Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 18.01.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193101187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310118
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310118
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-01
- Tag 1931-01-18
-
Monat
1931-01
-
Jahr
1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 18.01.1931
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Das Urteil gegen vr. Bunner In der Bahnhossmission Zur Aollek»«« Mr -en Mitdchinsrhutz am 18. Januar Am Sonntag, den 18 Januar, ist in den Psarrkirchcn unserer Diözese eine Kollekte für den Mäda; enschutz. Das gelb-weiße Zeichen des katholischen Mädchenschubes ist uns auch in Sachsen durch die katholische Bahnhossmission, deren Plakate mir in den Eisenbahnivagen und aus den Bahn- Hosen sinden, wohl bekannt. Die Helferinnen der katholisci)en Bahnhossmission, die mit der gell, meisten Armbinde aus dem Bahnstein stehen oder im Bahnhosszimmer raten und Helsen, sind Gelegenheitsarbeiter des lieben Herrgotts. Manch verächtlici)er, manch spöttischer, manch neugieriger Blick sollt daraus, und ein Kitzchen Bekenner- mut gehört schon dazu, diese Armbinde zu tragen. Dies gclb-meihe Zeichen aus sarbenleuchtenüen Plakaten und auf der Arnrbmde will einem jeden, der Rat und Hiise braucht, der ortsfremd und allein steht, ein Stück Liebe und Treue und Heimat bringen. Dabei weisi man In dieser Mädchen schutzarbeit am Bahnhof so ost nicht, was man tut und erreicht. Nur hier und dort scheint ein Erfolg sichtbar. So stand ein junges Mädchen allein im Warlesaal und lehnte an der Wand. Bei dem Rundgang durch den Warlesaal wurde die Bahnhoss mission auf sie aufmerksam. Sie war ossenbar fremd und un bekannt. Sie wartete aus den Bräutigam, der gerade eben sort- gcgangen lei und sich waschen walle. Malier sie komme? „Aus X". „Wohin sie möchte? Da kommt schon der Bräutigam mit zwei freunden. Die drei machen keinen vertrauenerweckenden Eindruck Die Eaci>e wird ernst. Das Mädchen l>at keine Papier« und keine Mittel. Dio Polizei stellt in Verbindung mit den Ermittlungen der Bahnhossmission sest, datz der Bräutigam das Mädchen aus -em Etternl;aus entführt hat. Die besorgten Ellern nehmen ihr Kind auf die Vermittlung der Bahnhofs- Mission hin zurück in Ihre Hut. Der Wanderstrom wäre ihr Verhängnis geworden. — In der Bahnhossmission kommen und gehen so viele. Schwierig ist es, für jeden das rechte Wort zu sinden, seine Not und den Weg zur Hilfe klar zu erkennen. Bei manchen kann es nur ein herzliches Wort, ein freundlicher Blick sein. Wenn anch die Bahnhossmission in erster Linie Mädchen, Frauen und Kindern ihre Sorge widmet, so kommen zu ihr l)eute nicht selten auch ganze Familien, und nicht wenige Männer. Die Männer nehmen überall dort, wo kein Bahnhofsdienst mit der besonderen Sorge für männlich« Hilfsbedürftige beaustragt ist, sogar manchmal den grötzten Teil der Hilfsbedürftigen ein. So viele ziehen ja die Wanüerstraste: Junge und alte Wanderer; unverdorbene frische Mensäfen und verfallene, verlebte (gestal ten kommen zur Bahnhossmission. Hier sagt der Achtzehnjährige, noch hell und klar mit leuchtenden Augen: „Ich suche Arbeit und ich suche Brot; ich will nicht werden wie di« andern". Dort kommt wiederum das Mädchen, müde und vergrämt, ein Kind chen unter dem Herzen. Sie findet Len Weg ins Elternlfans pich' chne Rai und Hilfe und Stütze und Vermittlung. Die Familie, die aus dem Ausland ausgewiesen