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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140217017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-17
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morgen » Ausgabe r«tpr<a aa» Vsevn, o«ch «ikm» «ta« vTAI» » » u«» Sp»SItr«r» »mal tS-ltch in» tz«u» gebracht, meaatUch t.rs M., vlrrteljührUch r.75 M. Set der SetchttslefteU», uosrra Ztttatea unb flaegodesieUea obgehoU, moaatUch 1M-. vterteliahrUch » M. varch dl« Pop, laaerhald deutschlaaba uad ü«r 0rutsch«. Kot-atro moaatUch t^S M., »trrtrUahrllch «.so M., aueschtte-Uch pestbelteUgelb. VaeLetpstgerLagedlatt «rschrtat werkt»-» Imal.Soao- u-)«t«rta-»lmal. 2a Ketpztg, 0»a Nachdarortra «o» bra Orten mlt et»«,«« gillalea «trö öl« Nd«u-ou»-ad« »och am ftdrnö üe» -rschrinra» in» Hau» -eltefrrt. «rkllner Nrüoktloa:2a»«aZ«U«ai7. Zrrasprrch-Nnschlng: Nwadtt Nr.*»7. m. 8S. /lrntsblcUt des Rottes und despolrreüurrtes der Stadt Lelpzig ««»akttoa «ab O»sch«ft»fl»0„ ?»h«ml»-aff, Nr.«. » rerastzrech-AaschluS vr.I»»«, «»,, und >4»»4. ISS. Jahrgang k»e Snsera», an» L«l»U, an» Um^b«,, »I, /INAeilleNprei^e. 1s»aM,«peM,«U«rZpf„Sl«N»Namr,rN,1 m., »»» an»w»r1» ZS Pf., Nrklamra 1.10 M., Klrta« Naz«1-«n dtrprtttzrtl, «ar 1Spf.d.wl»S«rdoüNad.,7ns«rot» »»a »rhSrö«» Im amtlichen-«tl dl« Pritt» zett« »S pf. O,schaft»aa,,«ä»a »tt plaboorschrttt lm Preis, ertzbbt. Saba« nach Karts. Vrtla-rn, Oesamtanfi.» M. Sa» Konsens anescht. p»st-rdühr. Mnzrtgro-ftaaahmr: )»ban»t»-a<f«>, bet sämtlich«, Ztltaten S«Krtpzt-« Ka-edtatte» nnS all«, Mnnonc,n.«xp«üittonra Sr» 2n« nnS sturlonSe». O»schäft«strlt«fürSerlln n.St» pr.Sraaürndurg: dlrrktlonwaltrrZttr-rl, Vrrlln w. IS, Mar-arrthrnstrag« «. Zrrnspr»ch»stnschlug: Lütz»» M7I. Dienst»-, -en 17. Fedrusr. lS14. Vas Wichtigste. * Die Zweite Kammer erledigte am Montag einige Etatkapitel. Dabei kam es infolge einer Rede des Abg. Dr. Zöphel (Natl.) zu einer lebhaften Aussprache über die partikularistischen Strö mungen, die sich jetzt in der deutschen Politik geltend machen. (S, Art. und Der.) * Im Reichstag wurde am Montag mit der Zweiten Lesung Les Etats des Reichsjustiz amts begonnen. (S. Ber.) * Der Empfang der albanischen Abord nung durch den Prinzen Wilhelm zu Wied wird bestimmt am 19. Februar im Schlosse Neu wied stattfinden. (S. Dtschs. R.) * Der Dundder Landwirte hielt am Mon tag in Berlin seine diesjährige Generalver sammlung ab. (S. Leitart.) » In Tokio starb am Montag der ehemalige japanische Gesandte in Berlin, Graf Aoki, im Atter von 70 Jahren. (S. Ausl.) * In Mexiko treffen die Großmächte ver schärfte Maßnahmen zum Schutze ihrer Lands leute. Die Lage wird täglich kritischer. lS. Ausl.) * Seit Sonnabend wütet einschwererSturm an der englischen Küste. (S. Nach-r. v. Tage.) Vie Künstler in verlin. o verli«, 16. Februar. Zum 21. 