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Sonnabend, -en 24. Januar 1931 SachjWe o olfssettung Mazelgtopreft«; DI» lgelpattkn» p«Mj»U« SU ^.FamikieiU a»j»Ig»n u.SI«lleng»Iuck>» LV 4. DI» prUNtllamrj«»«. SS MN» br«U. t X. gür iUiz«»««» aud»rt>alb b«» Vkibrettungögeblrl«» 4V 4. dlkpeNIrellam»»»»» 1.»»^. »rt«Igeb.»v 4. Im Fall, höher»» SewaU erMcht I«d« BeivMckftung au! Ltktening so»>!» tkrfüllung v. Anzeige» > Auftrage» u. Leistung d. Schadenersatz, SelchLftitcher r«il: Ara«» Bangart, Lreöden. Nummer 29 — 39. Jahrgang Erscheint Oma! wöchll. mit tllustr.Sratiökeftagen.Heima! und weit' und der tttnderbetlage »grohmul- sawte de» reiftbetlageii .Kt-Benno-BIaft', ,U»lerhattu»g und Wiste»', »Die Welt der grau'. .Aerzlltcher Ratgeber'. .Da» gute Buch', .gtimrund» schau'. Monatlicher BezugAprrt« S «inlchl. »estellgetd. Mnzelnummer 1v 4, Sonnabend- u. Sonnlagnummer SV 4» tzaupftchrtstlefter: Dr. v. Drtczyk, Dresden. ««IcklitN-ftrll», Druck u.B»rlaa> «ermauia A^r». sür Bering und Druckerei.Uliiaic DreSden.DreSden.sl.st Polterltraste II. fternru>2l0l2. Boiiichecklonio Dresden riaz. Bauttonio Seadtbant Dresden Br -'iru> Für christliche Politik und Kultur Rntzland und Paneuropa V. n E«nf, 20. Januar. 1 Di« große Sensation der Januartagung des Panenro« putschen Studienkomitees rvar die Einladung Sowjetruß« lands zur Teilnahme an den wirtschaftlichen Beratungen. Der Völkerbund befindet sich nunmehr gegenüber Sowjet« rußland in einer ähnlichen Lage wie in dem Augenblick, avo man Rußland zur Teilnahme an den Arbeiten der Vorbereitenden Abrüstungskommission einlud. Damals wie heute hatte eine große Zahl von Mächten mit einer sowjetrussischen Teilnahme nicht gerechnet, und gab nur zögernd und widerwillig ihre Zustimmung. Es erwies sich späterhin, daß die Zuziehung der Sowjets zwar grund sätzlich wertvoll, aber praktisch wenig nutzbringend war,— versuchten doch die Sowjets, ihre bolschewistische W e l t p r o p a ga n da in die Glasveranda des Völker bundhauses zu verlegen und arbeiteten mit Argumenten und Vorschlägen, die zwar in ihrem Radikalismus sensa* tionell aber eben doch unannehmbar waren. So wenig ziveifelhast es ist, daß die Russen von der paneuropäischen Einladung Gebrauch machen werden, so wahrscheinlich dürfte die propagandistische Ausnutzung dieser neuen, interessanten Position in dem oben skizzierten Sinne sein. In seiner sozialen und politischen Struktur zu weit von westeuropäischen Verl-ältnissen entfernt, um in den pancuropäischen Tedankengängen Westeuropas zu denken, werden sie doch die zahlreichen Widersprüche, Lücken und Mißerfolge der bisherigen Briandschen Konstruktion dazu benutzen, um Weltverbesserungsvorschläge anzumelden und vielleicht auch di« positive Arbeit des Komitees, wo es ihnen gut erscheint, sabotieren. Wen wir uns fragen, ob es richtig war, daß sich neben Grandi auch der deutsche Außenminister mit großer Ent« schicdenheit für^eine Einladung der Sowjets aussprach, müssen wir uns dis Entstehungsgeschichte und die gegen wärtige taktische Lage des Paneuro-Problems vergegen wärtigen. Briaiid hat sich, wie bereits früher dargestellt, nach dem Zusammenbruch seiner ersten Hoffnungen darauf beschränkt die wirtschaftspolitische Seite des Pan europa-Problems in das Rampenlicht der politischen Oeffentlichkeit zu rücken, wobei ihm das Argument der allgemeinen Weltwirtschaftskrise äußerst gelegen kam. Das war durchaus nicht nach dem Sinne Italiens, das aus der Paneuropa-Diskujsion den wirksamen Hebel zur Re- visions- und Abrüstungspolitik machen wollte, und auch die deutsche Außenpolitik schien zögernd und vorsichtig diesen von Briand unfreiwillig gewiesenen Weg benutzen zu wollen Die Zuziehung Rußlands würde mit großer Wahrscheinlichkeit eine bedeutende Verstärkung der politischen Tendenzen bedeutet haben, hätte nicht Briand im entscheidenden Augenblick die Initiative Grandis zu seiner eigenen gemacht und zugleich der Politi sierung der