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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140220012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914022001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914022001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-20
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Leipziger Tageblatt 2. öettsye. Frettsg. 20. Februar lS14 Nr. 92. Moryen'Nusgsbe- Sette S. veutscvrr Keicdstag. Stimmungsbilü. O Berlin, 19. Februar. Bevor man heute der Beratung des Marineetats »ich zuwandte, hat man noch den F a l l d e r W i t w e Hamm erörtert. Staatssekretär Lisco hatte gestern erklärt, an dieser Diskussion sich nicht beteiligen zu wollen und um milde Behandlung gebeten. Die Bitte ist im grossen ganzen erfüllt worden. Herr Dittmann, ein Genosse aus dem Rheinisch W.st- sälischen, der die Debatte eröffnete, Herr Dr. Pfeif fer vom Zentrum, der sie sortsctzte, und schliesslich Herr Heck scher vom Fortschritt trugen d e Warben längst nicht so stark auf, wie neulich Herr Liebknecht im Abgeordnetenhause. Sie riefen in der Hauptsache nur das Mitleid an für ihren Schützling: Dagegen aber wird, wer die Möglichkeit zugibt, dass auch R.ch ter und Staatsanwälte irren tonnen, am Ende nicht viel erinnern dürfen Gar so forsch, wie der Resths- parteiler S ch u l tz. B r o m b e r g das tat, sollte man Dinge, bei denen es um Menschenleben geht, denn doch nicht behandel». Mir dem Fall Hamm war das Thema Iustietat im übrigen erschöpft. Das Gehalt .des Staatssekretärs ward bewilligt; hernach begann das A b st i in m u n g s g e schä ft. Leider fiel ein beträchtlicher Teil der nationalliberalen Anregungen dabei unter den Tisch, gerade diejenigen waren dar unter, die Herr Schiffer am Montag begründet hatte. Einigermassen veriöhnte mit solchem Ausgang die Abstimmung über den sechsten Reichsanwalt. Für den legte sich noch in zwölfter Stunde Dr. Iunck mit dem Aufgebot all der guten Gründe ins Zeug, die seit Fahr ui d Tag für die Bewilligung dieses Postens sprechen. Und dann wurde von einer Mehrheit, die sich aus Konservativen, Fortschrittlern und N"tional- libcralen zusammensetzte — bei grossen Lücken auf den Bänken des Zentrums — die Position ange- n omme n. Aber, wie gesagt, das war nur Einleitung und Austritt. Das eigentliche Thema des Tages hiess der Mari n ecta t. Es gab eine Zeit, da diese Tages ordnung für das Parlament zugleich „ganz große Tage" bedeutete, was jo im Sprachgebrauch der Presse „großer Tag" genannt zu werden pflegt: also dicht gefüllte Tribünen und spnst im Saal Lärm, Auf regung, mehr oder weniger erregte Zu ammcnstößc zwischen Regierung und Opposition. Tas ist nun längst, längst vorüber. Dos Wort von den „userlo en Flottenplänen" das einst Herrn Hollmann von seinem Platz verscheuchte, und das auch noch die Anfänge des jetzigen Staatssekretärs verbitterte, begegnet einem kaum noch aus dem Munde selbst eines Sozialdemo kraten. Der erfreuliche Umschwung ist ein ganz per sönliches Verdienst des Herrn von T i r p i tz. Le ne fachlichen Tüchtigkeiten in allen Ehren — sic sind sicher nicht gering — aber das stärkste an ihm ist doch wohl dieses: das Talent mit dem Parlament umzu gehen, durch seine Bonhomie, durch seine blonde, blau äugige Treuherzigkeit, ein durchaus persönlich ge färbtes Bertraüensocrhältwis zwischen sich und den Abgeordneten herzustellen. Auch heute wieder konnte man seine Freude haben an dieser