2Lalc waren heute die Bündler in Berlin versammelt. Man sagte (oder viel mehr: sie sagten es selber): Es würde eine große Sache werden, und darum könnte der Zirkus Busch, dem sie in der ganzen Frist nur dreimal untreu wurden, ihrem Andrang nicht genügen. Das ganze Deutschland, will sagen: Die beiden Zirkusse müßten es sein. Tatsäch- lich sind denn auch beide Stätte» gefüllt ge wesen. Im Zirkus Busch war das Zusammen strömen vielleicht nicht ganz so menschengefähr lich als in früheren Jahren: lvenigstens in der Manege selber, wo ehedem die agrarischen Män ner wie eine Mauer standen, war diesmal ein angenehmes Kommen und Gehen. Aber die Ränge waren so voll wie sonst, und vom Zirkus Schumann erklärte Herr Dr. Dicderich Hahn, der sich in seiner Ansprache freilich manche poe tische Uebertreibung gestattete, er sei gleichfalls überfüllt und polizeilich geschlossen worden. Also es wird festzuhalten sein: Diese bündlerischen Veranstaltungen haben ihre Anziehungskraft auf die agrarischen Schichten nicht verloren. Viel leicht darf man aber sagen (ohne damit gleich ein politisches Urteil zu verbinden): Sic sind exklusiver geworden. Ehedem schien man mit Bedacht die Zusammensetzung der Versammlung so angelegt zu haben, daß neben dem großen und dem mittleren Besitz, auch der kleine sich augenfällig dem Blicke darbiete. Heute war von so wirkungsvoller Mischung nicht viel wahrzu nehmen. Was man im Zirkus Busch sah, at mete eine gewisse festbetonte Eleganz; der glatt gebügelte Seidenhut und das Dtonokel überwogen, und unter den agrarischen Frauen und Töchtern die mit erfreulichem Geschmack Angezogenen. Dennoch wird, wenn man die Summe zieht, feftzustellenZein: Es war so wie sonst, es fehlte aber der „Schmiß", trotz dem zum Hauptredner avancierten Januschauer fehlte die rechte drauf- gängerische Stimmung. Ein Eishauch dieser anti- alkoholigen Zeit hat auch den Bund der Land wirte getroffen. Früher schleppten die Kellner emsig Bier und Kognak herbei, und wenn die dritte Nachmittagsstunde kam, waren viele, zn- mal von den klemen Leutchen, schon heiter und guter Dinge. Heute trugen die Kellner nur Butterbrote durch die Reihen. Höchstens daß da und dort ein Vereinzelter nach einem Becher schalen Dünnbieres griff. Man blieb kühl, nüch tern, beinahe prüfend, und als das Glanzstück, Herr von Oldenburg nämlich, erledigt war, drängte man hinaus in den lauen Vorfrühlings tag, aus dem Geräusch der vor dem Zirkus auf- gestavelten rajpernden Lokomobilen und Dresch maschinen, in den Bereich der mehr oder minder Sorglosen, die ihre Lebensfreude unter den Lin den spazieren führten. Der Redeakt war überhaupt heute von sym- pathischer Kürze. Zunächst fiel von den Sprechern auf: Hier Freiherr von Wangen heim, dort Herr Dr. Roc ficke. Das hatte inhaltlich kaum etwas zu bedeuten, da diese Herren ja doch grundsätzlich immer dasselbe zu sagen pflegen. Aber man sparte so Zeit, sparte an den Haupt vorträgen wie an der Diskussion, die dies mal jede Anziehungskraft entbehrte, obschon Herr Bürgermeister Eberle- Nossen sich über Mittel- kkandüfragen verbreitete und damit bewies, wo der eigentliche Platz des sog. Leipziger Kartells sein wird. Dann aber zeigte sich doch — und da- ist gerade kein erfreuliches Zeichen, daß diese Riesenversammlungen bei Stimmung und Teilnahme nur zu halten sind, wenn man ihnen Schlager vorsetzt. An solchen SMagern fehlte Zs Heuer. Zum mindesten waren sie nicht derb genug hergerichtet. Die drei Hauptredner schal ten zwar wiederholt auf die jüdische und demo kratische Presse, und jedesmal antwortete ihnen dann auch ein schüchternes Bravo, aber das mit rechter Verachtung herausgeschleuderte Donner wort: „Jude!", das allemal einen Beifallssturm zu entfesseln Pflegte, blieb aus. Dann holte sich Herr Roesicke einen leisen Applaus mit seiner Entdeckung, an der letzten Wirtschaftskrisis und deren Folgen von Not und Arbeitslosigkeit, sei lediglich die Emissionspolitik unserer Großbanken schuld gewesen, und wenn die Herren den Reichs tag tadelten und den Kanzler dazu, der ihn nicht (zum Dank für die Annahme der Militär vorlage!) nach Hause geschickt hätte, rührten sich gleichfalls die Hände. Aber der Beifall ver rauschte schnell, und als Herr Dr. Diederich Hahn einen reichlich abgeschmackten und phrasen haften Artikel des „Vorwärts" der allgemeinen Verachtung preiszugeben gedachte, passierte es ihm, daß die versammelten Damen und Herren ganz so, wie andere verständige Leute auch, über das törichte Zeug lediglich lachten. Wir möchten davor warnen, aus dem Mangel an Stimmung zu folgern, der Bund der Land wirte hätte seine Leute nicht mehr hinter sich. Aus dem Geschäftsbericht, der gedruckt vorlag und es Herrn Diederich Hahn so ermöglichte, statt dieses Berichtes, zu dem er programm gemäß verpflichtet war, uns allerlei Ungereimt heiten über die innere Politik und das Ver hältnis der Parteien vorzutragen, wird ja nicht ersichtlich, ob und welche Zunahme der Mit gliederbestand erfuhr. Immerhin wird man an nehmen dürfen, daß d«r Bund der Landwirte nach wie vor eine wirtschaftspolitische Organi sation des großen Besitzes und leider auch eines Teiles des mittleren ist. Das augenblickliche Ab flauen hat andere und, wie uns scheinen will, recht verständliche Gründe. Es geht der deutschen Landwirtschaft gut, unberufen: sehr gut. Eine „Rekordernte" mußte selbst Herr Dr. Roesicke die letzte Ernte nennen. Auch bei den kommenden Handelsverträgen — das wäre bei einigermaßen lichaler Auslegung aus Herrn Delbrücks Erklärungen, herauszulesen gewesen, wenn «man nicht ohnehin die ÄnsäMiungen der Regierung kennen würde — werden die Interessen der Landwirtschaft nicht zu kurz kommen. Leute aber, denen es gut geht und keine ernstlichen Sorgen die Aus sicht auf die Zukunft verdüstern, neigen dazu, Welt und Weltenlauf behaglich anzuschauen. Es war in dem Belang besonders charakteristisch, daß die Leute des Landbundes gar nicht erst mit einer Reorganisation aus dem eigenen, dem wirt schaftspolitischen Gebiete, aufzuwarten wagten; daß sie den Fall Zabern und die angeb lich bedrohte Kommandogewalt an den Haa ren herbeizogen, um in der bekannten Fechterstellung als Triarier Seiner Majestät vor dem von der Demokratie erschütternden Thron aufzumarschieren. Einen inneren Zusammen hang zu diesen Dingen und der Generalver sammlung des Bundes der Landwirte vermoch ten sie freilich nicht herzustellen, obschon alle drei Referenten das nämliche Feld durchackertcn. Herr von Oldenburg vollends war sogar auf sei nem eigentlichen Gebiete, dem des derb zugreifen- den Witzes, ein Versager. Ueber seine Bemerkung von den 111 Sozialdemokraten mit ihrer frei- sinnig-nationalliberalen Takelage wird man in den Kreisen des Liberalismus sich nicht allzu sehr grämen, und von Herrn von Bcthmann hoffen wir, daß er Humor genug haben wird, über die Oldcnburgsche Staatsweisheit zu lä cheln, wonach der Kanzler die Verpflichtung