Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.01.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140126029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914012602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914012602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-26
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
flbenö -Musgabe wr >«p«a an» vor»«, »ar» m,s«r» rrSoer V«AuAvprk»j k. unü Sp«oUr»r« »mattägltch in, hau» ,»dra»tr m»»ot«<h ,45 M., vi,r»«lia«>rUch ,.75 M. 0,» S«r »«lchaft-ftrll«. uns««» ItUatr» und Nu»sad«st»U«n adg«h»U: monatlick 1M.. ot«ririiührUch 3 M. du»» »t« p»st: in»«hald vrutschlaa»» und 5« »rutsch«, llolaulru »»»atUch M., »»«rtryührUch 4.5» M., au-schUrßllch postdrstrllgrl». da» r»tpzig«rag»dlatt «scheint wrrktag» rmal. Sona. u.Z«t«riag» »mal. 2u Lripzi-, 5»n Nachbarort«» an» brn Ort«» mit riarnrn Zl'lalra «tr» »i« slbrnüauagad« noch am ftbruü »«» «rschrt»«»» in« Hau» zrllrsrrt. drrttn« «rbaktloa: 3» ür» Z«U«u »7, Zrrasprrch-Hnschlutz: Moablt Nr. 4»7. /lrntsdlLtt des Rules und despoliseurrrrtes der Stadt Lerpzrs Nrbaktlon unb O«schSft»N»U«: Fohaonisgaff« Nr.«. » Zrrnsprrch-Haschlog Nr. »4544, »4543 ou» »4544. ISS. Jahrgang ko« 3us«rat, au» »«»vzig un» Um,»dun, »>« ,spalt«,»p«ttt,«tt,25p,..5,»N«Nam«,«tt»,M., ooa au»»ürt» x p»., N«kiam«» i.rs m. Zamttlrn. o.rirla, hn,r«,»n »i« prNtzril« aurr»pf.,3us«rat« »»» Srdirörn im amtlich«» r«tl bl« prtltztll« 5» Pf. ch«schaft»aa,rt,r» mlt plahoorschrtt« 'm prrts« rrdSdt. Nadatt na» Tarif. S«lla,«,»dahr: O«samtausl.5M.ba» kausrnü au.schl. pollgrdilhr. flazrl,r»-htu>adm«. lohannlsgass«», d«t sämtlichen «l>ol«n ük» t«>pz>,rr kagrdlattr» u»d all«» hnn»»c«n-<rp«b>tl»ur» b«» 3». unb »luolanb««. ch«schbft»st«U» für d«rl>» u. bl« pr. Scan «ndur,: dtrekUonWalterZll«,«l, derlt» w. I». Mar,ar«tl)«nstro-r 5. Z«r»spr«ch-hnschtuA: kU«o« 5471 Nr. 46. Mama,, ücn Ls. Isnusc. 1Sl4. Vas Wichtigste. * Die Osnabrücker Polizei verbot einen Vortrag des Professors Eohaus, der ein Angehöri ger des Jesuitenordens ist. * Ismael Kemal wird sich nach Berlin begeben, um dort mit dem Prinzen zu Wied zu sammenzutreffen. (S. Ausl.) * Dem „Jeune Turc" zufolge hat der Exsultan Abdul Hamid den Wunsch, für die türkische Flotte eine Million Pfund in vier Raten zu spenden. Kaisers Geburtstag. b. Der Geburtstag des Kaisers fällt in eine seltsam verworrene Zeit. Das „Jubel- und Opferjahr", in dem Regierung und Reichstag sich so verheißungsvoll zu der nationalen Tat einer gewaltigen Heeresreform die Hände reichten, endete mit dem noch nicht völlig ver hallten Zaberner Mißklange. Kaum minder schrill als dieser tönt der Lärmruf des preußi schen Partikularismus, der für die Tagung des Preußenbundes charakteristisch war, durch die deutschen Lande. Die Gespenster der drohenden Demokratisierung Preußens, der Umwandlung der Armee in ein Parlamentsheer und der Ge fährdung des Besitzes müssen zur Entfesselung der verstiegensten Sonderbündelei dienen, die Preußen seit der Gründung des Reiches jemals erlebt hat. Die unheilvolle Wirkung eines solchen Rückfalls in partikularistische Gedanken gänge schroffster Art war nur zu deutlich an dem Widerhall erkennbar, den er in Bayern bei der Regierung, Parlament, Presse und Volk ge weckt hat. Wie eine Ironie der Geschichte aber mutet es an, daß gegen die maßlose Heber- spannung des preußischen Bewußtseins ein Zentrumsabgeordneter vor versammeltem Reichs tage zum Herold des Reichsgedankens werden und die Losung ausgeben kann: „Nicht Preußen, nicht Süddeutschland, — das ganze Deutschland soll es sein!" Dieser Losung zu folgen, mahnt gerade Kaisers Geburtstag als ein ausgesprochen