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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140220012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914022001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914022001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-20
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Sette l0. Nr. 92. Morgrn-Kussave. Leipziger Tageblatt. ruhrn zu lassen, stellt vielmehr den Antrag, sie der Regierung zur Kenntnisnahme zu über- weilen. Abgg. Friedrich und Greulich (Kons.) pflichten in längeren Ausführungen den Darlegungen des Abo. Iraker bet. Abgg. Hrqmann und Harter (Kons.) empfehlen dagegen es bei dem Deputationsvotum be wenden zu Iahen. Abg. Schulze (Soz.) spricht sich entschieden geqe n den Antrag Traber aus. Die Landwirte würden bei Einrichtung einer Berussinstanz wahr scheinlich schlechter fahren, weil dann von der Militärverwaltung vielfach Berufung eintreten könne. Rach nahezu dreistündiger Debatte wurde der Antrag Trüber mit 29 gegen 23 Stimmen a b - gelehnt Für ihn stimmten geschlossen die Fort schrittler und der grössere Teil der Konservativen. Rächst« Sitzung Freitag, den 20. Februar, ' .10 Uhr Tagesordnung: Eisenbahnangelegenheiten. preußisches Abgeordnetenhaus. Sitzungsbericht. (Fortsetzung aus der gestrigen Abcndnummer.) Berlin, 19. Februar. Geh. Oberregierungsrat Dr. Conze: Die Ver- l-audlungcn Danzigs mit Olivia sind abgebrochen, weil sich Oliva nicht eingemeinden lassen wollte und nur eine Grenzregulicrung wünschte. Danzig hat viel zu tun, nm die Gebiete, die es jetzt cingemeindet, zu erschliessen. Der Gesetzentwurf über Erweiterung des Stadtkreises Danzig wird in zweiter Lesung und ohne Debatte in dritter Lesung an genommen. Darauf wird die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Innern beim Kapitel „P o l i z e i v e r w a l t u n g von Berlin und Umgebung" fortgesetzt. Abg. Liebknecht (Soz.): Wir sind stets bereit gewesen, an der Bekämpfung der Unsitt- lichkeit mitzuarbeiten. Alle Arbeit ist aber ver gebens, wen», wie ein Prozess gezeigt hat, Polizei beamte an der kapitalistischen Ausbeutung und der ichlimmsten Unsittlichkeit tcilnehinen. Wir können oem Antrag Schenk zu Schwcinsberq nicht zustimmen, weil er von einer unrichtigen Auffassung ausgeht, und weil wir nicht das nötige Vertrauen zu den staatlichen Instanzen haben, das; sic wirklich ersprictz- liärc Arbeit leisten können. Eine gesunde Sinnlich keit hat volle Existenzberechtigung und ist das beste Bollwerk gegen die Unsittlichkeit. Das Verbot der Organisation von Schutzleuten ver letzt die Grundrechte der Verfassung. Durch sein Ein schreiten gegen Plakate hat sich Herr v. Jagow geradezu blamiert. (Der Präsident rügt diesen Ausdruck.) Als Führer der Ofsizierskama- rilla und der Kronprinzcnkamarilla wagt Herr von Jagow, der selber an der Spitze der Zivilvcrwaltung steht, zu revoltieren gegen die Zivilverwaltung. Die preussische Iivilverwaltung besitzt kein Zivil gewissen. Herr v. Jagow ist nicht zurückgewiesen worden, weil er der Führer der Kron prinzcnkamarilla ist. (Der Präsident rügt diesen Ausdruck als ungehörig.) Abg. Cassel (Fortschr. Vpt ): Das Vereins- und Vcrsainmlungsrccht muss auch den Staatsbeamten oc währt werden. Die vom Minister des Innern gegen die Gründung des Vereins der Schutzleute vorgebrach ten Gründe sind hinfällig. Wir missbilligen entschieden die Strafversetzung des Vorsitze«! den des Vereins und die B e st r a f u ng d e s S ch u tz- m anns, der in einer fortschrittlichen Versammlung Mitteilung von der Ablehnung der Genehmigung des Vereins machte. Wir beantragen, daß