Paneuropa-Frage einen Riegel vorgeschoben. Mit der etwas fadenscheinigen Begründung, daß die Welt wirtschaftskrise (nicht aber die weltpolitischen Verhältnisse) für alle europäischen Mächte die gleiche sei, wurde die Ein ladung an einen Staat durchgedrückt, der, wirtschafts politisch vollständig isoliert, seine weltpolitischen Kräfte in den Orient und Okzident ausstrahlt. Es ist jedenfalls kaum zu erwarten, daß bei der Aufrollung von weltwirt schaftlichen Fragen, die so starke politische Hintergründe aufweisen wie die Schutzzölle, die Erenzschwierigkeiten, der Dumping und die Agrarunion diePolitit gänz lich ausgeschaltet werden kann, und ebenso, wie die Russen auch in oer Abrüstungskommisston zahlreiche Aus flüge ins Hochpolitische unternommen haben, so wird ihnen auch die künftige Paneuropa-Debatte Handhaben genug liefern, um ihre revolutionären politischen Ideen über das Bild eines künftigen solidarischen, antikapitalistischen Europa der Arbeiter und Bauern vor der Elite der Staatsmänner Europas und vor den Ohren der Welt presse zu entwickeln. Sicherlich werden dabei auch Fra gen oer territorialen Neuorganisation des Kontients, des Problenis einer wirklichen Gleichberechtigung der Nationen und einer radi kalen, gleichmäßigen Abrüstung eine Rolle spielen, und in diesem Punkte kann es Deutschland nicht unerwünscht sein, wenn neben Italien noch ein anderer prominenter Wortführer den versteinerten Boden des Europa von Ver sailles auflockert. Aber der Weg ist nur kurz, den wir mit den Sowjets Zusammengehen können, und es folgen nm so längere Strecken, auf denen uns mit den Sowiets nichts mehr gemeinsam ist als der Wille nach etwas Neuem und nach einem Uebergang. Man kann sich schwer vorstellen, wie die Russen ange sichts ihres staatsmonopolistischen Wirtschaftssystems mit Mächten erfolgreich Zusammenarbeiten können, in denen zum mindesten der Grundsatz der freien Wirtschaft und der unaebinderten ökonomischen Initiative des einzelnen Die heutige Nummer «nlhölt das St.-Benno-Blatt, das Sonntagsblatt für die Diözese Meißen. Sachsen brauch! Arbeit l Ole außerordentliche Tagung -es Verbandes Sächsischer Industrieller in Chemnitz Chemnitz, 23. Januar. Der Verband Sächsischer Industrieller ver anstaltet heute eine außerordentliche Versamm lung im Vereinshaus Chemnitz mit dem Motto: „Sachsen braucht Arbeit!" Zweck der Veranstaltung ist es. die ge samte deutsche Oessentlichkeit auf die Tatsache hinzumcisen, daß Sachsen so schwer wie dein anderes deutsches Wirtschaftsgebiet unter der krisenhaften Entwickelung des inländischen und aus ländischen Marktes zu leiden hat. Die Zahl der Arbeitsuchenden — !>l>0 ONO — war in Sachsen am 31. Dezember 1!>30 um >>0 vH. höher als zu der gleichen Zeit des Vorjahres: in der gleichen Zeitspanne haben die Konkursanträge um 20 v. H.. die ge richtlichen Vergleichsverfahren um 28 v. H. zugenommen. Sach sen braucht Arbeit, wenn seine Wirtschaft nicht erliegen, wenn seine Städte imstande bleiben sollen, die Gelder für die Wohl- fahrtserwerbslosen aufzubringen. Rund zweitausend Menschen waren der Einladung des Verbandes gefolgt, darunter Vertreter der Reichs- und Landes regierung. zahlreiche Parlamentarier und Vertreter von Han del und Industrie. — Der Vorsitzende des Verbandes Sächsischer Industrieller, Direktor Wilhelm Wi11Ke lDresden) kennzeich nete nach Worten der Begrüßung die Bedeutung der Tagung. Man habe sich in Chemnitz versammelt, weil hier die sächsische Industrie am geschlossensten und charakteristischsten entwickelt sei, hier nun aber auch ihr hippokratisches Gesicht am deut lichsten zu erkennen sei. Direktor Wiltke entrollte ein erschüt terndes Bild der überhandnehmenden wirtschaftlichen Not und Arbeitslosigkeit in den so gewerbefleißigen Städten des Lau des. Dreivierlel der im Verbände vereinigten sächsischen Indu striellen, rnnd dreitausend an der Zahl, seien Einzelunterneh mer. Wohl kämpften sie alle zäh um die Erhaltung und