hätte, such nicht nach dem Reichstag zu richten, son dern „uns einen anderen Reichstag" zu be sorgen, uns, den agrarischen Heißspornen, heißt das. Denn urteilsfähige Leute werden finden, daß dieser Reichstag sich um das Reich gar nicht wenig verdient gemacht hat. Man würde von den politischen Entdeckungen des durchaus unpolitischen Kampfes ja überhaupt kein Auf hebens machen, wenn nicht in den letzten Jah ren zwischen Januschau und Langfuhr sich Be ziehungen angebahnt hätten, die anscheinend doch auch in Berlin noch fortgesetzt werden. * Sitzungsbericht. Unter ungeheurem Andrange des Publikums wurde heute die Generalversammlung des Bundes der Landwirte im Zirkus Busch eröffnet. Im Zirkus Schumann tagte eine gleichfalls stark besuchte zweit« Versammlung des Bundes. Landtagsabgeordneter Dr. Roesicke, der Vorsitzende des Bundes, eröffnete die Versammlung mit einer Rede, in der er darauf hinwies, daß im vorigen Jahre eine Rekordernte zu verzeichnen war. In folgedessen seien die Preise für landwirtschaftliche Er zeugnisse zurückgegangen. Der liberale Blätterwald zetere nur, wenn die Preis« der landwirtschaftlichen Erzeugnisse in die Höhe gingen, wenn sie aber heruntergingen, schweige sich die liberale Presse aus. Der Reichstag steh? vor der Erneuerung der Handelsverträge. Man habe zum Reichstage nicht das Vertrauen, daß er namentlich Vie landwrrt schaftlichen Interessen des deutschen Volkes voll wahre. Die Demokraten und Sozialdemokraten hatten die Frechheit, die Disziplin des deutschen Heereszu erschüttern Ein Mann wies in nüchterner und energischer Weif« di« Angriffe zurück, dies war Oberst o. Reuter. (Stürmischer Beifall.) Und weiter er frechten sich die Sozialdemokraten, die Liebe des deut schen Volkes zum angestammten Kaiserhaus und seinen Bundesfiirsten zu untergraben und in die Kommandogewalt des Kaisers einzu greifen. Er gebe sich der sicheren Hoffnung hin, daß der gut« patriotische T«il des deutschen Volkes diese Angriffe abwehren und sich um den Kaiser und die Bundesfiirsten scharen werde, um das Vaterland gegen den äußeren und inneren Feind zu verteidigen. Redner schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser, di« deutschen Bundesfürsten und freien Städte. Der Direktor des Bundes der Landwirt«, Land- ^agsabgeovdneter Dr. Hahn, teilte mit, daß die Zahl der Bundesmitglieder weiter sehr gestiegen sei. Die Gosamtumstände hätten es erforderlich erscheinen lassen, den Jahresbeitrag des Bundes um zwei Drittel des bisherigen Betrages zu erhöhen unter Schonung der kleinen Besitzer. Redner betonte noch mals, daß der Bund der Landwirte sehr wohl mit den Nationalltberalen zusammen gehen könne, deren Programm die Wahrung der Autorität, Schutz der Arbeitswilligen und die Er haltung der bewährten Handelspolitik sei. Auch das Zentrum würde guttun, wenn es nicht mit den Liberalen und noch weniger mit den Sozial demokraten zusammengehe, sondern die Politik der Agrarier unterstütze. Die Bürgerlichen würden sehr bald einsehen, daß, wenn sie der fremden Demokratie die Hand reichten, sie sehr bald aufgespeist würden. Der Redner schloß mit einem dreifachen Hoch auf das deutsche Vaterland, worauf die Versammlung „D-utschland, Deutschland über alles" sang. Herr v. OldenbuM-Zanuschau