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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.02.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140220020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914022002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-20
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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-Iben- - Ausgabe Leipxia Vorort« »urch unser« Lr»orr V»AUb . UN» Spediteur« LmairSaUch tnohauogrdrochtr monotUck 1.2» M„ »t«rt«yühritch S.7S M. Lei »ec VrlchäftoftrU«, unfern ZUioien uu» flu»gad»st»U»n adgeholtr monatlich iM.,viertryührUch SM. Lurch -t« Post? innerhalb veulschlanS» und Ser üeutfchen Koloaien «oaalUch 1^4 M„ »iertrlliihrlich 4^4 M.. ausschlirtzllch postd«st«Ugrl». La« Leipziger Lo-edlatt »rschrint Werktag» rmal. Sonn» u. Z«iertag»Imal. I« Leipzig, ü«n Nachbarorten unü -en Drtrn mit eigenen Filialen wir» )i« sib«u-au»gad« noch am flbeaü Se» Erscheinens in» hau» g«lt«sert. S»rltn«r ReüaNion: In üen Zelten 17, Zernfprrch-Nnfchluh: Moabit Nr. 447. Amtsblatt des Rates urrd des polizeuurttes der Stadt Leipzig NeSaktton und SeschäftasteU«: ^ohanni»gass« Nr.». » Zernsprech-sinschluh Nr. 14b42. 1444Z und 14444. ISS. Jahrgang Oir Inserate an» Leipzig UN» Umgebung -i« 1spalti,»p»tttz»il»LSps.,üieNeklan>«,»il»1 m., von auowart» so ps., Ncklamen l.24 M., Kleine Anzeigen üiepetitzeil« nur 24 pf.b.wiebrrhol.Nad., Inserate vonSehör-en im amtl.chenLril Sie Petit» zril« So ps. Srschüst»anzeigen mit plabvorsckirist 'm Preise erhöht. Rabatt nach Laris. Seilagen: Selamtausl.SM.bo»Lausen» auoschl.Postgebühr. stn,«tg«u»Knnabm,: ^ohanniogaise», bei sämtlichen Ziliolen Se»Leipzig«, Logeblattr» un» allen stnnonren-LxpeSitionrn »e» In» unü stuolan»«». SeschSftsstrll» für Vertin u.»te pr.vranöenburg: virektionwalterZlieg«!, Serlin w. io. Margarethenstrafte S. Zernsprcll,»flnschlust: LUhow »47t. Nr. S3 /rettsg, »en 22. Februar. 1914 Vas wichtigste. * Die Zweite Kammer erledigte am Frei tag einige Eisenbahnangelegcnhei^ ten. (S. Ber.). * Der Prinz zu Wied ist am Donners tag abend von Paris nach Neuwied abge reist. (S. Ausl.). * Das w ü r t t e m b e r g i s ch c Armee- korps erhält auch einen Z e p vc l i n t r e u z c r. * Der französische Vizct onsul in Port-au-Prince wurde von Aufständischen angegriffen. (S. Ausl.). Sleuermoral. L. Auf der Generalversammlung der Lteuer- und Wirtschaftsreformcr hat ihr Vorsitzender, Graf v. Mirbach-Sorquittcn, die Be seitigung der Reichsbesitz steuern ge fordert. Graf Mirbach macht diesen Steuern zum Vorwurf, daß sie die Freude an der schaf fenden Arbeit zerstören, die Neigung zur Spar samkeit vermindern, die Lust zur Vermögens ansammlung vernichten und die Flucht deutschen Kapitals ins Ausland begünstigen. Für alle diese Vorwürfe fehlen die tatsächlichen Unter lagen; Graf Mirbach stützt seine Behauptungen ausschließlich auf Vermutungen, die den Ge- dankeugängen des extrem-konservativen Steuer politikers entsprechen. Fehlt doch vorderhand jede Statistik, die als Basis begründeter Vor würfe, wie Graf Mirbach sie erhebt, dienen könnte. Erst nach Jahr und Tag wird die Steuer- und Sparkassenstatistik, der einzige zuverlässige Maßstab für die Beurteilung der durch die Reichsbesitzsteuern hcroorgcrufe- nen Wirkungen, vorliegen. Daß diese Wirkungen jedoch anders beschaffen sein werden, als Graf Mirbach annimmt, gestatten die Einzelerfah- rungcn, die im Zusammenhänge mit dem Ge neralpardon gemacht worden