die gesetzlich zulässigen Vereinigungen der Beamten nicht behindert und das; insbesondere der Vereinigung Berliner Schutzmänner vom Polizeipräsidenten keine Schwie rigkeiten gemacht werden. Minister des Innern o. Dallmitz: Das Verbot der Gründung der Vereinigung war ein dienst licher Befehl. Mit Recht erfolgten deshalb die Bestrafungen der Schutzleute, die nachträglich diesen dienstlichen Befehl zum Gegenstand der ö,fcntl.chen Erörterung machten. (Sehr richtig! rechts.) Eine OrganisaNon der militärisch organisierten Beamten klasse stände mit der Disziplin in Widerspruch. Herr v. Jagow ist durch sein Organisations talent und durch seine Unzugänglichkeit gegenüber äusseren Einflüssen gerade besonders geeignet, den ver antwortungsvollen Posten des Polizeipräsidenten von Berlin auszufiillen. Wenn aber der Abg. Liebknecht hier unter dem Schutz der parlamentarischen Immuni tät gegen Herrn v. Jagow persönlich beleidi gcndc A usdrücke gebraucht hat, so bitte ich ihn, diese Worte ihm außerhalb des Hauses von Angesicht zu Angesicht zu wiederholen. Hier muss ich diese Beleidigungen mit dem Mass von R ichlachtung behandeln, das sie verdienen. (Leb Hafter Beifall rechts ) Der Antrag Freiherr v. Schenk zu SW weinsbcrg betr. Bekämpfung der Unsittlich- leit wird angenommen, der Antrag der Frei sinnigen ln.tr. Vereinigung Berliner Schutzmänner abgelehnt. Zu Titel Einrichtung einer Druckerei beim Polizeipräsidium inu 1g'> .it beantragt die Kommission, den Betrag zu streichen. . Ministerialdirektor Freund: Da die Komnnsnon den Betrag gestrichen hat, zieht die Regierung die Position zurück. Abg. Graes iKows.) bittet die Regierung, im In teressc der Privatunternehmer zukünillg von derartigen Forderungen abzirsehen. Die Abgg. Wenckebach lVpt.j, Bacmeijter (Ratl.) und Adolph Hofsmann (soz.) schliessen sich dem Vorredner an. Zu Kapitel P o l i z c i v c r w a l t u n g e n in den Provinzen liegt ein Antrag Gras v. d. Groeben (Kons.) vor, der ein Gesetz verlangt zur Regelnng dcr Stadtrczessc der neu- vorpommerfchcn Städte. Abg. o. Hennigs Techlin (Kons.) befürwortet den Antrag. Ministerialdirektor Freund: Die Regierung ist bereit, der Frage näherzutretcn. Sie hat bereits um fangrciche Vorarbeiten oorgcnommen. Abg. Lippmann Stettin lVpt.) tritt gleichfalls für den Antrag ein. Abg. Hue (Soz.s begründet den Antrag, der eine Untersuchung fordert, ob ähnliche M i sz brauche, wie nn Prozess Sollmann in Köln ausgedectt wurden, auch bei anderen Polizeivcrwaltungen bestehen. Der Prozess habe so recht gezeigt, dass die Gehälter der unteren Beamten unzulänglich seien, und das; diese deshalb auf Geld gescheute angewiesen seien. . In Essen lieferte die Polizeiverwaltuna gegen eine hohe Entschädigung dem Zechenverband die Mitgliederliste des Steigcroerbandcs aus Die Polizei verwaltung konnte sich nur durch einen durch Einbruchsdiebital'l eines Polizeispitzels die Liste verschaffen. Wir müssen von dieser Plage de sreit werden. Ministerialdirektor Frenud: Wir bedauern auch die Feststellungen im Kölner Prozess. Die Regierung ist überall eingeschritten, wo sich Mißstände zeigten. und wird es auch in Zukunft tun. Die Regie- rung bedarf nicht erst des Antrages der Sozialdemokraten, um ihre Pflicht zu tun. Abg Wagner-Breslau (Fr.