wandte sich beson ders gegen den Bülowblock, der vollständig Fiasko gemacht habe. Die Rechte sei dadurch unter den Schlitten gekommen, sie müsse sich aber wieder aufraffen, und die bürgerlichen Parteien dürften sich nicht von einer fremden Demokratie umgarnen lassen. Di« Kabinctrsorder von 1820 sei eine Sache der preußischen Könige und gehöre nicht vor den Reichstag. Es sei gleichgültig, ob die Erenzpfähle in Deutschland schwarz-weig oder grün-weiß seien, die Hauptsache sei, daß, wenn der erste Kanonenschuß losqehe, die schwarz-weiß-rote Flagge im ganzen Reiche aufgepflanzt sei. Nach längerer Erörterung gelangte eine Reso lution zur Annahme, in der es am Schlüsse heißt: „Die Vorgänge in Zabern, die Versuche, die Kommandogewalt des Kaisers und der Bundesfürsten abzugrenzen und den Parlamentarismus zu stärken, das Üebergreifen des Reiches auf die Steuerpoli tik der Einzelstaaten sind Merkzeichen der neuer dings eingetretcnen demokratischen Ent wickelung. Der Bund der Landwirte spricht seine feste Entschlossenheit aus, dieser für die Mon archie, für das Reich und für das gesamte Volk gleich unheilvollen Entwickelung mit aller Kraft und Entschiedenheit zu seinem Teile entgegen- zuwirke n." Die Generalversammlung wurde darauf mit einem dreifachen Hoch auf den Bund der Landwirte geschlossen. , Die Zusammensetzung -er Ersten StSn-ekammera in -en Slieöstaaten -es Reiches. Nachdem in den Verhandlungen der Zweiten Kammer des Landtages über die Anträge der ver schiedenen Fraktionen zur Reform der Ersten Stände kammer sowohl der Staatsmlnister Graf Vitzthum von Eckstädt als auch die konservativen Fraktio nen eine etwas entgegenkommendere Haltung ein genommen haben als im Vorjahre und somit zu hoffen ist, daß die Beratungen in der Gesetzgebungs deputation zu einem positiven Resultat etwa auf der Basis des nationelliberalen Antrages rühren wer den, wird es von Interesse jein, sich üocr die Zu sammensetzung der Ersten Kammern in den einzel nen deutschen Gliedstaaten mit Zweikammersystem zu unterrichten. Die Zusammensetzung dieser Kam mern war und ist wesentlich bedingt durch den beson deren Charakter, den man ihnen bei der Errichtung der Verfassungen zuwies. Einen besonders feudalistischen Zug trägt die Zu sammensetzung des preußischen Herren hauses. Rach der Versassungsurkunde von 1848 sollten die Mitglieder des Herrenhauses durch die Provinzial-, Bezirks- und Kreisoertretungen ge wählt werden. Nach Artikel 65 der Verfassungs urkunde vom Januar 1850 und nach der königlichen Verordnung vom Oktober 1854 besteht indessen das Herrenhaus aus den Prinzen des Königlichen Hauses, sobald diese nach erlangter Großjährigkeit vom König in das Herrenhaus berufen werden; aus Mitgliedern mit erblicher Berechtigung, und zwar 1. aus dem Haupte des fürstlichen Hauses Hohen- zollern, 2. den Häuptern der vormals reichsständi- schen Häuser in den königlichen preußischen Landen, 3. aus den Fürsten, Grafen und Herren, 4. aus Mit gliedern, die durch besondere königliche Verordnung «itz und Stimme in der Kammer erlangen; ferner aus auf Lebenszeit berufenen Mitgliedern, und zwar 1. aus den Inhabern der 4 großen Landes ämter in Preußen, also des Obcrburggrasen-, Ober- marschall-, Landeshofmeister- und Kanzleramtes, 