sind. Diese Einzel erfahrungen berechtigen zu der Erwartung, daß die Flucht deutschen Kapitals nach dem Aus lande in der Hauptsache ein leeres Schreckbild bleiben wird. Und wenn jetzt in den Berichten der Großbanken angesichts der günstigen Ge staltung des Geldmarktes hervorgehoben wird, wie immer neue, infolge der Balkankrisis ver steckt gehaltene Gelder auf dem Geldmärkte er scheinen, dann können auch Graf Mirbachs Be sorgnisse über die Abnahme der Sparsamkeit und der Neigung, ein Vermögen anznsammeln, als grundlose Ucbertreibungen zurückgcwiesen werden. Schlagende Beweise wird gerade in dieser Beziehung die künftige Steuer- und Sparkassenstalistit liefern. Wer sich aber im praktischen Leben umschaut, kann schon heute die Beobachtung machen, daß diejenigen Volks schichten, die für Sparsamkeit nud Vermögens ansammlung überhaupt in Betracht kommen, großenteils darauf bedacht sind, durch verdop pelte Sparsamkeit auf allen Gebieten die vom Wehrbeitrag und der Reichszuwachssteuer gefor derten Geldopfer nach Möglichkeit einzubringen. Für die Beseitigung der Reictzsbesitzstener- aesetze bedarf es nach der Ansicht des Grafen Mirbach nur einer starken Regierung. Solche Vorstellungen bezeugen die verblendete Einseitigkeit der im Grafen Mirbach verkörper ten Steuerpolitik. Wie soll denn die Regierung auf verfassungsmäßigem Wege die von ihr selbst mitbeschlossenen Vesitzsteuergesctzc beseitigen'? Was vollends aus der Autorität einer Regie rung werden müßte, die ihr eigenes Werk unter dem Druck extrem-konservativer Steuerpolitik verleugnete, darüber macht sich Graf Mirbach offenbar keine Kopfschmerzen, obwohl er zu den konservativen Politikern gehört, die doch sonst bei jeder Gelegenheit die Regierungsautorität als erstes Erfordernis eines gesunden Staats lebens vertreten. Bedenken diese Steuerpolitiker übrigens nicht, wie sehr sie durch ihren Kampf gegen die Besitzstcuer der Sozialdemo kratie in die Hände arbeiten! Zum so undso vielten Male sei es gesagt: um die Stärkung unserer Wehrmacht han delte es sich doch; also um eine natio nale Sache. Welch eine Genugtuung für die Sozialdemokratie, wenn sie höhnend auf diese heftigen Einsprüche gegen die Heranziehung der Besitzenden verweisen und Reden nne die des Grafen Mirbach verwerten kann als Beweise für. ihre Behauptung, daß der nationale ^ann sofort versage, wenn cs ans Zahlen geht. Die Miß stimmung in den Kreisen der Steuerzahler ist gewiß zu verstehen; aber die Bewegung, die man jetzt von konservativer Seite, auszunutzcn versucht, wird auf das gesamte Volk höchst übel einwirken und die schlimmsten Früchte zeitigen. Das Volk sagt sich, daß da ein Egoismus zum Vorschein kommt, der jedem Gerechtigkeitsgefühl spottet. Die Dinge liegen doch etwa nicht so, als ob seither das Volk, die große Masse von Stenern verschont geblieben wäre und des halb der Widerspruch gegen die Besitzstcuer als eine einseitige Belastung gerechtfertigt wäre. Man schaue sich doch die vorhcrgegange- nen „Reichsstcuerreformcn" an; man erinnere sich an die Höhe unserer indirekten Steuern, an die Zölle auf Getreide, Fleisch usw., und man wird wohl ziigeben, daß die Masse schon ihr reichlich Teil zu tragen hat. Also: plan lasse Vernunft walten und besinne sich darauf, daß es auch eine Steuermoral gibt, die für alle Staatsbürger gilt oder doch gelten sollte. ^oliMeke Uebersietit Aum H. Neichsanwalt. Man schreibt uns: Die endliche Bewilligung dieser heiß um strittenen Forderung beweist, daß sich auch im politischen