reifen Kunst der Menschenbehandlung. Herr Roske, der Militär- und Marinesachverständige der Sozialdemokratie, hatte, wie das nun einmal -ei der äugersten Linken zum Herkommen gehört, die Marineverwaltung mit einer Fülle von Vorwürfen und Verdächtigungen überschütter. Es gibt Minister, die in derlei Mo menten aufbrausen. Herr von Tirpitz hält von soläzee Taktik offenbar nichts. Er fühlt sich weder „touchiert" noch ist er verärgert. In aller Seelenruhe tritt er vor und beginnt dem sozialdemokratischen Sprecher seine Irrtümer „auszurodcn". Tuts ohne auch nur ein böses Wort zu gebrauchen mit solcher Ueber- zeugungstrast, daß die sozialdemokratischen Ankläger verstummen, daß nicht einmal ein Zwischenruf mehr aus ihrem Reihen laut wird. Der Inhalt der Er klärungen des Staatssekretärs war nebenbei im wesentlichen aus der Kommission bekannt. Von dort her wußte man auch (wofern man es nicht schon von früher wußte), daß selbst der unerbittliche Herr Erz berger, der den heutigen Tag beschloß, voll und ganz ein Lodredner des Staatssekretärs von Tirpitz gcwolden ist. Sitzungsbericht. (Fortsetzung aus dem gestrigen Abendblatt.) Abg. Dittmann (Soz.) fortsahrend: Mehrere Zeugen wurden von ihm zu falschen Aussagen veranlaßt. Ein Gutachten besagt, daß cs sich bei dem Tode des Hamm nicht um einen Meuchel mord im Schlafe, sondern um einen Kampf mit töd lichem Ausgang handelt. Alles spricht für die Unschuld der Frau Hamm. Trotz der Er klärung des Iustizministers im Abgeordnetcnhause läßt es die Elberfelder Staatsanwaltschaft an der nötigen Schnelligkeit fehlen, das angebotene Ent lastungsmaterial zu prüfen. Wir sehen davon ab, einen Antrag zu stellen, hoffen aber, daß der Staats sekretär alles tun wird, um das schwere Unrecht an der Frau wieder gutzumachcn. (Beifall.) Abg. Dr. Pfeiffer (Ztr.): Die Rolle, die Krimi nalkommissar von Trcskom in Vieser An gelegcnheit gespielt hat, ist eine äußerst ver hängnisvolle gewesen. Der Indizienbeweis ist völlig unbegründet. Wenn daraus ein Verdacht gegen die Frau konstruiert wird, daß sic ihrer Arbeit sofort wieder nochgegangen ist, so ist zu bedenken, daß die Psyche der Bauern nicht so feinfühlend ist wie die großstädtische. Die Bauersfrau ist immer auf ihrem Posten, um ihrer alltäglichen Pflicht nari'zu kommen. Dos fetzt vorliegende Material ist wichtig genug, um das Wiederaufnahmeverfahren zu oer anlassen. Diese Debatte ist nötig, weil Staats anwaltschaft und Gericht im Falle »Hamm absolut versagt haben, und es ist deshalb nötig, alles zu erörtern vor dem größten Forum, das das deutsche Volk hat, damit der Weg gebahnt wird, der Gerechtigkeit zum Siege zu ver helfen. Die D e t c k t i v bu r e a u s wachsen sich immer mehr zu einer allgemeinen Gefahr aus. Es ist höchste Zeit, daß die Sicherung des Pri vatlebens und das llngeschorenbleiben vor solchen Meistern der Hölle erfolgt. Hoffentlich gelingt es bald, die Frau Hamm aus dem Zuchthaus zu b: freien. (Beifall.) Abg. Dr. Heckscher (Fortschr. Vvt.): Es kann nicht unsere Aufgabe sein, hier ein Schuldig oder Un schuldig zu sprechen. Das ist gefährlich und bedenk lich. Aber man kann nicht allgemein erklären, wie es der Staatssekretär getan hat. daß man sich nicht an der Diskussion beteiligt. Das Material ist vor züglich geeignet für die Frage der Behandlung des Wiederaufnahmeverfahrens. Eine Anklage gegen Richter und Gericht bedeutet der Fall Hamm nicht. Warum sperrt man sich dagegen, ein neucs