-Kons): Der Antrag ist überflüssig und inkonsequent Zum Polizeidienst sollten auch verabschiedete Offiziere zu gelassen werden Ministerialdirektor Freund: Wir sind mit einer grösseren Zuziehung verabschiedeter Offiziere zum Polizeidienst einve»standen. Es gehen uns leider zu wenig Offerten inaktiver Olfiziere zu. Abg. Heine (Wirtsch. Vga) Ich bitte den Minister, die amerikanischen Bars wegen Völlerei zu schliessen, wenigstens schärfer zu beobachten, auch die Kinovorführungen streng zu überwachen. Ich bitte den Minister, die Zuwanderung jüdischer Haus lehrer und Handelsleute als lästige Ausländer von uns fernzuhalten. Der Präsident ersucht den Redner, dieses Thema nicht weiterzuspinnen. Abg. Heins ifortlahrends: Ich fordere einen ent schlossenen Kampf gegen diejenigen, die l ie Funda mente des Staates untergraben, auch gegen das Volk Israel. Darauf wird die Weiterberatung auf Freitag 11 Uhr vertagt. Schluß nach 5 Uhr. Kecvt und Seridrl. verrat militärischer Geheimnisse. Urteil. Leipzig, 19. Februar. ; Der (Gerichtshof hat es für erwiesen er achtet, das; der Angeklagte Bernhard Schnitz ler sich des vollendeten Verrats militärischer Ge- hcinlniisc schuldig gemacht hat. (Lr hat als Re gistrator in den Bureaus der Rheinisch-West fälischen Sprenbstoffakticngcsellschaft in Köln, wo ihm die Schriften zugänglich waren, geheim- zuhalteride Schriftstücke, die sich auf Lieferungen von Rohstoffen, Pulver und Kohle bezogen, an sich gebracht und an das französische Nachrichten bureau durch einen Agenten weiter gegeben. Die ser Agent hatte ihn verleitet, sich in den Dienst des Rachrichtenbureaus zu stellen, und Schnitz ler Hai ihm eine grofic Anzahl solcher Geheim schriften geliefert. Gegen die Verführung durch den französischen Agenten ist Schnitzler niclft lange widerstandsfähig geblieben; 24 Stunden nachdem der Agent an ihn herangetrcten war, war Schnitzler bereit, Material zu liefern. Ob wohl der Angeklagte noch nicht 18 Jahre alt ist, hat der Gerichtshof auf Grund des Gut achtens des Gerichtsarztes Dr. Klemm keiner lei Bedenken getragen, anzunehmen, daß Schnitz ler eine genügende Einsicht zur Erkenntnis der Strafbarkeit seiner Handlungsweise hatte, das hat auch die Art und Weise gezeigt, in der er seine Verteidigung geführt hat. Da er das voll strafmündige Alter noch nicht erreicht hat, so tonnte das Gericht nicht auf eine Zuchthausstrafe zukommen, sondern es mutzte die für jugendliche Verbrecher vorgeschriebcnc Strasarl, Gefängnis strafe, wählen. Bei der Ausmessung der Strafe mutzte berücksichtigt werden die Erheblichkeit der verräterischen Handlungen, ihre lange Dauer, der Umfang des"Materials, das geliefert worden i^k, und auch die Absicht des Angel tagten, die Spionage noch weiter fortzusetzen, woran er nur durch seine Verhaftung verhiuderl wvroen ist. Schnitzler hatte auch ein Geldinteresse an seiner Tätigkeit, wenn auch die Zuwendungen, die er erhalten hat, nicht allzu erheblich gewesen sind. Sein Mitangeklagter Heinrich Kotzt er ist eben falls Registrator bei der Spreng,tofsgesellschast gewesen. Er arbeitete mit Schnitzler an dem selben Pulte, er war daher in der Lage, zu beobachten, was Schnitzler trieb. Er hat das auch erfahren und genau gewusst, das; Schnitzler sich mit Spionage besagte, er hat sogar Geld von Schnitzler für sein Schweigen angenommen, an statt Anzeige zu machen, solange cs noch Zeit war, das Verbrechen zu verhindern oder ihm ein Ende zu bereiten. Wegen vollendeten Ver rats militärischer Geheimnisse wurde Schnitzler zu fünf Jahre« Gefängnisstrafe ver urteilt, wovon drei Monate als dura) die Unter suchungshaft verbützt gelten, Koßler erhielt n c u n Monate Gefängnis zuerkannt. Kaiserliche vffziplinarkammer. (Schluß.) Leipzig, 19. Februar. T Unter der Anklage der Verletzung seiner Amtsplicht halte sich, wie wir schon berichtet haben, der 12jährige Kriegsgerichtsassistent Fried rich Martin Rö,sel von hier vor der Diszi- plinarkammer zu verantworten. Anf Grund der