deutsch-nationales Fest. So ist er auch in Preußen seit länger als vier Jahrzehnten immer verstanden und gefeiert worden. Auch in Preußen spricht an diesem Tage kein Mensch mehr von Königsgeburtstag: der Kaisergeburtstag ist es, i der auch dem preußischen Volke in Mund und I Herzen lebt, nicht aus Respekt vor der äußerlich richtigen Titulatur, sondern deshalb, weil an diesem Tage auch die Preußen mehr oder weniger klar sich bewußt sind, daß der Deutsche Kaiser unseres Volkes jahrhundertelange Sehnsucht nach nationaler Einigung verkörpert. Wird die Bedeutung unserer endlich errungenen Einheit durch grundlose Uebertreivungen des preußischen Bewußtseins verdunkelt, dann ist es eine vater ländische Wicht, am nationalen Festtage die alles beherrschende Wichtigkeit des in blutigen Kriegen aufgerichteten Nationalstaates den Ge mütern einzuschärfen und vor einer Wieder belebung desselben Partikularismus zu warnen, der Jahrhunderte hindurch die deutsche Macht gelähmt hat. Beides aber kann nicht eindrucks voller geschehen als dadurch, daß wir aus Fürst Bülows „Deutscher Politik", die wir schon mehr fach zustimmend oder kritisch besprochen haben, die folgenden, an verschiedenen Stellen seines Buches stehenden Ausführungen wiedergeben: Es ist wohl der stärkste Beweis für das wundervolle Zusammenwirken der abgeklärten Weisheit unseres alten Kaisers mit dem Genie des Fürsten Bismarck, daß sie die Einigung Deutschlands durchgesetzt haben, nicht nur gegen alle Schwierigkeiten, die ihr die innerdeutschen Verhältnisse, uralte Rivalitäten und Rankünen, alle Sünden unserer Vergangenheit und alle Eigenschaften unseres politischen Charakters entgegentürmten, sondern auch gegen den offenen oder versteckten Widerstand und gegen die Unlust von ganz Europa. . . Politischer Sinn ist Sinn für das Allgemeine. Eben darin gebricht es den Deutschen. Politisch be gabte Völker setzen, bald bewußt, bald mehr instinktiv, im rechten Augenblick auch ohne den Druck einer besonderen Notlage, die allgemeinen nationalen Interessen den besonderen Be strebungen und Wünschen voran. Im deutschen Charakter liegt es, die Tatkraft vorwiegend im Besonderen zu üben, das allgemeine Inter esse dem einzelnen, dem engeren, unmittelbarer fühlbaren nachzusiellen, ja unterzuordnen. Das hat Goethe im Auge mit seinem oft zitierten grau samen Ausspruch, daß der Deutsche im Einzelnen tüchtig im Ganzen miserabel sei... Die Reichs gründung hat die staatliche Zerrissenheit Deutsch lands überwunden, unser nationales staatliches Leben grundstürzend verwandelt, sie hat aver nicht zugleich den Charakter des deutschen Volkes ändern, unsere angeerbten politischen Schwächen in politische Tugenden umwandsln können. Der Deutsche blieb Partikularist auch nach 1871. Er ist es wohl anders, moderner, aber er ist es noch . . . Wir Deutschen haben ein Jahrtausend gebraucht, zu schaffen, zu zer stören und neu zu schaffen, was anderen Völ kern schon seit Jahrhunderten festes Fundament ihrer Entwickelung ist: ein nationales Staatsleben. Wollen wir weiter kommen auf den Wegen, die uns die Reichsgründung neu erschlaffen hat, so müssen wir auf die Niederhaltung solcher Kräfte bringen, die aufs neue eine Gefahr für die Einheit unseres nationalen Lebens werden können. Es darf sich nicht wieder wie vor alters die beste deutsche Kraft verbrauchen im Kampf der Reichs leitung gegen partikulare Mächte und rm Kamps der partikularen Mächte untereinander ohne Rücksicht auf die Interessen des Reichs." Mögen diese Mahnungen aus berufenstem Munde an einem Tage, wo die politische Bühne frei ist vom wirbelnden Staub der Tages kämpfe, ein so williges Gehör finden, wie es zum