nicht weniger bedeutend und fallen unserer Residenz als solcher zum großen Teile mühelos in den Schoß. Die technische Hochschule sowie die in Dresden befindlichen Akademien, Kunstschulen und Sammlungen genießen recht ausgiebige staatliche Unterstützungen, die der Stadt Dresden doppelten Nutzen gewähren und die Ausgaben für das ruhmreiche königl. Schauspielhaus nebst Oper und Kapelle werden aus der Zioilliste be stritten. Man findet das alles ganz natürlich, aber wie würde man sich hier erregen, wenn man die 1 ech - nische Hochschule von Dresden nach Chemnitz verlegen wollte, wo sie doch ihre Aufgabe in ähnlicher erfolgreicher ilsteisc erfüllen würde, wie die Bergakademie in der Bergstadt Frei berg und die Forstakudemie im waldumrauschten Tharandt. Diese technische Hochschule ist bekanntlich eine der Universität glcichstehende, selbständige Bil dungsstätte und der Averdegang der Schüler der Dresdner Akademien und Kunstbildungsanstalten führt nur ausnahmsweise zur Universität. Eine solche für Dresden zu fordern liegt darum zunäcküt kein triftiger Grund vor, denn die Gründe, die man her vorsucht, kann man mit viel größerer Berechtigung für jdde große Stadt geltend machen. Man spürt das auch, und hängt der Sache «in Mäntelchen um, man will Leipzig durch Gründling einer zweiten Landesuniversität zu Hilfe kommen, denn in Leipzig sind, wie man behauptet, die Hörsäle und Vorlesungen so überfüllt, daß die armen Stu denten sich das nötige Wissen nicht mehr aneignen können, und da solches Abhilfe heischt, wird «ine zweite Universität notwendig. Aber man will dabei Leipzig bei Leibe nicht wehe tun: man wird an dieser neuen Landesuniversität die Klausur einführen, so, daß die Universität Leipzig von ihrem Studentenüber flusse nur bis Mann an Dresden abzugoben hätte, ist das nicht liebenswürdig? Weil der immer stärkere Andrang zu den Universitäten zu einer Ueber füllung der gelehrten Berufe führt, und uns mit einem geistigen Proletariat bedroht, das schon an fängt uns mahnend über die Schulter zu sehen, soll nocheine Universität geschaffen werden! Wir alle, die wir nicht in'dem lüedankenkreise des Herrn Ober bürgermeisters Geh. Rat Dr.-Ing. Dr. Beutler leben, wir begreifen das nicht. Dagegen sehen wir taatäg lich, daß sich Dresden immer mehr auch zu einer be deutenden Fabrikstadt entwickelt, und daß der Stadt verwaltung dadurch große Aufgaben Zufällen, deren Lösung freilich «richt das Aufsehen verursacht, was auf akademischem Gebiete erzielt wird. k-. k*olllilelle UebeflieM Ein Zwischenfall in -er Zweiten Kammer. Bei dem Vorstoße der Nationalliberalen gegen die im Reiche sich geltend machenden partikulari- stischen Tendenzen hatte Landtagsabgeordneter Dr. Zöphel ein^Zitat des Philosophen Nietzsche an» geführt, worin darauf Bezug genommen wird, daß die konservative Weltannhauung dazu neige, unhalt bare Dinge weiter aufrecht zu erhalten. Wenn sich die Gründe, die man sür seine Haltung beibringe, als unhaltbar erweisen, lüge man sich neue vor. Als Koniequenz aus dreier Beobachtung zieht Nietzsche folgenden Schluß: Das ist die große Unehrlichkeit der Konservativen aller Zeiten. Sie sind die großen Hinzulügner. Abg. Dr. Zöphel fügte diesem Zitat sofort hinzu, daß er es sich nicht vollinhaltlich zu eigen mache, daß er im Gegenteil den guren Glauben derkon- servativen sür die von ihnen vorgebrachten Gründe annebme, das; er jedoch die Konservativen bitte, ihre Gründe unter diesem Gesichtswinkel ein mal ernstlich zu prüfen. Die Konservativen fühlten sich durch dieses Zitat beleidigt und traten an den Präsidenten Dr. Vogel heran. Dieser erklärte am Mittwoch zu Beginn der Sitzung der Zweiten Kammer, daß lolche Zitate, die geeignet seien, Teile dos Hauses zu verletzen, mit der parlamen tarischen Würde und dem parlamentarischen Tone nicht vereinbar seien. Wir sind der Meinung, daß die konservativen in diesem Falle eine übergroße Empfindlich keit an den Tag gelegt haben. Wenn sie sich bei anderen Gelegenheiten auch bei anderen Parteien zeigen sollte, so kann das leicht zu den größten Schwierigkeiten