Berfahrcn zu eröffnen.' Die Gesetz gebung muß da einsetzen, damit nicht mehr die Rich ter, welche an der Urtcilsfällung Anteil haben, auch für die Wiederaufnahme zuständig sind. Das Wie deraufnahmeverfahren ist in diesem Falle natürlich und selbstverständlich. Beschlüsse können wir nicht fassen, haben aber das Recht und die Pflicht, auf solche Dinge scharf hinzuweiscn, um zu zeigen, daß unsere Strafprozessordnung auf dem Gebiet der Wiederaufnahme der Reform bedarf. (Beifall.) Abg. Schuktz-Bromberg (Reichspt.): Ich muß unsere schweren Bedenken dagegen aussprechen, daß man in ein schwebendes Verfahren eingreift, wie es die beiden ersten Redner getan haben. Diese Erklärung gilt auch für die Deutschkonjcr- vati » e Partei. Die Vorredner haben nicht nur für Unschuldig plädiert, sondern sogar hier von der Tribüne des Reichstages andere Personen des Mor des bezichtigt, darunter einen Toten. Das ist eine Unmöglichkeit. Dagegen muß man Einspruch erheben. Die Unabhängigkeit der Richter ist auf diese Weise untergraben. Die Richter in Elberfeld dürfen nicht nach rechts und nicht nach links sehen, sondern nur so urteilen, wie sie cs vor ihrem Richter, ihrem Ge wissen, verantworten können. (Beifall.) Damit schließt die Debatte. Das Gehakt des Staatssekretärs wird bewilligt. Von den Resolutionen der National liberalen auf Durchsicht des Reichsrcchts werden die Punkte: Behandlung der Geisteskranken rm Zivil- und Strafrecht, Zulassung der Volksschulleh rer zum Schöffen- und Geschworenenamt, religiöse Erziehung der Kinder aus Mischehen und Ausdeh nung der schöffengerichtlichen Zuständigkeit, letzterer durch Hammelsprung mit IM gegen 92 Stimmen, angenommen; die übrigen Teile werden ab gelehnt. Angenommen wird ferner die Resolution der Rcichsparrei betreffend Aenderung des Zwangsversteigerungsgesetzcs (Verfü gung über den Miet- und Pachtzins dem Hypotheken gläubiger gegenüber). Bei den Ausgaben für das Reichs - gericht werden 94 500 -tz für sechs Reichs anwälte gefordert. Die Kommission bean tragt, die eine Rcilbsanwaltsstelle zu streichen. Es liegt dazu ie ein Antrag der Konservativen und der Nationalliberalen vor, die Regierungsvor lage wieder herzu st eilen. Es ergreift dazu das Wort Abg. Dr. Iunck (Natl.): Von der Notwendigkeit der Forderung der Rcichsregierung ist jeder über zeugt. Wichtige Gründe dagegen sind in der Aussprache nicht vorgcdracht worden. Man hat sich auch gegen den Charakter der Behörde als solche gewandt, die man nicht noch stärken wolle. Dieser Grund hat aber auch keine Beweiskraft. Wenn man der Reichsanwaltschaft und der Staats anwaltschaft vorwirft, daß sie nicht unabhän gig seien, so trifft das schließlich für den Hilfs arbeiter in erhöhterem Maße zu. Solange wir diese Behörden haben, müssen wir dafür sorgen, daß sie vorschriftsmäßig besetzt sind. (Beifall.) Die Regierungsvorlage wird gegen die Stimmen des Zentrums, der Sozialdemokraten und der Polen wiederherg stellt. Der Rest der Ausgaben des Justiz etats und die Einnahmen werden ohne Debatte be willigt. Es folgt die 2. Lesung des Marineetats. (Staatssekretär Großadmiral o. Tirpitz erscheint im Saale.I Abg. Pfleger berichtet über die Verhandlungen der Budgetkommifsion und gedenkt dabei der im letzten Jahre erfolgten M a r i n e u n f äl l c, ins- -ejondero -er bei den Lu st schiff tat ast ro- phen verunglückten -raven Mannschaften. Redner stellt isst, daß die Zzchmmissionsverhandlungyn er geben hätten, daß das