Segen von Kaiser, Reich und Volk not wendig ist. Up ewig uage-eelt. Von Professor Tonrad Metger. Gegen die gewaltigen Kämpfe in Böhmen und Frankreich tritt der Krieg mit Däne mark, der zur Wiedergewinnung Schleswig- Holsteins führte, in den Hintergrund. Und doch sind es diese verhältnismäßig kleinen Anfänge von 1864, aus oenen sich die großen Ereignisse der folgenden Zeit mit einer Art Notwendig keit entwickelten, und deren historische Grund lage sie bilden. Zudem gaben gerade diese ersten Kämpfe mit Dänemark dem Fürsten Bis marck Gelegenheit, seine diplomatische Meister schaft zu zeigen. Die Erhebung der Herzogtümer in den Jah ren 1848—50 batte ein rühmloses Ende ge sunden, da Preußen allein stand und gezwungen war, sich zurückzuziehen. Als dann zwei Jahre später auf der Londoner Konferenzdcr Großmächte die Thronfolge geregelt wurde, konnten Preußen und Oesterreich für die Her zogtümer nur so viel erreichen, daß Dänemark sich verpflichten mußte, Schleswig nicht einzu verleiben. Es hatte wohl von Anfang an nicht die Absicht, den Vertrag zu halten, wenigstens tat es in der Folgezeit alles, nm Schleswig zu dänisicren; Versuche, die allerdings an dem zähen Widerstande der Bevölkerung scheiterten. Zum offenen Vertragsbruch kam es aber erst im Jahre 1863, als die Gesamtverfassung des Staates aufgehoben und für Dänemark und Schleswig gemeinsam ein neues Grundgesetz ein geführt wurde. Gestützt auf den Londoner Ver trag, legten die deutschen Großmächte dagegen Protest ein, forderten die Aufhebung des Ge setzes und rückten, als sic verweigert wurde, in die Herzogtümer ein. Der erste Kamps ent spann sich im Anfang Februar 1864 um das Danewerk an der Schlei, eine sehr starke Stellung, die von den Dünen für uneinnehm bar gehalten wurde. Nach dem P lanc M olt - kes sollte der Feind nicht direkt angegriffen, sondern durch Uebcrschreiten der Schlei bei Ar nis und Kappeln umgangen und dadurch von seiner Rückzugslinie auf Flensburg und Düppel abgeschnitten werden. Der Plan wurde leider nicht befolgt, sondern es wurde bei dem stark befestigten Missundc der Ucbergang versucht, aber abgeschlagen; außerdem wurden die Dänen im Zentrum angegriffen und zurückgedrängt. Ihr kluger Führer de Meza erkannte rechtzeitig die ihm drohende Gefahr; er räumte das Dane werk, und als die Oesterreicher ihm nachsctzten, opferte er ihnen bei Oeversee die Nachhut, rettete aber die Armee nach Düppel. Zum Dank da für wurde er in Kopenhagen des Verrats be schuldigt und abberufen. Die Ztriegsoperationen zogen sich nun in die Länge. Im März rückten die Verbündeten in Jütland ein und zwangen die Dänen, sich hinter dem Limfjord zurückzu ziehen. Auch die Belagerung Düppels wurde erst dann ernsthaft betrieben, als nm Mitte Mürz die schweren Geschütze eintrafen, die sehr bald einen Teil der Schanzen zerstörten. Den noch wartete man bis zum 18. April mit dem Angriff. Aber nun zeigte sich der Erfolg der sorgfältigen Vorbereitungen darin, daß es dem Ansturm der Preußen schon nach zwei Stunden gelang, dem Feinde die sämtlichen Schanzen zu entreißen. Dänemark hatte bei Beginn des Krieges auf die Unterstützung der Großmächte ge rechnet, die ihm früher so gute Dienste geleistet hatten. Dank der Tätigkeit Bismarcks lagen die Dinge jedoch anders als im letzten Kriege. Oesterreich war auf unserer Seite, und Rußland war Preußen zu Danke verpflichtet, da es ihm beim Polenaufstandc durch Besetzung der Grenze wirksame Hilfe geleistet hatte, im Gegensatz zu Frankreich und England, die aus ihrer Shnchathic für Polen kein Hehl machten Dänenfreundlich gesinnt blieb im Grunde nur England, das die Besorgnis hegte, cs möchte der Kieler Hafen