Leben das Vernünftige schließlich doch durchringt, wenn es nur mit Tatkraft betrieben wird. Dies ist im Reichstage ge schehen, man möchte sagen bis zur Langweilig keit. Mag gestern die Mehrheit nur eine kleine gewesen sein, so ist doch die Stelle nun einmal bewilligt, und es bedürfte in der dritten Lesung eines besonderen Antrags, damit über die Forderung noch einmal gesondert ab gestimmt würde. Wir hoffen und wünschen, daß es nicht dazu kommen wird. Vielleicht ist man sogar auf allen Seiten des Hauses ganz froh, daß die Sache, die einmal drohte politisch zu werden, nun glücklich vorüber ist. Selten ist eine Forderung sachlich so wohl begründet gewesen. Ungefähr 2000 Mehrausgabe im Rahmen eines Etats von weit über 3 Milliarden. Der jedem Stadtverordneten geläufige Satz, daß dauernde Aufgaben auch dauernd angestellte Beamte erheischen; und die Erfahrungstatsache, daß nur hinter dem ständigen Beamten die volle Autorität der von ihm vertretenen Behörde steht — das alles kam zusammen und ver einigte sich mit der Achtung vor der vorzüglich geleiteten und verwalteten Retcbsanwaltschaft, deren große Bedeutung darin besteht, daß sie über die Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Strafsachen wacht und die großen Probleme unseres Rechtslebens immer und immer wieder zur Nachprüfung und Entscheidung des höchsten Gerichtshofs stellt. Dazu braucht man ganze, eingearbeitete Männer, die den schönen Namen Reichsanwalt kraft ihres Amtes zu führen berechtigt sind, und nicht Hilfsarbeiter, die schließlich jeden Tag verschwinden und durch andere ersetzt werden können. Hoffen wir also, daß die dritte Lesung im schönen Monat Mai ebensogut verlaufe, wie die zweite in dem sonst so unfreundlichen Februar. m vom Wahlkampf in Sorna-Pegau wird uns geschrieben: „Die am Donnerstag abend in Bad Lau sick von dem konservativen Wahlausschüsse vcr anslaltete Wählerversannnlnng brachte sofort nach der Rede des Herrn v. Liebert einen lebhaften Zusammenstoß. Von dem Ver sammlungsleiter wurde dem anwesenden Svn dikus Martin Schneider aus Leipzig das Wort verweigert, weil er in einer vor kurzem abgehalteuen Wälgerversammlung Herrn v. Liebert angeblich mit einer zerlegenden Kritik entgcgengelreten sein und ihn dadurch getränkt haben soll, lieber diesen Fall ist jedoch von zahlreichen Anhängern der konservativen Par tei die Erklärung abgegeben worden, daß die Aeußeruugen Schneiders scharf, aber sachlich jedenfalls nicht beleidigend gewesen sind. Kurz, es ist deshalb von natioualliberalcr Seite mit Recht an Herrn v. Liebert das Ersuchen gerichtet worben, mir der Verweigerung der Redefreiheit der politischen Auseinandersetzung nicht eine Verschärfung zu verursachen, die beide bürgerlichen Parteien in eine dem nationalen Gesamtinteresse schädliche Leidenschaftlichkeit hin einreißen muß. Wie Herr v. Liebert dann weiter selbst anerkannte, ist ihm durch die national liberalen Redner Dr. K u h n und Parteisekretär Näther in ruhiger, sachlicher Weise entgegen getreten worden. Infolge der am Donnerstag einmal gewährten vollen Redefreiheit kam es zu einer politischen Aussprache, die alle An wesenden — ob konservativ oder nationalliberal — auf das lebhafteste interessiert und angeregt hat, so daß die zahlreichen Zuhörer unermüdet bis ein Uhr nachts ausharrteu. Trotz der er neuten Abweisung des Shudikus Schneider durch Herrn v. Liebert ist es zweifellos, daß sich Schneider auch in Zukunft in den Wählerver- sammlungen des Herrn v. Liebert zum