Verhältnis zu England gün stiger geworden sei, und daß, wenn von englischer Seite in amtlicher Form ein Angebot auf vertragsmäßige Beschränkung der See rüstungen kommen sollte, dies nicht abgelchnt werden solle. Die jetzige Etatberatung sei aber nicht auf derartigen Hoffnungen und Fiktionen aufzu bauen. Abg. Roske (Soz): Es kennzeichnet den außer- ordl-iitlichen ll m schwung in der politischen Situa tion, daß der Referent von einer eventuellen Verständigung mit England sprechen konnte. Weite Kreise hegen diesen Wunsch. Auch viele reiche Leute stellen stille Betrachtungen darüber an, daß die Rüstlinqsbeiträge doch recht unangenehm wirken. Die Rüstn»gen nehmen aber doch ihren Fortgang. Die Zeit scheint zu kommen, wo keine besondere An leihe für Flottenzwecke mehr nötig ist, wenn nicht wieder weitergebaut wird. Hinsichtlich der Lust rüstungen setzt das gleiche tolle Treiben ein. Dazu kommt dann die Abwebrrüstung und eventuell eine Konstruktionsänderuiig oer Kriegsschiffe. Die Ent sendung eines Attaches nach Argentinien halte ich für verfehlt. In erster Linie wird er unserer Rüstungsindustrie zu dienen haben. Südamerika gibt aber nur der Nation Auftrage, die ihm Geld pnmpt. Besser wäre es, ein halbes Dutzend Konsuln dort anzustellen, um eine vernünftige Handelspolitik anzubahnen. Wir könnten dos argentinische Fleisch gut gebrauchen. Die therichtsurteile in der Marine sind vielfach außerordentlich bart. Die Soldatenschinderei blüht auch bei der Marine. Wie steht es mit der Besser- stcllung der Deckoffizicre und mit den Bordobzügen? Wenn die Ho.fenbonten in Wilhelms haven und Helgoland vollendet sind, muß bei der Entlassung der Hilfskräfte im Bauwesen schonend verfahren werden, namentlich Familienvätern gegen über. Für die Notlage der Marincbeamten spricht der Umstand, daß beim Kaisergeburtstagsessen die ratenweise Zahlung gestattet wurde Kaiser- geburtstagsessen auf Abzahlung sind wobl noch nicht dagewesen. (Heiterkeit.) Die bei den Unfällen umgckommenen Personen haben unsere volle Sympathie und unser Bedauern. Zwei Torpedoboote sind verunglückt, jedenfalls infolge Ausführung über trieben schwieriger Ucbungen. An den zweifellos vorgekommenrn Konstruktionsfehlern der beiden Luftschiffe will die Marinevcrwaltung keine Schuld tragen. Angehörige der Zevpelinroerft schildern es anders. Die Fürsorge für die Hinterblie benen der Luftschiffkatastrophe in Johannisthal ist blamabel für die Marine- verwalrung. Zuerst wurden ganze 7KOO -tz ge sammelt. worauf jemand noch 20 000 -tz stiftete. Da müssen genügend Mittel in den Etat gestellt werden, damit ein Mann, der sein Leben aufs Spiel setzt, die Gewißheit ins Grab nehmen kann, daß seine Frau und Kinder nicht zu betteln brauchen. Welcher Art waren die Beziehungen Brandls zum R e ichsmarineomt ? Daß in der Organisation der Werften etwas faul ist, bat der Ma gdcburger § ch m i e r g c l d e r v r oze ß gezeigt. Das Wett rüsten must zum Ruin der Völker führen. Es müßte deshalb eine Verständigung der Völker angebahnt werden. Statt dessen wird von einflußreichen Per sonen immerfort gehetzt. Bei dem Feierjahrgcdanken beißt es für jede Nation: „Hahnemann, geh du voran!" Großen Anklang hat dieser Vorschlag n'cht aesunden. ein positiver Vorschlag war cs nicht. Der Staatssekretär hat bei seinen Darlegungen über 10 : 10 behauptet, Deutschlond sei nicht der Rüst.inas- treiber gewesen. Seine Argumente waren völlig falsch. Alles deutet darauf hin. daß eine neue F l o t te n v o r l a g e zu erwarten ist. Sie würde unberechenbaren Schaden in der Welt an- slisten und das gute Verhältnis zu England mit einem Schlage vernicht'«. Selbst in der „Kreuzzeitunq" wird ein deutsch-englisches Bündnis befürwortet. Imperialistische Bestrebungen stehen einem solchen Bündnis natürlich schroff entgegen. Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Tirpitz: Zunächst möchte ich auf die Anregung des Referenten, daß wir die süddeutschen Firmen nach Mög lichkeit berücksichtigen möchten, erwidern, daß wir zwisckxn deutschen Stämmen durchaus keinen Unter schied machen. Von diesem Standpunkt aus handelt das Reichsmarineamt grundsätzlich bei der Vergebung von Lieferungen, indvin es diese gleichmäßig verteilt. Natürlich gibt es eine Grenze insofern, als zum Bei spiel die schwere Eisenindustrie im Westen konzentriert ist. Aber Süddeutschland wird in der Weise berück sichtigt, daß Experten nach Süddeutschland geschickt werden, um in Verbindung mit Handels kammern und Eewcrbekammcrn zu treten über eine stärkere Beteiligung Süddcutschlands. Vielleicht läßt sich die Sache in der Weise arrangieren, daß Nord deutschland zwei Drittel und Süddeutschland ein Drittel der Lieferungen erhält Der Abg. Noske hat beb - "tct, daß die Vorgesetzten verhältnis mäßig milde bestraft würden und die Ge meinen sehr ha rt, zu hart. Ich muß dem ent schieden widersprechen. Bei den Füllen, die der Abgeordnete angeführt hat, handelt cs sich um schwere militärische Verbrechen, und zwar nach der militä rischen Auffassung in diesen Dingen. Dann sprach er davon, daß die Stimmung in der Marine sehr schlecht wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Gewiß ist der Dienst hart, aber ganz gewiß nicht härter für d<n Mann als für den Offizier. Es ist nun behauptet worden, daß die Mißhandlungen außerordent lich zugenommen hätten. Tatsächlich haben die Miß handlungen bedeutend abgcnommen. Dann hat der Abg. Noske einen Fall in Kiel mitgeteilt, wo beim Besuch des Kaisers Unteroffi- zicrsfraucn die Fenster geöffnet hätten und ihre Männer dafür bestraft worden seien. Zu nächst stelle ich fest, daß ein Unterschied zwisck-en Offi zier und Unteroffizier nicht gemacht wird. Es besteht allerdings ein Kasernemcntsbcfehl, wonach in solchen Fällen wegen der Geräusche die Fenster nicht geöffnet werden dürfen. Daraufhin sind die bei den Leute, ein Unteroffizier und ein Feldwebel, be straft worden. (Zuruf bei den Soz.) Wollen Sic gütigst abwarten! Nachdem die Betreffenden bestraft waren und dies Seiner Majestät gemeldet wurde, hat Se. Majestät die Strafe aufgehoben. (Lachen bei den Soz.) Der betreffende Vorgesetzte hat nach seiner Vorschrift gehandelt. Der Abg. Noske hat sich dann über die Unglücksfälle in der Marine beschwert. Ich kann nur sagen, daß alles mögliche ge tan worden ist, um solche Unfälle zu vermeiden. Herr Noske hat dann gesagt, wir Hütten den „L. 1" zu frühzeitig nach Helgoland geschickt und die Leute wären nicht genügend ausgebildet gewesen. Es ist in jeder Beziehung vorsichtig und gewissenhaft ver fahren worden, und besonders der Führer galt als hervorragender Fachmann. Er ist aber in eine Wctterkatastrophe hineingezogen worden, wie sie zu den großen Ausnahmen gehört. Ich glaube, daß wir in bezug auf Wetterbeobachtungen etwas weiterkommen werden. Was den zweiten Unfall be trifft, so hat Herr Noske darauf hingewiescn, wir wären mit dem Bau des „L. 2" zu