in Preußens Hände fallen. Aber England beschränkte sich auf diplomatische Kunst un- Wissenschaft. Märchenausführung im Zentraltheater. Die Zauberwei en der Wundersiedel, die den kleinen Märchenlesern in Grimms Juden im Dorn ein silber helles Lachen entlocken, tönten gestern im Festsaale des Zcntraltheaters; der die Saiten strich, war Caspar, des Bauern Knecht, und der ihm die Fiedel schenkte, war Cuperus, der Kupserberge Geist und Hüter. Als Bettler heischte er vom Caspar eine Gabe und er hielt dessen ganzen Besitz, drei Kupferkreuzer. Sie waren des Knechtes Lohn für lange und treue Dienste gewesen. Und weil der Caspar so gut war und die auch noch hinaab, erhielt er die Fiedel, nach der jeder tanzen muß, ob er will oder nicht. Der Jude mug es zuerst, weil er ein Betrüger ist, und die Räuber nehmen dem vom Tanz fast ohnmächtigen Gauner das Geld ab. Caspar aber kommt zu hohen Ehren, wird Hofmusikus. Nun spielt er der Prin zessin ein Ständchen. Aber o weh. an die Zauber geige ist eine Bedingung geknüpft: Sie darf nie zu einem Unrecht klingen. Daheim lauert auf den Caspar die Grete, um die Prinzessin vergaß er sie. Jetzt soll er an den Galgen, denn der Jude berichtigt ihn des Raubes. Noch einmal wirkt die Zaubergeige, dann erlischt ihre Kraft und die Grete hat ihren Caspar wieder. Die Darsteller — Kinder und Damen und Herren der Gemeinde zu St. Matthäi, zum Besten deren kirchlicher Jugendpflege die Ausführung des von F von Pocci geschriebenen Märchenspiels „Die Zaubergeige" stattiand — verstanden durch flottes Spiel und Betonung des Kindlichen die Herzen der zahlreich erschienenen kleinen und großen Hörer zu gewinnen. Auch die Balletteinlage, von ächt kleinen Mägdlein getanzt, wirkte sehr gut, wenn auch der Begleiter am Klavier noch etwas zurück haltender hatte sein müßen. So wurden einige Tanzfi uren etwas verwischt, weil den Kleinen die Zeit fehlte, in Harmonie mit dem Spiel zu bleiben. Sonst war der Klavierpart in der Ouvertüre und als Begleitung der Lieder in den besten Händen. Die szenarsiche Einrichtung trug zum guten Gelingen bei Ein schlichter Ra.,menprojpekt gab den silhouet tenartigen, andeutend wirkenden Kulissen eine stim mungsvolle Einfassung 8g. * Das geplante Kolonialkriegerdenkmal für Leipzig. Don den eingelieferten Konkurrenz-Ent würfen für das vom hiesigen König!. Sächs. Militär verein China- und Afrikakriegcr geplante Kolo- nialkriegerdcnkmal für Leipzig wählte der Arbeitsausschuß in seiner gestrigen Sitzung den Entwurf des Leipziger Bildhauers Georg Muth zur Ausführung. * lieber „Vorbildung und Ausgabe der Journa listen" wird Mittwoch, den 28. Januar, Herr Re dakteur Dr. Arno Günther in der volkswirt schaftlichen Abteilung des allgemeinen Studenten ausschusses der Universität Leipzig sprechen. * Die Zukunst des Münchener Künstlertheaters I Offiziell wird folgendes mitgeteilt: „Infolge durch greifender Aenderungen, die durch bauliche und feuerpolizeiliche Vorschriften bedingt werden, und die im heurigen Frühjahr zur Durchführung gelangen sollen, werden im Münchner Künstler theater in dieser Saison keine Vor stellungen stattfinden. Es hat sich aus diesem Grunde der Verein A u s st e l l u n g s p a r k ver anlaßt gesehen, den Pächter des Hauses von seiner Spielverpflichtung zu ent binde n." Der Pächter des Künstlertheatcrs war der Dreimaskenverlag-München, der zu gleich auch Pächter des Nollendorfthcatcrs in Berlin ist. Es war bereits seit längerer Zeit kein Geheimnis mehr, daß die Theatergeschäste des Verlages unrentabel sind, und daß insbesondere der Abschluß der vorigen Künstlertheatersaison sehr ent mutigend war. Nun scheint der Verlag nicht mehr imstande