führen. Die Statthalterfrage in -en Neichslan-en. S Der .,Elsässer'' hatte dieser Tage sich sehr scharf gegen die Möglichkeit einer Kandidatur des Fürsten Ern st v. Hohenloh c-Langenburg kür den Strap- burger Statthalterposten gewandt und die „Ger mania" hat sich dann verpflichtet gefühlt, von sich aus diese Kandidatur nochmals totzuschlagen. Nach unserer Kenntnis haben beide Blätter sich unnütz bemüht. Wie wir schon vor einer Woche hier feststellten, wird an eine Ernennung des Fürsten Ernst v. Hohenlohe-Langenburg zum Statthalter in Straßburg nicht gedacht. Wir möchten heute noch hinzutügen: es ist an sie überhaupt nie gedacht worden. Man traut — und wohl nicht ganz zu Unrecht — dein Fürsten Hohenlohe-Langenburg nicht ganz die Energie und die Nerven zu, die der Straßburger Posten doch wohl auch dann beansprucht, wenn nicht «zach den Rezepten der Scharfmacher regiert wird. Schließlich hat Fürst Ernst sowohl als stellvertretender Kolonial direttor als auch als Vizepräsident des Reichstages ge zeigt, daß es ihm nicht gegeben ist, unter Umständen auch gegen den Strom zu fchwimmen. Das ist ge wiß nichts Tadelnswertes, kann in keinen« Belang ihn irgendwie herabsetzen. Aber es ist ein Mangel an Eigenschaften, die just auf diesem Posten nicht zu entbehren sind. Dazu kommt noch eines: Fürst Ernst v. Hohen lohe-Langenburg gilt als Vorkämpfer der evan gelischen Sache und würde schon darum in den« über wiegend katholirchen Lande auf Schwierigkeiten stoßen. Tas alles wären Dinge, die ;. B. bei Herrn v. Schorlen« er fortfielen. Der ist Preuße und doch als Rheinländer und Sohn des westfälischen Bauernkönigs nicht Nurpreuße. Und schließlich ist er ein treuherziger Sohn der katho lische«« Kirche und doch kein Ultramontaner. Wir möchten darum glauben, daß in« Moment Herr v. Schorlemer noch immer als der auslichts - reichste Bewerber gilt, womit nicht gesagt ist. daß bei der Länge der Frist, die uns immerhin noch von der endgültigen Besetzung des Postens trennt, schließ lich nicht doch ein anderer ihn erhält. . . . In diesem Zusammenhang sei noch davon Notiz genommen, das; der „Berl. Lok.-Anz." erneut die Gerüchte von einer Kandidatur des Reichskanz lers sür den Straßburger Statthalterposten als unbegründet bezeichnet Dafür haben wir sic auch gehalten und deshalb letzthin gar nicht erst von ihnen Notiz genommen. flus -en ReichstagskommWonen. Die R e i ch s t a g s t o m m «s s z o n für Wan dertage«: und Hausierhandel setzt«: am Mittwoch ihre Beratungen bei den« Anträge des Zentrums und der Konservativen fort, der Uhren jeder Art vom Hausierhandel ausscblicsten will Der 'Antrag wurde mit ll gegen 12 Stimmen abgelehnt. Der Antrag der Konservativen, auch Hecrcuan zugsstoffe dem Hausierhandel zu ent ziehen, wurde zurückgezogen, da die Bedürfnis frage später erörtert werden soll. Die Frage des Hausierhandels mit Pfandscheinen wurde bis zur nächsten Sitzung zurückgestellt, da eine. Erklärung des Negierungsvertreters, die gedruckt cingehen soll, noch abzuwarten ist. Die Bestimmungen der Vorlage, di«: von« Hansierhandet alle Gegen stände ausschlicßen, die zur Verhütung der lHnv fängnis oder zur Beseitigung der schwanger- jchaft dienen, wurden angenommen. Das Verbot des Hansicrhandels mit Menschenhaaren wurde aufrcchterhalten. Die nächste Sitzung findet am Freitag statt. Die Wa h l p r ü f u n g s k o m m i s s i v n d e s Reichstages beschäftigte sich am Mittwoch mit der Wahl des Abg. Hoesch (kons., L. Magdeburg), kam aber noch zu keiner Be schlußfassung. Die Beratung, für die der Bericht erstatter noch weiteres Material beibringen wird, geht am Donnerstag weiter. Die R eich s ta g s komm i s s io n sür den Gesetzentwurf über die Wiederaufnahme eines Disziplin arvcrfahrens be endigte am Mittwoch die erste Lesung und be schloß eine längere Vertagung, da noch Unstim migkeiten zu be,eiligen sind Die Kommission hat an dem Regierungsentwurfe die wesentliche Aen- derung vorgenommen, daß die Wiederaufnahme auch zulässig sein soll in Fällen, in denen der
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