rasch vorgegangen und hätten ihn sehr vergrößert. Bezüglich der Kon struktionsfehler kann ich nur ausführin,"»aß die jenigen, die das Schiff mit neuen Vorrichtungen ver sehen haben, tot sink uttd sich nicht MehfjWrteiVigen können. Es ist aber immer auf das strikteste darauf geachtet worden, daß nie etwas an geordnet worden ist, was die Zeppelin-Gesellschaft nicht gebilligt hat. Die von mir seinerzeit gegebenen Darstellungen sind zusammen mit der Zeppelin-Gesellschaft ausgearbeitet worden. Gewiß sind Konstruktionsfehler vorgekommen, die sich ja vielleicht in Zukunft vermeiden lassen werden. Ich wiederhole noch einmal, daß wir nichts verlangt haben, womit die Zeppelin-Gesellschaft nicht einver standen war. Bei derartigen neuen technischen Ein richtungen werden sich ja immer Gefahren heraus bilden, die keiner erwartet hat. Was die Ve r s o r g u n g der Hinterblie benen oer Verunglückten betrifft, jo haben sie die höchste K r i e g s p e n s i o n bezogen, die es gibt. Die durch freiwillige Wohltätigkeit aufgebrachte Summe beträgt 80 000 . tz. Ich bin dann gefragt worden, inwieweit die Marine beim Krupp Prozeß beteiligt gewesen ist. Sofort nach Bekannt werden der ersten Einzelheiten ist seitens der Staatsanwaltschaft eine Untersuchung eingelcitet worden. Dabei ist festgestellt worden, daß weder ein Fall des Verrats militärischer Geheimnisse, noch irgendein Fall von Bestechung oder Ungehorsam gegen dienstliche Befehle gelegentlich der Tätigkeit des Herrn Brandt in der ALarine vorgekommen ist. Tas einzige ist, daß einige K a n z l e i di e n e r Trinkgelder bekommen haben, aber höchstens je !t -tz. (Hört, hört!) Im oberen Personal stil reine Fälle bekanntgeworden, und wir können stolz darauf jein. Der Vollständigkeit halber will ich noch Mitteilen, daß z w c i mittlere Beamte in Frage kamen, die sich aber auch keiner direkten Ver letzung der Dienstpflicht schuldig gemacht haben. Man kann hier höchstens von einer nicht genügenden Wahrung der Diskretion sprechen. Die Magdeburger Schmiergelder - Angelegenheit ist dem Staatsanwalt überwiesen worden, jo daß ich jetzt darüber nichts Mitteilen kann. Man har auch von einem Rüstungskonzern gesprochen. Ein Ring ist in diesem Falle noch nicht vorhanden. Es ist selbstverständlich, daß eine Bevorzugung von Fir men durch das Rcichsmarineamt ausgeschlossen ist. Darüber ist eigentlich gar kein Wort zu verlieren. Dann ist auf eine Reche von Auslassungen der Presse hingewiesen worden, daß Offiziere gewissermaßen nicht ihre Pflicht getan haben. Unsere Offiziere tun ihre Pflicht; es kann sich höchstens um eine Aus nahme gehandelt haben. Dann hat der Abg. Noske über das Flotte nbauprogramm gesprochen. Er meinte, wir seien gegen eine Einschränkung. Diesen Vorwurf des Aog. Noske halte ich nicht für berechtigt. Aber wir dürfen nicht zugeben, daß irgendein anderes Land ein Rüstungsmonopol bekommt. Dann har Herr Noske die Zahlen bemängelt^ die ich in der Budgetkommifsion bezüglich der Rüstungsvermehrung genannt habe, und diese Zahlen als recht ungünstig dargestellt. Daß wir eine gewisse Anzahl von Schisse« bauen und unser Flottenaesetz zur Durchführung bringen müssen, ist selbstverständlich. Von der Ab rüftungssragc wird überhaupt <rst seit einigen Jahren gesprochen, und in dieser Beziehung geben die Zahlen, die ich genannt habe, ein sehr gutes Bild. Ich selbst habe in der Kommission erklärt, daß wir nicht mehr als zwei G r o ß k a m p f s ch i f