zu sein, den künstlerischen und finanziellen Anforderungen zu genügen, die man an ihn ajs den Verwalter des Künstlertheaters zu stellen berechtigt war. Es ist wenigstens nicht anzunehmen, daß die Verwaltung des Theaters bei gutem Geschäftsgänge von ebenso unwiderstehlicher Baulust ergriffen wor den wäre. Allem Anschein nach ist damit das Schick sal des Theaters zunächst besiegelt, und München um dieses anregendste und vom theaterfachlichen Stand punkte aus bedeutendste Schauspielhaus ärmer. Es gibt Theaterpolitiker, die diese Entwicklung schon lange voraussagten und zwar mit der Begründung, daß ein Verlag, der vor allem seine Autoren zu pro pagieren habe, niemals imstande sein könne, ein Theater unparteiisch uno künstlerisch sim höchsten Sinne) zu leiten. Soviel diese Meinung auch für sich hat, so scheint sic mir doch den Kernpunkt des Künstlertheaterprovlems nicht ersaßt zu haben. Dieser Kernpunkt ist: München (die berühmte Kunststadt) ist in Theaterdingen völlig gleichgültig swcnn cs sich nicht gerade um Opernfestspiele handelt, die aus allerlei Gründen nicht zum Kapitel „Theater" ge hören). Die mißliche Finanzlage der Kammcrspicle, die gähnende Leere der Königlichen Theater bei in teressanten Neueinstudierungen, die erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber anregenden Gastspielen lwie das der „Düsseldorfer" im vorigen Sommer), die künstlerisäze Abwärtsbewegung des geschäfts tüchtigen Schauspielhauses beweisen meine Behaup tung aufs deutlichste. München ist Fremdenstadt und die hiesige Preße vertritt mit Energie eigentlich nur die Interessen des Fremdenverkehrs. Theater aber gehört erst in dritter Linie zum Fremdenverkehr lzuerst kommt das Hosbräuhaus, dann die Opern festspiele). Es genügt, wenn cs im allgemeinen heißt: das Theater ist gut ldenn der Fremde geht im allgemeinen nicht ins Theater). Man verbreitet sich demgemäß mit wohlwollender Lauheit über die ein zelnen Aufführungen, und es fehlt die energische Wechselwirkung zwischen Presse und Bühne, es fehlt vor allem aber die zielbewußte Erziehung des Publikums, die Propaganda für das Hervorragende. Im Publikum herscht daher zuweilen eine erstaun liche Unkenntnis des Münchner Theaterwejens, und es ist die Behauptung nicht von der Hand zu weisen, daß es unmöglich ist, in München ein künstlerisch einwandfreies Theater zu erhalten. „München als Fremdenstadt" heißt der Begriff, der die wahrhaft künstlerischen Interessen mehr aufzehrt als fördert, heißt auch die Ueberschrift zu dem traurigen Kapitel: „Die Zukunft des Münchner Künstlertheaters." Ich vermute, daß man die vorliegenden Ereignisse auf die allgemein mißliche Lage des Theaterwejens schieben wird. Man täusche sich nicht: eine „Kunststadt" von 060 000 Einwohnern müßte imstande sein, ein „Künstler"theater zu erhalten! Walter von Hollander. * Aus der Theaterchronik. Die Erstaufführung des dreiakrigen Schauspiels „Oberst Felt" von Kistemaker, eines starkknochigen Theaterstückes, fand, wie gemeldet wird, im Altonaer Stadt- theater mit Taeger in der Titelrolle einen äußeren Erfolg. — Henry F. Urbans Lu st spiel „Der Nußknacke r" fand gestern bei seiner Uraufführung im Breslauer Lobe-Theater trotz einiger Längen freundlichen Beifall. * Frieda Langendorsf wurde ab 1. Februar 1914 als 1. Altistin an die Dresdner K ö n i g l. Hofoper verpflichtet. * Sepp Rosegger als Opernkomponist. Im Grazer Opernhaus fand die Uraufführung der komischen Oper „Litumle i" von Sepp Rosegger, dem Sohne des Dichters Rosegger, statt. Sie hatte starken Er folg- * Paul Ltnsemann, der Regisseur am Wies badener Hoftheater, hat, wie man uns drahtet, gegen den König von Preußen