Beweisaufnahme ist der Gerichtshof zu der Ueberzeugnng gekommen, das, der angeschuldigte Rössel sich vbstlliv einer Pflichtverletzung schul dig gemacbt hat, auf Grund des Gutachtens des ärztlichen Sachverständigen, GerichtSarztes Mc- dizinalratS Dr. T h u m m (er, trug das Gericlst indessen Bedeuten, auch eine subjektive Pflicht verletzung als vorliegend anzuschcn, denn es sei nicht als ausgeschlossen zu betrachten, daß Rössel unter dem Einslnsse von Zwangsideen ge handelt habe. Der Angeklagte wurde darauf hin von der gegen ihn erhobenen Anschuldigung f r e i g e s p r o ch e n. Königliches Lan-gericht. Leipzig, 20. Februar. ; Unter »er Anklage de» gewerbsmäßigen Glücksspiels und Betrugs bzw. Beihilfe zum Be trüge. (Schluß.) Das U r t e i l lautete, wie wir in der gestrigen Abendausgabe meldeten, gegen den Angeklagten Ernst Weise wegen gewerbsmäßi gen Glücksspiels und Betrugs auf eine Gesäng - nisstrase von zwei Jahren, eine Geld strafe von >00 Mark und fünfjährige« Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, ei« Jähr der Ge fängnisslri^e gilt als durch die Untersuchungs haft verbüpt. Gegen den Angeklagten, Rechts anwalt Dr. Weichert, wegen Begünstigung und versuchten Betrugs in zwei Fällen auf 500 Mark Geldstrafe, wovon 200 Mark als durch die Untersuchungshaft getilgt gelten. In der Begründung des Urteils führte der Vor sitzendeaus, daß Weise das Spiel nicht zn seinem Vergnügen und aus Lust am Spiel be trieben lmbe, er hätte vielmehr die Absicht ge habt, sich aus dem Glücksspiele eine dauernde Erwerbsquelle zu verscl-affen. Dem Angeklagten Weise sei auch nachgewiesen, daß er falsch ge spielt habe, das beweise die ganze bauernsänge- rische Art und Weise, wie er sich an seine Opfer herangemacht habe. Weise sei wegen gewerbs mäßigen Glücksspiels und wegen Falschspielerei anch schon zu wiederholten Malen erheblich be straft worden; er sei eine gemeingefährliche Per sönlichkeit, die längere Zeit hindurch das Falsch spiel betrieben habe, um ein luxuriöses Leven führen zu können. Der Angeklagte Dr. Wei chert habe den Auftrag von Weise übernommen, Wechsel und einen Schuldschein einzutreiben, ob wohl er gewußt habe, daß die Verpflichtungen aus gewerbsmäßigem Glücksspiel herrührten und daß seine Auftraggeber gewerbsmäßige Spieler ivarcn. Er habe wenigstens auch mit der Mög lichkeit gerechnet, daß seine Auftraggeber Falsch spieler waren. Nizza als Ausstellungsort des Wechsels mußte ihm auffällig erscheinen, ferner, daß seine Auftraggeber ungebildete Leute waren, während die Wechselschuldner den guten Gesell schaftskreisen angehörten. Dr. Weichert konnte nicht annehmen, daß die Auftraggeber und die Wechselschuldner gesellschaftlich miteinander ver kehrten, und es mußte rhm auch verdächtig Vor kommen, daß das Geld immer unter drei Per sonen geteilt werden sollte. Ferner war eS eine nicht zu übersehende Tatsache, daß die Auftrag geber an den Forderungen bis zu 50 Prozent nachlassen wollten und sich auch erboten, dem Dr. Weichert selbst erhebliche Vergütungen zu kommen zu lassen. Dr. Weichert habe auch eine sehr umfangreiche Korrespondenz mit seinen Auf traggebern gepflogen, deren Wohnsitz stets wech selte. Dr. Weichert mußte erkennen, daß er es mit gewerbsmäßigen Glücksspielcrn zu tun hatte, die auch falsch spielten. Das gehe aus einem Briefe hervor, in dem er schreibt, sei ner Ansicht nach seien gewerbsmäßige Glücks spieler und Falschspieler ein und dasselbe. Mil dernde Umstände sind dem Dr. Weichert zu gebilligt, weil man es in ihm mit einer kranken Persönlichkeit von geringer Widerstandsfähigkeit zu tun hat. Er habe nicht ans