f e pro Jahr auf Kiel lege«. Der Abg. Noske hat dann erwähnt, daß unsere Flotte im ganzen umerem Volke entzogen würde. Ich glaube, das hohe Haus wird meiner Behauptung zustimmen, wenn ich sage, daß das nicht der Fall ist. Es ist durchaus Mün chens wert, daß unser Volk die Flotte kennen lernt. Die Armee sehen wir auf dem Exerzierplatz, die Flstte kann man aber nickst sehen. Wir werden alls tun, daß das Gefühl der Reichszugehörigkeit in der Flotte in jeder Beziehung gestärkt wird. Des halb sind Besuche und Besichtigungen in hohem Maße erwünscht, und ich werde auch an dieser Ansicht fest halten. (Benall.) Abg. Erzberger (Ztr ). An eine Verringerung des Sollbestandes ist nicht zu denken. Die beste Rechtfertigung für die Durchführung unseres Flottcngcsctzes bilden unsere politischen Be ziehungen zu England. Wir legen den größten Wert darauf, daß wir zu England in einem friedlichen Verhältnis stehen. Ob es aber richtig ist, zur Erzielung eines solchen Verhält nisses die Frage der Abrüstung zu erörtern, scheint mir sehr zweifelhaft. (Sehr richtig!) In seinem Flottenbau und bei den Unterseebooten hat Deutschland sich immer Zurückhaltung auferlegt. Wenn Deutschland jährlich zwei Linienschiffe baut und Englaird drei, so ist auch ohne Vertrag das Ver hältnis 10 : 10 vorhanden. Unverständlich ist die An sicht des Abg. Noske als Arbeitervcrtrcter, daß deutsche Fimen auf russische Aufträge verzichten sollen. Frankreich und England würden sich die Hände darüber reiben. Unsere Diplomatie muß dafür recht zeitig sorgen, daß die russische Flotte rn der Ostsee uns nicht gefährlich wird. Der Abg. Noske befürchtet weitere Flottenausgaben. Dre sind nicht akut. Sollten sie kommen, so kann man ja das Wchrbeitragsgesetz alsdann modifizieren. Bei uns ist viel mehr geschafsen worden mit dem gleichen Geld als ln England. Bei der Lieferung der Torpedoboote für Argentinien hat Deutschland am besten abgeschnitten. Die in England gebauten Schiffe sind heute noch nicht abgenommen worden. Der Technik sind a»ch die Unfälle der Luftschiffe nicht zuzuschieben. Das starre System ist nicht daran schuld, man muß aber die Gefahren möglichst herabzumm- dern suchen Ich halte e> nicht lür notwendig, daß überhaupt Privatsammlungen bei solchen Unfällen veranstaltet werden. Das Reich muß dafür ein treten. Der Geist in der Marine ist nicht derartig unzufrieden, wie der Abgeordnete Noske es darsrellt Es ist sehr schwer für die sorial- demokratische Fraktion, die 1 1 0 Mann unter einen H u t zu bringen (Heiterkeit). Der Staats sekretär mag dafür sorgen, daß keine Marine- gaxde entsteht. Jetzt kommen viele Jungen aus Mittelstandsfamilien zur Marine und fühlen sich dort recht wohl. Diew Entwickelung des Marinc- osfiziertorps ist gut. weil die Marine ein deut- sches Institut, das Landheer aber ein preußisches ist «Heiterkeit). Die Dienst prämie für die Unterofnziere wird eine gute Wirkung auf den Unteroffiziersersatz haben, nur müssen auch mehr Wohnungen für verheiratete Unteroffiziere gebaut werden. Die Zivilversorgung muß besser werden. Hoffentlich wird auch die Südamerikafahrt unserer Schiffe den besten Eindruck hinterlassen trotz der mifzkreditie- rcnden Aeußerungen des amerikanischen Oberbefehls habers von Manila. Ueber die Rüstungsfrage wird man sich in der Kommission zu unterhalten haben. Die Ausführungen des Staatssekretärs, daß keine Firma deshalb bevorzugt werden soll, wenn sie einen ehemaligen Offizier als