ist, bittet um ein Kistchen Hilfe und Erquickung. Man hat ein Reiseziel, hasst ans die Hilfe Verwandter in der nickt ganz fernlicgende» deut- scheu Stadt, aber müde und hungrig und fröstelnd von der langen Nacktreise sind Eltern und Kinder so dankbar siir eine warme Speisung. Die Bilder aus der Bahnhossmission sind Immer wechselnd, Immer neu; sie bringen leibliche und seelische Not in grösster Mannigfaltigkeit. Die Werke leiblicher und geistiger Barm herzigkeit gehen durch ihr« Hand an so viele, di« vielleicht auf Liebe und Treue bei -en Mensel)«» und beim Herrgott zu hosten verlernt haben. Das gute Wort der Bahnhossmission. ihre Hilfe mit bestem Wollen und aiitiger Hingabe ist eine Saat, deren Frucht dem Blick« der Menschenaugen gewiß vielfach entgeht, aber niemals vergebens sein kann. Für die Diözese Meisten soll nun aus ernstesten Gründen -er Seelsorge diese Arbeit für die weibliche Jugend gestützt und gefördert werden. inst»esondere soll auch mit den katholischen Heimatgeb'eten die entsurechende Zusammenarbeit ausgenommen weiden. In Anbetracht der D'alvoranot will man von zen traler Stelle aus dies« Bemühungen sinanzlell nach besten Kräften stiiken. jedoch ruft die Anordnung dieser Kollekte seitens des hockwürdigsten Ordinariates ebenso die Katholiken Sachsens herzlich und dringend ans, die Mädchenschutzackeit im Mc'kener Land mit (Koben zu fördern, in katholischem Gemcin- schastS- und Opsergcist. De- "teicksgrllndungstag In den Schu'en. Der 60. Wieder kehr des Reich.,p ü'idungslages wird auf Anordnung des Valks- bildungsministeriums und des Wirtsckastsminisicriums in den Schulen des Landes Im Unterricht in angemessener Weise gedacht werden. Vier Lahre Gefängnis — Dresden, 17. Januar. In dem Prozeß gegen den ehemaligen Vorsitzenden des Schmimmkreises Sachsen. Dr. Bunner, über dessen Beginn wir chon gestern berichteten, gab der Angeklagte, der voll geständig st, bei seiner Vernehmung zu, Darlehen sür Schwimm verein« von der Sächsischen Wohls« hrtshilse ange- orüert und für seine Zwecke verwendet zu >>aben. Die Vereine >abcn zum Teil gar nicht bestanden. Ebenso gab er zu, sich Stempel verschafft und Unterschriften gefälscht zu haben. Als Grund seiner Verfehlungen gab Dr. Bunner an, datz er mit den Geldern seine Verbindlichkeiten gedeckt habe. Es sei ihm immer mit dem Ossenbarungseid gedroht worden. In seiner Angst und Sorge sei ihm nicht zum Äewutztsein gekom men, datz er etwas besonders Ehrenrühriges tue. Durch einen günstigen Verkauf seiner Häuser habe er gehasst, die entnommenen Gelder wieder erstatten zu können. Infolge dessen sei er auch nach der Aufgabe seiner kaufmännischen Tätigkeit beim Schwimmverband geblichen, da seine Verseh lungen sonst ans Tageslicht gekommen wären. Für Miete hat der Angeklagte 120 Mark im Monat anfgewendet. da ein Teil seiner grasten Wohnung anderweit vermietet gewesen sei. Grö ßere Reisen, auch nach dem Auslande, hätten vornehmlich geschästlichcn Zwecken gedient. Einen breiten Raum nahm in der Verhandlung die Be sprechung der einzelnen Fälle in Anspruch, und die Art, wie die Darlehensaufnahme, die in der schon gemeldeten Anklageschrist ausführlich angegeben worden sind, vor sich ging. Dr. Bunner belzauptet, Last er die Ministerialbeihilsen sür den Ausschust für Leibesübungen und die Darlehen für die Ban ken nicht sür sich verwendet hebe. Ebenso I^ibe er durch die zu hoffe Angabe der Mitglieder.',ahlen keine Vorteile gelfabt. Die Zeugenaussagen. Als erster Zeuge wurde dann der Vergolder Ewald