Worte melden wird. Man wird ja sehen, wie lange der Kandidat der Rechtsparteien dieses seltsame Spiel fortsetzen wird." Denkschrift zur Zrage eines Staatsarbeiterrechts. Das Reichsamt des Innern wird den Reichstag eine Denkschrift zur Frage der Schaf fung eines Staatsarbeiterrechts zugehen lassen. Im Reichstag sind die Verhältnisse der Ar beiter in den Betrieben des Reichs und der Bun desstaaten in rechtlicher und tatsächlicher Be ziehung wiederholt zum Gegenstand von Er örterungen gemacht worden. Im vergangenen Jahre wurde durch eine Petition die Schaffung eines Ttaatsarbciterrechts gefordert. Die ver bündeten Regierungen sind in ihren Erwägungen Ernst Hardts »Schirin un- Gertraude"?) Von Dr. Friedrich Sebrecht. 'Nicht von dieser Seite, Freunde! Eure großen Leiber werfen Schwere Schatten. Tretet hierher, Das Gesicht dem Licht entgegen. Und nun sehet, wie die strengen Wilden Mächte, die uns quälten, Sich so leicht und bunt und flüchtig In der Seijenblase spiegeln, Die ich in Len blauen Himmel, Sommerhimmel, dankbar warf. Diese Worte setzt Ernst Hardt seinem Scherz spiel „Schirin und Gertraude" voraus. Za, er wollte in diesem Stück nichts kennen von wilden, strengen Mächten, und immer wenn irgendwo das leise Grollen eines tragischen Motivs austönt, lofort wird es vergessen uno es ist blauer Sommerhimmcl nach wie vor. Das wäre alles recht gut, wenn die Handlung selbst für ein solches Spiel angetan wär«. Zweifellos gibt es Probleme, die nach der ernsten wie heiteren Seite gefaßt werden dürfen, je nachdem die Weltanschauung eines Dichters oder auch nur seine augenblickliche Ge fühlsstimmung geneigt ist. Shakespeare ent wickelte das Problem der Eifersucht in tragischer wie römischer Richtung. Aber solange es Leidenschaften und Triebe im Menschen gibt wird der Graf-Gleichen-Stoff ohne Rücksicht aus Historisches im Drama wenigstens eine tragische Gestaltung fordern. Zum mindesten, wenn wir in der Frau mehr sehen als eine Dienerin oder ein Spielzeug des Mannes! Es liegt in der ganzen auf das Ich angelegten Weise des Menschen ein Etwas, das sich dagegen aufbäumt, den höchsten Besitz der Liebe mit einem anderen zu teilen. Hardt wird einwenden, daß er einen Sonderfall gab. Schirin, die liebliche, leichte, dunkle Türkin, hat den Grafen Bern hard gerettet, und sie und Gertraude, des Grafen blonde, reine deutsche Gemahlin, finden sich in herz licher Frauenfreundschaft. Gerade hier aber liegen tragische Motive. Sobald jedoch nur ein tragischer Ton leise anklingt, geht Hakd-t mit raschem Lächeln vorüber. Auch Goethe griff in „Stella" nach dem Gleichen Problem; und es ist bemerkenswert, daß auch ') Schirin und Gertraude. Ein Scherzspiel von Ernst Hardt. Zm Znselverloq, Leipzig 1913. er in seiner ersten Fassung eine versöhnliche Lösung suchte. Aber es ist nicht minder zu beachten, daß Goethe diese Losung dann als unmöglich, ja wohl ein wenig lächerlich erschien und er an ihre Stelle einen tragischem Ausgang setzte. Man muß freilich gestehen, daß die lhestaltung des schwierigen Stoffes im Grunde Goethe ebensowenig geglückt ist wie denen, die ihn später behandelten. Und auch Hardt, der ihn in einer neuen Beleuchtung sah, scheiterte an ihm wie die anderen. Vielleicht wäre gerade er berufen gewesen, die Tragik dieses Stoffes zu fassen. Aber er wollte lächeln, und jo gab er schließlich eine Art Parodie. Freilich für eine Parodie ist die Form zu klar, zu rein, zu sehr Kunstwerk. Herrlich leicht fließen diese Trochäen voll Klang und