Eigennutz ge handelt, um sich selbst Vermögcnsvorteile zu verschaffen, sondern er. wollte solche Vorteile seinen Auftraggebern sicl-ern. Er habe nicht Energie genug besessen, nachdem er seine Auf traggeber durchschaut hatte, sic von sich abzu schütteln. Anderseits war in Berücksichtigung zu ziehen, daß Dr. Weichert die Pflichten eines Anwalts gröblich verletzt hat. Königliches Schöffengericht. Leipzig, 19. Februar. Zl Eine Beleidigungsklage aus Künstlerkreisen. (Fortsetzung.) Aus oer Aussage des Zeugen Pro fessor Harrmann, der mit Geheimrat Klinger zusammen zur Besprechung bei dem Oberbürger meister Dr. Dittrict) war, ist zu entnehmen, das; das Rundschreiben dort der Gegenstand der Unterhal tung gewesen ist. Der Oberbürgermeister und auch Professor Klinger sowie der Zeuge Professor Hart mann haben Zweifel daran gehegt, ob die Behaup tung, daß die Unterschritten nur aus Versehen fort geblieben sind, den Tatsachen entspreche. Der Zweck der Unterredung war, den Oberbürgermeister dar über zu informieren, Latz man aus dem Künstler verein ausgetreten sei. und den Verein „Leipziger Iahresausstellung", die sogenannte Lia, gegründet habe, dem die bislang dem Künstlerverein gewährte Unterstützung jetzt zugewendct werden möge. Der Zeuge Professor Hartmann kann sich nicht daran erinnern, daß Professor Ktinger in dieser Unter redung gesagt habe, das Rundschreiben sei ..voll Verleumdung." Der Oberbürgermeister habe sich dahin geäußert, er stehe der Lia wohlwollend gegenüber. Der Zeuge war der Ueber-eugung, der Oberbürgermeister fei der Ansicht, die Lia liege in guten Händen. Rachhersei zum Ausdrucke gekommen, zuerst müsse der Kümtlerverein auf die Zuwendung verzichten, ehe man sie der Lia zukommen lassen könne. Für die Abfassung und Versendung des 'Rundschreibens habe der Zsuge eine gewisse Ent schuldigung darin gefunden, baß die Herren stark verstimmt gewesen seien. Der Wunsch des Oberbürger meisters sei es gewesen, daß ein Vertreter des Künstler vereins in den Vorstand der Lia gewählt werden möge, wo u Proiessor Klinger heute erilärt, daß das nicht möglich gewesen sei. ohne eine Abänderung der Statuten, die behördlich noch nicht einmal genehmigt gewesen seien, vorzunehmen. Dann tam es in der Verhandlung zu einer Auseinandersetzuny zwischen den Parteien, wer der eigentliche „Prvseßführende" sei. Der Anwalt Klingers bemerkte, daß eine Einigung von der Gegenseite unmöglich gemacht werde, wozu der Vorsitzende Amtsgerichtsrat Ar. Wenck bestätigte, da» Professor Klinger und dessen Anwrlt von Beginn an einen versöhnlichen Standpunkt ein genommen hätten. Es wurde darauf die Aussage des tommistarisch vernommenen Oberbürgermeisters Dr. Dittrich zum Vortrag gebracht. In einer Ein gabe betreffend einen Zivilprozeß vom 29. November 1912 hat der Ob-'bürgermeister bereits die Mit teilung gemacht, vun er sich der angeblichen Aeuße- rung des Professors Klinger, das Rundschreiben sei voll Verleumdung, nicht entsinnen könne, er erinnere sich nur, daß gelegentlich zur Sprache gebracht fei, daß ein anonymes Schreiben versandt worden lei. Bei seiner Vernehmung am 3. Januar d. I. hat der Oberbürgermeister dann geäußert, jetzt könne er noch weniger als früher eine genaue Darstellung der einzelnen Vorgänge geben. Ausgeschlossen aber sei es, daß das Rundschreiben von irgend welchem Ein fluß gewesen iei auf die Vergebung von Aufträgen seitens des Naics, ebensowenig habe es die Ge währung der Unterstützung nach irgend einer Rich tung hin beeinflusst. Von dem Artikel des Pro fessors Klinger in den „Leipziger Neuesten Nach richten" am 22. Ottober 1912 „Zur Leipziger Kunjt- ausstellungssrage" hat Oberbürgermeister Dr. Dittrich erst nach dem Erscheinen Kenntnis bekommen. Es wird nunmehr auf die Vernehmung der noch weiter geladenen Zeugen allseitig verrichtet und die Verhandlung auf Sonnabend vormittags 10 Uhr vertagt. Der Prozeß gegen -en Sra fen Nlirlczpnski. 