Nen ner, der frühere stellvertretende Kreis- und stellvertretende Gauvorsitzende, der aber jetzt keine Aemter innerhalb der Schwimmbewegung Hut, vernommen. Er wurde zunächst über die Lebenssührung Bunners befragt, und musttc angeben, datz Bunner standesgemäß, aber nicht über seine Ver hältnisse gelebt habe. Auf den Kreiskonserenzen sei mit Ausnahme eines einzigen Falles die Frage der Darlehen durch die Sächsische Mahlfahrtshilsc nie zur Sprache gekommen. Der Zeuge habe von den tzrosten Darlehen erst erfahren, als Bunner seine Verschlungen eingestandcn hatte. Der Zeuge mußte auf Befragen angebcn, daß Bunner sich um die Jugendpflege und den deutschen Schwimmsport ohne Zweifel Verdienste erworben hat. Der nächste Zeuge, Lberregierungssekretär Krieger im Arkeits- und Wohlfahrts-ministerium machte Angaben über die sächsische Wohlsahrtshilse, die aus R e i ch s z u s ch ü s s e n bestand und die vom sächsischen Arbeits- und Wahlfahrtsministe rium verivaltet wird. An der Spitz« dieser Verwaltung stand von 1921 29 Ministerialrat Dr. Maier, der bis zur Höhe van 15 000 Mark selbständig kurzfristige Anleihen geben konnte. Für die Ausgabe von über dieser Summe hinausgehenden Äse trägen ivar ein Ausschust eingesetzt. Bei der Darlehensgewäh rung an Sportvereine genügte im allgemeinen di« Bürg- schast der betreffenden Spitzcnorganisation Trotzdem wurden bei manckzen Vereinen — beim Echwimmkreis 7 aber nur in zivei Fällen — die Verhältnisse nackacvrüst. Dem Zeugen ist es allerdings ausaefallen. daß.bei der Cckwiminbeweaung alles n n r über Dr. Bunner ging. Bei Prüsunocn der Ratenrück- -ahlungen -es Cchwl'nmkreiles stellte es test Last d'escr seinen Verpflichtungen im Jahre 1929 sehr schlecht benv garnicht mehr nachgekommen war. Er glaubte deswegen dem Ministerial- Genatspräsident Loren; Der Präsident des 4. Straisenais des Reichsgerichts, Lorenz, ist in der Nacht zum Freitag gestorben. Präsident Lorenz war ->r Nachfolger des Präsidenten Niedner in der Leitung des politischen Strafsenats des Reichsgerichts. Er mar Vorsitzender in einer grölen An-atzl von wichtigen politische» Prozeklen. Sein erster nrostcr Prozest mar der sogenannte Hon- nefer Kommunistenvrcnest. — In der Freitagsitzung des Senats wurde des Verstorbenen ehrend gedacht. . Ergebnislose Verkand'ungen bei Fr. Kiittner, Pirna. Wie wir erfahren, fanden am Freilagnachmiltag im sächsischen Wirt- schaflsininisterium Verhandlungen wegen der angedrohten Still Orel Lahre Ehrenrechtsverlust rat Dr. Maier etwas Vorsicht den Schwimmern gegenüber ancaten zu müssen. Ministerialrat Dr. Maier verbreitete sich ausführlich Uber die von der säck-slschen Wohlsahrlshilse angewandten Mastnah- men bei der Gewährung von Darlehen. Mil Ausnahme der Schwimnmereine, lo betonte der Zeuge, hat die Sächsisckfe Wohl- sahrtshilse die besten Erfahrungen gemacht. Es halten u. a. die Deutsche Turnerschas! 2 Millionen, das Arbeitersportkartell über 1,3 Millionen RM. Darlehen erhalten und vollständig wieder zurückgczahll. Der Zeuge betonte ausdrücklich, daß ihm niemals ein Verdacht gekommen sei. daß Bunner das Geld siir sich verwenden könnte, denn die Sächfisck)« Wohl- sahrlshilse habe ja niemals das Darlehen an Bunner persönlich zur Auszahlung gebracht, sondern die entsprechenden Beträge immer aus das Bankkonto des Schwimm Kreises 7 überwiesen. Der zu deckende Betrag, um de» die Sächfisck)« Wohlsahrts- hilsc geschädigt Ist, beträgt nach den Angaben des Zeuge» etwa 225 WN bis 23N NNN RM. Die Sächsische Wohllahrtshilie