Duft. Za, es ist zu be grüßen, daß durch die freie Art dieses Bersspicles Hardrs Sprache die Neigung zur Manier, die sie bei aller Schönl-eit in „Gudrun" bekundete, fast ver loren hat. Viel Handlung ist in dem leichten Stück nicht, wenn auch gewiß mehr aus dem Stoff zu entwickeln gewesen wäre. Der erste Aufzug führt die Heimkehr des Grafen Bernhard vor. Neun lange Jahre war er fern in türkischer Gefangenschaft, und man glaubt ihn bereits tot. Da taucht er plötzlich auf in Beglei tung der schönen Schirin. Um die Wiedersehens freude nicht zu trüben, stellt er sie seiner deutschen Gemahlin als einen türkischen Jüngling vor, der ihn gerettet habe. Gertraude glaubt das, und zwischen Schirin und Gertraude spinnt sich eine Freundschaft an, die der Graf nicht ohne Eifersucht ansieht. Hier wie in manchem anderen, z. B. den drolligen Prosa- szenen zwischen dem türkischen und deutschen Diener, zeigt sich Hardt als Schüler der Shakespeareschen Komödie. Bis in die Sprache hinein ließe sich dies verfolgen. In einer Eifersuchtsregung gesteht Gras Bern hard das Geheimnis: Schirin ist kein Jüngling, sondern eine türkische Tochter, und ihm selbst enge- traut als Gemahlin. Nun befürchtet man das Schlimmst«. Aber siehe da, nachdem die blonde Gertraude ein wenig gezürnt, geweint und geschmollt hat, wird sic von der dunklen Schirin eines Besseren belehrt, und sie stürzt sich in Schirins Arme; und der Graf ruft wohlgefällig: „Gottfried! Gottfried! — Großer Gott! Meine beiden, lieben, edlen Herzens frauen küssen sich. Kommt doch! kommt herein und seht es!" Eigentlich könnte mit diesem zweiten Aufzug das Stück zu Ende sein. Aber das war etwas wenig. Da wird nun noch weiter vorgeführt, wie die beiden Frauen den Kopf voll toller Neckereien haben und sich belustigen mit allerhand Kurzweil, von der nur der arme, etwas schwerfälligere Graf sich zu feinem Leidwesen ausgeschlossen sieht. Nun kommt gar noch der Onkel Graf Lukas zu Besuch mit Vettern und Base. Der Onkel, der anfangs mit der Doppelhcirat recht wenig einverstanden ist, besänftigt sich aber sehr bald; und der durch die Freundschaft der beiden Frauen etwas vernachlässigte Graf findet Gelegen heit zu einer zierlichen Tändelei mit der kleinen Base Ursula. Durch den biederen, alten Gottfried erfahren die Frauen hiervon, und dies bewirkt gar noch einen vierten Akt. Sie verbinden sich zur Bestrafung des Grafen, die aber auch sehr milde ausfällt, zumal nachdem der Graf die Frauen durch einen Scheintod erschreckt hat. Und jo endet alles in Wohlgefallen, wie immer in diesem Stück. Man täte Hardt unrecht, wollte man an dieses federleichte Spiel einen schweren Maßstab anlezcn. Hardt wollte nun einmal sich selbst vergessen. An allgemeiner Bedeutung bleibt dieses «tück weit hinter seinen anderen Werken zurück. Aber gleich viel! Auch ein ernster Dichter will sich einmal »eicht ergehen; und selbst der Faust-Dichter verschmähte es nicht, harmlose Singspiele zu schreiben. Das ganze Wesen dieses Scherzspiels ist dabei von einer wunderbar tändelnden Grazie, die bei einem Deutschen selten ist. Es ist, als ob alle Erdenschwere von diesen Menschen und ihrer Art gewichen wäre. Freilich, das eine bleibt: der Dichter vergriff sich im Stoff. Ein Thema wie das Gleichen-Problem taugt nicht für ein Scherzspicl. Kunst un- Wissenschaft. * Universitätsnachrlchten. Dr. Otto Klemm, Prioatdozent für Philosophie an der hiesigen Univer sität und Assistent am Institut für experimentelle Psychologie hat einen Ruf an die