11-r. Meferitz, 18. Februar. Vor dem hiesigen Schwurgericht hat sich heute der frühere polnische Reichstagsabgcordnete Mathias Graf Brudzewo Mielczynskt wegen Tot schlags in zwei Fällen, begangen an feiner Frau und seinem Neffen, zu verantworten. Graf Mielczynski, der seine Untersuchungshaft im Amts gerichtsgefängnis in Eraetz verbüßte, ist am Mittwoch hierher, übcrgcführt worden. Für die Verhandlung sind zwei Tage angcsctzt. Außer zahlreichen Zcuyen sind als psychiatrische Sachverständige die Gehei.n- räte Zieyn und Leppmann aus Berlin ge laden. Graf Mathias Mielczynski wurde am 13. Oktober 18LS auf seinem väterlichen Gute Köbnitz geboren. Freitag, 20. Februar 1914. Er besuchte zuerst das Französische Gymnasium in Berlin und dann das Gymnasium in Lissa. Nack» bestandenem Abiturientenexamen studierte er zwei Jahre in München Iura und diente dann 5 Jahre iei den Breslauer Leibkürassieren. Dann wandte er ich dem landwirtschaftlichen Studium zu und bewirt, chaftete die väterlichen Güter. Er erbte das Gut Köbnitz im Kreise Bomst, überließ es aber nach einigen Jahren zur Bewirtschaftung seinem Bruder, dem Grafen Ignatz Mielczynski. Inzwischen hatte er sich verheiratet, und zwar mit der Gräfin Felicya v. Potocka, die einem der reichsten und an gesehensten polnischen Adelsaeschlechter entstammte. Die Ehe konnte erst nach Ueberwindnug heftiger Widerstände bei den Eltern der Braut geschlossen werden. Der alte Graf Potocki war gegen die Heirat und weigerte sich, sein Jawort zu geben. Da schoß sich Kraf Mielczynski vor den Augen seines künftigen Schwiegervaters eine Kugel durch die Hand und in die Brust, als Graf Potocki gleichwohl bei seiner Weigerung blieb. Die Schügverletzung in der Brust hatte für den Grafen Mielczynski hart näckige Leiden zur Folge. Auch in der Unter suchungshaft hat er unter diesen Nachwirkungen zu leiden gehabt. Die Ehe mit der Gräfin Felycia, die tt Jahre jünger als ihr Mann war, wurde 1890 ge schlossen, und ihr sind drei Kinder entsprossen; zwei Töchter im Alter von 17 und 14 Jahren, die in Galizien in einem Kloster erzogen werden, und ein jetzt 8 Jahre alter Sohn, der Majoratserbe, der bei seinem Onkel, dein Grafen Ignatz Mielczynski, erzogen wird. Die Gräfin Felycia brachte das Potockiichc Majorat Dakowy-Mokre im Kreise Erätz in die Ehe, einen großen Besitz mit zahlreichen Vorwerken und Gütern von zusammen .'>000 Hektar. Die Ehe soll von Anfang an nicht glücklich gewesen sein, so daß beide Ehegatten sich 1909 trennten. Erst wenige Wochen vor der Tat hatte eine Ver söhnung srattgefunden, und die Eheleute wohnten wieder auf Dalowy Mokre zusammen, das der Gräfin als Alleinerbin nach dem Tode zweier Brüder zuge fallen war. Eine zweite dem Vater der Gräfin ge hörige Fideilommitz-Herrschaft Bendlewo im Kreise Posen-West war einer älteren Halbschwester, der Gräfin Mionczynska, zugefallen, deren Sohn Graf Alfred der vom Grafen Mielczynski erschossene angebliche Liebhaber seiner um 10 Jahre älteren Tante war. Da Dakowy-Mokre und Bendlewo nicht weit voneinander entfernt sind, so besuchte Graf Alfred ost im Automobil seine Verwandten auf Dakowy-Mokre. Hierbei soll es zu einem Liebesver hältnis zwischen Tante und Neffen gekommen sein. Am 19. Dezember war Eraf Mielczynski von Berlin nach Dakowy-Mokre gekommen, weil er mit seiner Gattin für den