Fort führung der häufig schon von den Vorfahren begründeten Arbeitsstätten. Die Frage sei nur. ob sie ihren Eristenzkamps gegen die bestehenden Staatsgewalten oder mit ihnen führen sollten. Der V. S. I. denke bei der Hilfe, die er heute von den maßgebenden Instanzen des Staates und der Wirtschaft er warte und erbitte, nicht an Subventionen. Uns frommen, so schloß der Vorsitzende seine von großem Ernst getragenen Aus führungen, nur grundsätzliche Entschlüsse und tiefgreifende Maßnahmen von Dauer und Folgerichtigkeit. Ministerpräsident Schieck wies darauf hin, daß es sich bei der heutigen Kundgebung nicht um die Klagen eines einzelnen Berufsstandes, sondern uni den Slot ruf eines Volkes handle, das seine Leiden bisher mit bewundernswerter Geduld ertragen habe. Aus der schwe ren Bedrängnis des ganzen Vaterlandes und aller deutschen Gaue habe sich in Sachsen ein Notstand besonderer Art ent wickelt, der hier früher und schärfer austrete als im übrigen gleiche. Dabei ist Sachsen auch, so betonte der Ministerprä sident mit allem Nachdruck, eine Grenzmark. Wir glau ben darum auch, alle mögliche Rücksicht und Hilfe für uns er bitte» zu dürfen. Doppelt peinvoll ist es dabei für den an ver anlwortlicher Stelle Stehenden, sich bei vieler beklagenswerten Entwickelung unserer einst blühenden sächsischen Wirtschaft da mit bescheiden zu müssen, daß für die Landesregierung die Möglichkeiten, der Not zu steuern, leider begrenzt sind Diese Grenze liegt in der unbedingten Notwendigkeit, die Ordnung im Staatshaushalt aufrechtzuerhalten. Durch Opfer des Staates wurde in Sonderfällen verhütet, daß einzelne Betriebe geschlossen werden mußten. Solche Slaatshilfe ist jedoch nur in beschränktem Umfang möglich Die Wirtschaftspolitik wird im wesentlichen durch das Reich be stimmt, dem auch kein Allheilmittel zu Gebote steht. Der welt wirtschaftlichen Lage ist auch die Reichsregierung unterworfen. Cs muß alles darangeselzt werden, dem deutschen Balke di« Lasten zu erleichtern. Wir wünschen weiter, daß auf die emp findlichen Interessen der sächsische» Wirtschaft in der Verkehrs und Zollpolitik weitgehend Rücksicht genommen wird Bei der Steuergesetzgebung müssen fiskalische Interessen zurückgestellt werden. Endlich erheben wir den Anspruch, daß das Reich von seinen großen Aufträgen der sächsischen Wirtschaft mehr zukommen läßt als bisher. Es ist nicht unsere Absicht, Begünstigungen für Sachsens Wirtschaft zu erwirken. Wir sind jedoch der tiefernsten Ueber- zcngnng, daß, wenn nicht bald alles Mögliche geschieht, binnen kurzem ein wirtschaftliches Triimmerseld da sein wird, wo die Arbeit von Generationen blühend-s Leben erweckt hatte. Findet die sächsische Wirtschaft aber verständnisvolle Hilfe, so wird sie, dessen bin ich gewiß, zäke weiterringen um eine bessere Zn- Kunst Das Hauptrcserat der Tagung hielt im Anschluß an die Worte des sächsischen Ministerpräsidenten Ministerialdirektor Dr. Klien vom sächsischen Wirtschaftsminislerium. Er legte ausführlich die Gründe für die so besonders ungünstige Entwicklung der Wirlschastsverhältnisse in Sachsen dar. Sachsen habe 3 v. H der Fläche, 8 v. H der Bevölkerung des Reiches und 13 v H. seiner Industriebevölkerung, also nöü v. H mehr, als seiin Fläche erwarten lasse. Als besonders verheerend habe sich aber gerade in Sachsen mit seinen durchsichtigen mittleren und klei nen Betrieben erwiesen, daß als Einkommen auch nur auf dem Papier entstandene Gewinne versteuert werden müssen, die in Wahrheit Verluste sind Dr. Klien legte an Hand statistischer Zahlen den gefahrvollen Zustand dar, in dem Sachsens Wir! schäft sich heute befinde. Die Kraft unserer Unternehmer drohe zu erlahmen, weil sie nicht mehr ein rind ans wüßten, nauient lich wenn sie deutlich sähen, wie der, der seinen Betrieb zum Bruchteil seines Wertes veräußert und das Geld auf der Bank anlegt, wesentlich sorgenloser lebe als der weiter Arbeitende. Ganz besonders ungünstig ist die Lage der an die Tschechoslo wakei grenzenden Landesieile, die noch unter ausländischem Wettbeiverb zu leiden haben. Mit einem Hinweis aus dis äußerst bedrohliche Lage der sächsischen Landwirtschaft schloß der Vortragende den ersten Teil seiner Ausführungen, um so dann die Frage zu beantworten, was bisher geschehen sei, um diese auch für das Reich gefahrvolle Entwicklung aufzubalten Alle Maßnahmen, die bisher von den Landes und Reichs stellen unternommen wurden, um die nachteiligen Auswirkuu gen von der ächsischen Wirtschaft fernzuhal'en, genügten nicht. Was noch zu tun ist, geht aber großenteils über die Kraft Sach sens allein hinaus. Der Zweck der heutigen Tagung solle sein, vom Reiche wirksamere Hilfe zu erlangen Vor allem gelte es. Arbeit zu schassen, wie es der SOS Ruf der sächsischen Indu striellen heute aller Welt verkünde. » Bei Schluß der Redaktion dauerte die Kundgebung, die 13 Uhr 30 begonnen hatte, noch an. Der erste Teil der Kund gebung wurde auch durch den Rundfunk übertragen — Im weiteren Verlauf der Tagung werden u. a. sprecken: Geheim rat Dr. von Loeben über .Die Kreditlage Sachsens und das Problem Sachsen Berlin", Georg Stöhr über „Dü st euer! ich e Belastung". Stadlrat Köhler über „Dir Lohn frage und Sozialbelastung". Herr Wagner über .Die frachtlichc Ung u n st Sachsens", Fritz -Vogel über „Die Not lage in M i I t e l s a ch s e n", Kommerzienrat Doelmer über „Die Wirkungen der Handelsverträge auf die sächsische Ter- t i l i n d u st r i e", Kommerzienrat Andreas über „Die wirt schaftliche Notlage in We st s a ch s c n" und Direktor Zimmer mann über „Die Notlage in O st s a ch s e n". ausrecht erhalten wiro. Es ist gewiß nicht zu bestreiten, daß sich auch die nichlkommunistischen Mächte Europas seit dem Weltkriege auf dem Wege zu einem gesteigerlen Etatismus, zu einer neuen Art non Merkantilismus be finden, und die steigende Anteilnahme des Staates an den sozialen Aufgaben, an Ein- und Ausfuhr von Indu strie und Landwirtschaft, an wirt'chastlichen Organisatio nen i->der A»t. und die wachsende Bedeutung der Handels und Schutzzollpolitik ein Symptom :> dieser Richtung p>. Es gibt kaum noch ein Kulturla d der Gegenwart, selbst Amerika nicht ausgenommen, da nicht in höherem oder geringerem Grade „Planwirtschaf, treibt, und in einzel nen Ländern hat man sogar die Parole von dem Fiinf- iahresplan wörtlich übernommen. Aber es ist doch ein Unterschied grundlegender Art, zwischen den Vertretern eines Wirtschaftsgebietes, das nur eine einzige große Unternehmung mit konzentriertester Kapitalmncht und absoluter Herrschaft über die Arbeitskraft des einzelnen darstcllt, und Delegierten von Ländern, deren Wirtschafts führer in ihren finanziellen und industriellen Disposition nen sehr oft das Volum des staatlichen Sprechers des avouieren oder sabotieren. Das größte Gewicht, das aut diese Weise der Vertreter eines planwinmmnuch regier ten Landes wie Eowjctrußland in die Wagschale zu werfen hat, wird ausgeglichen durch die größere Unfreiheit eines Systems, welches nach gcmeinwirlschastlichen. d. h kom munistischen und antikap'.talististhen Grundsätzen geleitet wird. Sicherlich werden sich manche paneuroz-äischen Stu dienteilnehmer etwas davon versprechen, wen» man am Genfer Verhandlungstisch den Russen ihre zahlreichen ökonomischen Sünden vor Augen führen kann, also z. B. den Zwangskurs des russischen Geldes, der die stärksten Disharmonien verursacht, oder den Dumping, mit dessen Hilfe die Sowjclwirlsthait sich trotz überteuerter Produk tion gegenüber der Konkurrenz behaupten, ja sie aus stechen kann Die Durchführung des Fünsjabresplanes ist nach den bisherigen Erfahrungen in zwei Jahren zu erwarten, und es ist nicht abzusehen, wie die eurozmische Industrie, die ichon heute guter ihrer lleberprodukiion fast erstickt, dann den Konkurrenzkampf gegen die iowjet- russische Schleuderware noch anshallen kann Nachdem man vergeben» versucht bat. durck die Sckaüuna einer