halte sich hierfür an den staat- liehen Rütteln schadlos die sonst dein Schwimmlport durch den Landcsausschust sür Leibesübungen zugeslossen wären. Der Zeuge betonte weiter, datz ihm auf Befragen eines Tages Bun. ner ausdrücklich erklärt habe, das; der Schmimmkreis sich selbst für die ausgenommenen Darlehen etwa üN Prozent höher als der D«'lehensbetrag bei den darlshcnsempsangeudcn Vereinen rückversichere. Der Zeuge mutzte allerdings auch seinem Vc- sremden darüber Ausdruck geben, daß Bunner, der ja statuten- gemäß allein vertretungsbcrechtigt war, auch allein Zeich nung s b e r e ch t i g t gewesen sei. Ter Zeuge vertrat den Standpunkt, daß der Schmimmkreis siir das schuldbare Ver halten seines Vertreters haste, da ein rechtsgültiger Vertrag sür die Rüchzahlung vorliege. Der Staatsanwalt aber bestritt die Rechts, gültigkeit dieses Vertrages. Nach seiner Meinung l)abe der Kreis höchstens «inen Anspruch gegen Dr. Bunner Nach einer Pause hielt am Nachmittag der Staatsanmall seine Anklagerede. Er beantragte. Dr. Bunner zu vier Jahren Gesängnis zu verurteilen und ihm di« bürgerlick)«n Rechte abzuerkenncn. Da-, Urteil lautet auf vier Jahre Gefängnis und drei Jahre Ehrenrechtsverlust, dreizehn Monate Untersuchungshaft werden angerechnet. Bei der Etrastzumessung ist berücksichtigt morden, daß Bun« ii«r ein Mann ist, der haltlos in diese Sache hincingeschlittert ist, ihm die Verhältnisse über den Kops gewach sen sind, der aber auch seine Steilung beim Echwimm-KrciS nicht niederlegen kannte, ohne dost sein Tun herauskam Die Erlangung der Gelder bei der Sächsischen Wohlsahrtshilie und bei den Banken ist ihm leicht gemacht morden Dies und seine bisherige Unbcstrastheit sprachen zu seinen Gunsten dagegen hat das Gericht berücksichtigt, daß er eine gute Erziehung und ge-st'ge Ausbildung genossen hat. und daß alles dies den Men. sclie» verpflichte. Durch seine Handlungen hat er, wie das Urteil ausführlich betont den Schwimm-Sport nicht nur moralisch, sondern auch vor allem wirtschaftlich fchrver geschädigt. Bunner hat das ihm entgegenacbrachte grenzenlos« Vertrauen In der schmählichsten Weis« milbraucht Von einer Zuchthausstrafe alaickte da.? Gericht absehen ni können. Bei der Höhe der Geiänanisstrase hat es die Höhe der erlangten Beträge berücksichtigen müssen. Weil er sein Amt gröblichst mißbraucht hat, wurden ihm die Ehrenrechte abgesprochen legung der Kunslseidcnspinnerei Fr. K ü 1 t n e r A G in Pirna statt Daran nahmen unter Vorsitz des Ministerialrats Dr Flo- req Vertreter der Firma und der Gewerkschaften teil. Die Ver handlungen hatten kein positives Ergebnis, sollen aber in der nächsten sort '"'ekt we^eu Uniall des Kraftomnibusses Dresden-Leipzig. Auf der Staatsstraße, die von Enaelsdors nach Leipzig iübrt, lwm am Freitag, 1129 Uhr, ein Wagen der Omnibuslinie Dresden — Leimig in dem Augenblicke, als die Straßenbahn die Staats- straße kreuzen wollte, infolge scharfen Bremsens ins Schleudern. Ein Zusammenstoß mit der Straßenbahn konnte zwar vermi«. den iverden. doch geriet der Omnibus mit den reckten Rädern in -en flachen Straßengraben, wobei einige Fenstericheiben zer- Irü'Niuert wurden. Drei Reisende erlitten leichte Schnittwun den. Die Schuldsrage ist noch nicht geklärt. Arnold Böcklin und dte neue Kunst habcnhcit kein rvravmcner für o>e lunnicrtlcke Bedeutung der Zeit war. sondern «her für das Gegenteil zeugte Er vermißte noch nicht die geistige Geschlossenheit seiner Epoche weil er vom Baier her die Ahnung und Gewöhnung kultureller Ordnung noch im Blut trug So ist Vöcklins Werk als eine nicht mehr verstanden« Klassik anzusehcn die er deshalb mit deutschen romantischen Vor stellungen willkürlich mnchle Er vermutete nichts Arges dabei, tveil seine Generation kein Organ mehr lür dos Unvereinbare in der Kunst hatte Aber tat Vöcktin damit etwas anderes als es so viele heutige Künstler tun. wenn sie ihr Motiv beispiels weise vom Erotischen ableiten? Und stehen unsere Heutigen aus einem gefestigteren Boden als Vöcktin stand? Böcklin ging unbcwnßt an die Mischung der Stile, an die Verschwommenheit des Ausdrucks, an den ganzen inneren 'Miß klang seiner Malerei. Die heutige» Künstler gebärden sich aber in jeder Weise bewußt. Außer den ivenlgen Ehrlichen, die ihre Flucht in den Formalismus aus dieser unglücklichen Situation unserer Epoche heraus zwangsläufig bewerkstelligt haben und den anderen, die ihr Heil in einem »ncrlättlichcn Realismus erblicken, verehrt die große Masse der heutiaen Kiinstlerichasl irgendeine Extravaganz als Panacee Ich sehe keinen Unter schied zwischen Böcklin und ihnen, als den der meisterhaften Koloristik, die Böcklin zu Gcbor stand und den der über schäumenden Fülle der Gesichte, die seine Arbeit beschwingt hat. Wir treten noch keineswegs — mögen noch so viele Flug- enge von Europa nach Amerika starten — wieder aus einen esten kulturellen Boden Der Mangel einer geistigen G«< chlosientzeit des Erlebens, der Böcklins Werk als Totalität uns o mittelmäßig erscheinen läßt, ist in nichts behoben Wir müssen aus dieser Erkenntnis sür uns die Nutzanwendung ziehen, daß wir nicht eine Leistung Vorwerken dürscn, die aus einem Zustand erwachsen ist. der auch heute andaucrt und gerade in der Kunst wie eine blutende Wunde brennt. Die großen male rischen Qualitäten Böcklins bleiben bestehen; sie sind nich, aus gereist weil seiner Generation noch die Distanz zur Tradition gefehlt hat Wir wünschen unseren Künst lern, daß sie diese Distanz endlich gewinnen und die eigenartige Situation, in der wir leben und arbeite» müssen, in hier vollen Konsequenz erkennen und begreife». Es gibt tatiäcklich noch eine Parallelität der Böcklinsck'en Kunst oit dem Sckasien in unserer Zeit. Es ist schwor das zuzugestehen. Abei Mut ehrt den Mann und de» Meister l>r >1 Am 16. Januar waren es rund 30 Jahre, daß Arnold Böck lin, fast vierundsiebzigsährig, in Fiesole bei Florenz sein Leven beschlag An diesem Tage sind Ihm die mannigfachsten Gedenk- artikel und erinnernden Nachruf« gewidmet worden. Die Ge genwart spürt so etwas wie eine Schuld gegen Böcklin Haben unsere zeitgenössischen Künstl«r und Kritiker «in schlechtes Ge wißen? Ohne Zweifel war Böcklin «In reich begabter Mensch und Maler. Die unerhörte Anerkennung und Verehrung die er schon zu Lebzeiten genoß, hat den einsamen Mann stolz, aber nicht glücklich gemacht. Er sühlt« wohl im tiessten Innern, daß lein Weg In der Kunst nicht zum richtigen Ende führte Wie der aber zwangen ihn die urwüchsige Kraft, das überschwängliche Temperament und die ungewöhnlich« Phantasie-Begabung, sich aul der Leinwand in immer neuen poetischen Bildern, bunten Erzählungen, unaufhörlichen krausen Einfällen auszulobcn. Er land, weil er zum Ende nicht sand, selber kein Ende mehr. Und lo erleben wir ganz zum Schluß seines liewegten Lebens, als er schon nicht mehr im Genuß seiner körperlichen und geistigen Frische war, noch das schonungslos« und grausige Bild von der „issest". Dieses Bild lst in seiner letzten Hoffnungslosigkeit tatsäch lich so etwas wie das Testament des Künstlers. Wenigstens unbewußt hat sich Böcklin mit dem Fruchtlosen mit dem Un zulänglichen seines Deiamtwcrkes beschäsligt. Wir 'Modernen glaubten aber, weil er dennoch immer weiter uns immer wie der dieselben Motive und Dessins gemalt hat. den Stab vollends über ihn brechen zu müßen Ist das gerechtfertigt? Nein! Sondern es ist «in Unrecht, daß ihn di« Nachwelt nicht mehr genug und gebührend ehrt und achtet. Und warum wird die Gegenwart nicht mehr recht fertig mit ibm? Warum hat sie trotz ihres kategorischen Urteils doch das Gefühl, daß man den toten Böcklin an seinem 30. Todestag nicht vergessen darf? Weil man die mächtige Künstlerpersönlichkeit in Böcklin ungeachtet seiner einzelnen Monstrositäten heimlich doch aner kennt und versteht. — ia: versteht und zwar versteht, weil wir selbst die hculige Lage In der Kunst Böcklin und seinen Sterknltnisie». die er anlraf. ganz phulick lind Drei Jahrzehnte veoeuren im urvcn eines Volkes «ine ein zige Generation Der Gestaltwandel. den wir in dieser kurzen Zeitspanne erlebt haben, schien allerdings ungeheuerlich un gewöhnlich niannigjaltig und umstürzlerisch In Wirklichkeit hat sich gar nicht so viel geändert und wir sind keineswegs ein so großes Stück in der Ersassnng der Kunst und ihres inneren Gewichtes weitergekommep. Es ergibt sich vielmehr wenn wir näher zusehen, geradezu eine Parallelität Les Künstlcrlebens und «schassens mit der Böcklinepoche. Wie ist das gemeint? — Der Inhalt der Bückliuschen Malerei führt uns znr Begrün dung unserer These hin. Denn darüber wird es kaum in Krei sen der KUnstlerlchast und KnnstsachverstänSigen einen Einwand geben, daß Böcklin ein schlechte" „Handwerker" gewesen ist Di« meisten seiner Großformat« sind verzeichnet und irreführend im perspektivischen Detail. Doch daraus dreht man dem Künstler keinen Strick. Er war eben ein um lo besserer Kolorist Alle Vorwürfe wenden sich vielmehr gegen seine erzählende Malerei, gegen dte theatralischen Landschaften mit Staffage, gegen sein« mnlhologiiierend« Romantik. Böcklin. der im übrigen Hunderte von Gleich strebenden neben und unter sich sah. gilt nns leit vielen Jahren als der Kronzeuge siir diese unwirkliche, ideologische und ideali sierend« Kunst Der Naturalismus, der-am schärfsten gegen Böck lin und seine Mitkämpsendcn die Klingen kreuzte, hat uns als ein Erbe die Lehre von der Inferiorität Böcklins hinterlassen. Für den Naturalismus war Leibl der große Kerl, allenfalls Menzel «in säkularer Typ und Knaus vielleicht noch er träglich. Wir stehen immer noch unter diesem Einfluß des Naturalismus, obwohl wir ihm iclbst inzwischen die zeitliche Bedingiheit hart und schonungslos genng nachgewiesen haben. Es ist eigentlich jetzt an der Zeit, die Scheuklappen abzulegen und die Dinge gründlich und sachlich zu betrachten, wie sie lind Böcklin erlebte seinen Ausstieg, feinen Erfolg und seinen Ruhm in der sattesten und darum bürgerlichsten Epoche der deutschen Geschichte. Mit dem Empire war das letzte einheit liche Stilerlebcn vorüber. Seitdem wuchsen nur noch unbehol fene Anklänge an vergangene Siilsormcn in der Kunst auf. Die Psendostilc in der Kunst seit 1830 1850 und 1870 werden nur selten durch den Glanz einer genialen künstlerischen Per sönlichkeit erkhellt und durchleuchtet. Er erkannte ebensowenig wie seine Zeitgenossen, daß man schon längst ans brüchigem Bo den stand, und daß das Hetze Niveau der büraerlicken Wohl-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)