Sonntag verabredet hatte, nach dem ungarischen Badeort Zakopane zu fahren. Dort woll ten sie ihre Kinder treffen, um mit ihnen gemeinsam das Weihnachtsfest zu verleben. Der Graf hatte in Posen noch einige Besorgungen gemacht und fuhr mittags mit einem Auto von Posen nach Dakowy- Mokre ab. Unterwegs traf er seine Gattin, die eben falls im Auto mit ihrer Gesellschafterin Fräulein von Koczoronska und ihrem Nefsten nach Posen fuhr zur Besorgung von Wcihnachtseinkäuseu. Am Abend, etwa gegen 8 Uhr, kehrte die Gräfin mit ihrer Oiesellschaftsdame und ihrem Neffen nach Dakowy- Mokre zurück. Es sand ein gemeinsames Abendessen statt, an dem das Ehepaar Mielczynski, der junge Gras Mielczynski und die Gesellschaftsdame der Gräfin teilncchmen. Nach dem Essen wurde musiziert und man trennte sich erst nach Mitternacht. Der junge Graf, der bereits in Posen viel getrunken hatte, soll angetrunken gewesen sem. Graf Mielczynski begab sich in sein Schlafzimmer, das im ersten Stock tag, während die Damen ihre im Erdgeschoß liegenden Zimmer aufsuchten. Das Schlafzimmer des jungen Grafen lag rm ersten Stock in der Nähe des Schlaf zimmers des Grafen Mielczynski. Rach seiner Ge wohnheit hatte Graf Mielczynski in dieser Nacht seine Schlafzimmertür offen gelassen. Nach kurzer Zeit er schien der junge angetrunkene Graf im Schlafzimmer der Gräfin, die noch mit ihrer Gesell)chafterin zu sammen mar. Die beiden Damen gingen mit dem jungen Mann in Len anstoßenden Salon, wo er sich häuslich niederließ. Erst nach vieler Mühe gelang es ihnen, ihn endlich wieder zum Aufsuchen seines Schlafzimmers zu bewegen. Nach einiger Zeit aber tauchte er abermals im Schlafzimmer der Gräfin aus. Die Gräfin und die Gesellschaftsdame baten ihn dringend, möglichst ohne jede Ruhestörung jein Zimmer aufzusuchen. Graf Mielczynski mutz das Ge räusch vernommen haben. Da bereits einige Wochen vorher im schloß eingebrochcn war, stand er auf, um dem Geräusch nachzugehen. Er ging die Treppe herunter und sah nun durch eine Türspalte einen Lichtschimmer aus den Gemächern seiner Frau. Er öffnete leise die Tür und hörte die Stimme seines Neffen aus dem Schlafzimmer seiner Frau. Vorher hatte Eraf Mielczynski in der Meinung, es seien Ein brecher im Schloß, aus einem Waffenschrank eine Büchse genommen und geladen. Mit dieser Wafse betrat er den Salon seiner Gattin und will darüber, dort seinen Nefsen so spät zu finden, autzer sich ge raten sein. Er habe in das Schlafzimmer seiner Frau zwei Schüsse abgegeben. Beide Schüsse wirkten töd lich für die Gräfin und den Neffen. Nach der Tat begab sich Graf Mielczynski wieder in sein Zimmer und benachrichtigte am anderen Morgen die Be hörden und seine Verwandten. Am Abend dieses Tages wurde er verhaftet. Mus Leipziger Innungen. * Die Pcrückenmacher-Zwangs-Jnnung hielt am Montag, den 16. d. M., ihren -weiten von den diesjährigen Mode- und Vortragsabenden ab. War der erste ausschlieblich cin Lichlbildcrabend, so war der zweite der neuesten Mode für Tamensrisuren bestimmt. .Herr E. Umdasch hatte sein ganzes Könne» der Innung srci zur Verfügung gestellt, und bot nickt weniger als fünf Tamensrisuren in 1'/« Stunden vor dem bis aus den letzten Platz überfüllten Saal des Lehrervercinshauses, eine Leistung, d«: kaum nachgemacht werden dürste. Reicher Beifall lohnte seine Mühe. MMs KIMImor, liuiserl. uock Kövlxl. liok-l'ii»lloksrtekub> llc»nt, riaeo! iiDli kiLlliuos. Uikmstlnt »II nr ml« »ststt Ii örüssel 1910 m,t sm» „Oi»Lnä krlx" > -- - - «»>» I.elp/ix 1913 (lotervut. iranldcb«oiu>teNnvx) biiiiixl. 8iieli8. 8ti>ilt8pcei8
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