2. aus Mitgliedern, die aus besonderem allerhöchstem Vertrauen berufen werden: endlich aus infolge von Präsentation berufenen Mitgliedern. Das Präsen tationsrecht besitzen die Domstifter zu Brandenburg, Merseburg und Naumburg, die Grafen- und Ge- schlechteroerbände sowie die des alten und befestig ten Grundbesitzes, die Landesunioersitäten und die vom Könige mit dem Präsentationsrechte ausgestat teten Städte. Einen ähnlich konservativen Zug trägt bekannt lich auch die Zusammensetzung der Ersten Stände kammer in Sachsen. Diese setzt sich nach 8 63 der Verfassung zusammen: aus Len volljährigen Prinzen des Kgl. Hauses, aus den Bürgermeistern von 8 säch sischen Städten, aus dem Vertreter der Universität Leipzig, aus dem evangelischen Oberhosprediger und dem Superintendenten rn Leipzig, sowie den 3 Ver tretern der Hochstifte Bautzen, Meißen und Wurzen. Zu diesen Mitgliedern, die kraft ihrer Geburt oder kraft ihres Amtes der Ersten Ständekammer angc- hören, treten kraft ihres Besitzes die Besitzer der Herrschaft Wildenfels, der 5 schonburgschen Rezeß Herrschaften, der Standesherrschaften Königsbrück und Reibersdorf, der 5 schönburgischen Lehnherr schaften, zusammen durch 5 Mitglieder, ferner 12 auf Lebenszeit gewählte Abgeordnete der Besitzer von Rittergütern und andere Besitzer von ländlichen Gütern, dazu 10 vom König nach freier Wahl auf Lebenszeit ernannte Rittergutsbesitzer, insgesamt also 27 Rittergutsbesitzer uiid dcrgl. als berufene Vertreter des sächsischen Grundbesitzes. Hierzu kom men noch 5 von dem König nach freier Wahl zu er nennende Mitglieder, die also kraft königlichen Ver trauens Mitglieder ter Ersten Ständekammer sind. Die Kammer der Reichsräte in Bayern ist nach der Verfassung vom Jahre 1818 bzw. dem Gesetze vom Jahre 1828 zusammengesetzt aus den volliahrigen Prinzen des Königlichen Hauses, den Kronbeamten Les Reiches, den beiden Erzbischöfen, den Häuptern der ehemals reichsständijchen fürstlichen und gräflichen Familien als erblichen Reichsräten, einem vom König ernannten Bischof und dem jedes maligen Präsidenten des Oberkonsiftoriums, und aus denjenigen Personen, die der König entweder wegen ausgezeichneter dem Staate geleisteter Dienste oder rvegen ihrer Geburt oder wegen ihres Vermögens zu Mitgliedern der Kammer entweder erblich oder lebenslänglich besonders ernennt. Als erbliche Reichsräte können nur adlige Grundbesitzer mit fideilommisiarischem Grundvermögen ernannt wer den. Die Zahl der lebenslänglichen Mitglieder darf den dritten Teil der erblichen nicht übersteigen. Interessant ist nach der Reform vom Juli 1906 die Zusammensetzung der württembergischen Ersten Kammer. Sie bestecht jetzt aus den Prinzen des Königlichen Hauses, aus den Häuptern der sürstlkichen und gräflichen Familien, auf deren Besitzungen vormals ein« Reichs- oder Kreistags stimme geruht hat, sowie aus den Häuptern der gräflichen Familien von Rechbera und Neipperg, aus höchstens 6 von dem König auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern, aus 8 Mitgliedern des ritteri'chaftlichen Adels, aus dem Präsidenten des evangelischen Kon sistoriums und dem Präsidenten der evangelischen Landessynode und 2 evangelischen Generalsuperin- tendenten, ferner einem Vertreter des