Alberta-Universität in Edmonton, Kanada, zur Einrichtung eines piycho- logischen Laboratoriums und zur Uebernahme einer Lehrstelle für Psychologie erhalten. Dr. Klemm wirkt an der hiesigen Universität seit 190>i als Assistent am Institut für experimentelle Psychologie und seit 1909 als Prioatdozent. * Der zweite Teil der Oper „Peer Gqnt". Unser Berliner Theater-Referent telepho niert uns: Der zweite Teil der „Peer Gynt"- Aufführung des Königlichen Schauspielhauses ver stärkte Mar den opernhaften Eindruck, den schon rm ersten Teile die Eckart che Einrichtung und der alte Hoftheaterstil heroorriefen. Es kann jedoch trotz der Willkür der Striche und trotz der falschen Auffassung mancher Einzelheit, so z. B. der Jrrenhausszene, nicht geleugnet werden, daß für solche Zuschauer, die mit dem Wesen der Jbsenschen Dichtung nicht voll kommen vertraut waren, die stark theatralische Auf ¬ machung den Vorzug einer leichten Verständlichkeit hatte. Die Maschinen leisteten Bedeutendes, beson ders bei dem hier zum ersten Male aus die Bühne gebrachten Schiffsuntergange. Clewing war dem weltdurchstreifenden Abenteurer Peer Gynt heute besser gewachsen, als gestern dem träumerisch phan tastischen Jüngling. Auch den Greis spielte er schick lich, ohne in Jbsensche Tiefen zu dringen. Die Schlußszene der Erlösung durch die treue Solveig ergriff auch diesmal unendlich, obwohl die ewige Schönheit dieses Ausklangs von der Darstellerin der Solveig, Helene Thimig, nicht ganz erfaßt wurde. Der Beifall war lebhaft. ll. K. ' Das III. große Leipziger Bachfeft, das vom 4. bis t>. Juni stattfindet, wird vier Konzerte und eine Motette umfassen. Das Fest veranstaltet unter Auspizien der Stadt der „Bach-Verein" zu Leipzig. * Geheimrat Ehrlich hat, wie uns ein eigener Drahtbericht aus Frankfurt meldet, zur Wider legung der vom deutschen Reichsgesundheitsamt auf gestellten Behauptungen über eine angebliche Ge meingefährlichkeit seines Salvarsans sämt liche größeren Kliniken Europas und Amerikas, die Salvarsan dauernd gebrauchten, zu dringenden Er klärungen über die erzielten Erfolge ersucht. Ge heimrat Ehrlich wird diese Ergebnisse veröffentlichen, lieber die vom deutschen Reichsgesundheitsamt be haupteten 275 Fälle von Erblindungen und Ver giftungen anläßlich der Salvarsanbehandlungen sind Professor Ehrlich bisher von keiner anderen Seite Mitteilungen geworden, während die Verwendung des Salvarsans in den Kliniken innerhalb des letzten Jahres um nahezu 300 Proz. zugenommen hat. * Die Zahl der „Parfifal"-Auffiihrungen in Köln ist bereits auf zwölf gestiegen. An allen Abenden war das Haus ausverkaust. Rach den Faschings tagen sollen weitere zwölf Aufführungen stattfindcn. für die bereits sehr zahlreiche Bestellungen oorliegen. Auch in Berlin und Frankfurt a. M. ist man ja nicht bei der ursprünglich vorgesehenen Zahl von Auffüh rungen stehen geblieben, da der Andrang des Publi kums so groß war, daß diese Kunstinstitutc zu weite ren Wiederholungen einfach gezwungen waren. Druckfehlerberichtigung. In unserer Besprechung des reizenden Bilderbuches der Bösen Buben, das am Montag bei dem Bösen Buben-Ball (Bühne und Welt) als Festgabe zu haben ist, haben sich einige Druckfehler cingeschlichcn. Gleich im ersten Satz ist zu lesen: Für „Bühne und Welt", das Fest usw. Statt Doktor Bart muß cs Doktor Lert heißen, statt Schönlcdcr Schö nieder, statt Gertrud Bensch Gertrua Bartsch und statt Mirzi Marx Mizzi Marx.
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