Vertreter schickt, kann ich dahin ergänzen, daß er in der Kommission sogar in Aussicht gestellt bat. es sich zu überlegen, ob er mit einer solchen Firma in Verbindung treten werde, die einen alten Offizier zu ihm schickt. Die Industrie, die durch die Beschäftigung solcher Repräsentanten schwer belastet wird, wird ausatmen. Die süddeutschen Lieferanten haben sich bisher immer dadurch benachteiligt gefühlt, daß frei gefühlt, daß frei Wilhelmshaven oder Kiel geliefert werden mußic. Das soll jetzt aufhören. Wir sehen in der Flotte ein Instru ment iür die Auf rechterhaltung der jetzigen Machtstellung Deutschlands und somit die beste Bürgschaft für den Weltfrieden. Staatssekretär von Tirpitz: Die Biographie des Admirals Dewey wird demnächst vollständig er scheinen. Soweit ich unterrichtet bin, wird darin dem Admiral Dietrich und den übrigen deutschen Seeoffizieren hinsichtlich ihrer Haltung vor Manila volle Gerechtigkeit werden. Hierauf wird die Weiterberatung auf Freitag 1 Uhr pünktlich vertagt, vorher Anfragen. Schluß '/«7 Uhr. Sächsischer LsnMag. Zweite Kammer. 4 7. öffentliche Sitzung. 7'. Dresden, 19. Februar. Präsident Dr, Bogel eröffnet die Sitzung des schwach besetzten Hauses nach Uhr. Der Tribünen besuch ist ziemlich stark. Am Regicrungstiiche: Kommissare Auf der Tagesordnung stehen Privatpcti- tionen, die man sämtlich den Anträgen der De putation gemäß auf sich beruhen läßt. Aus Leipzig befinden sich darunter die Petition des Modelltischlers Wilhelm Eduard Martin in L- Re.idnitz wegen Wiederaufnahme eines gerichtlichen Verfahrens, event wegen Ersatzes des durch ein Urteil ihm zugefügtcn Schadens (Berichterstatter Abg. Dr. Roth, fortschr) und die Petition der Assistenten am städtischen Krankenhause zu St. Jakob in Leipzig u. Een , betr, die Höhe der an den ärzt lichen Bezirksvcrein zu zahlenden Beitrüge (Bericht erstatter Abg. Schade, koni.). Eine Petition von Gutsbesitzern aus Lippersdorf zwecks Einrichtung einer Berusungsinstanz zur Abschätzung der Manöverschäden brachte eine ausgiebige und erregte Aus» e i n a n d e r > e tz u n g. Die Petitionsdeputation hatte, wie der Bericht erstatter Abg. Schmidt-Freiberg «Kons.) ausführte, nach reiflicher Erwägung beschlossen, die Petition auf sichberuhenzu lassen, obgleich eine Minder-, heil in der Deputation der Meinung war, daß der Petition stattzugeben sei. Abg. Trüber (Koni.) sprach sich ausführlich über die in Lippersdorf vorgekommenen Manöverjchäden aus und legte zum Beweise einige zertrümmerte Holzstöcke aus dem dortigen Waide auf den Tisch des Hauses. Der durch Schießübungen angerichtete Forst schaden sei gewöhnlich erst nach einigen Wochen genau abzuschätzen. Jetzt aber komme die Abschätzung sehr bald nach der Hebung und könne infolgedessen nur einen Teil des angerichteten Schadens adschätzen. Er empfiehlt deshalb, die Petition nicht auf sich de- Mondamin — die rechte Hand deck stochcs, sowohl in der feineren, als auch ln der einfachen stüchc. Zur Znvcreitnng scincrcr Suppen, Saucen, zwischen und Sülstlpcisen ist ^o/rc/Q/«//r ebenso nnenlbehrltch, wie zum täglichen «stebrauch tu der einfacheren stüchc. Manchmal gibt es selbst den cinsachsten berichten den fehlenden Wobl gcschmack. Der tägliche Gebrauch des Mondamin erleichtert das stochen und verbessert die Speisen ganz bedeutend Jedes 00 u. Z0 Psg Mondamin- Paket enthält einen Zettel für Gratisrczepivuch. Zn.
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