bischöflichen Ordinariats und einem von den Dekanen aus ihrer Mitte gewählten Mitglieds aus je einem vom Senat gewählten Vertreter der Landesunioersität in Tübingen und der Technischen Hochschule in Stutt gart und 2 Vertretern des Handels und der Indu strie, 2 Vertretern der Landwirtschaft und einem Vertreter des Handwerks, deren Ernennung auf Vor schlag erfolgt. In Baden besteht die Erste Kammer nach dem Gesetz vom August 1904 aus den Prinzen des großherzoglichen Haukes, aus den Häuptern der stan desherrlichen Familien, dem katholischen Landes bischof und dem Prälaten der evangelischen Landes kirche, aus 8 Abgeordneten des grundherrlichen Adels, welche von den adligen Eigentümern vormals reichs unmittelbarer Güter gewählt werden, aus j« einem Abgeordneten der 3 Hochschulen, aus 6 Abgeordneten der Berufskörperjchaften, und zwar drei der Han delskammern, zwei von der Landwirt schaftskammer und einer von den Hand werkskammern, aus 2 Oberbürgermeistern der der Städteordnung unterstehenden Städte, dem Ober bürgermeister einer sonstigen Stadt mit mehr als 3000 Einwohnern und aus einem Mitglied eines der Kreisausschüsft. Die Oberbürgermeister werden ge wählt. Ferner ernennt der Erotzherzog zwei höhere richterliche Beamte und einige weitere Mitglieder, jedoch nicht mehr als sechs ohne Rücksicht auf Stand und Geburt. Die hessische Erste Kammer setzt sich nach dem Gesetz vom 12. November 1872 zusammen aus den Punzen des großherzoglichen Hauses, aus den Häup lern der standcsherrlichen Familien, aus den Senioren der Familien der Freiherren von Riedesel, aus dem katholischen Landcsbiscyof oder Lessen Stellvertreter, aus einem vom Großherzog auf Leoensdauer mit der Prälatenwürde ernannten protestantischen Geist lichen oder dessen Stellvertreter, aus einem Kanzler der Landesunioersität, aus zwei wählbaren Mit gliedern des Adels mit Grundeigentum von bestimm ter Größe, endlich aus denjenigen ausgezeichneten Staatsbürgern, die der Gronherzoa auf Lebenszeit beruft, deren Zahl aber nicht mehr als zwölf be tragen darf. Die Senate in Len freien H a n s a st ä d t e n, die der Institution der Ersten Kammern entsprechen, haben keine berufenen, sondern nur gewählt« Mit glieder. In Hamburg besteht der Senat aus 18 Mitgliedern, von denen 9 Rechts- und Kommunal wissenschaft studiert haben und aus 9 sonstigen Mit gliedern, von denen mindestens 7 dem Kaufmanns stande angehören müssen. Die Wahl der Senats Mitglieder geschieht durch die Bürgerschaft. In Bremen setzt sich der Senat zusammen ebenfalls aus 18 Mitgliedern, deren 10 Rcchtsgelehrte und 5 Kaufleute sein müssen, die übrigen drei dürfen nicht Rechtsgelehrte sein. Di« Wahl geschieht durch die Bürgerschaft und auf Lebensdauer. In Lübeck be steht der Senat aus 14 Mitgliedern, von denen acht dem Gelehrtenstande angehören müssen. Wenig stens sechs davon müssen Juristen sein, die übrigen 6 Mitglieder dürfen nicht dem Gelehrtenstandc an gehören, und es müssen sich darunter wenigstens 5 Kaufleute befinden. Sicht man oon der Zusammensetzung der Senate der Hansastädtc ab, so ergibt sich, die meisten Ersten Kammern, vor allem das preußische Herren haus, die bayrische Reichsratskammer und die sächsische
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