eine Klage wegen un genügender Beschäftigung angestrengt. * Leoncauallo arbeitet gegenwärtig, wie aus Neapel berichtet wird, an einer neuen Oper, deren Schauplatz Neapel sein wird. Der Titel des Werkes wird „Ave Maria" lauten, und es wird auch in Neapel seine erste Aufführung erleben. * Die Max-Meffner-Stiftnng in Berlin hat jetzt die königliche Genehmigung erhalten. Nach den Be stimmungen des Erblassers, der in Berlin als Schrift steller lebte, wird das vom Verein Berliner Presse bestellte Kuratorium einen Ausschuß wählen, der zunächst einen Wettbewerb für ein Drama ausschrcibt. * Max Unger, der Schöpfer des Frithjofdenkmals für Norwegen, vollendet heute sein 6 0. Lebens jahr. Der Künstler ist geboren in Berlin. An der Berliner Akademie war Albert Wolfs, der Remch- Schüler, sein Lehrer. Aus einer mehrjährigen Rom- reife entstand das Werk, das Ungers Namen zuerst bekanntmachbe, die Fischergruppe nach dem Eoetheschen Gedicht. Seine letzten großen Arbeiten waren das Denkmal für die Gefallenen von Jena und Auerstädt, eine Amazone zu Pferde, und die Frithjof-Kolossalstatuc in Bang- näs am Sognefjord. * Bon der Universität Jena. Zum Prorektor der Un i v e r s i t ä t I e n a für das Jahr vom 1. April 1914 an wurde in der heutigen Sitzung des aka demischen Senats der ordentliche Professor der deut schen Philogoie und Literatur, Geh. Hofrat Dr. phil. Victor Michels, gewählt. — Die philosophische Fakultät Hal den berühmten Nationalökonomen Ge heimrat Dr. Conrad in Halle aus Anlaß seines 30jährigen Doktorjubcläums am 23. d. M. das in Jena erworbene Diplom erneut, und den Oberbidlio- thekar Geh. Hofrat Paul v. Bojanowski tn Weimar an seinem heutigen 80. Geburtstag zum Ehrendoktor ernannt. * Flöten gehen. Dabei denke sich einer etwas! Und doch widerstrebt es dem denkenden Menschen, ein Wort in den Mund zu nehmen, das für ihn leer und taub, ohne Inhalt und Vorstellung ist. — Flöten gehen! Als armer Musikant von Ort zu Ort ziehen und schließlich verloren gehen, verschollen sein, — dieses „Verjüngen und Vertan" gäbe ja einen Sinn, aber es wäre doch eine gesuchte und zurechtgemachte Erklärung, die nicht tief genug geht. Und so ist es auch mit Grimms Deutung, der sich einen leib haftigen Flötenspieler vorstellt und „Das Verloren sein" in den verhallenden, verklingenden und sich ver lierenden weichen Flötentönen erkennen will. Wei gand erklärt das Wort „flöten" durch eine Um bildung von pleto, pleite lhebr.) gleich Flucht. Andresen denkt an das heimliche „Rücken", also an das unerlaubte Fortziehen aus der Wohnung, und fußt dabei auf dem englischen ilit sdänisch flytte. gleich ausziehen). Und das führt auf die richtige Fährte, auf das niederdeutsche fleiten gleich fließen, das im Sauerländischcn flöten lautet. Die Fleetsin Ha in b u r g, diese bekannten Kanäle im Dienste der «chifsahrt, zeigen denselben Stamm und sind wohl die direkte Ursache zu unserer Wort bildung. In den Zeiten, wo in diesen fließenden Wässern die Hamburger Frauen und Dienstmädchen noch ihre Wäsche spülten, entstand dort die Redens art: „In de Fleets gähn." Damit meinte man. daß irgend eine Sache verloren gegangen jei. Bei der lebhaften Unterhaltung während des Spülens mag eben so manches Stück Wäsche fortgcschwommen sein, ein Vorgang, den ja schon Schiller in seiner Glocke mit den Worten oeschreibt: „Wenn gute Reden sie begleiten, Dann fließt die Arbeit munter fort." Dort nun, wo man die Fleets nicht hatte und auch nicht kannte, machte man ans Fleets, um wenigsten« ein bekanntes Wort wenn auch keinen Sinn, ein zusetzcn: Flöten. Volksetymologie! Karl Hildebrand.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite