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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140205010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914020501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914020501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-05
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe für Leipzig un» Vorort» »urch unser» TrSaer OLAll Avpr »I s u » un» Spciiteurr »mal täglich in« yau« gebracht: monatlich 1-iS M-, vierteljährlich Z.7Z M. Sei äer «rschäftostell», unfern ZiUoleu unä stuogabesteUen abgcholt: monatlich l M.,v>«rt»ljähriich S M. Vurch äi» Post: innerhalb Vrutschlan-o unä Ser Seutschen Kolonien monatlich 1.-4 M., vierteljährlich e so M., ousschlteßlich postdesteUgelS. Va» leipziger Tageblatt erscheint werktags lmal. Sonn- u. Zetertag» »mal. 2a Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen Grtrn mit eigenen Filialen wlrS Sie sidenSausgod« noch am sidenS -»» Erscheinen» :a» yau» geliefert. Verliner keSaktion: In Sen Zeiten 17, Zernsprech-stnjchlutz: Moabit Nr. 407. SrndsblrUt des Rates und des potirernrntes der Stadt Lerpzio NeSaktlon unS cheschästosteUe: Zohanni»goste Nr.». » Zernsprech-stnschluh Nr. I4S«r, 14SHZ unS >4l>14. ISS. Jahrgang Anzeigenpreise - K von auswärt»?» Pf., Nekiamen 1.24 m., kleine Nnzeigea Siepetitzeil«nue rops.b.wieSerhol.Nab.,Inserate ron vehörSen im amtlichenTeil Sir Petit» zeit» so Pf. Sesibäftsanzeigcn mit plaävorsck>rist im Preis» erkäht. Nodatt nach Tarif. Seilagen: Sejamtaufl.SM.üo»TausenS auaschl pastgebilhe. knzelgen-finaahme: Zobonnisgaste», dei sämtlichen Ziitalen Se»Leipzig« rogeblatte» unS allen sinnoncen-kepeSitionen Se» In» unS stuslanSe». Seschäftsstelle für Serlin u.üie pr.Sranöenburg: virektionWalterZliegei, Srrlin W. io, MargorerbcnNrohe «. Zernsprech-flnschluh: lühow S471. Nr. S4. vonnersisg, Sen S. .stvrimr. 1914. Vas Wichtigste. * Die Leipziger Stadtverordneten nahmen in ihrer gestrigen Sitzung die Wiederwahl der ausjcheidendcn Stadträte Dr. Barth al und Treutmann vor. Die Wahl gilt auf Lebens zeit. (S. Bericht.) * In der Flcmmingstraße in Lindcnau gab ein Arbeiter auf seine frühere Geliebte vier Schüsse ab, durch die diese schwer verletzt wurde. Er selbst gab nach der Tat zwei Nevolverschüsse auf sich ab und verletzte sich lebensgefährlich. (S. Leipzig u. Umg.) * Im Reichstag fand am Mittwoch eine ein gehende Aussprache über die Handhabung des Dereinsgesetzcs statt. (S. Art. und Ber.) * Die Staatssetretäre v. T i r p i tz und o. Iagow äugelten sich in der Buogetkommission des Reichs tags über unsere Beziehungen zu England. (S. bes. Art.) * In der Reichstagskommission für Errichtung eines Kolonralgerrchts Hofes wurde ein nationalliberalcr Antrag auf Einholung eines Gut achtens des Reichsgerichts über die Ge fährdung der Rechtseinheit beim Bestehen eines be sonderen Kolonialgcrichtshofes ab gelehnt. (S. Dtschs R.) * Den beiden in Lunäville gelandeten deut ¬ schen Offiziersfliegern ist auf Veranlassung des französischen Kriegsministers die Rückreise nach Deutschland gestaltet worden. (S. Dtschs R.) * Der Divisionskommandeur Generalleutnant von Linden au wurde zum Gouverneur von Metz ernannt. "Die württe m bergische Zweite Kammer sprach sich für Abschaffung der Fahrkarten- steuer aus. sS. Dtschs R.) * Staatssekretär Grey wirt» das englische Königspaar nach Paris begleiten. (S. Ausl.) Vie Angriffe auf üen Fürsten Lichnowskp. Die „Nordd. Allg. Ztg." hat am Montag abend den Wortlaut der Rede wiedergcgeben, die vom deutschen Botschafter in London Für sten Lichnowskh bei der Kaiscrgeburtstagä- feier gehalten wurde. Vermutlich teilte das Re gierungsblatt den Wortlaut dieser Rede deshalb mit, weil letztere am Morgen des gleichen Ta ges von dem Berliner Organ des Bundes der Landwirte in auffälliger Weise angegriffen wor den war. Mit einer Heftigkeit, "die bloß be- lustigend wirkte, wenn sie nicht mit einer charak teristischen Hinterhältigkeit gepaart wäre, hat die „Deutsche Tag es ztg." jene Botschaftcrredc in einen gequälten Zusammenhang mit einem Artikel des „Standard" gebracht, um auf dem Wege haltloser Unterstellungen mit hand greiflicher Deutlichkeit den Kaiser gegen seinen Londoner Botschafter einzunehmen. Tie Zeit umstände, unter denen das Berliner Bundcsblatt seinen Pfeil aus den Fürsten Lichnowskh ab schießt, verleihen dem extrem-agrarischen Vor stoß die ihm sonst fehlende Bedeutung. Denn man spricht seit der Tonaucschinger Konferenz von einer latenten Kanzlerkrisis und nennt jetzt, wo das einstweilige Verbleiben des Grafen We del in Straßburg angekündigt worden ist, den Reichskanzler als Anwärter für den Statthaltcr- vosten. F ü r st Lichnowsky aber gilt manchen als künftiger Reichskanzler; er hat zu den Vertrauten des Fürsten Bülow gehört und steht in dem Rufe, die staatsmännischen An schauungen des früheren Reichskanzlers zu teilen. So erklärt sich die Hast, mit der die „Deutsche Tagesztg." versuchte," den liberalen Ideen viel leicht nicht unzugänglichen Diplomaten als „kommenden Mann" dadurch unmöglich zu machen, daß sic ihn im Lichte eines dcmokrati- ' schen Unitariers und Anhängers des englischen Parlamentarismus zeigte. Als Vorwand dazu muß teils die Zurück weisung der Sonderbestrcbungen in der Rede des Fürsten Lichnowskh herhalten, teils ein Ar tikel des „Standard", der vom Standpunkte des britischen Konstitutionalismus und im Sinne seiner deutschfeindlichen Richtung die Art er örtert hatte, wie der Kaiser die Glückwünsche des Reichstagspräsidiums aufnahm. Mit Bezug hieraus „befürchtet" die „Deutsche Tagesztg.", daß Fürst Lichnowskh durch seine Aeußerung: mitunter müsse sich der Reichsgedanke auj Kosten der Einzelstaaten betätigen — die Auffassungen und die Stellung des Kaisers Mißverständnissen in England ausgesetzt habe! Sic wirst ferner dem Botschafter vor, die deutschen Verfassungs verhältnisse in Vergleich mit den englischen ge stellt zu haben, lveil er auf englischem Boden von den inneren Verhältnissen des Deutschen Reiches sprach, und krönt diese Unterstellung durch fol genden Zusatz: „Im Jahre 189.) schrieb der „Standard": der Deutsche Kaiser solle ,n Eng land eine Unterrichtsstunde in politischer Weis heit nehmen. Auch in dieser Richtung könnten die Ausführungen des Kaiserlichen Botschafters miß» verständliche Aufsagungen in England erregen. Das wäre besonders bedauerlich." Zu allen diesen Vorwürfen gibt die Rede des Fürsten Lichnowj-h keinerlei begründeten Anlatz. ES ist dein Botschafter gar nicht ein gefallen, die deutschen und die englischen Ver fassnngszustände zu vergleichen; im Wortlaut seiner Rede findet sich nicht eine einzige Silbe, die dahin gedeutet werden könnte. Fürst Lich nowskh ist bei seiner Warnung vor Sonder bestrebungen ausgesprochenermaßen allein von der Tatsache ausgegangen, daß sich zur Lon doner Kaiserfeier die dortigen Deutschen, ohne Unterschied des Berufs und der Herkunft, zu sammengefunden hätten. Hieran knüpfte der Botschafter folgende Ausführungen: „Ob Preußen, ob Bayern, ob Sachsen oder Angehörige eines anderen Bundesstaates, wir betrachten uns alle als Deutsche mit gleichen Rechien, mit gleichen Pflichten und meinen, daß den Interessen des Deutschtums nicht ge dient ist durch Sonderbestrebungen, die not gedrungen dem Reichsgedanken zuwiderlaufen. Was Preußen fürs Reich getan hat, ist zu sehr bekannt, als daß es besonders hervor gehoben zu werden brauchrc, und auch dadurch anerkannt worden, daß das preußische Vor bild für die anderen Bundesstaaten auf vielen Gebieten maßgebend geworden ist: aus der preußischen Grundlage wurde der Reichsbau errichtet. So soll cs auch allezeit bleiben, aber, meine Herren, cs wäre eine Verkennung politischer E n t w i ck e l u n g s g c s c tz e, wenn man einem staatlichen Gemeinwesen nicht dieselben Rechte und Bedürf nisse zuerkennen wollte, die keiner lebenden Schöpfung versagt blei ben können. Der Ausbau der inneren Einrichtungen für die Bedürfnisse des Reiches, die Verschmelzung der Interessen, das natur gemäße Wachstum aller menschlichen Verhält nisse bringt es mit sich, daß der Reichs- ge danke mitunter auf Kosten der Ein zelstaaten sich betätigen muß. Das deutsche Volk will Weltpolitik treiben und keine Kirchturmspolitik, und ebensowenig, wie' die Verhältnisse eines einzelnen sich um 30 Jahre zurückschrauben lassen, ist dies bei einem Ge meinwesen zulässig." Anfang und Ende dieser Darlegung beweisen, daß Fürst Lichnowskh grundsätzlich alle deutschen Sonderbestrcbungen ablehnt, nicht die preußischen allein. Er tut das aber selbstverständlich nicht aus Abneigung gegen irgendeinen deutschen Ein zelstaat, sondern darum, weil er auf seinem Aus landsposten einen geschürften Blick dafür hat, daß nur ein durch keinerlei einzelstaatlichc Son derbestrebungen gehemmtes Deutsches Reich die heute notwendige Weltpolitik durchführen kann, und weil ihm auf seinen Auslandsposten nicht entgeht, welche Hoffnungen deutschfeindliche Krerse auf die Belebung des alten deut schen Partikularismus setzen. Ec hat genau dieselben Gedanken ausgeführt, die wir an dieser Stelle wiederholt behandelten. In beiden Richtungen hat Fürst Lichnowskh als deutscher Botschafter seine Pflicht und Schuldig keit getan, wenn er so, wie es geschehen ist, sämtliche deutschen Einzelstaatcn vor Sonder bestrebungen warnte. Daß er anderseits nicht die Taktlosigkeit beging, auf der Kaiserfeier dem Kaiser das parlamentarisch regierte England als Muster vorzuhaltcn, ist bereits erwähnt worden. Da aber die „Deutsche Tagesztg." eine solche Unterstellung in bedingter Form vorbringt, muß aus der Botschafterredc noch der nachstehende Schluß wiedergegeben werden, der dem Kaiser hoch unmittelbar vorausging: „Ich darf wohl sagen, daß wir in unserem Kaiser den ersten Patrioten des Deutschen Reiches erblicken, dessen Fürsorge allen Reichs angehörigen ohne Unterschied der Herkunft und des Standes gilt und der auch in Zukunft, ge stützt auf die Einheitlichkeit des Oberbefehls wie auf die Liebe seines Volkes, wie bisher zum Segen des Vaterlandes die Rechte der Krone und die Rechte der Bürger gleichmäßig schützen wird." Die „Deutsche Tagesztg." tritt mit beson derem Eiser für die Unantastbarkeit der kaiser lichen Kommandogewalt ein; sie sollte daher Fürst Lichnowskys Hinweis auf die Einheitlich keit des Oberbefehls mit ungeteilter Genug tuung begrüßen. Anstatt dies zu tun, behandelt sic den Fürsten Lichnowskh als Illusions politiker, weil er von der englischen Regierung als von einer uns befreundeten gesprochen und bemerkt hat, daß die gemeinsame Arbeit der Großmächte während der Balkankrisis nicht nur die einzelnen Mächte, sondern auch die bestehen den Gruppen einander näher brachte. Ganz ähnlich aber hat sich sowohl der Reichs kanzler in der Reichstagssitzung vom 9. De- .zembcr als auch Graf Berchtvld in den Dele gationen und Marchese di San Giuliano in der italienischen Kammer geäußert. Die leiten den Staatsmänner haben dabei die Hauptsache, nämlich die Aufrechterhaltung des Friedens während der Balkankrisc im Auge gehabt. Sieht die „Deinsche Tagesztg." hierüber hinweg, um Fürst Lichnowskh Episoden von der Art der deutschen Militärmisjion in Konstantinopel entgegenzuhalten, so zeigt sich auch hierin, daß sie die Person des Fürsten Lichnowskh bekämpft, der ihr als „kommender Mann" offenbar schwere Träume verursacht. Das verrät die „Deutsche Tagesztg." am Dienstagabend selbst aus das deutlichste, indem sie einen zweiten Angriff ans den Fürsten Lich nvwskh mit dem Satze schließt: „Derartige politisierende Ausführungen sind für einen Botschafter recht bedenklich, zumal wenn sein Raine in Verbindung mit einer etwaigen Reu- bcsctzung des R c i ch s l anzlerpo st e u s ge bracht wird." — Da-.' Berliner Bundesorgan hac hiermit über den Zweck seiner gegen den Fürsten Lichnowskh gerichteten Angriffe die wünschenswerte Klarheit geschaffen! Härten öes Vereinsgesetzes! (Stimmungsbild aus dem Reichstag.'.) ) Berlin, 4. Februar. Heute steht die Handhabung des Reichs ver ein sgc setze s zur Erörterung. Aus der Fülle von Resolutionen, die zum Reichsamt des Innern eingelaufcn sind, hat man drei hcrausgehoben — vom Zentrum die eine, von der Sozialdemokratie die an derc, die dritte von den Polen —, um sie gemein schaftlich zu besprechen. Mit Recht gemeinschaftlich; denn im Grunde behandeln alle drei das nämliche Thema. Das Reichsvereinsgcfctz ist noch eine Bleck frucht, eines ber wenigen positiven Ergebnisse, das uns aus jener verheißungsvollen Maienzeit neu deutscher Politik übrigblied. Man hatte damals, in dem gemeinsamen Bestreben, etwas zustandezubringen und so die Marschfähigkcit der neuen Parteikombi- nation öffenilich zu erweisen, manchen besonderen Wunsch zurückgestcllt, gelegentlich auch Fünf eine ge rade Zahl jein lassen und bei der Verjicherung des inneren Staatssekretärs, des Herrn von Bethmann nämlich, sich beruhigt: das Gesetz würde loyal und in liberalem Sinne ausgeführt werden. Das ist an scheinend dach nicht allerorten und nicht immer ge schehen. Der Sprachenparagraph, in geringem Maße die Bestimmungen über die jugendlichen Personen, haben offenbar da und dort den ausführenden Or ganen, die ja nicht Reichsorgane sind und vielfach von dem Geiste, aus dem heraus diese Gesetze ge schaffen wurden, kaum einen Hauch verspürten, Anlaß zu einer etwas willkürlichen Auslegung der gesetz lichen Normen gegeben.. Man hat darüber schon in früheren Jahren geklagt: Da erhielt man zumeist den Bescheid, das Gesetz müsse sich erst cinleben. Heuer will man sich an derlei rednerischen Protesten nicht genügen lassen. Man kommt nicht bloß, um zu klären, man kommt auch um zu fordern. Nämlich — darin gipfeln am letzten Ende die angemeldeten An träge — daß das Verbot, in öffentlichen Versamm lungen auch eine nichtdeutsche Sprache zu gebrauchen, aufgehoben und jugendlichen Personen die Teil nahme an politischen Vereinen und Versammlungen erlaubt werde. Rian wird berechtigte Zweifel hegen, ob die Segnung mit jener Art politischer Bildung, wie sie in Massenversammlungen verzapft zu werden pflegtz für die Heranwachsenden just ein Gebot der Notwendigkeit ist. Nur wird sich die Forderung nicht abweisen lassen, daß die Waffen dann gut und gleich sein müssen; daß dem einen nicht erlaubt werde, was man bei dem anderen straft und verbietet. Sicher, der polnische Herr von Laszcwski und Herr Legten (Soz.) übertrieben, auch Herr Marx vom Zentrum mag in dem einen oder anderen Belang die Farben zu dick aufgetragen haben, aber man behielt von all dem doch den Eindruck einer nicht ganz gleich mäßigen Praxis. Ministerialdirektor L e w a l d, dem namens der Regierung die Beantwortung der Anträge zugefallen war, hat das zwar lebhaft be stritten, aber es war vielleicht doch bezeichnend, daß er in dem Anfang seiner Darlegungen, in denen er auch auf den Fall Amundsen zu reden kam, den Satz stellte, es seien keine Reichsbeamten, die mit der Ausführung des Gesetzes betraut wären, und ereigne ten sich unliebsame Vorkommnisse, lo wäre die Reichs leitung nicht in der Lage, einzuschreiten. Im übri gen aber versichert Herr Lewald, die Regierung hätte keine Neigung, eine Novelle zum Veremsgesetz ein zubringen, ein Vorhaben, dem die konjcroätiven Sprecher lebhaften Beifall spendeten. Morgen geht diese Aussprache weiter. Für die Nationalliberalen wird voraussichtlich der Abg. Dr. Junck re-en. ver Marineetat in -er SuügetkommWon. (Fortsetzung aus der gestrigen Adendnummer.) Berlin, 4. Februar. Staatssekretär von Tirpitz erklärte, was die marinetechnische Seite des Verhält nisses zu England betreffe, so habe er seinen Ausführungen im Vorjahre nichts hinzuzufügen und nichts von ihnen abzugiehen. Er betonte, daß di« von England angebotene Relation vom 16. Ok tober auch heute noch annehmbar sei, daß dagegen der gelegentlich einer Wahlrede erwähnte Feierjahrsgedanke nicht verwirklicht wer den könne. Nach weiteren Ausführungen hierzu be tonte der Staatssekretär, daß positive Vorschläge an uns bis jetzt nicht herangetreten seien. Ge schehe dies, würden sie sicherlich wohlwollend geprüft werden. Weiler gab der Staatssekretär Aufschluß über das Anwachsen des Marineetats der verschiedenen Mächte in den letzten fünf Jahren, wobei ein viel stär keres Anwachsen bei den fremden Staaten festzustellen ist. Hiernach steigerten sich die Ausgaben in den letzten Jahren in Deutschland um 55 Millonen Mark, in England (das schon damals eine doppelt so starke Flotte hatte, als wir) um 216 Millionen, d. r um das Vierfache ungerechnet den noch zu erwartenden Nachtragsetat von 60 Millionen, in Frankreich um 131 Millionen, d. i. das Zweiein- halbfachc, und in Rußland um 302 Millionen, d. i. das Fünft inhalbfach-e, und zwar fast nur für die Aus- landsflorte. Staatsjetrctär v. Iagow führte im einzelnen aus, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und England sich auf einer Linie der Entspan nung und Annäherung glücklich weiter entwickelten. Der Grnndton der öffentlichen 'Meinung fei anders geworden, als vor einem Jahre. Man tonne sich dem Eindruck nicht verschließen, daß in der allgemeinen Stimmung ein gewisser Wandel einge treten sei. In beiden Ländern habe die Erkenntnis an Boden gewonnen, daß sie in vielen Punkten und Fragen mit und nebeneinander arbeiten tonnen und daß sich ihre Interessen vielfach berühren. Die Ereignisse der letzten Tage, die Vorgänge am Balkan und die Verhandlungen in London Haden mancyes hierzu beigetragen. England habe man über zeugen können, daß deutscherseits keine aggressive Politik getrieben werde. Mit England habe Deutschland daran arbeiten können, -wische : den beiden Mächtegruppen ausgleichend zu wirken und internationale Konflikte zu ver meiden. Daraus hätten sich gewisse Annäherungen ergeben. Die Beziehungen zwischen beiden Kabinetten seien vertrauensvoll und loyal uird von gegenseitigem Entgegenkommen getragen. Es würden ferner, wie bekannt, Verhandlungen über Einzel fragen geführt. Diese Verhandlungen, die von dem Wunsche geleitet seien, auf dem Gebiete des wirtschaftlichen und kolonialpolitischen Wettbewerbes Interessengegensätze zu vermeiden, nähmen ihren Fortgang; sie seien aber noch nicht zu Ende geführt. Es seien viele Wünsche und Gegenwünsche abzuwägen, cs spielten auch Interessen anderer Staaten hinein. Man dürfe erwarten, daß das Ergebnis, wenn es auch nicht gegen jede Kritik gefeit sein würde, in beiden Ländern mit Befriedi gung ausgenommen werde. Hinsichtlich des Feierjahres bestätigte Staatssekretär v. Iagow, daß amtliche Vor schläge nicht an die deutsche Regierung gelangt seien. Es scheine ihm auch schwer zu sein, einen Wäg zur Verwirklichung des Ehurchillschen Vor schlages zu finden, der übrigens seines Wissens in der öffentlichen Meinung Englands selbst keinen be sonders lebhaften Anklang gefunden habe. Ein Mitglied des Zentrums hielt den Ge danken eines Feierjahres im Flottenbau für erledigt, nachdem der Vorschlag lediglich in die Oeffentlichkeit geworfen worden sei, nicht aber Gegenstand von Verhandlungen zwischen beiden Re gierungen war. Bei einer ernsthaften Behandlung dieser Frage müßten doch auch die Mächtegruppierun gen in Betracht gezogen werden. Ein Fortschrittler begrüßte mit Genug tuung die Besserung der Beziehungen zu England, die im Interesse der beiden großen Staaten lägen. Deutschlands Rüstungen trügen keinen aggressiven Charakter. Erfreulich sei, daß der Staatssekretär etwaige Vorschläge von englischer Seite über die Herstellung einer gewissen Relation der Kampfschiffe ernsthaft prüfen wolle und in diesem Punkte an seinen vorjährigen An schauungen festhalte. An die Möglichkeit eines Feier jahres im Flottenbau könne er, Redner, nicht glauben. Der Referent glaubte nicht an die Möglichkeit eines Abkommens mit England hinsichtlich des . Tempos im Flottenbau und der Relation des Schiffs bestandes. Berechtigtes Mißtrauen sei in der Politik angezeigt. Auch er würde ein Ab kommen mit England lebhaft begrüßen, aber gerade England sei es, das fortwährend zu neuen Rüstungen treibe. Deutschland halte an seinem Flottengesetz fest. Bedenklich mache ihn, daß Rußland die Ost seeflotte in hohem Maße ausbaue. Ein sozialdemokratischer Abgeordneter meinte, die Ausführung des Staatssekretärs hinsicht lich der Relation von 16 zu 10 habe ihn sympathisch berührt. Ein nationalliberaler Abgeordneter be grüßte, daß die Beziehungen zu England und der Ton der englischen Presse manierlicher geworden seien, er möchte aber das Wort des Referenten von einem „gesunden Miß trauen" kräftig unterstreichen. In der Frage der deutschen M i l i t ä r m i s s i o n in der Türkei habe England die fran.zösisch-russischen Einsprüche unterstützt. Er wünsche nicht, daß bei der Regelung einer Reihe von Fragen am Balkan und in Asien aus zu weitgehender Rücksichtnahme auf England die deutsck-en Interessen dort Schaden litten. Ein anderer Redner der Fortschrittlichen Volkspartei glaubte, daß, wenn auch mit Eng land eine Vereinbarung in den Rüstungsfragen zu stande käme, Frankreich und Rußland nicht ver pflichtet seien, weniger zu rüsten. Bei Einlegung eines Feierjahres würden den deutschen Lverften und ihren Arbeitern Schwierigkeiten erwachsen. Ein Mitglied der Konservativen erklärte sich von der Erklärung, die Regierung wünschte, daß unsere Beziehungen zu England immer gute seien, befriedigt; daß aber unter allen Um ständen ein Abkommen zustande kommen müsse, solle damit nicht gesagt sein. In jedem Falle müßten die dcutsci-cn Interessen gewahrt werden und die Worte des Reichskanzlers wahr sein, daß nicht gegen Kon zessionen in Asien und Afrika deutsche Interessen preisgegeben werden dürften. Staatssekretär v. T i r p i tz antwortete auf einzelne von den Vorrednern angeschnittene Fragen und führte aus. daß wir bezüglich der Kali oer frage dem Vorgehen der anderen Staaten gefolgt seien. Bei der Steigerung des Kalibers durch Verminde rung der Eeschützzahl seien wir bestrebt gewesen, an der unteren Grenze des Deplacements zu bleiben. Was die Steigerung des Etats anbetreffe,
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